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Die Verteilung des Scheckfälschungsrisikos zwischen Kunde und Bank

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Neue Juristische Wochenschrift

In Verbindung mit dem Deutschen Anwaltverein

und der Bundesrechtsanwaltskammer herausgegeben v o n Dr. Alfred Flemming, Rechtsanwalt i n Frank- furt - Dr. Walter Lewald, Rechtsanwalt i n Frankfurt - Prof. Dr. Rudolf Nirk, Rechtsanwalt beim B G H - Dr. Fritz Ostler, Rechtsanwalt i n M ü n c h e n - Prof Dr. Konrad Redeker, Rechtsanwalt i n B o n n . Schriftleitung: Dr. Hermann Weher, Rechtsanwalt, P a l m e n g a r t e n s t r a ß e 14, 6000 Frankfurt 1

45

Heft

Seite 2433-2488 34. Jahrgang 4. N o v e m b e r 1981

Aufsätze

Professor Dr. Ingo Koller, Passau

Die Verteilung des Scheckfälschungsrisikos zwischen Kunde und Bank

Die AGB der Banken und Sparkassen belasten die Kunden der Kreditinstitute mit allen Nachteilen des Abhandenkommens, der Fälschung und Verfälschung von Schecks, Scheckvordrucken sowie

Vordrucken von Empfangsbescheinigungen, soweit das Kreditinsti- tut kein Verschulden trifft. Der folgende Beitrag prüft die Vereinbar- keit dieser Klausel mit dem AGB-Gesetz. Er kommt zu dem Ergeb- nis, daß die Klausel im Verhältnis zur Privatkundschaft der Kredit- institute ungültig ist.

I. Problem

D e r Scheck war u r s p r ü n g l i c h ein Zahlungsmittel der Kauf- leute. Heute ist der Scheck allgemein gebräuchlich, wie die mehr als 14 M i l l i o n e n Scheckkarten zeigen, die jährlich von Banken ausgegeben werden. Unter dem Aspekt des Verlust- risikos hat die V e r d r ä n g u n g des Bargeldes durch den Scheck nicht nur Vorteile gebracht. Z w a r versetzt das Scheckverfah- ren die Bankkunden i n die Lage, jederzeit über einen Betrag in H ö h e ihres Guthabens bzw. i m Rahmen der ihnen zuge- standenen Kreditlinie verfugen zu k ö n n e n , ohne Gefahr zu laufen, gegebenenfalls beträchtliche Summen Bargelds zu verlieren. D a m i t ist indessen nicht jedes Verlustrisiko ge- bannt; denn ihnen k ö n n e n auch die Scheckformulare, unter U m s t ä n d e n samt Scheckkarte abhanden kommen. Geraten sie in die H a n d eines Fälschers, so k ö n n e n die Verluste erheblich sein. G e m . N r . 11 der Scheckbedingungen der Banken1 trägt n ä m l i c h der Kunde alle Nachteile des Abhandenkommens, der m i ß b r ä u c h l i c h e n Verwendung, der Fälschung und V e r - fälschung v o n Schecks, Scheckvordrucken und des V o r - drucks v o n Empfangsbescheinigungen. D i e bezogene Bank haftet i m Rahmen der v o n ihr zu vertretenden Sorgfalt nur in dem M a ß e , als es i m Verhältnis zu anderen Ursachen an der Entstehung mitgewirkt hat. Gleiches gilt gem. N r . 7 der B e - dingungen fur eurocheque-Karten2 beim Verlust v o n euro- cheque-Karten und eurocheque-Vordrucken.

D i e H ö h e des Verlustrisikos illustriert ein v o m LG Berlin21 ent- schiedener Rechtsstreit. Ihm lag folgender Sachverhalt zugrunde:

W ä h r e n d des U r l a u b s einer B a n k k u n d i n w u r d e in deren W o h n u n g eingebrochen. D a b e i w u r d e n ca. 15 Scheckformulare aus einer Schreibtischschublade entwendet. Z w ö l f der Formulare wurden mit

g e f ä l s c h t e r Unterschrift in B e t r ä g e n zwischen 200 und 300 D M v o r - gelegt und bezahlt. Das K o n t o der K u n d i n wies ein G u t h a b e n v o n 700 D M auf. O b w o h l diese K u n d i n in den letzten Jahren nur ü b e r laufende E i n k ü n f t e in H ö h e v o n 500 D M aus Stipendien verfugte, w u r d e ihr K o n t o mit einem Negativsaldo v o n 2600 D M belastet. D a s LG Berlin verurteilte die K u n d i n , g e s t ü t z t auf die N r . 11 der B e d i n - gungen für den Scheckverkehr, zur A b d e c k u n g des Saldos. D i e F ä l - schung der Unterschrift sei angesichts der i m Scheckverkehr erfor- derlichen Schnelligkeit der U n t e r s c h r i f t s p r ü f u n g nicht erkennbar ge- wesen. A u c h die Ü b e r z i e h u n g des K o n t o s habe keinen F ä l s c h u n g s - verdacht ergeben. In diesem Z u s a m m e n h a n g ist zu b e r ü c k s i c h t i g e n , d a ß sich die Banken in N r . 5 der Bedingungen für den Scheckver- k e h r4 das Recht vorbehalten haben, Schecks ohne R ü c k s i c h t auf das Guthaben oder eine vereinbarte bzw. dem K u n d e n mitgeteilte K r e - ditlinie e i n z u l ö s e n .

D o r t , w o sich der Fälscher die Scheckkartengarantie zunut- ze gemacht hat, hält sich freilich der Verlust der Bankkunden in Grenzen; denn die Banken haben in H ö h e v o n 90% des gefälschten Betrages eine Versicherung zugunsten der K u n - den abgeschlossen. D i e Kunden werden demnach faktisch mit dem Fälschungsrisiko nur in H ö h e v o n 10% belastet; eine Belastung, die aus G r ü n d e n der Sc h a d e ns v e r h ü tu ng äußerst sinnvoll ist3. Anderenfalls bestünde nämlich die Gefahr, daß mit Scheckkarte und Vordrucken noch sorgloser umgegan- gen w i r d , als ohnehin vielfach zu beobachten ist.

D i e Verlustrisiken, denen Bankkunden einerseits bei V e r - wendung der Scheckkarte, andererseits bei der E i n l ö s u n g normaler Schecks ausgesetzt sind, gehen mithin weit ausein- ander. Dies gibt Anlaß zur Prüfung, ob N r . 11 der B e d i n g u n - gen für den Scheckverkehr, die in ihrer Rigorosität aus einer Zeit stammt, in der Schecks nahezu ausschließlich von Kauf- leuten begeben wurden, auch heute noch i m Verhältnis zur Privatkundschaft der Banken als angemessen erscheint. D i e P r ü f u n g erfolgt in zwei Stufen. Z u n ä c h s t wird die Risikover-

1) Abgedr. bei Baumbach-Hefermehl, W G und ScheckG, 12. Aufl.

(1978), S. 577, 615.

2) Abgedr. bei Baumbach-Hefermehl, aaO, S. 578.

3) LG Berlin, N J W 1977, 586.

4) S.o. F u ß n . 1.

5) Die Kunden tragen zusätzlich das praktisch v e r n a c h l ä s s i g e n s w e r t e Risiko einer Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t der Versicherung.

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2434 NJW1981, Heft 45 Koller, Die Verteilung des Scheckfälschungsrisikos zwischen Kunde und Bank

teilung nach dispositivem Recht6 herausgearbeitet. Anschlie- ß e n d w i r d untersucht, ob und inwieweit die in den A G B vorgesehene Verteilung des Fälschungsrisikos eine unange- messene Benachteiligung der Bankkunden i . S. des § 9 A G B - ' Gesetz mit sich bringt.

II. Die Verteilung des S c h e c k f ä l s c h u n g s r i s i k o s nach dis- positivem Recht

Wie das Scheckfälschungsrisiko nach dispositivem Recht zu verteilen ist, kann auch heute nicht als endgültig geklärt ange- sehen werden. D i e w o h l noch herrschende Meinung weist i m A n s c h l u ß an das RG das Risiko bis zur Grenze eines V e r - schuldens der Bankkunden der Bank zu. In der neueren Lite- ratur dringt hingegen die Ansicht vor, daß die Bankkunden, ungeachtet der Frage, ob sie zur Kategorie der Kaufleute oder der Privatkundschaft gehören^ die Folgen v o n Scheckfäl- schungen auf sich nehmen m ü ß t e n , falls diese durch einen in ihrer Sphäre liegenden Umstand begünstigt worden seien.

Neuere höchstrichterliche Rechtsprechung ist - soweit er- sichtlich - nicht ergangen.

1. D i e Vertreter der herrschenden M e i n u n g7 b e g r ü n d e n ihr E r g e b - nis mit d e m A r g u m e n t , d a ß der B a n k keine g ü l t i g e A n w e i s u n g ihrer K u n d e n vorgelegen habe. Sie sei m i t h i n nicht i m R a h m e n des G e - s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r t r a g e s t ä t i g geworden. D i e Bank k ö n n e daher ihren Schaden nur insoweit auf ihre K u n d e n a b w ä l z e n , als diese nach den G r u n d s ä t z e n der positiven Forderungsverletzung haften, w e i l sie z. B . die Scheckformulare nicht s o r g f ä l t i g verwahrt und dadurch die F ä l s c h u n g e r m ö g l i c h t haben. Z u m gleichen Ergebnis gelangt Jacobi*

in Konstellationen, in denen die scheinbaren Aussteller der g e f ä l s c h - ten Schecks bei ihrer B a n k einen A k t i v s a l d o besitzen; denn es gelte der allgemeine Grundsatz, d a ß der Schuldner (die Bank) das R i s i k o trage, d a ß an den wahren G l ä u b i g e r gezahlt werde. E i n e e r h ö h t e Risikobelastung soll die K u n d e n aber dort treffen, wo die B a n k i m Z u s a m m e n h a n g mit der Bezahlung des Schecks Kredit g e w ä h r t . D a n n gelte n ä m l i c h nicht mehr das Recht der schuldtilgenden Z a h - l u n g , sondern a u s s c h l i e ß l i c h Auftragsrecht, aufgrund dessen die B a n k verpflichtet sei, jeden Scheck zu honorieren, dessen Echtheit bei p f l i c h t g e m ä ß e r P r ü f u n g keine Bedenken erwecke. Zahle die B a n k auf unerkennbar g e f ä l s c h t e Schecks, so leiste sie a u f t r a g s g e m ä ß u n d k ö n - ne deshalb Erstattung ihrer A u f w e n d u n g e n (§ 670 B G B ) verlangen.

E. Ulmer9 und Zöllner10 wollen das F ä l s c h u n g s r i s i k o i m W e g e der e r g ä n z e n d e n A u s l e g u n g des Scheckvertrages verteilen. § 670 B G B , der den Erstattungsanspruch der B a n k regle, sei i m Lichte einer R i s i - koverteilung nach S p h ä r e n zu modifizieren. Danach tragen die K u n - den das R i s i k o , wenn die F ä l s c h u n g auf einen U m s t a n d z u r ü c k z u f ü h - ren ist, der ihrer S p h ä r e a n g e h ö r e (z. B . Verlust v o n S c h e c k f o r m u l a - ren). A l l e anderen F ä l s c h u n g s u r s a c h e n werden der S p h ä r e der Bank zugerechnet.

Z u ä h n l i c h e n Ergebnissen wie E. Ulmer und Zöllner gelangt Cana- risu auf der Grundlage der Rechtsscheinhaftung. Z w a r k ö n n e eine F ä l s c h u n g g r u n d s ä t z l i c h keine dem Aussteller zurechenbare A n w e i - sung schaffen. Etwas anderes gelte, falls der M a n g e l der F ä l s c h u n g aus der S p h ä r e des scheinbaren Ausstellers stammt. D e m K u n d e n k ö n n e dann die F ä l s c h u n g zugerechnet werden. E r werde zwar auf diese Weise mit einem i m Vergleich zur G i r o ü b e r w e i s u n g e r h ö h t e n R i s i k o belastet. Dies sei aber sachgerecht; denn der Scheck sei ein Wertpapier, auf das, wie allgemein i m Wertpapierrecht, strengere Rechtsscheinregeln A n w e n d u n g f ä n d e n .

2. Läßt man die verschiedenen Ansätze Revue passieren, so kann eine Lösung sofort verworfen werden. Unhaltbar ist die These Jacobis. D i e Differenzierung zwischen Kunden mit A k - t i v - und Passivkonto mutet nicht nur w i l l k ü r l i c h1 2 an; sie tut auch dem Partei willen Gewalt an. Wenn Jacobi behauptet, die Bank sei verpflichtet, einen objektiv gefälschten, subjektiv fur echt gehaltenen Scheck einzulösen, so m u ß man sich die- sen A n s p r u c h nur als einklagbar und mit einem Schadenser- satzanspruch der Kunden bewehrt vorstellen, u m dessen fik- tiven Charakter zu erkennen.

Eher w ä r e es schon denkbar, § 670 B G B dahin zu interpre-

tieren, d a ß die B a n k als Geschäftsbesorgerin auch dort einen Erstattungsanspruch erlangt, w o sie - wie bei unerkennbar gefälschten Schecks - ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen durfte, d a ß die A u f w e n d u n g auftragsgemäß sei1 3. Diese A u s - legung erscheint j e d o c h als verfehlt; denn sie verkennt, daß dem Geschäftsbesorger nur i m Rahmen seines Auftrages ein T e i l des normalen Aufwandrisikos abgenommen w i r d . Die j Existenz eines Auftrages hat hingegen der Geschäftsbesorger w i e jeder andere der Vertragspartner auch auf eigenes R i s i - k o1 4 zu ermitteln1 3. Insoweit verfugt der Geschäftsbesorger ü b e r keinen Ermessensspielraum. Daraus folgt, daß die Bank, die aufgrund eines gefälschten Schecks glaubte, zur Auszah- lung verpflichtet zu sein, nicht berechtigt ist, v o n ihrem K u n - den Aufwendungsersatz zu verlangen.

A u c h der S p h ä r e n g e d a n k e allein vermag die m a ß g e b l i c h e n Entscheidungskriterien nicht zu liefern. A u f den ersten B l i c k erscheint es zwar als äußerst plausibel, den Bankkunden dieje- nigen Fälschungsrisiken aufzubürden, die ihrer Sphäre ent- springen. Diese F o r m der Risikozurechnung schafft nämlich fur die B a n k k u n d e n einen Anreiz, sich entsprechend ihren individuellen Verhältnissen optimal gegen Fälschungen zu. s i - c h e r n1 6, z . B . dann, wenn sich auf dem G i r o k o n t o hohe B e - t r ä g e befinden, die Scheckformulare i m Safe zu verwahren.

D i e Belastung der B a n k k u n d e n nach S p h ä r e n g r u n d s ä t z e n vermag somit fraglos einen wichtigen Beitrag zur M i n d e r u n g der i m Wertpapierverkehr besonders m i ß l i c h e n Fälschungs- gefahr zu leisten. Z u g l e i c h entfällt die Notwendigkeit, i m Einzelfall - gegebenenfalls unter g r o ß e m A u f w a n d - nach- weisen zu m ü s s e n , d a ß die Bankkunden schuldhaft bzw. i m Fall der Beweislastumkehr schuldlos gehandelt haben. Stutzig macht freilich, d a ß man i m amerikanischen Recht aufgrund v o n S p h ä r e n ü b e r l e g u n g e n z u m k o n t r ä r e n Ergebnis gelangt ist. D o r t w i r d die entgegengesetzte Regel, d a ß die Bank als Bezogene die Gefahr einer Fälschung der Ausstellerunter- schriften auf sich zu nehmen habe1 7, damit b e g r ü n d e t , daß der Bezogene in der Lage sei, die Unterschrift der Aussteller zu p r ü f e n1 8, und d a ß die stärkste Barriere gegen Fälschungen eine intensive K o n t r o l l e der Unterschrift bilde. Eine R i s i k o - belastung der B a n k k u n d e n w i r d m i t dem Argument abgelehnt, daß sie eine oberflächliche Bearbeitung der Schecks durch die B a n k e n fördere19.

6) Z u m dispositiven Recht in diesem Sinne g e h ö r t i m Licht des § 9 II 1 A G B - G e s e t z auch das i m W e g der Rechtsfortbildung entstandene Recht.

V g l . Brandner, in: Ulmer-Brandner-Hensen, A G B - G e s e t z , 3. Aufl. (1978),

§ 9 A n m . 58 m. N a c h w . ; Schlosser-Graba, A G B - G e s e t z , 1977, § 9 A n m . 24; Löwe-Graf v. Westphalen, in: Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, A G B - G e s e t z , 1977, § 9 A n m . 22; a. A . Staudinger-Schlosser, B G B , 12. A u f l . (1980), § 9 A G B - G e s e t z A n m . 20.

7) RGZ 100, 60; Meyer=C Ording, Das Recht der B a n k ü b e r w e i s u n g , 1961, S. 104f.; Baumbach-Hefermehl (o. F u ß n . 1), § 3 ScheckG A n m . 7 m. w. N a c h w .

8) Jacobi, Wechsel- und ScheckR, 1956, S. 403.

9) E. Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, 1938, S. 315 ff.

10) Rehfeldt-Zöllner, WertpapierR, 12. Aufl. (1978), S. 140.

11) Canaris, in: G r o ß K o m m . z. H G B , 3. A u f l . , A n h . § 3 5 7 A n m . 275.

12) So zu Recht Canaris, aaO.

13) So v. Thür, SchweizJZ 1925, 333f; Reichel, D J Z 1925, 1800f.

14) V g l . RGZ 100, 55 (60).

15) V g l . auch Koller, B B 1979, 1726, wo freilich entgegen der h. M . ein stärkerer Schutz der G e s c h ä f t s b e s o r g e r i m Hinblick auf die Unkenntnis v o n Weisungen vertreten wird. Eine Parallele zu den dort behandelten Problemen kann nicht gezogen werden, da hier der G e s c h ä f t s b e s o r g e r i r r t ü m l i c h von der Existenz einer Weisung ausgeht, der G e s c h ä f t s b e s o r g e r mithin ü b e r h a u p t nicht aufgrund einer konkreten Veranlassung durch den Auftraggeber tätig wird.

16) V g l . Koller, Die Risikozurechnung bei V e r t r a g s s t ö r u n g e n in A u s - t a u s c h v e r t r ä g e n , 1979, S. 78 ff.

17) Section 3 - 401, 3 - 404 U n i f o r m Commercial, Code; White and Summers, U n i f o r m Commercial C o d e , 1972, S. 498.

18) V g l . Landvogt, F ä l s c h u n g und V e r f ä l s c h u n g von Wechseln und Schecks im anglo-amerikanischen, f r a n z ö s i s c h e n und deutschen Recht, 1970, S. 22; Farnsworth, 60 C o l u m b i a Law Review, 285, 302.

19) Landvogt, aaO, S. 114 m. N a c h w .

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Koller, Die Verteilung des Scheckfälschungsrisikos zwischen Kunde und Bank NJW1981, Heft 45 2435

D e r isolierte H i n w e i s darauf, d a ß das Fälschungsrisiko durch Faktoren, die i n der Sphäre der K u n d e n liegen, e r h ö h t worden sei, vermag mithin die Ü b e r w ä l z u n g der F ä l s c h u n g s - gefahr auf die Bankkunden nicht zu rechtfertigen. Es bedarf zusätzlicher Ü b e r l e g u n g e n , w a r u m gerade die i n der Sphäre der K u n d e n liegenden Faktoren den Ausschlag geben, oder ob andere Risikozurechnungselemente eine Rolle spielen2 0.

III. Eigener L ö s u n g s v o r s c h l a g

D e r zwischen der bezogenen Bank und ihren K u n d e n abgeschlossene Scheckvertrag ist als G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s - vertrag zu qualifizieren. Dieser G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r t r a g ist die Grundlage fur A n s p r ü c h e der Bank auf Erstattung der B e t r ä g e , die sie auf Schecks ausgezahlt hat (§§ 675, 670 B G B ) . Voraussetzung eines derartigen Erstattungsanspruchs ist nun nach dispositivem Recht nicht nur, d a ß ü b e r h a u p t ein G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r t r a g zustande g e k o m m e n ist, son- dern, falls - wie hier - der G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r t r a g erst noch durch Weisungen des K u n d e n konkretisiert werden m u ß , ferner, daß der Bank eine g ü l t i g e Weisung des K u n d e n zugegangen ist2 1. Es ist deshalb der herrschenden M e i n u n g2 2 darin zuzustimmen, d a ß der Bank, die auf die Vorlage eines gefälschten Schecks h i n auszahlt, kein Aufwendungsersatzan- spruch zusteht; denn es ist nach dispositivem Recht des B G B Sache der Bank wie einer jeden anderen Vertragspartei auch, auf eigene Gefahr h i n festzustellen, ob eine Verpflichtung z u m T ä t i g w e r d e n b e g r ü n d e t w o r d e n ist.

Allerdings spricht auf den ersten B l i c k vieles dafür, dieser durch § 670 B G B vorgezeichneten Risikoverteilung dadurch auszuweichen, d a ß man entweder den wertpapierrechtlichen Fälschungseinwand nach S p h ä r e n g r u n d s ä t z e n e i n s c h r ä n k t2 3 oder i m Wege der e r g ä n z e n d e n Vertragsauslegung zu Lasten der Bankkunden v e r s c h u l d e n s u n a b h ä n g i g e Zurechnungsele- mente ins Spiel bringt. Denkbar w ä r e es sogar, die Regeln des Geschäftsbesorgungsvertrages einschließlich der G r u n d s ä t z e über den Aufwendungsersatzanspruch i m W e g der Rechts- fortbildung2 4 dadurch umzuformen, daß man entscheidend darauf abhebt, welcher Sphäre die m a ß g e b l i c h e S t ö r u n g s - quelle zuzuordnen i s t2 5. Z u r U n t e r s t ü t z u n g dieses zuletzt ge- nannten Ansatzes mag eine Parallele zu § 645 B G B gezogen werden2 6. Gleichgültig wie man versucht, eine der spezifi- schen Interessen- und Risikokonstellation des Scheckverkehrs besser angepaßte Risikoverteilung zu erreichen, man darf i m Rahmen des Sphärengedankeris nicht lediglich auf die B e - herrschbarkeit des Risikos durch eine Partei abstellen und darf a u ß e r d e m den S p h ä r e n g e d a n k e n nicht verabsolutieren. N e - ben der Beherrschbarkeit der S t ö r u n g s q u e l l e spielt n ä m l i c h auch die Absorbierbarkeit sowie die Veranlassung des Risikos eine R o l l e2 7.

B e v o r nun n ä h e r auf die Absorbierbarkeit u n d V e r a n l a s s u n g des F ä l s c h u n g s r i s i k o s eingegangen w i r d , soll genauer untersucht werden, inwieweit und mit welcher Effizienz B a n k u n d K u n d e n F ä l s c h u n g e n ausschalten k ö n n e n . U n t e r dem A s p e k t der Beherrschbarkeit des F ä l - schungsrisikos hat m a n hierbei mehrere F a l l g r u p p e n zu bilden. Z u - n ä c h s t geht es u m die F ä l l e , in denen die F ä l s c h u n g der Unterschrift dadurch e r m ö g l i c h t w o r d e n ist, d a ß die Scheckformulare d e m K u n - den oder einem v o n i h m beauftragten G e w a h r s a m s i n h a b e r abhan- den g e k o m m e n bzw. v o n letzterem m i ß b r a u c h t w o r d e n sind. D a n e - ben stehen die F ä l l e , in denen die Unterschrift der Aussteller auf g e f ä l s c h t e n S c h e c k v o r d r u c k e n oder auf neutralen F o r m u l a r e n imitiert worden sind. Lctzterenfalls k ö n n e n die K u n d e n weitere A u s z a h l u n - gen nur durch eine A n z e i g e verhindern, d a ß g e f ä l s c h t e Schecks ho- noriert worden sind.

1. Fälschung der Unterschrift auf dem Kunden ausgehändigten Scheckformularen

1. Es besteht nun kein Zweifel, d a ß der K u n d e dort, wo i h m oder Personen seines Vertrauens Scheckvordrucke

abhanden gekommen sind, in aller Regel in der Lage war, das Fälschungsrisiko i m Sinne der Sphärentheorie bzw. abstrak- ten Beherrschbarkeit2 8 auszuschalten. M a n kann dem K u n d e n nun sicherlich in aller Regel nicht zumuten, einen Tresor an- zuschaffen oder die Schecks i m Banksafe zu verwahren, u m die Gefahr einer Fälschung zu bannen. Im Lichte der R i s i k o - zurechnung nach M a ß g a b e der abstrakten Beherrschbarkeit k o m m t es jedoch auf die Zumutbarkeit i m konkreten E i n z e l - fall nicht an, sondern allein darauf, ob den einzelnen K u n d e n die Scheckvordrucke auch bei Einsatz aller denkbaren A b w e h r m ö g l i c h k e i t e n abhanden gekommen w ä r e n . Im Rah- men dieser A b w e h r m ö g l i c h k e i t e n ist es dann deren Sache zu entscheiden, welche Gefahren aus ihrer Sicht mit angemesse- nem Aufwand gebannt werden k ö n n e n und danach zu ver- fahren, i m übrigen aber Schäden, deren A b w e h r sie subjektiv fur zu teuer halten, in K a u f zu nehmen. V o n einer verschul- d e n s u n a b h ä n g i g e n Risikozurechnung geht deshalb ein s t ä n d i - ger Anreiz aus, die Gefahr der Fälschung durch situationsge- rechte Optimierung der Verwahrung zu minimieren. U n t e r diesem Aspekt sind die Bankkunden jedenfalls dann geeignete Adressaten der Risikobelastung, wenn man zu ihren Lasten generalisierend unterstellt, daß sie durchwegs zweckrational handeln.

Gleiches gilt indessen auch fur die Bank, die den gefälsch- ten Scheck auszahlt. A u c h sie k ö n n t e bei Einsatz aller denkba- ren M i t t e l sicherstellen, daß die gefälschte Unterschrift recht- zeitig erkannt w i r d . D a ß dies i m Massenverkehr der Scheck- einlösung regelmäßig nicht geschieht und nicht geschehen sollte, ist Ausfluß des Rentabilitätsdenkens. So wie es aber den K u n d e n beispielsweise verwehrt ist, sich g e g e n ü b e r einer Zurechnung nach den Regeln der abstrakten Beherrschbar- keit b z w . der Sphärentheorie darauf zu berufen, eine V e r w a h - rung der Scheckhefte i m Banksafe sei i m konkreten Einzelfall unrentabel, so darf die Bank nicht die Unrentabilität eines Einsatzes von Schriftsachverständigen ins Spiel bringen; denn auch i m Hinblick auf die Banken erscheint es als sinnvoll, sie ständig zu motivieren, die A b w e h r m a ß n a h m e n zu verbes- sern, z. B . durch Innovationen, deren Gestalt sich heute nicht absehen läßt, die Z a h l erfolgreicher Fälschungen zu senken.

2. Angesichts des Umstandes, daß in der hier behandelten Konstellation sowohl die Bank als auch die Kunden das R i s i - ko der Einlösung von gefälschten Schecks zu beherrschen imstande sind, ist zu fragen, wer von beiden die F ä l s c h u n g s - gefahr typischerweise effizienter zu steuern imstande ist. D i e Rechtsordnung sollte nämlich demjenigen das Risiko auferle- gen und ihn hierdurch zu dessen Minimierung anregen, der die Gefahr leichter, sicherer und billiger in G r i f f bekommt.

Dabei zeigt sich, daß sich keine allgemeine Aussage ü b e r et- waige Beherrschbarkeitsvorsprünge treffen läßt, die gleicher-

20) Insoweit besteht ein Unterschied zu sonstigen F ä l s c h u n g s f ä l l e n . Der Erwerber eines g e f ä l s c h t e n Wertpapiers, der ü b e r keine Schriftproben des Ausstellers verfugt, ist z. B . erheblich s c h u t z b e d ü r f t i g e r . Ihm wird man eher das Recht zugestehen m ü s s e n , sich darauf berufen zu d ü r f e n , der scheinbare Aussteller habe durch einen Mangel in seiner S p h ä r e die F ä l - schung b e g ü n s t i g t . Unzutreffend erscheint hingegen die These, d a ß derje- nige, dessen Unterschrift auf einem Wertpapier gefälscht worden ist, i m - mer und g e g e n ü b e r jedermann hafte, falls die F ä l s c h u n g durch einen in seiner S p h ä r e gelegenen Umstand g e f ö r d e r t worden sei. Die den Wertpa- pieren immanente Umlauffreundlichkeit schließt nicht von vorneherein aus, d a ß zu Lasten anderer Beteiligter des Wertpapierverkehrs Risikozu- r e c h n u n g s g r ü n d e , die in deren Sphäre liegen, ins Gewicht fallen.

21) V g l . o. bei F u ß n . 15.

22) V g l . o. bei F u ß n . 7.

23) Dazu Koller, W M 1981, 210.

24) V g l . BGH, N J W 1973, 318 (319); 1970, 39; Staudinger-Otto, B G B , 12. Aufl., § 324 A n m . 26; Koller (o. Fußn. 16), S. 53ff.

25) V g l . o. bei F u ß n . 9.

26) V g l . Koller (o. F u ß n . 16), S. 157ff.

27) V g l . Koller, aaO, S. 89ff.

28) Z u r Terminologie näher Koller, aaO, S. 78ff.

(4)

2436 NJW 1981, Heft 45 Koller, Die Verteilung des Scheckfilschungsrisikos zwischen Kunde und Bank m a ß e n fur den Bereich der Privatkundschaft ( z . B . L o h n - ,

Renten- und Gehaltskonten) und der sonstigen Konteninha- ber (Konten gewerblich oder freiberuflich T ä t i g e r sowie K o n t e n von juristischen Personen und S o n d e r v e r m ö g e n ) g ü l - tig w ä r e . Eine differenzierende Stellungnahme ist daher un- u m g ä n g l i c h .

a) N i m m t man die Gruppe der Privatkundschaft unter die Lupe, so w i r d man davon ausgehen m ü s s e n , daß die ihr zuzu- ordnende Fälschungsgefahr relativ homogen strukturiert ist.

In der breiten Masse dieser Scheckkunden unterscheiden sich die Lebensgewohnheiten, etwa i m H i n b l i c k auf Verwahrung der Scheckvordrucke, Kontaktaufnahme mit den Banken i m Falle eines Verlustes, H ö h e der auf den Girokonten gehalte- nen Beträge, w o h l nur unwesentlich. D e r U m s t a n d , daß das Fälschungsrisiko so gleichförmig strukturiert ist, läßt die Aussage zu, daß aus der Sicht der Banken e r h ö h t e Schutzvor- kehrungen nicht nur für einen kleinen T e i l der Kunden renta- bel sind. D a m i t ist keineswegs gesagt, daß die Banken billiger und effizienter Scheckfälschungen unterbinden k ö n n t e n . Es fehlen nämlich alle aktuell greifbaren Anhaltspunkte dafür, welcher A u f w a n d einerseits aus der Sicht der Banken und andererseits aus der Sicht aller Privatkunden erforderlich ist, u m die trotz A n w e n d u n g der yerkehrserforderlichen Sorgfalt fortbestehende Restgefahr der Auszahlung gefälschter Schecks u m einen bestimmten Prozentsatz zu senken. Dieser Vergleich ist aber auch deshalb z u m Scheitern verurteilt, weil sich die Methoden der Gefahrenabwehr verbessern lassen und die Zurechnung auf der Grundlage der abstrakten Beherrsch- barkeit ja für denjenigen, der letztlich den Schaden zu tragen hat, einen Anreiz schaffen soll, mit Hilfe v o n Innovationen neue, k o s t e n g ü n s t i g e r e Formen der S c h a d e n s v e r h ü t u n g zu ersinnen. V o n einem relevanten Beherrschbarkeitsvorsprung der einen oder anderen Seite kann man jedoch nur dann aus- gehen, wenn eine Seite evident und langfristig über das effi- zientere S c h a d e n s v e r h ü t u n g s p o t e n t i a l verfügt. Daran fehlt es hier, so daß i m Verhältnis Bank - Privatkundschaft der G e - danke der Sphäre bzw. abstrakten Beherrschbarkeit für sich allein keine Risikozuweisung gestattet. Es k o m m t daher gar nicht darauf an, ob man zugunsten der Privatkundschaft eine Ausnahme v o n der dem B G B5 zugrunde liegenden Prämisse machen m u ß , daß jede Vertragspartei in der Lage ist, zweck- rational zu handeln und ihren N u t z e n sachgerecht zu opti-

29

mieren .

b) Anders ist die Situation i m Verhältnis zu den übrigen Kunden der B a n k (gewerblich oder freiberuflich Tätige sowie juristische Personen und S o n d e r v e r m ö g e n ) . Hier w i r d eine

effiziente Risikobeherrschung durch die Bank durch den U m - stand behindert, d a ß die Intensität des Risikos von Kunde zu K u n d e sehr unterschiedlich ist. Diese H e t e r o g e n i t ä t des R i s i - kos hat zur Konsequenz, d a ß ein mehr oder minder einheitli- cher Sicherheitsstandard3 0 den einen K u n d e n gegenüber zu hoch und damit zu teuer und den anderen K u n d e n gegenüber suboptimal w ä r e . D e m g e g e n ü b e r sind die gewerblichen K u n d e n besser in der Lage, das A u s m a ß der sie individuell treffenden Risiken ( z . B . durchschnittlicher Stand des G i r o - kontos, Zugang zu den Scheckformularen, Zuverlässigkeit der Angestellten oder sonstiger Vertrauenspersonen3 1, A r t der Aufbewahrung, Sicherung der Geschäftsräume etc.) zu bewerten und d a r ü b e r zu entscheiden, i n welchem U m f a n g in ihrer spezifischen Situation e r h ö h t e Schutzvorkehrungen ren- tabel sind. In dieser Fallgruppe kann man deshalb zweifellos einen Beherrschbarkeitsvorsprung der K u n d e n konstatieren, w e i l diese die Fälschungsgefahr durch M a ß n a h m e n zu senken in der Lage sind, die weder ü b e r d i m e n s i o n i e r t sind, noch i m Einzelfall rentabel ausschaltbare Fälschungen tolerieren.

3. Allerdings darf die Zurechnung nicht ausschließlich an- hand v o n Beherrschbarkeitskriterien erfolgen. Es ist bei jeder

Risikoverteilung grundsätzlich auch zu berücksichtigen, w e l - che der Parteien besser i n der Lage ist, etwaige Schäden auf- zufangen und das Risiko zu streuen3 2. Diese Zurechnungsele- ment w i r d in der Rechtsprechung und neueren rechtswissen- schaftlichen Diskussion vorwiegend unter dem Aspekt der Versicherbarkeit gesehen. Es spielen jedoch sämtliche For- men einer Absorption v o n Risiken eine Rolle, wie sich in einer Analyse verschiedenster Vorschriften nachweisen l ä ß t3 3. a) Unter dem Aspekt der Absorbierbarkeit v o n Schäden infolge von Scheckfälschungen läßt sich nun nicht bezwei- feln, daß die Banken i m Vergleich zur Privatkundschaft weit- aus besser imstande sind, die Schäden sachgerecht aufzufan- gen und zu streuen3 4. Dabei spielt der Umstand, daß die B a n - ken regelmäßig bedeutend finanzkräftiger sind, keine R o l l e3 3. Entscheidend ist vielmehr, daß die Banken als Schaltstellen des Scheckverkehrs den optimalen Ü b e r b l i c k ü b e r die H ö h e des Fälschungsrisikos besitzen; dies sowohl i m H i n b l i c k auf dessen A u s m a ß als auch dessen Intensität. D i e Banken k ö n - nen deshalb unvergleichlich zuverlässiger ausreichende R ü c k - lagen bilden und auf diese Weise als Selbstversicherer fungie- ren. Sie sind nicht einmal auf eigene R ü c k l a g e n b i l d u n g ange- wiesen. D i e Praxis des Scheckkartenverfahrens zeigt nämlich, daß den Banken unschwer der Weg zu Versicherungen offen- steht, w ä h r e n d der Privatkundschaft ohne Hilfe der Banken jegliche Versicherungsmöglichkeit fehlt. Wenn man die Fälle verschuldeter B e g ü n s t i g u n g der Scheckfälschung, die die Kunden ohnehin zu tragen haben, ausklammert, ist bei ,, P r i - vatkonten" auch nicht mit g r o ß e n Externalisierungen v o n Risiken, d. h. Ü b e r w ä l z u n g des ganzen oder partiellen Scha- dens auf Dritte, zu rechnen; denn das Fälschungsrisiko dürfte bei der g r o ß e n Masse der Privatkunden i n etwa gleich hoch sein. B e i einer U m l a g e der Schadenslast auf die Gesamtheit der Privatkunden w i r d deshalb nicht der Effekt eintreten, daß eine Vielzahl von K u n d e n langfristig andere Kunden, die sich bedeutend höheren Risiken eines unverschuldeten Verlusts bzw. M i ß b r a u c h s der Scheckformulare exponieren, subven- tionieren m ü ß t e n . W ä g t man die verschiedenen R i s i k o z u - rechnungsgesichtspunkte gegeneinander ab, so gibt die V e r s i - cherbarkeit des Risikos durch die Banken den Ausschlag3 6. Dies gilt natürlich nur für die Fallgruppe, in der weder den Banken noch den Kunden ein Verschulden vorzuwerfen ist.

Das Z i e l , die Z a h l der erfolgreichen F ä l s c h u n g e n zu minimieren, m u ß unter dieser L ö s u n g nicht leiden; denn die Banken k ö n n e n ja im

29) V g l . Koller, aaO, S. 82. V g l . dazu auch u. bei F u ß n . 66.

30) M a n kann von den Banken nicht erwarten, d a ß sie den Sicherheits- standard von Kunde zu Kunde modifizieren, zumal ihnen in aller Regel die für sachgerechte Modifikationen notwendigen Anhaltspunkte fehlen werden.

31) Die H ö h e des F ä l s c h u n g s r i s i k o s h ä n g t wesentlich von der Zuver- l ä s s i g k e i t der Angestellten oder sonstiger Vertrauenspersonen ab. V g l zu den Erfahrungen in den U S A Farnsworth, 60 Columbia Law Review, 305.

In Privathaushalten spielt dieses Risiko kaum eine Rolle. Den Angestellten k ö n n t e man zwar im Bereich der Privatkundschaft deren Familienmitglie- der gleichstellen, wenn F ä l s c h u n g e n durch Familienmitglieder erheblich ins Gewicht fallen sollten. Die daraus resultierende Gefahr einer Externali- sierung von Risiken läßt sich jedoch im V e r h ä l t n i s zur Privatkundschaft leicht durch sachgerechte Ausgestaltung der A G B erreichen.

32) Landvogt (o. F u ß n . 18), S. 115f; vgl. auch Koller (o. Fußn. 16), S. 89ff.

33) Koller, aaO, S. 188ff.

34) V g l . Farnsworth, 60 Columbia Law Review, 302, 303; Scott, 91 Harvard Law Review (1978), 772ff.

35) V g l . dazu Koller (o. F u ß n . 16), S. 90; M. Wolf, N J W 1980, 2439.

Schmidt=Salzer, B B 1980, 9, kommt vorschnell zu der E r k l ä r u n g , daß die ,,deep pocket" faktisch den Ausschlag gebe.

36) Das Zurechnungselement „ V e r a n l a s s u n g " , d . h . der Umstand, d a ß die Banken ü b e r h a u p t nur aufgrund ihrer G e s c h ä f t s v e r b i n d u n g e n mit den Kunden in die Gefahr geraten, g e f ä l s c h t e Schecks zu honorieren, tritt jedenfalls angesichts der den Banken zur V e r f ü g u n g stehenden Versiche-

r u n g s m ö g l i c h k e i t e n in den Hintergrund. Im ü b r i g e n ist zu b e r ü c k s i c h t i - gen, d a ß es bei g e f ä l s c h t e n Weisungen an einer vom Kunden ausgehenden konkreten Veranlassung, tätig zu werden, fehlt.

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Koller, Die Verteilung des Scheckfälschungsrisikos zwischen Kunde und Bank NJW 1981, Heß 45 2437 R a h m e n der R e n t a b i l i t ä t die A b w e h r von F ä l s c h u n g e n optimieren.

Im ü b r i g e n k a n n d u r c h A G B auch f ü r die K u n d e n ein A n r e i z geschaf- fen w e r d e n , das F ä l s c h u n g s r i s i k o zu senken. In gewissem U m f a n g m a g die Z u r e c h n u n g des F ä l s c h u n g s r i s i k o s nach A b s o r p t i o n s g e - sichtspunkten an die B a n k e n allerdings dann die S u m m e erfolgreicher F ä l s c h u n g e n e r h ö h e n , wenn die Versicherung v o n der Gemeinschaft aller B a n k e n g e n o m m e n w i r d u n d darauf verzichtet w i r d , in Parallele zur K f z - H a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g die P r ä m i e n nach der H ö h e der i n - dividuellen S c h a d e n s f ä l l e zu staffeln oder einen Selbstvorbehalt zu v e r e i n b a r e n3 7. W e n n die B a n k e n d e m Wettbewerbsgedanken R e c h - n u n g tragen, werden sie auch bei einer gemeinsamen Versicherung hinreichend sicherstellen, d a ß die vorsichtiger arbeitenden Banken nicht andere B a n k e n ü b e r die V e r s i c h e r u n g s p r ä m i e subventionieren m ü s s e n .

Im Ergebnis ist mithin i m Einklang mit der herrschenden M e i n u n g den Banken i m Verhältnis zu ihrer Privatkundschaft das Fälschungsrisiko bis zur Grenze deren Verschuldens zuzu- weisen (§ 670 B G B )3 8. Für eine rechtsfortbildende M o d i f i k a - tion der Regeln ü b e r den Erstattungsanspruch aus Geschäfts- b e s o r g u n g s v e r t r ä g e n besteht hier ebensowenig Anlaß wie für einen Einsatz der Figur ,,ergänzende Vertragsauslegung". E i - ne E i n s c h r ä n k u n g des Scheckverkehrs ist auf der Basis dieser dispositiv-rechtlichen Risikoverteilung nicht zu befurchten;

denn die Fälschungsgefahr hält sich in Grenzen und w i r d seit langem v o n den Banken auf dem Gebiet des Ü b e r w e i s u n g s - verkehrs in K a u f genommen3 9. Vielmehr kann man mit v. Caemmerer40 behaupten, daß eine Risikoverteilung scheck- feindlich ist, die Kunden gravierenden Gefahren aussetzt4 1.

b) Anders ist die Situation der Banken i m Verhältnis zu ihrer sonstigen Kundschaft (gewerblich und freiberuflich T ä t i g e sowie juristische Personen u n d . S o n d e r v e r m ö g e n ) gelagert.

Im Unterschied zur Privatkundschaft ist hier davon auszuge- hen, d a ß das Risiko eines Verlusts bzw. M i ß b r a u c h s der Scheckformulare sowie die Schadenshöhe relativ heterogen strukturiert sind, da das Risiko entscheidend durch die unter- schiedlichen Ausformungen des Geschäftsbetriebes beeinflußt w i r d . Jede Absorption des Fälschungsrisikos durch die B a n - ken m ü ß t e daher eine weitreichende Externalisierung von R i - siken zur Folge haben; d. h. es w ä r e zu befurchten, daß die Banken diesen Kundenkreis nicht entsprechend den individu- ellen Gefahrenbeiträgen belasten k ö n n t e n ; denn die Banken besitzen keinen Einblick i n die Interna ihrer Kunden, wie V e r t r a u e n s w ü r d i g k e i t des Personals, Zuverlässigkeit der S i - cherungssysteme. D i e Banken m ü ß t e n auf eine A b w ä l z u n g der V e r s i c h e r u n g s p r ä m i e n nach Durchschnittssätzen auswei- chen.

Allenfalls k ö n n t e n sie Risikoerhöhungsfaktoren, wie A u s - m a ß des Guthabens, Kreditlinie berücksichtigen oder sich an in der Vergangenheit liegenden Fälschungsschäden orientie- ren. D i e Externalisierung v o n Risiken w i r d zwar durch sol- che Vorkehrungen gemindert. Das B G B ist aber darauf ange- legt, Risiken, die stark durch die individuellen Verhältnisse der Vertragspartner gefärbt sind, grundsätzlich bei denjeni- gen Vertragsteilen anzusiedeln, die den besten Einblick in die für die Quantifizierung des Risikos maßgeblichen Faktoren besitzen4 2. Respektiert man diese Wertung, so ist das Fäl- schungsrisiko in dieser Fallgruppe rechtsfortbildend i n Paral- lele zu § 645 B G B oder, falls man den Bereich der ergänzen- den Vertragsauslegung weit ausdehnt, mit Hilfe dieser Rechtsfigur den Bankkunden zuzuweisen. Sie sind, wie oben dargelegt wurde, auch am besten in der Lage, entsprechend ihren besonderen Verhältnissen Schutzvorkehrungen zu tref- fen und auf diese Weise einen optimalen Sicherheitsstandard zu schaffen4 3.

2. Fälschung der Unterschrift auf gefälschten und neutralen Scheck- formularen

W i r d die Unterschrift der B a n k k u n d e n auf g e f ä l s c h t e n oder neu- tralen Scheckvordrucken imitiert, so sind die M ö g l i c h k e i t e n der

B a n k k u n d e n , der A u s z a h l u n g g e f ä l s c h t e r Schecks einen Riegel v o r - zuschieben, ä u ß e r s t gering. D i e F ä l s c h e r b e n ü t z e n n ä m l i c h in dieser Konstellation kein M a t e r i a l , das aus der S p h ä r e der K u n d e n in ihre H a n d gelangt ist. D e n K u n d e n fehlt deshalb jegliche Chance, das F ä l s c h u n g s r i s i k o g ä n z l i c h auszuschalten. Sie k ö n n e n nur dessen A u s - w i r k u n g e n dadurch m i n d e r n , d a ß sie die N a c h r i c h t e n ü b e r die A u s - zahlungen v o n Schecks kontrollieren u n d ihre B a n k sogleich ü b e r das Auftauchen g e f ä l s c h t e r Schecks i n f o r m i e r e n4 4. D i e Banken sind h i n - gegen i m Sinne abstrakter Beherrschbarkeit in der Lage, durch ein geeignetes System der Unterschriftskontrolle schon beim ersten A u f - tauchen einer F ä l s c h u n g Verluste abzuwehren. D a z u k o m m t , d a ß die Entscheidung, wie f ä l s c h u n g s s i c h e r die v o n ihnen ausgegebenen Scheckvordrucke ausgestattet sind, a u s s c h l i e ß l i c h in die S p h ä r e der B a n k e n fällt. In ihrer H a n d liegt es auch, ob sie sich darauf einlassen, auf neutralen V o r d r u c k e n ausgestellte Schecks ohne R ü c k f r a g e b e i m Aussteller zu h o n o r i e r e n4 3. U n t e r d e m A s p e k t der Beherrschbarkeit haben m i t h i n in diesen Fallkonstellationen die B a n k e n wegen evident besserer B e h e r r s c h u n g s m ö g l i c h k e i t e n das F ä l s c h u n g s r i s i k o auf sich zu n e h m e n4 6. Gleiches gilt unter d e m A s p e k t der Absorbierbarkeit des Risikos. A u c h hier k ö n n e n die B a n k e n etwaige S c h ä d e n effizien- ter auffangen. D a das A u s m a ß des Risikos entscheidend d u r c h ihre eigenen K o n t r o l l - u n d S c h u t z v o r k e h r u n g e n b e e i n f l u ß t w i r d , kennen sie allein den U m f a n g der zur Risikostreuung n ö t i g e n R ü c k l a g e n . D i e Risikoverteilung fällt j e d o c h zu Lasten derjenigen K u n d e n aus, die nach Absprache mit der B a n k eigene Scheckvordrucke verwenden. Es ist dann Sache der K u n d e n , f ü r f ä l s c h u n g s s i c h e r e V o r d r u c k e zu sor- gen oder das R i s i k o etwaiger F ä l s c h u n g e n in K a u f zu nehmen.

3. Zwischenergebnis

Es kann mithin festgehalten werden, d a ß die Banken nach dispositivem Recht i m Verhältnis zu ihrer Privatkundschaft bis zur Grenze deren Verschuldens das R i s i k o auf sich zu nehmen haben, d a ß sie gefälschte Schecks honorieren. Sonsti- ge Kunden (gewerblich oder freiberuflich T ä t i g e sowie j u r i - stische Personen und S o n d e r v e r m ö g e n ) haben ohne R ü c k - sicht auf eigenes Verschulden für die Auszahlung gefälschter Schecks aufzukommen, falls die Schecks auf Vordrucken ge- fälscht worden sind, die ihnen a u s g e h ä n d i g t worden waren.

Im übrigen tragen grundsätzlich die Banken das Fälschungsri- siko, es sei denn, d a ß die K u n d e n schuldhaft gehandelt haben.

E i n schuldhaftes Verhalten der Banken läßt i n Analogie zu

§ 645 1 1 B G B die v e r s c h u l d e n s u n a b h ä n g i g e Haftung der Kunden entfallen.

IV. Das S c h e c k f ä l s c h u n g s r i s i k o i m Licht der A G B D i e Banken haben sich seit jeher b e m ü h t , das Scheckfäl- schungsrisiko durch A G B in mehr oder minder g r o ß e m U m -

37) V g l . Famsworth, 60 C o l u m b i a Law Review, 291, 302, zu der Versi- cherungspraxis in den U S A .

38) In dieser Form hat auch der Schweizer Gesetzgeber in § 1132 O R das F ä l s c h u n g s r i s i k o verteilt. Im Bereich des Postscheckdienstes b ü r d e t freilich § 10 PostSchO den Postscheckteilnehmern das Risiko einseitig nach S p h ä r e n g e s i c h t s p u n k t e n auf. M a n sollte diese Vorschrift indessen nicht ohne weiteres als A u s f l u ß der Gerechtigkeit qualifizieren, sondern sie eher in die Reihe von N o r m e n stellen, in denen die ö f f e n t l i c h e Hand Risiken auf die Benutzer ihrer Einrichtungen a b w ä l z t ; eine Erscheinung, die derzeit unter dem E i n f l u ß des AGB-Gesetzes langsam revidiert wird.

39) Landvogt (o. F u ß n . 18), S. 115f.

40) v. Caemmerer, B B 1964, 520.

41) V g l . auch F u ß n . 38.

42) V g l . Koller (o. F u ß n . 16), S. 179ff.

43) Z u einer Zeit, in der sich die Scheckaussteller nahezu durchwegs aus k a u f m ä n n i s c h e n Kreisen rekrutierten, war mithin die Aussage E. Ul- mers (o. F u ß n . 9, S. 316) u n e i n g e s c h r ä n k t richtig, d a ß zum Zwecke einer gerechten Risikoverteilung die S p h ä r e des Ausstellers von der der Bank abzugrenzen sei.

44) Section 4-406 des U n i f o r m Commercial C o d e kennt auch hier nur eine Verschuldenshaftung. V g l . White and Summers (o. F u ß n . 17), S. 539.

45) G e m . N r . 1 der Bedingungen für den Scheckverkehr (o. F u ß n . 1) sind die Banken nur verpflichtet, Schecks auf den zugelassenen Formula- ren e i n z u l ö s e n .

46) Das Risiko geht n a t ü r l i c h auf den Kunden ü b e r , wenn diese ihre Bank schuldhaft nicht rechtzeitig ü b e r das Auftauchen g e f ä l s c h t e r Schecks informiert haben.

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2438 NJW 1981, Heft 45 Koller, Die Verteilung des Scheckfälschungsrisikos zwischen Kunde und Bank

fang auf ihre K u n d e n a b z u w ä l z e n4 7. D i e Frage, ob diese z u m Kreis der Privatkundschaft oder z u m Kreis der Kaufleute ge- h ö r t e n , spielte keine Rolle. Daran hat sich auch nichts geän- dert, als die Banken den Scheck als Zahlungsmittel derart popularisierten, d a ß heute mehr als 50% der Schecks v o n der Privatkundschaft der Banken ausgestellt werden. In A b w e i - chung v o m dispositiven Recht werden auch heute der Privat- kundschaft alle Nachteile eines Abhandenkommens, der m i ß - bräuchlichen Verwendung, der Fälschung und Verfälschung v o n Schecks, Scheckvordrucken und Empfangsbescheini- gung a u f g e b ü r d e t4 8.

In der L i t e r a t u r4 9 werden gegen diese A G B - R e g e l u n g keine umfas- senden Bedenken erhoben, weil sie angeblich den Scheckverkehr er- leichtere. Im E i n k l a n g mit d e m O L G Köln50 sollen die K u n d e n aber dort v o n einer Belastung m i t der F ä l s c h u n g s g e f a h r frei bleiben, w o die K u n d e n keinerlei E i n f l u ß auf die F ä l s c h u n g besitzen. Zöllner51

wendet a u ß e r d e m kritisch ein, es sei verfehlt, bei einem Verschulden der B a n k d e m K u n d e n nur deshalb einen T e i l des Schadens a u f z u b ü r - den, weil sein Verhalten m i t u r s ä c h l i c h , w e n n auch nicht schuldhaft gewesen sei. v. Caemmerer52 qualifiziert allerdings die A b w ä l z u n g der S c h e c k f ä l s c h u n g s g e f a h r auf die K u n d e n unter H i n w e i s auf die R i s i - koverteilung i n den U S A als schlechthin a n s t ö ß i g u n d unzureichend durchdacht.

1. Fälschung der Unterschrift auf der Privatkundschaft ausgehändig- ten Scheckvordrucken

In dieser Fallgruppe weichen die Banken erheblich v o n der nach dispositivem Recht vorgezeichneten Risikobelastung der Kunden ab. W ä h r e n d die Privatkundschaft5 3 nach disposi- tivem Recht nur die Gefahr zu tragen hat, d a ß sie schuldhaft5 4

Fälschungen b e g ü n s t i g t , ist sie gem. N r . 11 der Scheckbedin- gungen verpflichtet, trotz Beachtung jeder zumutbaren Sorg- falt alle ihrer Sphäre entspringenden oder durch sie b e g ü n - stigten Schäden i n K a u f zu nehmen. Es soll Sache der Kunden sein, wie sie diese Schäden auffangen, die sie glauben, renta- bel nicht abwehren zu k ö n n e n .

N u n ist sicher die Zurechnung nach S p h ä r e n g e s i c h t s p u n k - ten i m Grundsatz angemessen. Sie p r ä g t i n vielfältiger F o r m das dispositive R e c h t5 5 u n d erfüllt wichtige Präventionsfunk- tionen. Es w ä r e deshalb verfehlt, sie generell als unangemes- sen zu qualifizieren. Andererseits ist eine verschuldensunab- hängige Zurechnung nicht schon deshalb angemessen, weil der Kunde des A G B - V e r w e n d e r s das R i s i k o beherrscht; denn es ist immer zusätzlich zu fragen, w i e unverschuldete Schäden aufgefangen werden k ö n n e n3 6. Dies gilt selbst dann, wenn der Verwender der A G B - anders als beim Scheckfälschungs- risiko - die Gefahr schlechter als sein K u n d e i m G r i f f haben sollte5 7. So kann kein Zweifel daran bestehen, daß eine A G B - Klausel, derzufolge der Mieter einer W o h n u n g das Risiko, daß das Haus ohne sein Verschulden infolge eines Defekts seiner E i n r i c h t u n g s g e g e n s t ä n d e (z. B . Fernsehapparat) abbrennt, insbesondere angesichts der nur dem H a u s e i g e n t ü - mer offenstehenden V e r s i c h e r u n g s m ö g l i c h k e i t e n unange- messen ist3 8. Deutlich w i r d diese Wertung auch i n Situatio- nen, in denen sich der Verwender v o n A G B unter Berufung auf die V e r s i c h e r u n g s m ö g l i c h k e i t e n des anderen Teils v o n seiner Haftung lösen w i l l . Es ist hier weitgehend anerkannt, daß ein Ausschluß der Haftung fur einfaches Verschulden, der mit einem Versicherungsschutz des Kunden korreliert, g r u n d s ä t z l i c h5 9 als angemessen zu qualifizieren ist6 0. Der V e r - sicherungsschutz ersetzt als Risikoverteilungselement die Fahrlässigkeitshaftung, da er eine unangemessene Belastung des Risikoträgers verhindert.

M a n mag d e m entgegenhalten, d a ß eine B e t o n u n g des Versiche- rungsschutzes letztlich eine u n n ö t i g e u n d s c h ä d l i c h e Sozialisierung v o n V e r l u s t e n6 1 provoziere. In dieser A l l g e m e i n h e i t erscheint der E i n w a n d j e d o c h als unzutreffend. D e r E i n w a n d einer u n n ö t i g e n S o - zialisierung v o n S c h ä d e n k a n n meines Erachtens auf drei Pfeiler ge-

s t ü t z t werden. Z u m einen ist es in der T a t f r a g w ü r d i g , Risiken d u r c h Schadensstreuung auf K o l l e k t i v e zu verteilen, w e n n die R i s i k e n v o n Betroffenen zu Betroffenen sehr unterschiedlich gelagert sind. D i e Externalisierung v o n S c h ä d e n zu vermeiden, ist ein wichtiges Z i e l6 2. W o aber gemessen an der Position der Betroffenen u n d d e m A u s m a ß der in Frage k o m m e n d e n Verluste gravierende Externalisierungen nicht zu erwarten sind, ist an d e m hohen Stellenwert der institutiona- lisierten Schadensstreuung nicht zu zweifeln. Dies zeigt sich deutlich, w e n n m a n das zweite A r g u m e n t gegen eine Sozialisierung v o n S c h ä - den, den A s p e k t der Risikofreudigkeit, unter die L u p e n i m m t . Es spricht sehr viel d a f ü r , d a ß in vergangenen Zeiten die R i s i k o f r e u d i g - keit bedeutend g r ö ß e r war, d. h . , d a ß m a n dahin tendierte, der sofor- tigen D e c k u n g v o n B e d a r f (z. B . infolge niedrigerer Preise) den V o r - zug v o r R ü c k l a g e n b i l d u n g u n d Schutz v o r k ü n f t i g e m Schaden zu geben. Diese Bereitschaft, sogleich greifbare G ü t e r ü b e r p r o p o r t i o n a l h o c h zu bewerten u n d Verluste als S c h i c k s a l s s c h l ä g e hinzunehmen, hat auf breiter Ebene a b g e n o m m e n6 3. Z u m Beweis dieser These braucht nur auf das W a c h s t u m des V e r s i c h e r u n g s g e s c h ä f t e s , den A u s b a u des Sozialschutzes e i n s c h l i e ß l i c h der Sicherung des A r b e i t s - platzes hingewiesen zu werden. A u c h bei den U n t e r n e h m e n ist der D r a n g nach S e k u r i t ä t zu beobachten, wie die B e m ü h u n g e n u m exter- nes W a c h s t u m u n d Diversifikation zeigen. Diese E n t w i c k l u n g m a g damit z u s a m m e n h ä n g e n , d a ß heute die dringendsten t ä g l i c h e n B e - d ü r f n i s s e problemlos gedeckt werden k ö n n e n . D i e R e c h t s o r d n u n g

47) E. Ulmer (o. F u ß n . 9), S. 317.

48) N r . 11 der Bedingungen für den Scheckverkehr (o. F u ß n . 1).

49) Baumbach-Hefermehl (o. F u ß n . 1), A r t . 3 ScheckG A n m . 9; Canaris (o. F u ß n . 11), A n h . § 3 5 7 A n m . 276.

50) O L G Köln, W M 1972, 943; Baumbach-Hefermehl (o. F u ß n . 1), Art. 3 ScheckG A n m . 9; Canaris (o. F u ß n . 11), A n h . § 3 5 7 A n m . 276.

51) Rehfeldt-Zöllner, WertpapierR, 12. Aufl. (1978), S. 141.

52) v. Caemmerer, B B 1964, 520.

53) Werden A G B g e g e n ü b e r verschiedenen Verkehrskreisen verwen- det, deren Interessen, V e r h ä l t n i s s e und S c h u t z b e d ü r f n i s s e generell unter- schiedlich liegen, so kann die Anwendung des § 9 A G B - G e s e t z zu unter- schiedlichen Ergebnissen fuhren. Der A G B - V e r w e n d e r hat gruppentypi- sche Unterschiede zu b e r ü c k s i c h t i g e n . V g l . Brandner, in: Ulmer-Brandner- Hensen (o. F u ß n . 6), § 9 A n m . 66, 78; Kötz, in: M ü n c h K o m m , § 9 A G B - Gesetz Rdnr. 6.

54) Es geht hier i m wesentlichen um V e r s t ö ß e gegen v e r k e h r s ü b l i c h e Sorgfaltsstandards. V g l . Deutsch, Fahrlässigkeit und verkehrserforderliche Sorgfalt, 1963, S. 360; Weyers, U n f a l l s c h ä d e n , 1971, S. 391, 393 f., 490f;

506. N a t ü r l i c h spielen daneben auch noch andere Faktoren, wie finanzielle L e i s t u n g s f ä h i g k e i t und soziale E r w ü n s c h t h e i t eines bestimmten Verhal- tens eine Rolle.

55) V g l . Koller (o. F u ß n . 16), S. 99ff.

56) V g l . Grafv. Westphalen, N J W 1979, 843; Hensen, in: Ulmer-Brand- ner-Hensen (o. F u ß n . 6), § § 9 bis 11 A n m . 514 (zum Mietvertrag); Kötz, in: M ü n c h K o m m , § 9 A G B - G e s e t z A n m . 8; Löwe-Graf v. Westphalen, in:

Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner (o. F u ß n . 6), § 9 A n m . 17; M. Wolf N J W 1980, 2438. Krit. Staudinger-Schlosser (o. F u ß n . 6), § 11 N r . 7 A G B - Gesetz A n m . 43, mit dem hier nicht e i n s c h l ä g i g e n Argument, den K l a u - selaufstellern w ü r d e n sonst ganz unzumutbare Differenzierungen abver- langt werden. Anders aber Schlosser, wenn Versicherung zugunsten des Kunden ,,nahe liegt". V g l . indessen auch A n m . 49.

57) Unter dem isolierten Aspekt der Beherrschbarkeit ist dann sicher- lich eine Belastung der Kunden z u l ä s s i g . V g l . Staudinger-Schlosser (o.

F u ß n . 6), § 11 N r . 7 A G B - G e s e t z A n m . 49, die den Gesichtspunkt der Versicherbarkeit nicht b e r ü c k s i c h t i g e n .

58) V g l . Staudinger-Schlosser, aaO, § 9 A G B - G e s e t z A n m . 148; Staudin- ger-Emmerich, B G B , 12. A u f l . , § 5 4 8 A n m . 14; ferner Kötz, in: M ü n c h -

K o m m , § 9 A G B - G e s e t z Rdnr. 8; Löwe-Graf v. Westphalen, in: Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner (o. F u ß n . 6), § 9 A n m . 50. Z u r ratio der Risikover- teilung nach dispositivem Recht vgl. Koller (o. F u ß n . 16), S. 188f.

59) Z u r Ausnahme vgl. BGH, W M 1980, 287 f.

60) BGH, N J W 1980, 1953f.; vgl. ferner BGH, N J W 1961, 212 (213);

1968, 1718 (1720); 1973, 2107 (2109); Palandt-Heinrichs, B G B , 39. Aufl.

(1980), § 9 A G B - G e s e t z A n m . 9c; Kötz, in: M ü n c h K o m m , § 1 1 A G B - Gesetz Rdnr. 65. Ä h n l i c h jedenfalls dann, wenn die Kunden ü b l i c h e r w e i s e eigene Versicherungen besitzen und die Versicherungskosten nicht erheb- lich h ö h e r als bei einer Risikotragung durch den anderen Teil liegen.

Brandner, in: Ulmer-Brandner-Hensen (o. F u ß n . 6), § 9 A n m . 75.

61) V g l . Schlosser-Coester=Waltjen (o. F u ß n . 6), § 1 1 N r . 7 A n m . 65;

ferner Hauss, ZVersWiss 67, 166.

62) Insoweit kann eine Parallele zu § 5 A D S p gezogen werden. V g l . hierzu Ulmer-Brandner-Hensen (o. F u ß n . 6), A n h . § 9 bis 11 A n m . 18;

Staudinger-Schlosser (o. F u ß n . 6), § 9 A G B - G e s e t z A n m . 161.

63) V g l . Weyers (o. F u ß n . 54), S. 90; Posner, Economic Analysis o f Law, 2. Aufl. (1977), S. 75.

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