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Armenien und Kaukasus-Länder.
Von
£. Kuhn.
Für das Armenische und die Kaukasus-Sprachen ist das Be¬
richtsjahr nur wenig ergiebig gewesen.
Ein handliches armenisch-englisches Wörterbuch hat auf Gnmd¬
lage des idteren .4M(7ier'schen von 1825 Bedross-ian') zusammen¬
gestellt, de Lagarde ^) constatirt , dass schon vor ihm Schott
armenisch oski mit finnisch vaski verglichen hat. Brosset ') be¬
schreibt eine armenische Handschrift, welche hauptsächlich kalen¬
darisch-astrologische und apokalyptische Stücke enthält, und schliesst
daran eine Besprechung des armenischen Kalenders, der sich unter
No. 607 = 1540 in der Bibliothek der DMG. befindet, veranlasst
durch die darin enthaltene Version der Barlaam- und loasaph-
Legende, welche sich mit der von Brosset im Vorjahre besprochenen poetischen Version identisch erweist. Eine kirchengeschichtliche
Studie über Agathangelos verdanken wir Thoumai'an*), eine Ueber¬
setzung des Faustus von Byzanz Lawr^). Endlich hat Fatkanian")
1) Matthias Bedrossicm. Now Dictionary Armonian-Englisli. Venice 1875-1879. XXX, 786 pp. 4. fr. 20. (Aucii mit armenischem Titel.)
2) Gott, Nachr 1879, 238-239.
3) M. Brosset Notice sur un manuscrit armcnien nouvellement acquis pour la Bibliotheque Imperiale Publique: Bull, de l'Ac. Imp. d. Sc. de St.-Petersb.
XXV, 277-282.
4) Garahcd Thowmaian. Agathangelos et la doctrine do I'ligliso arme¬
nienne au Ve siiicle. These presentee ii la Paculte de theologie de l'Eglise libre du canton de Vaud. Lausaimo 1879. 189 pp. 8.
5) Des Paustus von Byzanz Geschichte Armeniens. Aus dom Armenischen übersetzt und mit einer Abhandlung über die Geographie Armeniens eingeleitet
von M. Lauer. Kübi 1879. XI, 218 pp. 8. M. 4.
74 Kulm, Armenien und Kaukasusländer.
den Historiker Sebeos, der in der Constantinopeler Ausgabe von
1851 bisher nur Wenigen zugänglich war, neu herausgegeben,
wobei der Text leider nur nach der modernen St. Petersburger
Handschrift und den Citaten aus Sebeos bei späteren Schriftstellern verbessei-t werden konnte; hinzugefügt ist nach einer Tifliser Hand¬
schrift der Anfang einer dem Mkhitar von Ani (Ende des 12. Jahr-
hundei-ts) zugeschriebenen Geschichte , welche bisher als gänzlich verloren galt.
Schiefner'') gab eine allgemeine Uebersicht der kaukasischen
Sprachen mit kurzer Charakteristik ihrer hervoiTagendsten Eigen¬
thümlichkeiten. Von der historischen Bedeutung der georgischen
Urkunden und den Bemühungen der Herren TzMjarcU und Ba-
Icrcidzd um dieselben handelt Brosset*). In dem Artikel, welchen
die Encyclopffidia Britannica ") Georgien gewidmet hat, ist nament¬
lich das historische und sprachlich-ethnographische Moment beinick-
sichtigt worden. In der Russischen Revue finden wir die Ueber¬
setzung einer georgischen Erzählung'") und aus von Seidlitz''')
Feder dankenswerthe historische und ethnographische Bemerkungen
über das östliche Transkaukasien.
gomeinscimos Kegister für beide Tlieilo, die also ein Ganzes bilden sollen. — Vgl. JA. VII Ser., XIII, .548.
7) Schiefner. Tbe Languages of the Causasus : Transactions of tho Philol.
Soc. 1877-8-9, 593-602.
8) Sur un projet d'ötudo des chartos gcorgionnes. Kapport de M. Brosset:
lluU. de l'Ac. Imp.' d. Sc. de St.-Petersb. XXV, 54-63.
9) J. B. TeßferJ and A. H. Klexine]. Georgia: Enc. Brit. X, 431-434.
10) Kaukasische Skizzen. I. Aus der alten dunklon Zeit Grusiens. Die Festung Sburan. (Erzählung dos verstorbenen grusinischen Dichters Tscbonkadse.) [Aus: „Kawkas" 1878, No. 244]: Russ. Kov. XIV, 272-280.
11) N. von Seidlitz. Historisch-othnographischo Skizze des Gouvernements Baku auf physikalisch - geographischer Grundlage gezeichnet: Russ. Rov. XV, 193-236. 445-467, 492-513.
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Kleinasien.
Von Kd. Meyer.
Das Jahr 1879 ist für die Alterthumskunde Kleinasien's von
epochemachender Bedeutung. Bisher war die Herkimft der in
Stil und Gegenstand aufs engste verwandten Monumente von Boghaz-
kiöi und Üyük in Kappadokien, von Giaurkalessi in Phrygien, der
Sesostrisbilder in Lydien, der lykaonischen Sculpturen völlig
räthselhaft. Nur für die Sculpturen an der Pelswand von Ibriz
in Lykaonien liess sich seit der Publication von Davis ') syrischer
Ursprung vermuthen, da sie Inschriften in unzweifelhaft hamathe-
nischem Charakter aufweisen. Seitdem indessen die Ueberreste
von Karkemish bei Djeräbis entdeckt sind, hat sich ergeben, dass
die letzteren mit den oben aufgezählten Denkmälern Kleinasiens
im Stil wie im Detail völlig übereinstimmen, und mit vollem
Rechte hat daher iSayre in einer Reihe von Aufsätzen ^) ausge¬
sprochen, dass die Monumente Kleinasien's den Bewohnern Nord-
syrien's, d. h. wahrscheinlich den Chetitem, angehören, und dass
diese etwa im 14. und 13. Jahrh. ihre Herrschaft über ganz Klein¬
asien ausgedehnt hatten. Sayce glaubt auch auf dem Sesostrisbild
von Nymphi, bei den Sculpturen von Boghaz-kiöi, und sonst
hamathenische , d. i. chetitische, Schrift nachweisen zu können,
und hält wohl mit Recht die cyprische Silbenschrift und die
Schriftzeichen auf troischen Vasen und Terracotten für eine Um¬
gestaltung der hamathenischen. Er hat diese Ansicht in einer Bei¬
lage zu Schliemann's erst 1880 erschienenem Werke Ilios ») weiter
ausgeführt. Bei der grossen Wichtigkeit der kleinasiatischen Denk¬
mäler für die Frage nach dera Ursprung der griechischen Kunst
1) E. J. Davis. On .a Now Ilamathite Inscription at Ibreez: Transact.
Soc. Bibl. Arcb. IV 1876, 336-346 mit Tafel.
2) A. H. Sayce. Tbe Origin of Early Art in Asia Minor: Ac. XVI, 124.
— Letter from Smyrna: ebd. 288-290. — The Hittites in Asia Minor: obd. 321.
3) A. H. Sayce. üie Inschriften von Hissariik, in Scidiemann's Ilios, 766-781. — Zu der Inschrift S. 781 vgl. Kirchlioff, Monatsber. Berl. Ak.
1879, 493-497.