Hochpathogene Aviäre Influenza in Tierparks/Zoos:
Herausforderungen bei der Seuchenbekämpfung und Vorbeugung
A. Globig, C. Probst, T. Homeier-Bachmann, C. Grund, T. Harder, N.
Reimer, C. Staubach, F.J. Conraths
Fachgespräch Tierseuchenbekämpfung, Tierschutz und Tiergesundheit
22.11.2016
25.11.2016 27.11.2016
29.11.2016
3.1.2017
5.1.2017
31.1.2017
20.1.2017 9.2.2017 9.2.2017
10.1.2017
1.2.2017 10.2.2017
3.3.2017
• 388 „aktive“ zoologische Gärten/Tierparks in 16 Bundesländern (Quelle:
Wikipedia)
• HPAI H5N8 in 15 (4%) Tierparks aus 9 Bundesländern
• Zoovögel als „Sentinels“ (schwer einzufangene Vögel, z.B. Taucher, Schwäne …): Anlocken von
Wildvögeln durch
Gewässerflächen, Zoovögel, Futter
• Unerkanntes Zirkulieren in Zoovögeln möglich (Hinweise durch Nachweise von
Antikörpern/Virus bei klinisch gesunden Zoovögeln)
• GeflPestSchVO § 19 Schutzmaßregeln für den Seuchenbestand
– Ist Geflügelpest bei einem gehaltenen Vogel amtlich festgestellt, so ordnet die zuständige Behörde in Bezug auf den Seuchenbestand u.a. die sofortige Tötung und unschädliche Beseitigung der gehaltenen Vögel an
• GeflPestSchVO § 20 Schutzmaßregeln in besonderen Einrichtungen
– (1) Die zuständige Behörde kann, vorbehaltlich des Absatzes 2, bei Geflügelpest in einem zoologischen Garten oder einer ähnlichen Einrichtung…, einer Haltung, in der in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten, Vögel zur Arterhaltung oder zur Erhaltung seltener Rassen nach Anlage 1 (…) Ausnahmen von der Tötung und
sofortigen unschädlichen Beseitigung (…) genehmigen, soweit die Einrichtung auf Grund ihrer Struktur, ihres Umfangs und ihrer Funktion in Bezug auf die Haltung einschließlich der Betreuung, Fütterung und Entsorgung so vollständig getrennt von anderen gehaltenen Vögeln ist, dass eine Verbreitung des hochpathogenen aviären Influenzavirus ausgeschlossen werden kann. (…).
– (4) Die Einrichtungen teilen der zuständigen Behörde die Voraussetzungen und
Vorkehrungen… spätestens 3 Monate nach Inbetriebnahme der Einrichtung mit. (…).
• Artikel 13 RL 2005/94/EG:
– Ausnahme der Tötung wenn die in Gefangenschaft gehaltenen Vögel von den
infizierten Vögeln entfernt gehalten sind und keinen Kontakt zu Wildvögeln haben
Gesetzesvorgaben
• § 20 Schutzmaßregeln in besonderen Einrichtungen
– (2) Eine Genehmigung nach Absatz 1 darf nur erteilt werden, soweit sichergestellt ist, dass die gehaltenen Vögel
– in geschlossenen Ställen oder unter einer Schutzvorrichtung gehalten werden (…)
– (3) Die zuständige Behörde kann, soweit dies zur Erkennung der Einschleppung oder Verschleppung des hochpathogenen aviären Influenzavirus erforderlich ist,
anordnen, dass die gehaltenen Vögel serologisch auf Antikörper
1. gegen das hochpathogene aviäre Influenzavirus zu untersuchen sind und das Ergebnis der Untersuchung der zuständigen Behörde mitzuteilen ist,
2. weitere Tiere eines Bestands zu untersuchen sind. Im Falle einer Anordnung nach Satz 1 Nummer 1 sind die Untersuchungen jeweils an Proben von 15 Vögeln je Bestand durchzuführen. Werden weniger als 15 Vögel gehalten, sind die jeweils vorhandenen Vögel zu untersuchen
• Kapitel IV Diagnosehandbuch (2006/437/EG), Punkt 8.4
– Ausnahme von Artikel 11 Absatz 2, Unterabsatz 1 RL 2005/94/EG (unverzügliche Tötung aller in Gefangenschaft gehaltener Vögel/Geflügel unter amtlicher Aufsicht)
• Grundlage: Risikobewertung des Mitgliedstaates zur Vorlage an die Kommission
• Klinische Inspektion jeder „Produktions“Einheit
• Statt Standardproben müssen aus jeder „Produktions“Einheit 21 Tage nach dem letzten positiven HPAI Befund und dann alle 21 Tage folgende Proben für die Laboruntersuchung entnommen werden:
– Tote Vögel
– Abstriche von mindestens 60 Vögel (Fäkalproben, zB kleine, exotische Vögel)
– Ausnahmen des Probenumfangs möglich nach Risikobewertung der entsprechenden Behörde
• § 21 Schutzmaßregeln in Bezug auf den Sperrbezirk
– (1) Sperrbezirk im 3 km Radius…
– (3) Die zuständige Behörde kann auf Grundlage einer von ihr durchgeführten Risikobewertung von der Einrichtung eines Sperrbezirks absehen, soweit
1. Geflügelpest bei einem gehaltenen Vogel in einem zoologischen Garten oder einer ähnlichen Einrichtung … gehalten werden…,und
2. Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen
• § 27 Schutzmaßregeln in Bezug auf das Beobachtungsgebiet
– (1) Beobachtungsgebiet in 10 km Radius…
– (3) Die zuständige Behörde kann auf Grundlage einer von ihr durchgeführten Risikobewertung von der Einrichtung eines Beobachtungsgebiet absehen, soweit
1. Geflügelpest bei einem gehaltenen Vogel in einem zoologischen Garten oder einer ähnlichen Einrichtung … gehalten werden…,und
2. Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen
Beispiel
Ausbruch der HPAI in
Tierparks/Zoos
Tötung
• Unvermeidlich: Tötung aller virusausscheidenden Vögel
• und Tötung aller gehaltener Vögel, die in direktem Kontakt mit infizierten Vögeln waren und nicht aufgestallt werden können
Globig et al., 2016, TBED
Weiß- storch
Klinik qRT- PCR
Serologie (H5 AK)
1 Tot ++++ Nd
2 Tot ++++ Nd
3 Tot ++++ Nd
4 keine +++ Neg
5 keine (+) ++
6 keine +++ Neg
7 keine +++ Neg
8 keine (+) ++
9 keine ++ +
10 keine +++ ++
11 keine + ++
12 keine neg +
Tötung
• Seropositive Tiere: Tötung nicht zwingend notwendig, wenn keine Virusausscheidung
Flamingo Klinik qRT-PCR Serologie (H5-AK)
1, 3, 14 gesund neg neg
2, 4-6 gesund neg +
7 gesund neg ++
8 gesund neg +
9 gesund neg +
10 gesund neg +
11-13 gesund neg +
14-19 gesund neg +
Aufstallung
– Kreativität gefragt: Zusammenarbeit mit zuständiger Veterinär- Behörde, Zoo-Tierärzten und Tierparkpersonal
– Mut zur Lücke: Manche Vögel können nicht aufgestallt
werden…(Ausnahmegenehmigung): Möglichkeit der Impfung (aber
Reglementierungen!
Partyzelt für Pelikane
Gewächshaus für Flamingos
Quelle: RTLNord
Strohlager
Strohlager
Verhinderung Wildvogeleinflug
-Ablassen von Teichen
-Abhängen von kleineren Teichen mit Flatterband: sehr effektiv
Nicht notwendig
:• Desinfizieren von Gewässern
• Abtragen von Erdoberfläche
• Abholzen von Bäumen
Kompartiment Gehege Tierart Anzahl TierpfegerIn LACHSFARBEN
(I)
Abb. 2, Nr. 8-9 Dohle
Chinesischer Ringfasan Australischer Königssittich Kragensittisch Jägerliest Nymphensittich Australische Spitzschopftaube Halsbandsittich
Königsfasan
2 2 2 1 2 6 2 4 4
Frau Z.
Abb. 2, Nr. 40, 42-43
Waldohreule Weißhaubenfasan Waldkauz Silberfasan Schleiereule Blauer Ohrfasan
3 2 3 2 4 2
Hofvoliere Goldfasan
Federfüßiges Zwerghuhn Schnee- Eule
Großes Brahmahuhn
4 31 2 38 Hühnerhaus Hauspute
Perlhuhn
4 23
BLAU (II) Taubenhaus Brieftauben
Pfauen
51
6 Herr F.
GELB (III) Rotwildstall (19) Nandu 9 Frau M.
ORANGE (IV) 34-36, Abb.2 Gelbscheitel-Amazone Graupapagei Temminck-Tragopan Gelbbrust-Ara Blaustirnamazone Venezuela-Amazone Sonnen-Sittich
2 10
2 4 3 2 10
Frau S.
30, Abb. 2 Steinkauz Diamantfasan Japanwachtel
5 2 7
Quarantäne 2 Pfautaube Zwerg Lachshuhn
6 5 GRÜN (V) Futterküche Diamanttäubchen
Friedenstäubchen Zebrafink Kanarienvogel
13 2 32
1
Herr H.
Einrichtung seuchenhygienischer Einheiten
Biosicherheit
- Jede seuchenhygienische Einheit hat eigenes, standortgebundenes Personal
- Vermeidung sich kreuzende Wege bei der Futterverteilung
- Kleidungswechsel bei Betreten jeder Einheit - Desinfektionsbäder
- Einschränkung Fahrzeugverkehr
- Kein Zutritt zu den seuchenhygienischen
Einheiten außer durch das betreuende Personal
Probennahmen
- Pro seuchenhygienischer Einheit: Standardprobensatz 60 Vögel(oder alle Vögel, wenn weniger als 60) als kombinierte Tupfer/Kloakenprobe und ALLE toten Vögel
- Abweichungen nach „Augenmaß“:
- Klinische Untersuchung bei hoch
empfänglichen Vogelarten (Huhn/Pute) - Tauben: Sammelkotproben
- Kleinvögel: Sammelkotproben - Große Laufvögel: Kotproben
- Blutproben (Serum) von Wasservögeln
- Beprobungsfrequenz: Aus jeder Einheit 21 Tage nach dem letzten positiven HPAI-Befund und dann alle 21 Tage, bis zwei aufeinander folgende negative Laborbefunde vorliegen (zeitl. Abstand: 21 Tage), d.h. nach frühestens 42 Tage nach dem letzten positiven Fund kann die Beprobung eingestellt werden
• Notfallkonzept für BW von der Task Force Tierseuchenbekämpfung erstellt
• Notfallpläne der Tierparks / Zoos sind vor Ausbruch einer anzeigepflichtigen Tierseuche von der zuständigen Behörde genehmigen zu lassen und ständig aktuell zu halten. Sie sollten enthalten:
– Anzeigepflicht bei Feststellung klinischer Symptomen bei einem oder mehreren Tieren / Informationskette
– Aktueller Lageplan
– Führen eines Bestandsbuch
– Auflistung Mitarbeiter/innen mit Zuständigkeiten, Erreichbarkeiten, Dokumentation zur saisonalen Grippeimpfung
– Maßnahmen zur Früherkennung und Verhinderung der Einschleppung einer Tierseuche
– Pläne und Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Tierseuchenfall
– Ergänzende Maßnahmen im Fall eines Tierseuchenausbruchs mit hoher Ausbreitungstendenz in einer benachbarten Region oder bei Lage des Zoos innerhalb von tierseuchenrechtlichen Restriktionsgebieten
– Erforderliche Sofortmaßnahmen im Falle des Verdachts oder Ausbruchs
Notfallpläne
Herausforderungen bei der Bekämpfung in Tierparks/Zoos
1. Verhinderung der Virusvermehrung und –ausbreitung
2. Erhalt von wertvollen Vogelbeständen und „Status“-Vögeln (Ausnahmen von der Tötung)
3. Tierschutzaspekte: Aufstallung von großen Zoovögeln; Probennahmen von kleinen exotischen Vögeln
4. Arbeitsschutz: z.B. Probennahmen bei Laufvögeln
5. Existenzgefährdung des Tierparks: Schließung, Schutzkleidung
6. Die Maßnahmen trifft die zuständige Behörde unter entsprechender Risikoeinschätzung
7. Maßnahmen abhängig von den lokalen Gegebenheiten (Kontakt
Zoovögel zu anderen Betrieben, Gefährdung Geflügelbetriebe in der Umgebung) und der Situation entsprechend der epidemischen Lage (Ersteintrag eines neuen Virus nach Deutschland versus europaweiter Epidemie bei Wildvögeln)
8. Eine Berücksichtigung aller Punkte erfordert Zeit und Erfahrung: ggf Hilfe einholen (epidemiologische Untersuchungen, Probennahmen)
Ausblick
- Tierparks/Zoos müssen sich auch künftig auf das Vorkommen von HPAI einrichten. Kritisch, wenn Stämme zoonotisch sind
- Die GPestSchVo macht Ausnahmen von der Tötung/Einrichtung von Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet grundsätzlich möglich
- Die Auflagen zur Ausnahmegenehmigung von der Tötung kann unter Umständen für den Tierpark/Zoo sehr belastend bishin zu
existenzbedrohend sein
- Vermeidung eines (erneuten) Eintrags durch Volierenhaltung - Aufstallungsmöglichkeiten optimieren
- Ggf. Überlegung zur Impfung von zooeigenen Vögeln, die nicht
aufgestallt werden können (z.B. Wasservögel, sehr wertvolle Vögel)