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Merksätze Anaphylaxie

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Academic year: 2022

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Die Anaphylaxie ist eine schwerwiegende, potenziell tödlich verlaufende systemische allergische Reak- tion. Sie tritt innert Minuten bis wenige Stunden nach Exposition mit dem Allergen auf. Die Anaphylaxie entwickelt sich in der Regel sehr schnell, wenn die ersten allergischen Symptome aufgetreten sind.

DANIEL GARCIA UND ALICE KÖHLI

Die Diagnose einer Anaphylaxie erfolgt nach den folgen- den klinischen Diagnosekriterien (adaptiert nach Sampson et al. [1]), wobei – in der Regel rasch nach dem Kontakt mit dem Allergen – immer zwei oder mehr Organsysteme betrof- fen sind:

❖Haut und/oder Schleimhaut: Urtikaria, Pruritus generali- siert, Flush, Quincke-Ödem

❖Atemwege: Stridor, Heiserkeit, Dyspnoe, bellender Hus- ten, Bronchospasmus oder Hypoxie

❖Herz-Kreislauf: Hypotonie, Bewusstlosigkeit

❖Magen-Darm: persistierende kolikartige Bauchschmerzen, rezidivierendes Erbrechen.

Auch hinter einer plötzlichen Hypotonie rasch nach Exposi- tion mit dem Allergen kann ein anaphylaktischer Schock ste- cken (1–12 Monate: < 70 mmHg; 1–10 Jahre: < 70 mmHg + 2 × Alter in Jahren; ab 11 Jahren: < 90 mmHg).

Adrenalin

Eine rasche Behandlung ist für den therapeutischen Erfolg entscheidend. Adrenalin ist das Mittel der Wahl. Die weitere Therapiestrategie richtet sich danach, welche Organsysteme in welchem Masse betroffen sind. Andere Medikamente sind

zweitrangig beziehungsweise kommen allenfalls für die Behand- lung bei nicht gravierenden allergischen Reaktionen infrage.

Das Adrenalin wird in der Regel intramuskulär in einer Dosis von 0,01 mg/kg Körpergewicht verabreicht. Diese Dosis kann bei ungenügendem Ansprechen nach 3 bis 5 Minuten wiederholt werden(Abbildung).

Auf der Notfallstation sollte das Adrenalin in der Verdün- nung 1:10 000 (1 ml = 1 mg Adrenalin, Ampulle mit 9 ml NaCl 0,9%) aufgezogen und verabreicht werden, da der Au- toinjektor wesentlich teurer und weniger genau dosierbar ist (nur in 2 Konzentrationen erhältlich: 0,15 mg und 0,3 mg).

Die intravenöse Gabe von 0,01 mg/kg Körpergewicht ist bei einem anaphylaktischen Schock angebracht, das heisst bei persistierender, volumenrefraktärer, symptomatischer arte- rieller Hypotonie.

Falls die oberen Atemwege betroffen sind (inklusive Schwellung intraoral, Stridor, Heiserkeit), kann zusätzlich (nach der i.m.- Gabe) mit vernebeltem Adrenalin (5 mg) behandelt werden.

Steroide und Antihistaminika

Sie dienen bei der Anaphylaxie nur der Symptom behandlung (Pruritus, Urtikaria) und sind keine Notfalltherapie. Nach dem heutigen Wissensstand können diese Substanzen eine Anaphylaxie weder unterbrechen noch verhindern.

Steroide scheinen Spätreaktionen zwar vorbeugen zu kön- nen, eine Sicherheit besteht hierfür jedoch nicht (s. unten)(3).

Nicht gravierende allergische Reaktionen (Urtikaria/Angio - ödem) können nur mit Antihistaminika und eventuell Steroi- den behandelt werden: Clemastin (Tavegyl®) i.v. 0,05 mg/kg Körpergewicht, max. 1 Ampulle à 2 mg, Prednisolon (Prednisolut®) i.v. 2 mg/kg Körpergewicht (max. 100 mg).

Bronchodilatatoren

Falls die unteren Atemwege betroffen sind (Bronchospas- mus), kann zusätzlich (nach Adrenalin i.m.) mit dem Beta-2- Agonisten Salbutamol (Ventolin®) behandelt werden:

6 Hübe (12 Hübe falls Patient > 6 Jahre alt) über eine Maske mit Vorschaltkammer (nicht bei Hypoxie) oder 20 Tropfen (5 mg) in 2 ml NaCl 0,9% (jedes Alter) über eine Maske mit Kompressionsvernebler und 100%-Sauerstoff.

Bei fehlendem Ansprechen kann das Salbutamol pur inhaliert werden, das heisst, das Reservoir im Kompressionsvernebler wird vollständig mit Salbutamol (ohne NaCl 0,9%) gefüllt.

Weitere Betreuung

Alle Patienten sollen nach einer anaphylaktischen Reaktion stationär aufgenommen werden. Die Gründe hierfür sind der

FORTBILDUNG

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ARS MEDICI 9 2013

Anaphylaxie

Therapie auf der Notfallstation bei systemischer allergischer Reaktion

Merksätze

❖Adrenalin i.m. ist das wichtigste Medikament bei Anaphylaxie.

❖Steroide und Antihistaminika dienen nur der Symptombehandlung (Pruritus, Urtikaria) und sind keine Notfalltherapie.

❖Alle Patienten sollen nach einer anaphylaktischen Reaktion sta- tionär aufgenommen werden.

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Reboundeffekt nach Adrenalingabe (nach ca. 4 h) und die möglichen biphasischen Reaktionen. Biphasische Reaktio- nen sind ein erneutes Aufflammen derselben anaphylakti- schen Reaktion. Sie treten zeitlich unabhängig von einer Adrenalingabe auf. Da die biphasischen Reaktionen noch bis 2 bis 3 Tage (!) nach dem Erstereignis auftreten können, bie- tet eine Hospitalisation aber keine absolute Sicherheit.

Vor Entlassung sollten der Patient und die Familie über Anaphylaxie informiert und in der Therapie mit dem Autoinjektor (Epipen®, Jext®, Anapen®) instruiert werden.

Mindestens ein Autoinjektor sollte abgegeben beziehungs- weise rezeptiert, die zuständigen Betreuer und Lehrer eben- falls informiert und das Angebot zur Instruktion gemacht werden.

Jedes Kind mit einer Anaphylaxie sollte durch einen Spe - zialisten (Allergologie) beurteilt werden, um den Auslöser zu eruieren und das Risiko einer erneuten allergischen Reaktion zu minimieren. Das Aufgebot zum Spezialisten sollte spätestens mit der Entlassung aus dem Spital einge -

leitet werden. ❖

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Daniel Garcia

Notfallzentrum für Kinder und Jugendliche Inselspital, Universitätsspital Bern 3010 Bern

Dr. med. Alice Köhli Allergologie

Universitätskinderspital Zürich Steinwiesstrasse 75

8032 Zürich

E-Mail: daniel.garcia@insel.ch E-Mail:alice.koehli@kispi.uzh.ch

Referenzen:

1. Sampson HA, Munoz-Furlong A, Campbell RL, Adkinson NF, Jr., Bock SA, Branum A et al.: Second symposium on the definition and management of anaphylaxis: summary report – Second National Institute of Allergy and Infectious Disease/Food Allergy and Anaphylaxis Network symposium. J Allergy Clin Immunol 2006; 117(2): 391–397.

2. Muraro A, Roberts G, Clark A, Eigenmann PA, Halken S, Lack G et al.: The management of anaphylaxis in childhood: position paper of the European academy of allergology and clinical immunology. Allergy 2007; 62(8): 857–871.

3. Lieberman P et al.: The diagnosis and management of anaphylaxis practice para meter:

2010 Update. J Allergy Clin Immunol 2010; 126: 477–480.

Erstpublikation in «Pädiatrie» 3/12; dieser Nachdruck wurde von D. Garcia aktualisiert.

FORTBILDUNG

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ARS MEDICI 9 2013

Abbildung: Behandlung bei Anaphylaxie gemäss Schweregrad (vereinfacht nach Muraro A et al. [2]) Herz-Kreislauf:

Bewusstlosigkeit, Hypotonie

❖NaCl 0,9% 20 ml/kg KG i.v. bei Bedarf

❖wiederholen

❖Adrenalin 0,01 mg/kg KG i.m.

❖wiederholen

Obere Atemwege:

Stridor, enorale Schwellung

❖Inhalation mit Adrenalin 5 mg

❖vernebelt

Untere Atemwege:

Dyspnoe, Giemen, Hypoxie

❖Inhalation mit Salbutamol (Ventolin®)

❖Adrenalin i.v. 0,01 mg/kg KG

❖NaCl 0,9% 20 ml/kg KG i.v.

❖Steroide und Antihistaminika i.v.

❖Intensivstation verständigen

❖Adrenalin i.v. 0,01 mg/kg KG

❖Steroide und Antihistaminika i.v.

❖Intensivstation verständigen

❖Adrenalin i.v. 0,01 mg/kg KG

❖Salbutamol pur Inhalation

❖Steroide und Antihistaminika i.v.

❖Intensivstation verständigen

kein Ansprechen nach 2-mal Bolus i.v. kein Ansprechen innert 5 Minuten

Anaphylaxie

Atemwege, Atmung und Herz-Kreislauf-Funktionen prüfen (A-B-C-Regel: Airway, Breathing, Circulation)

Adrenalin 0,01 mg/kg Körpergewicht i.m.

Sauerstoff

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