Arthur Christenskn, The Avesta Codex K 5 containing the
Yasna with its Pahlavi Translaiion and Commentary
published in Facsimile ... with an Iniroduction hy K. Barr.
First Part. Copenhagen: Levin & Munksgaard 1937. 14
u. 253 S. 2°. (Codices Avestici et Pahlavici Bibliothecae
Universitatis Hafniensis VoL VII).
Der vorliegende Band bringt zum ersten Male einen
awestischen Text in dieser Reihe. Ferner ist bemerkenswert,
daß sich auch die deutsche Wissenschaft an dem Zustande¬
kommen des Bandes beteiligt hat: die Handschrift war so
mürbe und zerfallen, ' daß nur ein Mann mit dem Wissen und t
Können von Dr. Hugo Ibscher am Berliner Museum sie
so instand setzen konnte, daß sie wiedergabefähig wurde.
Dr. Barr würdigt in seiner Einleitung diese Leistung und
noch manches andere, wodurch selbst Verlorenes für die
Wissenschaft wiedergewonnen werden konnte.
Außer dem ersten Teil, bis Yasna 20, aus K5 enthält der
Band die Westergaardsche Durchpause der am schlechtesten
erhaltenen Blätter und auch die Handschrift K 5b derselben
zur Vergleichung. Die beiden Handschriften, von Rask im
Jahre 1820 aus Bombay gebracht, sind verschiedentlich für
die Awesta-Ausgaben benutzt worden, und K 5 ist sogar eine
von den wenigen Autoritäten derselben. Nicht nur das,
sondern aus ihr allein hat Sfisoel uns den Text des Pahlavi-
Yasna zugänglich gemacht. Es ist ebenso sonderbar wie be¬
dauerlich, daß wir keine kritische Ausgabe dieses wichtigen
Textes besitzen. Man denke etwa nicht, daß die wörtliche und
auch ärmliche Mp. Übersetzung gur nichts tauge; die Frage
nach ihrem Wert für die Awesta-Interpretation ist längst
entschieden, aber wir dürfen nicht vergessen, daß sie auch
einen Selbstzweck hat, sprachlich und wegen der vielen
Glossen auch sachlich. Deswegen betrachte ich die Faksimile-
Ausgabe von K 5 als höchst wichtig und willkommen ; so kann
man nun jetzt damit die Schwester-Ausgabe von J 2 verglei¬
chen und verbessern. Denn wir wissen, daß abgesehen von
normalen Fehlern usw. in Spiegel's Ausgabe, auch die darin
gebrauchten -Typen oft das Originalbild der Wörter ver¬
wischen. Für den Awesta-Text ebenfalls spielen heute die
paläographischen Fragen eine große Rolle und dabei helfen
uns nur solche Faksimile-Ausgaben. J. C. Tavadia
W. Henning, Ein manichäisches Bet- und Beichtbuch. Berlin:
de Gruyter & Co. 1937. 143 S. Gr.-8°. (Aus den Abhandl.
preuß. Akad. der Wissenschaften 1936. Phil.-Hist. Kl.
Nr. 10.)
Mit dieser wichtigen Arbeit setzt H. nicht nur seine er¬
folgreiche Tätigkeit auf dem Gebiete der Turfan-Texte fort,
sondern dehnt sie auch auf das Soghdische aus. Denn das
fragliche Buch, das leider weder vollständig noch in richtiger
Reihenfolge gebunden ist, enthält nicht nur mittelpersische
und -parthische Hymnen, sondern auch einen soghdischen
Beichtspiegel und außerdem sind hier noch mehrere Frag¬
mente zur Kenntnis des manichäischen Kultus in dieser
Sprache behandelt worden. Ferner hat H. in diesem Falle einen
ausführlichen sprachlichen Kommentar von mehr als 50 Seiten
folgen lassen und damit eine weitere Grundlage zum Studium
dieser Sprache geschaffen.
Über den Inhalt und den Charakter der Texte macht H.
kurze Angaben in seiner Einleitung, die uns auch den jetzigen
und ursprünglichen Zustand der Handschrift klar darstellt.
Es sind darin sogenannte Bema- und Freudenhymnen und
Preislieder auf Narisah, Srö§-Ahräy, Jesus, auf Gesandte und
Apostel, außerdem das Ende eines interessanten Siegelbriefes.
Alle diese Texte sind teils in mittelpersischer teils in mittel-
parthischer Sprache verfaßt, und zwar wie üblich in kurzen,
einfachen Sätzen. In dieser Hinsicht können wir sie nicht mit
den älteren guten zarathustrischen Texten vergleichen, ganz
zu schweigen von den späteren, die im besonders schwierigen
und schwerfälligen Stil geschrieben worden sind. Auch er¬
möglichen uns die Turfan-Texte die Lesung unbekannter
Wörter und dadurch evtl. ihre Erklärung. Trotzdem bleibt
genug Raum zur Ergänzung und Berichtigung und so kann
man auch hier und da in der vorliegenden Arbeit anderer
Meinung als der Verf. sein.
Es ist mir z. B. nicht klar, warum h"d oder h'd in 14 ff.
als 2. PI. aufgefaßt wird; es ist doch 3. Sg. Konj. oder Opt.
und paßt auch vorzüglich in den Zusammenhang. Nach „An
alle Hirten usw." heißt es nach H.'s Übersetzung: „an (Euch)
alle, die Ihr diese Botschaft von mir empfangen habt, die Ihr
mit dieser Lehre . . . einverstanden seid, und die Ihr ohne
Zwiespalt im Glauben fest seid." Aber da steht einfach
hrw ky . . . pdyrypt h^d, . . . kwnsnd bwd h'd, 'wd . . . hwstyg"n
h'd; und so müssen wir übersetzen: ,,an jeden, der . . . empfan¬
gen haben mag, der . . . einverstanden (oder: zufrieden) ge¬
wesen sein mag, und der . . . fest sein mag." Diese Ausdrucks¬
weise ist ganz am Platze und wir brauchen nichts zu ergänzen
und nichts zu ändern, wie H. es tun muß.
Über einzelne Wörter brauche ich mich nur kurz zu fassen:
192: xyym wird mit parth. xdm verglichen und als Wunde
aufgefaßt; aber das gewöhnhche xem ,, Charakter, Natur,
Wesen" paßt hier besser: xyym .. .'yg "z u 'wrzwg „Natur
der Gier und (Sinnen)lust" verglichen mit dem Parallel- oder
Gegenausdruck in 196 wym'r 'y ns'h ,,Krankheit(en) des
Körpers".
295: 'brnng ist nicht „Keuschheit" sondern „Herrlichkeit,
Glanz usw.". Das Paar z'wr 'wt 'brnng „Kraft und Herrlich¬
keit" kommt auch anderswo vor, s. Tavadia, Sür Saxvan
S. 69. In Mir. Man. III hat H. für das Wort ebenfalls „Keusch¬
heit, Reinheit" gebraucht, aber auch da paßt die bekannte
Bedeutung, wie Benveniste, JA 1936, 194 f. bereits ge¬
zeigt hat.
408f. : jdg vergleicht H. ganz richtig mit )tO, dessen mehr¬
deutige Lesung jetzt dadurch entschieden wird, und das mich
4 :•.
schon einmal früher beschäftigt hat, s. mein Säyast-ne-
§äyast 1. 0. n. 12, und worauf ich bei anderer Gelegenheit
zurückkommen werde. Hier will ich nur bemerken, daß,
wenn für die Bedeutung „Ruhm" kein Grund vorliegt, ich
„Glück" oder „Erfolg" vorschlagen möchte, was mit nyiv
mwrvd'h ,, gutes Vorzeichen" besser paßt, oder, wie ich für
MpB angab, doch „Fügung", s. Stellen in Mir. Man. II 38 n. 7.
Wie im Falle von jdg so entscheidet 'mbs'n (S. 104) die
Lesung des umstrittenen wjr. Auch dieses heißt tatsäch¬
lich „feindlich, gegnerisch, widersprechend usw.", wie aus den
von Bartholomae in WZKM 30, 32 ff. zitierten und anderen
Stellen zu ersehen ist, und so bleibt kein Zweifel für die Iden¬
tität der Wörter. Also noch einmal beweisen die Turfan-
Texte die Zuverlässigkeit der Parsen-Tradition, insofern sie
in den alten Päzand-Schriften erhalten ist (die späteren Ver¬
suche sind natürlich mangelhaft und nicht vertrauenswürdig).
Die Päzand-Lesung anbasän war richtig; man verwarf sie,
nur weil keine Etymologie gegeben werden konnte und ver¬
suchte mehrere kühne Änderungen wie awikän usw.
Auf andere neue Ergebnisse werde ich hier nicht eingehen
und aus dem soghdischen Teil nur auf zywr „Halsketten,
Schmuckgehänge" hinweisen, das die bisherige Lesung nywr
in den buddh. sogh. Texten richtigstellt. Schon früher habe
ich im Kolleg bei Prof. Reichelt in Anbetracht des Np. zevar
diese Lesung zu ändern vorgeschlagen, s. aucb Benveniste,
a. a. 0. 232.
Es sei hinzugefügt, daß H. die Nützlichkeit seiner Arbeit
durch die Wörterverzeichnisse erhöht hat. Wir erwarten nun
seine weiteren Veröffentlichungen auf diesem Gebiete, die
er in BSOS 9. 79 angekündigt hat. J. G. Tavadia
Sir J. C. CoYAjEE, Cults and Legends oj Ancient Iran and
China. Bombay: J. B. Karani's Sons 1936. 13 u. 308 u.
XII S. 8°.
Das Buch enthält die in JASB erschienenen Aufsätze des
Verf., mit Einleitung, Sachverzeichnis usw. versehen. Die
Ähnlichkeit zwischen einigen iranischen und chinesischen Kul¬
ten und Legenden, die der Verf. feststellt und woraus er die
gegenseitige Beeinflussung und Entlehnung schließt, kann
auch anders erklärt und beurteilt werden. Jedoch haben über
Coyajee's These eine Reihe von Gelehrten, Iranisten sowohl
als auch Sinologen, ihre sehr günstige Meinung geäußert, die
in dem Buche abgedruckt ist. Sei dem wie ihm wolle, die
anderen Aufsätze verdienen sicher größere Beachtung. The
House of Gotarzes: a chapter of Parthian history in the
Shahnameh bildet die Vertiefung der bekannten These von
Nöldeke, Markwart und Herzfeld, ebenso die Aufsätze
über Rustam und Azi Dahäka, die auch vieles legendarische
Material enthalten. Am wichtigsten könnte man das letzte
Stück, The supposed Sculpture of Zoroaster on the Taq-i-
Bustan, nennen. Nach Coyajee stellt diese Figur, hier in
Photographie wiedergegeben, nur Vahräm dar und nicht
Mihr, wie die jetzt herrschende Meinung ist (früher dachte
man an Ohrmazd und sogar an Zarathustra). Seine Haupt¬
gründe sind: 1. Vahräm spielt eine große Rolle in der sassa¬
nidischen Tradition und Geschichte, 2. seine Beschreibung
in Yaät 14 stimmt mit der Figur, 3. beides kann man von
Mihr nicht behaupten, im Gegenteil, er war bei den Gegnern,
den Arsakiden, beliebt, — beachte die Häufigkeit des Namens
Mihrdates. J. C. Tavadia
M. Ishaque, Sukhanvarän-i-Irän dar 'Asr-i-häzir, or Poets
and Poetry of Modern Persia, Vol. II. With fifty-one
Portraits and one Musical Note. Calcutta: Published by
the Author 1937. XXIII, 482 S. Gr.-8°.
Dieser zweite Band der Gedichte aus dem heutigen Iran
braucht keine längere Anzeige, da er dem Plane des bereits
(in ZDMG 90. 489 ff.) besprochenen ersten Bandes folgt. Die
einzige Neuerung ist die englische Wiedergabe der Lebens¬
beschreibungen der hier vertretenen Dichter. Sie sind auch
als Führer und als Männer des praktischen Lebens mit dem
Lande verbunden, und daher erfährt man durch ihre Werke,
wonach Iran strebt und sich sehnt. Es sei hinzugefügt, daß
Ishaque's erster Band in Iran selbst so hochgeschätzt wurde,
daß er dafür den Titel NKän i 'Ilmi erhielt. Wichtiger und
auch nützlicher würde die in Aussicht gestellte Sammlung
der Prosaschriften sein, und wir hoffen, daß sie bald erscheinen
möge. J. C. Tavadia
Ötienne Lamotte, La »Somme duGrand Vehicule d'Asanga
{Mähäyänasamgraha). Tome I, Versions tibetaine et chinois
(Hiuan-tsang), Fascicule I {Chapitres I et II); Tome II,
Traduction et Commentaire, Fascicule I {Chapitres I et II)
(= Universite de Louvain, Institut Orientaliste — üniver¬
siteit te Leuven, Instituut voor Orientalisme, Bibliotheque
du Museon, 7). viü +47 +11 und viü + 152 + 24 SS.,
Louvain 1938, Preis zusammen 28 beigas.
Lamotte's Bearbeitung des Mähäyänasamgraha von
Asaiga zerfällt in mehrere Bände. Der erste enthält den
tibetanischen Text in Umschrift zusammen mit einem
photochemischen Abdrucke der chinesischen Wiedergabe
Hüan-tsang's nach der Ausgabe imTaishö-Tripitaka (Nr.l594),
der zweite bietet die französische Übersetzung, welcher ein
Kommentar und Anhänge beigegeben sind, den Sinn des
Textes aufzuschließen. Der dritte Band ist für die Indices
bestimmt, deren drei, ein sanskritischer, ein tibetischer und ein
chinesischer vorgesehen sind, der vierte wird als Einleitung
zur ganzen Bearbeitung die Lehren Asaftgas systematisch
darstellen und Ausführungen über die Literatur der Yogäcärin
bringen.
Von diesem Werke Hegen vorläufig die beiden ersten Hefte
vor, sie enthalten, jeweils als erste Hälfte des ersten und
zweiten Bandes, Text und Übersetzung der ersten zwei
Kapitel des Mähäyänasamgraha. In einem Vorworte legt
AsaAga die überlegene Größe des Mahäyäna dar und führt
aus, daß es echtes Buddhawort ist. Die beiden ersten Kapitel
des Werkes handeln über die Notwendigkeit des Älaya, sein
Wesen und die verschiedenen Bezeichnungen, unter denen
das Älayavijnäna auftritt, sowie darüber, daß es auch im
Hmayäna nicht unbekannt ist, daran schließt sich die Be¬
handlung der Merkmale {jheyalaksana).
Der tibetische Text ist mit besonnener Kritik bearbeitet
auf Grund des Pariser Tanjur, sowie der Kommentare zum
Mähäyänasamgraha, die im Tanjur enthalten sind: Vasu¬
bandhus Mahäyänasaingrahabhäsya und Asvabhävas (?) Ma-,
häyänasamgrabopanibandhana. Auch der cbinesische Text
Hüan-tsangs ist unterweilen nutzbar gemacht worden, un¬
sichere oder verderbte tibetische Stellen herzustellen. Die
Lesarten, welche sich aus dem benutzten Gute an Texten
herausstellten, sind verzeichnet. Der Text ist durchaus lesbar.
Damit ist das erreicht, was man heute billigerweise von einer
Ausgabe eines tibetischen Textes erwarten darf. Denn wie ich
überzeugt bin, läßt sich ein tibetischer Text mit unseren
heutigen Möglichkeiten und Erfahrungen noch nicht in dem
Sinne kritisch herausgeben, wie der klassische Philologe
dies mit seinen Texten tut. Der Gründe dafür sind mehrere.
Der augenfälligste ist der, daß das textliche Gut nur unvoll¬
kommen bekannt und vollständig nicht zugänglich ist. Ein
weiterer Grund ist der, daß wir nicht abwerten können, in¬
wieweit bei verschiedener Schreibung einer Form oder einer
der sogenannten Partikeln beispielshalber ein jeweils gegebener
tibetischer Text in die Überlieferung und Auffassung gram¬
matischer Schulen verflochten ist, oder welche Gründe sonst
immer die verschiedene Schreibung von Formen an gleicher
Stelle des Textes bestimmt haben mögen.
Ich glaube, daß Lamotte recht gehandelt hat, wenn er sich
damit abfand, nach dieser Seite hin das Erreichbare heraus¬
zuarbeiten, weil ohne solche — in gewisser Hinsicht vorläufige
— Lösungen einfach überhaupt nicht weiterzukommen ist.
Denn in Fällen wie dem Mähäyänasamgraha kommt noch
hinzu, daß der Sanskrittext vorläufig jedenfalls unbekannt
ist, dieselbe formgeschichtliche Untersuchung, wie am tibe¬
tischen Texte, müßte an den chinesischen Übersetzungen mit
Hilfe der Kommentare durchgeführt werden, und da liegen die
Möglichkeiten, kritische Texte herauszuarbeiten, vorläufig
ZeitacUrilt d. DMG Bd. 92 (Neue Folge Bd. 17) 42
ebenso im argen, wie auf Seiten des tibetischen Textes. Erst
auf Grund beider Untersuchungsreihen heße sich mangels
des sanskritischen Originals eine kritische Ausgabe dos
Mähäyänasamgraha unternehmen. Hier bleibt nur übrig,
sich zunächst mit einer praktischen Zwischenlösung abzu¬
finden. Es liegt also nicht an Lamotte, wenn der tibetische
Text und das Mähäyänasamgraha überhaupt vielleicht nicht
im strengen Sifine kritisch herausgegeben worden sind, das
liegt an stärkeren Verhältnissen. Diese praktische Lösung der
Aufgabe ist von Lamotte geleistet, seine Ausgabe des tibeti¬
schen Textes ist willkommen, weil sie das Mögliche heraus¬
arbeitet.
Besonnenheit und Nüchternheit im Urteile empfehlen auch
die Übersetzung Lamotte's. Zum weitaus größten Teile wird
der tibetische Text verdolmetscht, in einzelnen, namhaft
gemachten Stellen, wird Hüan-tsangs chinesischer Text
wiedergegeben. Bis auf eine, übrigens ganz belanglose Stelle
ist der gesamte Text übersetzt.
Es hat immer zwei Arten gegeben, buddhistische Texte
von einer Sprache in eine andere zu übersetzen, und ver¬
mutlich wird die eine Art die andere nie ganz überwinden.
Die eine läßt sich vielleicht dahin bestimmen, daß sie mehr
zwischenzeiligen Charakters ist, wie die tibetischen und mon¬
golischen Übersetzungen. Eine neuere Übersetzung zu nennen,
scheint mir Levi's Übersetzung des Sulrälämkära dieser Art
zu übersetzen nahe zu stehen. Die andere Art geht vor allem
darauf aus, die Inhalte buddhistischer Texte in die begrifl'-
liche Ausdrucksweise der Zeit des Übersetzers umzudenken.
Ich glaube diese zweite Art etwa durch Schtschekbatskoi's
Übersetzung des Dharmakirti veranschaulichen zu können.
Wenn ich die Dinge recht beurteile, gehl Lamotte hier einen
mittleren Weg, seine Art zu übersetzen scheint mir der seines
Lehrers de la Valläe-Poussin nahe zu stehen. Es scheint mir,
als unterscheide sich Lamotte's Art zu übersetzen dadurch
von der Schtscuerbatskoi's, daß er sich bei der Wiedergabe
der technischen Ausdrücke formal enger an die Ausdrucks¬
weise des Originals anschließt. Ich will damit keinesfalls
gesagt haben, daß Lamotte's Übersetzung ais solche zwisclieii-
zeiliger Art soi, das wäre ganz falsch, ich habe liier nur die
Art im Auge, wie die technischen Begriffe wiedergegeben
werden. Auch die Art, wie Lamotte diese wiedergibt, hat
ihre Vorteile, wenn sich eine solche Übersetzung dem west¬
lichen Leser, der nicht Fachmann im engeren Sinne ist,
vielleicht auch etwas schwerer gibt und etwas spröder ist.
Jeder Übersetzer hat das selbstverständliche Recht, seinen
Weg zu gehen, wenn er nur die Inhalte des Textes deckend
wiedergibt und sie klar macht. Ich bin überzeugt, daß Lamotte
auch dies Ziel erreicht hat. Die Sinndeutung geschieht in
Lamotte's Übersetzung rein beschreibend, insofern umfäng¬
liche Auszüge aus den Kommentaren zu den einzelnen Text¬
stellen übersetzt und teilweise auch im tibetischen Wortlaute
geboten werden. Außerdem werden in den erwähnten An¬
hängen durch Verweise auf einschlägige Parallelliteratur
Handleiten geboten, den Inhalt des Textes zu verstehen, wie
auch die Sanskritäquivalente immer angegeben sind. Die
Übersetzung ist aus einer umfassenden, gründlichen Sprach-
und Stoffkenntnis heraus selbständig und dem Texte gegen¬
über überlegen abgefaßt. Sicher, zuverlässig und besonnen
wird die Arbeit aufgenommen und durchgeführt. Man kann
nur wünschen, daß sie ungestört fortschreite, weil Lamotte's
Arbeit allen schuldigen Dank reich verdient.
Friedrich WELLER-Leipzig
MuiiAü Kamii., Des Josef ben Gorion {Josippon) Geschickte
der Juden ' hß'O^f^ " Nach den Handschriften in
Berlin, London, Oxford, Paris und Straßburg herausgegeben.
(XLVIII u. 333 S. mit 12 Tafeln.) J. J. Augustin Publisher
New York (1938).
Die „Geschichte der Juden", die etwa im 10. Jahrh. in
Italien in hebräischer Sprache nicdcrgoschrioben ist und als
deren Verf. Josef ben Gorion oder Josippon (bzw. Josippu.«)
genannt wird, war ein viel gelesenes l'nlerhaltuuirs- und Kr-
bauungsbuch. Sie enthält die Geschichte des jüdischen Volkes
von Adam bis zum Jahre 70 n. Chr. ; die Zeit bis zu Alexander
d. Gr. wird nur ganz summarisch und eklektisch behandelt,
um so ausführlicher aber die Zeit Alexanders, der Makkabäer
und die Zeit der römischen Herrschaft bis zur Zerstörung
Jerusalems. Der hebräische Text wurde verschiedene Male
herausgegeben. Aus dem Hebräischen floß eine arabische
Übersetzung, die auch veröffentlicht wurde, und zwar zweimal ;
mit dieser hat sich J. Wellhausen in seiner bekannten Ab¬
handlung ,,Der arabische Josippus" (Abh. d. K. Ges. d. Wiss.
zu Göttingen, 1897) auf Grund einer Pariser Hs. näher be¬
schäftigt. Die arabische Fassung wurde im 14. Jahrh. ins
Äthiopische übertragen. Aber die äthiopische Übersetzung
war bisher nur in Handschriften bekannt. Dillmann benutzte
die Frankfurter Hs. des äthiopischen Textes ausgiebig für sein
Wörterbuch, in dem sich sehr viele Zitate mit der Sigle
„Jsp." finden. Eine Ausgabe dieses Textes war schon seit
langem ein wirkliches Bedürfnis der Wissenschaft. Dr. Murad
Kamil hat sich dieser Aufgabe gewidmet und sie in vortreff¬
licher Weise gelöst. Er hat nicht nur den äthiopischen Text nach
zwölf Hss. gründlich untersucht und dann nach der ältesten
und besten Hs. sorgfältig ediert und die Varianten von sechs
anderen Hss. angeführt sowie wichtige Stellen mit fünf
weiteren Hss. verglichen, sondern auch das Verhältnis des
Äthiopen zum Araber ausführlich dargestellt und Verzeich¬
nisse der Eigennamen mit allen Stellen, an denen sie vorkom¬
men, hinzugefügt. In der Einleitung berichtet der Verf. zu¬
nächst über die Drucke des hebräischen Textes und dessen
Übersetzungen, dann über die arabischen und äthiopischen
Handschriften und über die Herstellung seiner Textausgabe.
Daran schließen sich die folgenden Abschnitte: Daten über
das Vorkommen des arabischen Textes und seine äthio¬
pische Übersetzung; Das Verhältnis des äthiopischen zum ara¬
bischen Text, und zwar a) die im arabischen Text fehlenden
Stellen des äthiopischen Textes, b) die im arabischen Text
vorkomn^enden Stellen, die im äthiopischen Text fehlen. Sehr
wertvoll und für die Geschichte der äthiopischen Über-
Setzungsliteratur wichtig sind die eingehenden Untersuch¬
ungen des Verf. über den Sprachgebrauch. Die Sprache
des Textes ist eine Art von Übersetzungs-Äthiopisch, ver¬
gleichbar dem „translation Greek" im Neuen Testament, über
das C.C. Torrey mehrfach gehandelt hat; aber wir haben
hier den Vorteil, daß Original und Übersetzung beide bekannt
sind, während im N. T. das erstere erschlossen werden muß.
Der Verf. gibt zunächst ,, feste Redcyisarten und Wörter,
die von dem Übersetzer nach der arabischen Vorlage an den
entsprechenden Stellen wiedergegeben sind", ferner „Mi߬
verständnisse des äthiopischen Übersetzers", endlich solche
,, Stellen, bei denen die Kenntnis des arabischen Textes not¬
wendig ist zum Verständnis des äthiopischen." Die ara¬
bischen Zitate gibt der Verf. nach einer guten Pariser Hs.,
nicht nach den fehlerhaften Drucken. Im Streben nach mög¬
lichster Vollständigkeit ist er wohl hie und da etwas über das
Ziel hinausgeschossen; so führt er z. B. auf S. XXVI zwischen
o^Xif^'i und cy\9° das Wort Cf"^ als aus dem Arabischen
übernommen an. Nun ist ao\[f,'i natürlich nur Umschrift
des arab. muzaiyin, da dem Übersetzer das äthiopische Wort
für „Barbier" nicht gegenwärtig oder vielleicht auch die Be¬
deutung des arabischen Wortes nicht genau bekannt war;
es kommt auch nur an dieser einen Stelle des Zenä Ayhüd vor.
CUJ'" (< arab. ruhäm) ist als Fremdwort im Äthiopischen
anzusehen und kommt auch sonst vereinzelt vor. Dagegen
ist /!,9°ihy das schon in der Bibelübersetzung mehrfach
gebraucht ist, ein gemeinsemitisches Wort. Manches von
dem, was der Verf. in dem Abschnitt über den Sprachgebrauch
anführt, fmdet sich auch in Dillmann's Lexikon an einzelnen
Stellen verstreut. Aber die Listen des Verf., die mit feinem
Sprachgefühl hergestellt sind und mit sorgfältiger Beachtung
seiner eigenen Muttersprache, sind lehrreich und den For¬
schern willkommen, ebenso wie die Tafeln, die den Schrift¬
charakter von elf äthiopischen Hss. und einer arabischen Hs.
veranschaulichen. So sind wir dem Verf. für seine mühevolle
Arbeit sehr dankbar. E. LiTTMANN-Tübingen
Maumüd Muhtär-Rätiscioglü, The Wisdom of the Qur'än,
set forth in selected verses conveying the moral, religious and
social philosophy of Islam, preceded by an introduction
expounding the teachings of the Qur'än. English translation
by John Naisk. London: Oxford University Press 1937.
(i.X, 14() S.) 8°. Preis b s.
Die systcmatisclie Einführung in die koranische Gedanken¬
welt und r^thik — der bedeutendste Teil des Buches (siehe
darüber die Bemerkungen J. Fück's bei der Besprechung der
französischen Originalausgabe, Paris 1935, in OLZ 1936,
435 f.) — ist in der vorliegenden englischen Übersetzung an
den Anfang gestellt (S. XVII* — LX). Der Verfasser sucht hier
von einem mystischen und zugleich modernistischen Stand¬
punkt aus das Wesen des Islam klarzulegen. Interessant ist
dabei sowohl seine kritische Stellungnahme gegenüber dem
Hadit und dem Formalismus der islamischen Rechtsschulen
(S. XXVff.) wie auch sein wohlwollendes, im Grunde genom¬
men sogar positives Urteil über die in der modernen Türkei
durchgeführten Neuerungen auf religionspolitischem Gebiet.
In der Übersetzung ausgewählter Koranverse (S. 1—146,
angeordnet nach der üblichen Reihenfolge der Suren) geht
der Verfasser bei der Sinndeutung des Originals manchmal
so weit, daß man kainn mehr von einer historisch orientierten
Exegese sprochen kann. So gibt er z. B. in Sure 2,45 (Fl. 42)
den Ausdruck .^abr mit ..perseverance in well-doing" wieder.
Ein Grenzfall liegt vor bei der Übersetzung von Sure 2, 223
Ende (ist übrigens versehentlich an den Schluß von Vers 221
geraten): wa-bussiri 'l-nuiminhia. Statt ,, proclaim the gospel"
hieße es besser ,.give good tidings", denn es handelt sich hier
nicht um das christliche Evangelium, sondern um die Bot¬
schaft Mohammeds. Die erste Hälfte desselben Verses lautet
in wörtlicher (.'bersetzung: ..Eure Frauen sind euch ein Saat¬
feld. .So geht zu eurem Saatfeld, wie (oder: wann) ihr wollt . . .'"
M.-Kätii«iog(.i' übersetzt: ..Let your wives be to you for
a fruitful liold. Be ye joined to them in marriage with a view
of offspring according to your desires . . ." Dazu gibt er
folgende Aiunerkung: „This verse has sometimes been trans¬
lated in a base and improper manner, contrasting unfairly
with the general tenor of the Qur'änic text." Der sachlich
schwer verständliche Vers 3 aus Sure 4 lautet in wörtlicher
Übersetzung: ,,Und wenn ihr fürchtet, in Sachen der Waisen
nicht recht zu tun, dann heiratet, was euch gul ist (zusteht?)
an Frauen, zwei, drei, vier; und wenn ihr fürchtet, [so viele]
nicht gerecht zu [be]handeln, dann [nur] eine, oder das, was
eure Rechte [als Sklavin] besitzt. Das ist näher (so ist es eher
möglich), daß ihr nicht unrecht tut." M.-Kätirciogli: gibt
den Vers folgendermaßen wieder: ,, Enter not into marriage
with more women than ye are able to support. Let two, throe,
or four suffice you. And if ye fear lest ye be not able lo observe
equity of treatment, then espouse bul a single wife." (Dazu
die Anmerkung: ,,. . . The end of the verse opens the way to
legal monogamy, which Turkey was the first Muslim country
to adopt formally.")
Vereinzelt haben sich auch rein sprachliche Mißdeutungen
eingeschlichen. So ist in Sure 2, 263 (Fl. 265) Anfang gaiif'"
ma'rüf^^ wa-magfirai"^ falschlich wiedergegeben mit ,,A blulT
word and forgiveness thereafter." Stall dessen müßte e.s
beißen ,,A kind word and forgiveness" (dann natürlich ohne
das zur Erklärung hinzugefügte ,, thereafter").
R. PARET-Heidelberg
Ernest M.\cKAy, Die Induskultur. Ausgrabungen in Mohenjo¬
daro und Harappa. {Aus dem Englischen ( The Indus Ciuili-
zation, London 1935} von Dr. Max Müller, Iserlolin.)
Mit 78 Abb. und 1 Karle. Leipzig, F. A. Brockhaus 19.'58.
151 S. 8". Ganzleinen RM 3.80.
Die wissenschaftliche Literatur, die sich mit den .Aus¬
grabungen im Industal und der durch sio wieder ans Licht
gezogenen präariscben Kultur Vorderindiens beschäftigt, hat
im Laufe der letzten Jahre schon einen erheblichen Umfang
angenommen, doch es fehlte bisher an einer Schrift, die auf
gedrängtem Raum dem gebildeten Laien eine klare Vorstel-
lung von dem Umfang und der Bedeutung jener Ausgrabun¬
gen hätte vermitteln und überhaupt als Einführung in den
ganzen durch sie aufgeworfenen Fragenkomplex hätte dienen
können. Das vorliegende Buch, von einem zeitweiligen Leiter
der Expeditionen verfaßt, kommt diesem Bedürfnis in geeig¬
neter Weise entgegen.
Im Eingangskapitel schildert der Verfasser die Geschichte
dieser Ausgrabungen, beginnend mit den ersten gelegent¬
lichen Funden zu Alexander Cunninghams Zeiten (1814 bis
1893) bis zum Jahre 1935, Lage und Zustand der Kultur¬
schichten sowie die Ausdehnung des zur Zeit angeschnittenen
weiteren Kulturbereichs, der nach Prof. Childs „ein un¬
verhältnismäßig größeres Gebiet als sowohl Ägypten wie
Sumer umfaßt haben muß." In den folgenden Kapiteln ent¬
wirft er dann ein lebensvolles Bild jener Epoche, ihrer Bauten
und ihrer Religion, der Kleidung der damaligen Menschen
und ihres persönlichen Schmucks; dann behandelt er die
Verwendung von Kupfer und Bronze, die Art und Form ihrer
Geräte und Werkzeuge und spricht endlich von Kunst und
Handwerk sowie den Gebräuchen und Vergnügungen jener
Zeit, und zwar so, wie der Archäologe es siebt und aus den
Funden zu rekonstruieren vermag. Erst das letzte Kapitel
ist dem „Alter der Induskultur und ihren Beziehungen zu
anderen Ländern" gewidmet. Die trefflich gewählten und
gut reproduzierten Abbildungen ergänzen den Text in der
glücklichsten Weise.
Von dem behandelten Stoff erscheint mir nur das Kapitel
von der Religion jener Menschen in einigen Punkten als
etwas hypothetisch, während man im übrigen dem Verfasser
wohl vorbehaltlos zustimmen kann. Bedeutet es doch stets
ein gewisses Wagnis, nur auf Grund archäologischer Funde in
die geistige Sphäre einer versunkenen Kultur eindringen zu
wollen, wenn nicht zugleich geschriebene Dokumente vor¬
liegen oder diese ihrer Entzifferung trotzen, wie es eben bei
denen des Industals bis zur Stunde der Fall ist; denn alle
bisherigen Versuche, ihr Geheimnis zu lüften, müssen als
unbefriedigend bezeichnet werden. Freilich sind die uns von
dort überkommenen Schriftdokumente ganz eigener Art,
bestehen sie doch nur aus Hunderten von Steatitsiegeln, die
in minutiöser und sauberer Ausführung als Mittelstück wap¬
penartig ein Tier- oder — nur selten — ein Pflanzenbild
sowie Schriftzüge in Bilderschrift aufweisen, die in der Regel
die Kopfseite der Siegelfläche einnehmen, während all die
Schriftstücke, die vielleicht auf vergänglicherem Material
verzeichnet waren, längst in Staub zerfallen sind. Nur zu
diesen Wappenbildern möchte ich mir hier eine Bemerkung
gestatten.
Nach Sir John Marshall's monumentalem Werk ,, Mo¬
henjo-daro" S. 66fT. und 382ff. zeigen nun 312 jener Siegel
als Wappenbild ein EinKorn, 22 das kurzhörnige Rind, 3 einen
Wasserbüffel, 14 ein Zebu, je 7 das indische Rhinozeros oder
einen Tiger, 17 den indischen Elefanten, 3 den Gharial, 2 eine
Antilope (abgesehen von 2. Bruchstücken mit Antilopen¬
köpfen) und 2 einen Pipal-Baum. Außerdem nennt Marshall
noch das indische Bison, den Babul- (Acacia arabica) und den
Jhandi- oder Kandi-Baum (Prosopis spicigera). Nun liegt
doch die Annahme nahe, daß Wappenbild und Beischrift
eine gewisse sinnvolle Verbindung gebildet haben, und doch
glaubt Mackay, der den Siegeln selbst, wie vielfach üblich,
einen amulettartigen Charakter zuschreibt, einen inneren
Zusammenhang zwischen Beischrift und Bild verneinen zu sol¬
len, wenn er im übrigen aucb annimmt, daß die Beischrift
Namen und vielleicht auch Titel ausgedrückt habe (S. 124 f.).
Demgegenüber erscheint mir jedoch die Annahme eines
inneren Zusammenhangs zwischen Bild und Beischrift als
logisch unabweisbar. Wenn die Beischrift wirklich Namen und
Titel des Siegelbesitzers angibt, so dürfte das Bild doch nur
die größere Gemeinschaft angedeutet haben, der dieser einst
angehörte, und das war nach meiner Vermutung das Totem.
Bekanntlich hat der Totemismus beim Aufbau des indischen
Kastenwesens eine große Rolle gespielt, und aus H. Niggk-
meyer's Untersuchung ,, Totemismus in Vorderindien" in:
Anthropos Bd. 28 (1933) S. 407—461 und 579—019 ergibt
sich ganz klar, daß auch heute noch viele indische Kasten
einen ausgesprochen totemistischen Charakter tragen. Zudem
glaubt die heutige Ethnologie „die Heimat totemistischer
Kultur mit großer Wahrscheinlichkeit im Innern des süd¬
lichen Asiens vermuten oder suchen" zu dürfen (vgl. z. B.
W. Koppbr's: Der Totemismus als menschheitsgeschicht¬
liches Problem in: Anthropos Bd. 31 [1936] S. 174), und unter
dieser Voraussetzung wäre ja auch der Amulettcharakter der
Siegel erst vollkommen gerechtfertigt. Meines Wissens ist
dieser Erklärungsversuch bisher noch nicht vorgebracht
worden, doch dürfte er bei einer Diskutierung der angeschnit¬
tenen Fragen immerhin in Betracht gezogen werden, selbst
wenn er sich schließlich als irrig erweisen sollte.
W. KiRFEL-Bonn
Chafik T. Chehata, Essai d'une Theorie Generale de VObliga-
tion en Droit Musulman. Tome 1er Les Sujets de VObliga-
tion. Kairo 1936. 8» (367 S.).
Das Recht der Schuldverhältnisse (mu'ämalät) nach
hanafitischem Ritus, das in der Megelle-i Ahkäm-i 'adliye eine
amtliche, in dem Muräid el-hairän i) des einstigen ägyptischen
Justizministers Qadri Paäa eine private Kodifizierung erhalten
hatte, ist in Ägypten im Laufe der letzten 25 Jahre wieder¬
holt Gegenstand mehr oder weniger eingehender Betrach¬
tungen geworden*). Der Verf. des vorliegenden Buchs will
zunächst vom hanafitischen System des Obligationenrechts
ein anschauliches Bild geben und dann auf Grund eines um¬
fangreichen Materials von Quellenbelegen aus den hanafi¬
tischen Autoren von Mohammed es-Saibän! (189/804) bis
1) Gedruckt 1891 auf Veranlassung des ägyptischen Unterrichts¬
ministeriums. Nachtrag dazu 1909. Die Übersetzung nennt sich „Statut r6el". Das Obligationenrecht wird in Art. 168 ff. behandelt.
2) Vgl. z. B. : Mohammed Hilm! 'Isä Paäa : iSarh el-bai' fil-qawänln el-mi?riya wal-fransiya wa fiS-Sari'a el-islämiya, Kairo 1916; Ahmed
Nagib el-Hiläli Bey: iSarb el-qänün fÜ-'uqüd,KAiTO 1925; Mohammed
Kämil MursI Bey: et-Ta'mlnät, Kairo 1927; Abü 1-Fath: el-Mu'ämalät,
Kairo 1923; 'Abdessalam Dihnl (Zohni): el-Mudäyanät u. a. vgl. auch
das vorliegende Buch S. 58.
herunter auf Mohammed 'Alä' eddin 'Äbidin (1306/1888)
de lege ferenda Vorschläge machen für eine Neuregelung der
Bestimmungen über die Stellung einer Mehrheit von Gläu¬
bigern und Schuldnern ohne und mit solidärer Bindung, deren
Fassung sowohl in der Magalla (Art. 1091—1113) wie im
Muräid el-hairän (Art. 168—194) mancherlei zu wünschen
übrig ließ.
S. 1—38 teilt er eine weit über sein Thema hinausgehende
Bibliographie des mohammedanischen Rechts mit. Es folgen
S. 41—61 Ausführungen über die objektive und die historische
Methode und S. 62—181 über die Theorie der Obligation im
hanafitischen Recht, in denen zunächst das Wesen der Obli¬
gation (ihre Bestandteile, ihre Wirkung, ihre Modalitäten
durch Befristung und Bedingung, ihr Erlöschen, ihre Übertrag¬
barkeit) und sodann ihre Entstehungsgründe durch Vertrag,
Delikt, Mißbrauch des Rechts und ungerechtfertigte Be¬
reicherung behandelt werden, wobei auf die Bedeutung der
Willenserklärungen, der Vertragsmängel und der Nichtigkeits¬
gründe ausführlich eingegangen wird. Im Anschluß daran
wird der Begriff der mohammedanischen Obligation als An¬
spruch auf ein dain, 'ain oder 'amal terminologisch und formell
definiert, und die Verwischung des Unterschieds zwischen
dinglichem und obligatorischem Recht nicht — wie von
Santillana (Istituzioni I 247), Morand und Badawi Paäa —
mit der zu starken Betonung der subjektiven Seite, des
„lien eminemment personnel", sondern mit dem Objektivis¬
mus der hanafitischen Juristen zu erklären gesucht. Die An¬
nabme einer Beeinflussung des mohammedanischen Obli¬
gationenrechts durch den römischen oder — abgesehen von
der Deliktstheorie — durch den hebräischen Vorgang lehnt
Verf. ab. Auf S. 187—342 wird die Pluralobligation ohne und
mit solidärer Bindung zunächst auf der Gläubiger- und dann
auf der Schuldnerseite behandelt.
Das Buch zeugt von einer gründlichen und verständnis¬
vollen Beschäftigung mit dem banafltischon Rocht, das Verf.
(S. 60) als das „reinste und am eigentlichsten raohanuneda-
nische Recht" ansieht. Aus dieser Auffassung erklärt »icb
wohl, daß die Rechtsbibliographie bezüglich der anderen
Schulen etwas stiefmütterlich ausgefallen ist, und z. B. be¬
züglich der Mälikiten nicht nur Mälik's Muwatta', sondern
auch el-Hattäb's Kommentar zum Muhtasar Halil's u. a. m.
fehlen. Wenn Verf. auf S. 134 sagt, die ,, Fiction de propriete"
im Falle des ,,Gontrat vicie" sei „proprement hanafite", so
ist dazu zu bemerken, daß sich etwas Ähnliches auch bei den
Mälikiten findet z. B. bezüglich des „faut el-amläk Hati
känat bi-yad man yatasarraf fll-umür el-mahzaniya'\ vgl.
el-Mauwäq (in margine von el-Hattäb) IV 468, 28 ff. ; Ibn
Söda, Agwiba 81, 3 ff. — Es ist wohl auch nicht zutreffend,
wenn die Unterscheidung zwischen bätil und fäsid (S. 128)
als ,, proprement hanafite" bezeichnet wird. — Die Frage,
wie weit das Fiqh Theorie (Pflichtenlehre) oder Praxis gewesen
sei, läßt sich nicht so kurz wie auf S. 56 abtun. Im übrigen
scheint Verf. sowohl in der systematischen Betrachtung wie
bei Behandlung der Pluralobligation der allmählichen Rechts¬
entwicklung im Laufe von mehr als einem Jahrtausend zuwenig
Rechnung getragen zu haben, wenn er auch gelegentlich
z. B. S. 122—124, 162 u. a. auf den Wandel der Auffassung
hinweist. So nützlich Studien wie die vorliegende sind, man
wird RoussiER-THfiAUX zustimmen müssen, wenn er in sei¬
nem „Programme de travail et methode en droit musulman"
(Revue Africaine 1935) die Herstellung wissenschaftlicher
Textausgaben der bedeutendsten juristischen Werke als das
zunächst Wichtigste bezeichnet. Ich habe z. B. von den
Zitaten aus Saibäni's el-Gämi' el-kabir, die Verf. anführt, in
der Haiderabader Ausgabe dieses Buchs (1356) nur eins ge¬
funden, das mit dem Zitat des Verf. wörtlich völlig überein¬
stimmte. Edgau Pröbster
Hans Bauer, Der Ursprung des Alphabets, Der Alte Orient,
Bd. 36. Heft 12. J. C. Hinrichs Verlag, Leipzig 1937. 44 S.
mit 16 Abbildimgen u. 13 Tafeln.
Ehe ich zur Besprechung dieses kleinen Buches über¬
gehe, muß ich mich auf zwei von meinen Artikeln berufen,
von denen der eine ..Ein Beitrag zur Entwicklung der Schrift",
in 1917 (Archiv für die gesamte Psychologie Bd. XXXIV
p. 359fT.), der andere „Die Entstehung der Sinaischrift und
des phönizischen Alphabets" in 1928 (Journal of the Society
of Oriental Research, V. XII Nb. 3—4, p. 131 ff.) erschienen
sind. Ira ersten von ihnen habe ich zum Verständnis der
Schriftentlehnung in der Vergangenheit moderne Lehn¬
schriften und zwar die der Bamum, der Tscheroki und der
Vei herbeigezogen, im zweiten zu demselben Zweck auch
die aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten stam¬
menden Alphabete benutzt, deren Zeichenformen mehr oder
minder große Divergenzen von denen ihnen als Vorbild
dienenden griechischen evtl. lateinischen Buchstaben zeigen,
wie z. B. die Glagolica, die Runen, das Ogham.
Bauer bedient sich derselben Methode. Doch nimmt er
als Ausgangspunkt seiner Untersuchung vor allem die vor
kurzem in Afrika entstandene Somalischrift, die erst 1932
beschrieben worden ist und die ich daher bei der Verfassung
meiner oben erwähnten Artikel nicht kannte.
Auch Bauer's Schlüsse haben in vielen Fällen weit¬
gehende Ähnlichkeit mit meinen Ergebnissen.
So .schrieb ich bereits 1917:
,,Was nun die Form der Buchstaben anbetrifft, so hat
man bis jetzt der Frage, woher sie stammen, einen zu großen
Wert zugeschrieben.
„Schriftzeichen werden immer von Schrifterfindern aus¬
gedacht, ob diese sich nun durch Bilder von Gegenständen
inspirieren oder fremde Formen annehmen, oder endlich
irgendwelche bedeutungslose Zeichen machen, ist vollständig
belanglos, möglich sind bei einer hochentwickelten Schrift
alle drei Methoden, man vergleiche nur die Schriftzeichen
der Bamum, der Cherokee und der Vei" (.Archiv für die
gesamte Psychologie Bd. XXXVI p. 390).
Elf Jahre später entwickelte ich diesen Gedanken ein¬
gehender:
o
,.Ich glaube gezeigt zu haben, daß gerade die Zeichen¬
formen am meisten von der Willkür des 'Entlehnors ab¬
hängen, und daß Divergenzen in dieser Richtung absolut
4
nichts beweisen . . . denn das (Wählen der Zeichen) hing
ausschließlich von der Laune der entsprechenden Schrift -
erfinder ab, deren Gedanken wir heute nicht mehr zu rekon¬
struieren vermögen" (JSORV. XII p. 139).
In 1938, also volle 10 Jahre später äußert Bauer in bezug
auf die Entstehung der Schriftzeichen in Lehnschriften fol¬
gende Meinung:
„Es sind eben hier zumeist nur Zufälligkeiten und Ein¬
gebungen des Augenblicks im Spiel, von denen sich der
Schaffende nachträglich keine Rechenschaft geben kann"
(p. 33).
Von dem Schriftentlehner auf dem Sinai sage ich :
„Konnte er wenigstens notdürftig ägyptisch schreiben?
Ganz ausgeschlossen ist es nicht, aber sehr wenig wahr¬
scheinlich . . .
,,Auch die sehr große Vereinfachung der Schrift macht
den Eindruck, als ob ihm die ganze Kompliziertheit der
ägyptischen Hieroglyphen verborgen geblieben wäre und er
von ihnen nur gewußt hätte, daß man ein Wort durch
Zeichen ausdrücken kann, die dessen Konsonanten ent¬
sprechen . . . dem Tatsachenbestand entspricht jedenfalls die
Tatsache besser, daß er sich nur eingehend über die Hiero¬
glyphen bei den phönizischen Kaufleuten erkundigt hatte . . ."
(JSOR 1928 p. 140f.).
Dagegen lesen wir bei Bauer :
„So hat möglicherweise der Erfinder unseres Alphabets
vom ägyptischen Schriftsystem überhaupt nur die Alphabet¬
schrift oder sogar nur das Prinzip derselben kennengelernt,
so daß Schrift und Alphabetschrift, d. h. hier Konsonanten¬
schrift, für ihn gleichbedeutend wäre. Er hätte dann die
Auswahl der vereinfachten Schreibung nicht mit Bewußt¬
heit zu vollziehen brauchen, sondern die Beschränktheit
seiner Kenntnisse hätte ihm, . . . den großen Erfolg ver¬
schafft" (p. 13).
Auch tiber die Ausbildung der phönizischen Kursive sind
die Ansichten Bauer's und die meinigen merkwürdig ähnlich,
wie aus nachfolgendem hervorgeht:
„Wenn nun ein Barbar, wie Njoya von Bamum, der über¬
haupt nicht schreiben konnte, nicht ganz 20 Jahre nötig
hatte, um von rohen Bildern von Gegenständen zu einer
Kursivschrift zu gelangen, so brauchte ein gebildeter Mann,
wie der phönizische Schriftentlehner auf dem Sinai, sicher
viel weniger Zeit zu einer derartigen Umwandlung" (JSOR
1928 p. 141 f.).
„Lehrreich in dieser Hinsicht ist auch eine Probe der
tscherokesischen Kurrentschrift, die sich im ganzen vom
Duktus unserer lateinischen Schrift wenig unterscheidet.
Wer will ihr ansehen, daß sie nur eine Entwicklung von
etwa 30 Jahren, die letztere aber eine solche von 3000 Jahren
hinter sich hat? Man übersieht eben vollständig, daß bei der
Gestaltung einer sekundären oder eklektischen Schrift, die
für die , natürliche' Schriftentwicklung erforderlichen Jahr¬
hunderte oder Jahrtausende übersprungen werden, so daß
die für eine Altersbestimmung notwendigen Voraussetzungen
und Kriterien überhaupt in Wegfall kommen" (Bauer, Ur¬
sprung des Alphabets, p. 37).
Ich könnte die Zahl der ähnlichen Zitate aus meinen
Arbeiten und aus der Schrift Bauer's vermehren, aber das
Gesagte genügt vollkommen, um zu zeigen, wie weit meine
Gedankengänge und Bauer's übereinstimmen. Doch ist dies
nicht immer der Fall. So widmet Bauer 15 Seiten von 39,
also fast die Hälfte seines Büchleins, dem Beweise, daß die
Buchstaben unseres Alphabets ursprünglich keine Bilder
waren. Ist diese Beweisführung überhaupt nötig, wenn man,
wie er und ich, annimmt, daß die Zeichenformen einer Lehn¬
schrift von der Laune des Entlehners abhängen?
Noch weniger annehmbar scheint es mir, wenn Bauer
nach Weissbach die altpersische Keilschrift als ein sowohl
von der Keilschrift als vom aramäischen Alphabet unab¬
hängiges Gebilde betrachtet. Diese altpersische Keilschrift
ist ganz sicher in der Kanzlei Darius' I ausgearbeitet worden,
und zwar von Schreibern, die sowohl die Keilschrift wie das
aramäische Alphabet kannten, und ist daher selbstverständ¬
lich unter dem Einfluß dieser beiden Schriftsysteme ent-
standen, was übrigens aus dem Wert, wenn auch nicht aus
der Form, ihrer Zeichen hervorgeht.
EndHch finde ich es wenig überzeugend, wenn auf p. 6
Bauer behauptet, daß die phönizische Schrift im XIV. Jh.
V. Chr. nicht ausgearbeitet oder wenigstens nicht verbreitet
war, weil die Kleinfürsten von Syrien und Palästina in jener
Zeit nicbt nur mit dem Pharao, sondern auch untereinander
in Keilschrift korrespondierten. Bei dem großen Konserva¬
tismus im Schriftgebrauch ist dieser Beweis vollständig un¬
genügend. So ist das lateinische Alphabet erst seit kurzem
in der Türkei eingeführt worden, obgleich es dort seit Jahr¬
hunderten bekannt war, und seit Jahrzehnten ist den japa¬
nischen Verfassern im Hirakana oder Katakana geschrie¬
benen Werke unsere Schrift geläufig, ohne daß sie daran
denken sie zu verwenden.
Ich könnte noch viele Einwände gegen die Arbeit Bauer's
machen, finde es aber überflüssig, weil mir nur daran gelegen
war, meine Priorität in bezug auf die von ihm zur Lösung
der Schriftprobleme gebrauchten Methode zu wahren.
Am Schluß werde ich mir erlauben ein paar Worte an
die Herausgeber dieser Arbeit zu richten. Man ehrt schlecht
das Andenken eines großen Gelehrten, wenn man ohne
Wahl alles druckt, was er hinterlassen hat.
Amelja HERTz-Warschau
Die Redaktion der ZDMG hat die obige -Vnzeige der von Hans
Bauer hinterlassenen Arbeit ,,Der Ursprung des Alpliabets", die Fräu¬
lein Dr. Amei.ja Hertz -Warschau von sich aus verfaßt und der ZDMG
zum Abdruck zugeschickt hat, mir als dem Herausgeber der Reihe ,,Der
,Mte Orient", in der die Arbeit erschienen ist, mit der Bitte um Stellung¬
nahme zugesandt. Ich habe daraufhin der Redaktion den dringenden
Rat gegeben, die .Anzeige in ihrem ganzen Umfang ohne jede Änderung
und Kürzung abzudrucken, damit auch der Schein vermieden würde,
als ob irjjrendein Prioritätsanspruch totgeschwiegen werden solle, und - unter Übergehung der übrigen kritischen -\usstcilungen und dor Frage,
wieweil Bauer's Auffassungen sich wirklich mit der der Rezensentin
decken — lediglich drei tatsächliche Feststellungen hinzuzufügen,
nämlich :
1. Wenn die Anzeige, wie es leider möglich ist, so sollte verstanden
werden müssen, als ob Hans Bauer die beiden Aufsätze von Ameua
Hertz aus den Jahren 1917 und 1928 gekannt und benutzt, aber nicht genannt hätte, so wäre dies darauf zu erwidern : Bauer hat die Grund¬
gedanken seiner Schrift von 1937 längst vor dem Erscheinen des ersten Aufsatzes von Amelja Hertz ausgesprochen, nämlich in der 1. Lieferung seiner ,, Histor. Gramm, der Hebr. Sprache des AT", S. 56—71, die nach Auskunft der Druckerei am 27. August 1915 in Satz gegeben ist, und hier auch auf Vorgänger hingewiesen (S. 64), die ihm für die Bildung seiner Meinung maßgebend gewesen sind. In der, wohl ebenfalls vor Erscheinen
des ersten Aufsatzes von Amelja Hertz verfaßten und am 2. März 1918
in Satz gegebenen Schrift ,,Zur Entzifferung der neuentdeckten Sinai¬
schrift und zur Entstehung des Semitischen Alphabets", 1918 hat
Bauer dann die in der Grammatik vertretene Auffassung noch schärfer
herausgearbeitet und auch modifiziert und hier wiederum mit aller
nur wünschenswerten Deutlichkeit gesagt, was ihm die Anregung zu
der Arbeit gegeben habe: Sethe's Abhandlung aus den Nachrichtender Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften, 1917, Heft 3, S. 437 ff.
2. Was die Illustrierung der von Bauer vertretenen Auffassung von
der Entstehung der phönizischen Schrift durch die Analogie moderner
,, Lehnschriften" angeht, so hat Bauer, Der Ursprung des Alphabets, S. 31 ganz klar gesagt, wodurch er auf die Schrift des Indianers Sikwäyi vom Stamme der Tscheroki, auf die Amelja Hertz nur flüchtig hinweist
(1917, S. 388; 1928, S. 131f.), aufmerksam geworden sei: durch Leh¬
mann-Haupt's Aufsatz ,,Zur Herkunft des Alphabets" in ZDMG 73,
1919, S. 51—79, wo S. 60—65 ausführlich von der Schrift des Sikwäyi
die Rede ist und auch andere moderne Lehnschriften erwähnt werden.
3. Im Vorwort zum ,, Ursprung des Alphabets" ist deutlich gesagt, daß die Schrift den Abdruck eines von Bauer druckfertig hinterlassenen
Manuskripts darstelle. Wie Amelja Hertz trotzdem sagen kann: ,,Man
ehrt schlecht das Andenken eines großen Gelehrten, wenn man ohne
Wahl alles druckt, was er hinterlassen hat", bleibt unverständlich.
Zudem klafft zwischen dieser Aussage und der Inanspruchnahme des
Prioritätsrechts auf die in der Schrift vorgetragenen Hauptgedanken ein krasser Widerspruch. Denn die Geltendmachung dieses Prioritäts¬
anspruches besagt ja doch, daß es sich hier um Gedanken von großer
Wichtigkeit handelt. Otto Eissfeldt
Friedrich Wilhelm König, Der falsche Bardija. Dareios, der
Große und die Lügenkönige (Klotho 4.). Gerold & Co.,
Wien 1938. Gr.-8°. 388 S. mit einer Kartenskizze. RM23.—
— Relief und Inschrift des Königs Dareios I. am Felsen von
Bagistan. E. J. Brill, Leiden 1938. Gr. -8°. 97 S. mit
2 Tafeln, 5 Skizzen im Text und 1 Karte. 3 Gulden.
Zeitschrift d. DMG Bd. 93 (Neue Folge Bd. 17) 4a
Die beiden Arbeiten, die einander ergänzen, behandeln
die Zeit des Regierungsantrittes des Großkönigs Dareios und
besonders die wichtigste Quelle dafür, die Felsinschrift von
Bagistan „heute Behistün, Bisutün oder Bistün ausge¬
sprochen". Sie seien hier mit I und II bezeichnet.
In I 212—221 gibt der Vf. einen Überblick, der zeigen
soll, wie nach seinen Untersuchungen die Ereignisse tat¬
sächlich verlaufen sind: Die großen Eroberungen Kuras',
des Großen, insbesondere die Einbeziehung des viel weiter
entwickelten Babyloniens und Kleinasiens haben die Lebens¬
verhältnisse seiner Gefolgschaften wesentlich geändert. Ein
TeiP) von ihnen verwandelte sich aus einfachen Rittern zu
großen Feudalherren; ein Hofadel entsteht und daher
wachsen die Abgaben und Lasten, die vom kleinen Landadel
und natürlich von den Bauern aufgebracht werden müssen.
Der Kult der Dewayasna erforderte große Tieropfer^); die
dafür erforderlichen Opfertiere konnten Bauern und Land¬
adel in Iran immer schwerer beistellen, weil sie seßhaft ge¬
worden waren, was einerseits zu einer Verringerung des
Herdenbestandes, andererseits zu erhöhter Nutzungsmög¬
lichkeit desselben, d. h. zu einer Steigerung seines Nutzwertes
führen mußte. Daher wirkte die Lehre des damals auftreten¬
den Spitama (Zarathustra) beim Landadel wie eine Er¬
lösung, da er den Schutz des Bauern und des Rindes predigte.
Zur Aufrechterhaltung der alten Ordnung und des neuen
Luxus war ein neuer Krieg notwendig, der den Kambu-
dschija bis nach Äthiopien führte. So erfolgreich dieser Zug
auch war, so kam es trotzdem in Iran während seiner langen
Abwesenheit zu Unruhen. Als sich mitten in diesem Durch¬
einander das Gerücht vom Tod des Kambudschija ver¬
breitete, vermag Gömäta, der Magus, die Führung an sich
1) Der Verf. sagt ,,der größte Teil" (S. 212); dies kann nicht richtig sein, denn Herzöge gibt es immer viel weniger als Barone.
2) Wenn die Priesterschaft mit der allgemeinen Machtvergrößerung Schritt halten wollte, so mußte sie ihren Tätigkeitskreis erweitern, und dies war nur in der Richtung möglich, die Tieropfer immer großartiger zu gestalten.
zu reißen, indem er sich für Bardija, des Kambudschija
Bruder, ausgibt (den dieser vor seinem Zug nach Ägypten
hatte heimhch ermorden lassen). Kambudschija vermag nichts
mehr zu retten und stirbt unter mysteriösen Umständen.
Gegen diese Rebellion der Bauern und des kleinen Landadels
trat der Hochadel an verschiedenen Stellen — unabhängig
voneinander — auf. Zu ihnen gehörte auch Spantadäta, der
sich später den Thronnamen DärejawöS beilegte. Er bean¬
spruchte die Großkönigswürde und mußte daher einerseits
gegen die anderen Adelsgruppen und andererseits gegen den
falschen Bardija Krieg führen, was bekanntlich mit einem
vollen Erfolg endete. Viel länger dauerte es hingegen, bis
die von Dareios propagierte religiöse Bewegung des Spitama
durchdrang. Dies zeigt sich vor allem darin, daß Dareios
erst in der Nachtrags-Kol. IV die sechs Helfer in der Gömäta-
Angelegenheit preisend hervorhebt (was wiederum zeigt, daß
er die Hilfe dieser Familien benötigte) und daß er anderer¬
seits an dieser Stelle die Reichshüter nicht nennt, die dem¬
nach als Vertreter der alten Kuraä-Ordnung eliminiert
worden sind. Diesen Wandel der Weltanschauung zeigt auch
das Relief, wenn es kunstgeschichtlich (nicht im Sinn von
„Geschichte der Kunst", sondern von ,, Kunst als Geschichts¬
quelle") betrachtet wird. Denn es hat mehrere Veränderungen,
d. h. Verbesserungen und Erweiterungen über sich ergehen
lassen müssen, die den tiefgreifenden Wandel in Iran während
der Bauzeit anzeigen; so wurde z. B. Öramazdä zunächst
nur als geflügelte Sonnenscheibe dargestellt und erst später
anthropomorph umgestaltet, was eben den Sieg des Mazda-
hismus beweist (11 25f.). Diese Hauptergebnisse waren nur
durch eine Reihe von Nebenuntersuchungen möglich, von
denen ich die wichtigsten anführe: Die Chronologie des
Kampfberichtes wird aufgeklärt, das Datum des Zuges gegen
die spitzmützigen Saken (Kol. V.) wird für das 28. Regie¬
rungsjahr des Dareios nachgewiesen (494/93; II33f.). Die
politische Rolle der Priesterschaft wird klar herausgearbeitet.
Die Gliederung in Altersklassen spielt bei der Thronfolge
eine große Rolle und hatte insbesondere für Dareios geradezu
43«
eine tragische Bedeutung. Denn er stand fast während
seiner ganzen Regierung unter der patria potestas seines
Vaters Wistäspa nämhch bis 492, und wurde schon ein Jahr
später ein ,, Alter", mußte also zugunsten seines Sohnes
Xerxes abdanken. — Besonderes Interesse darf die Fest¬
stellung beanspruchen, daß Gömäta kein Magier (magawa)
war, sondern ein MaguS, d. h. ein Palastbeamter i), der den
Kornzehent usw. zu kontrollieren hatte. Daraus geht hervor,
daß der Aufstand des falschen Bardija kein Kampf der
Mager war, sondern tiefere Ursachen hatte! — Von weit¬
tragenden Folgen dürfte auch die Erstellung des iranischen
Weltbildes sein, wie es z. B. in der Beilage zu II bildhaft
dargestellt ist. Damit ist nämlich die Quelle des Strahlen¬
baues gefunden, den Strzygowski in Armenien tür die Zeit
vor dem Eindringen der Basilika nachgewiesen hat und die
er mit Becht für eine wesentlich ältere Angelegenheit hält^). —
Die Interpretation vieler dunkler Stellen wird bedeutend
gefördert und der metrische Charakter vieler Teile der Bag-
Inschrift schärfer herausgearbeitet^). Auch die Sinnklärung
so mancher griechischen Stelle wurde erreicht, u. a. m.
Die Methoden, die der Verf. anwendet, sind alt und er¬
probt: genaueste Beachtung der Sachumstände, weitgehende
Berücksichtigung des weltanschaulichen Hintergrundes, Mi߬
trauen gegen alle, wenn auch noch so glatten Erklärungs¬
hypothesen, sobald ihnen unmögliche Voraussetzungen zu¬
grunde liegen, d. h. sobald es an der apriorischen Wahr¬
scheinlichkeit fehlt. Für letzteres bietet die Chronologie der
1) Ein ,;ldeiner Palastbeamter" schreibt der \ erf. S. 217 u. ö. irre¬
führend und meint damit: im Vergleich zu den Feudalherren; aber unter den Palastbeamten scheint der MaguS einer der höchsten gewesen zu sein.
2) ,, Spuren indogermanischen Glaubens in der bildenden Kunst."
Heidelberg 1936, insbes. S. 224, 412, 416; 73f. Die Aufklärung darüber, aus welcher Vorstellung dieser Strahlenbau entstanden ist, wird für die
Indogermanenfrage von großer Bedeutung werden.
3) Der Verf. sagt (II 90), es liege u.a. das Versmaß des Schahnamäh vor und setzt voraus, daß jeder Leser es im kleinen Finger habe ! Übri¬
gens wird man an einzelnen Stellen über das Versmaß anderer Meinung
sein als der Verf., aber der Wechsel zwischen Prosa und Poesie ist klar bewiesen.
Kämpfe um die Herrschaft ein vorzügliches Beispiel. Dareios
sagt ausdrücklich und mehrmals „alles dies habe ich in ein und
demselben Jahr getan." Eine Nachprüfung ergab zunächst
bekanntlich außerordentliche Schwierigkeiten, die mit der
Erklärungshypothese behoben wurden, daß sich die Ereig¬
nisse mindestens über anderthalb Jahre erstreckt hätten und
daß Dareios ein bißchen aufgeschnitten hätte, weil {! nicht
obwohl!) er so Außerordentliches geleistet habe. Daß die
Voraussetzungen dafür völlig fehlen (die bekannte Wahrheits¬
liebe des Dareios spricht dagegen; er hat so Außerordentliches
geleistet, daß er keine Übertreibungen nötig hatte; außer¬
dem konnte Dareios sofort von allen Zeitgenossen widerlegt
werden), wurde dabei nicht beachtet. Eine genaue philo¬
logische Untersuchung des Verf.s unter Berücksichtigung der
feudalen Vorstellungswelt ergab die volle Richtigkeit der
Angaben des Dareios. Eine andere Vorstellungswelt war es,
die die griechischen Berichte umfärbte. Hier wurde z. B. die
Hauptfrau zur ,, Lieblingsfrau", es wurde also eine streng
juridisch-dynastische Angelegenheit zu einer erotischen. Bei
dieser Gelegenheit zeigt der Verf. auch am konkreten Beispiel,
wie ein Mythos entsteht und wie man auf Grund dieser Ein¬
sicht einen Mythos historisch verwerten kann.
Die Förderung der sprachlichen und philologischen Pro¬
bleme durch den Verf. ist bedeutend und war in vielen Punkten
die Voraussetzung, wobei ihm seine hervorragende Kenntnis
des Elamischen sehr zu Hilfe kam. Im folgenden seien einige
Zusätze und Einwände gebracht. 1 66 stellt der Verf. fest,
daß die Hauptbedeutung von ap. martija ,, Gefolgsmann"
und nicht ,, Mensch" sei; erst in späterer Zeit wird aus diesem
Wort jenes neupersische märd, das ganz allgemein ,,Mann"
bedeutet. Immerhin haben wir schon im Burgbau von Susa
§ 7 den ersten Schritt dieser Entwicklung: martijä karnüwkä
,, Werkleute". — In 11 61 sagt der Verf., daß ap. wazraka ein
assyrisches „großer König, mächtiger König" zusammen¬
fasse und verweist auf die Begründung in I Kap. 1 (= S. 16f.).
Dort erfahren wir, ohne Begründung, daß ap. wazraka (hier
fälschlich wazrka geschrieben) eine Übersetzung des chaldi-
sehen alsu sei. Die Begründung dafür finden wir, ohne daß dies
angegeben wäre, erst viel später, nämlich I 82, wo wiederum
dio Schlußfolgerung von 1 16 fohlt. — Bei der Behandlung
des § 70 der Bag. behandelt der Verf. das ap. Verbum pis-,
verweist darauf, daß hier ein Bedeutungswandel von ,, ste¬
chen > malen > schreiben" vorliege, den er in die Zeit und
auf den Einfluß der assyrischen Schreiber zurückführt. Dies
ist unrichtig, weil der Bedoutungsübergang „stechen > farb-
stechen" viel älter ist, wie die Entsprechungen in den anderen
idg. Sprachen zeigen. Nur der Übergang von ,,farbstechen
(pinseln) > schreiben" fällt in die jüngere Zeit. —■ 1 83 zeigt
der Verf., daß pärsa zunächst keinen ausgesprochen nationalen
Sinn hatte, sondern eine bestimmte Waffengattung bezeich¬
nete. Dies läßt sich etymologisch stützen. Denn der idg.
Verbalstamm *perg- bedeutet ,. erschlagen, töten" (Waldk-
PoKüUNY, Vgl. Wörterbuch 11 43). Zur Nominalableitung
vgl. (asa)-l)ära (: ^tgro): zu s und vgl. König 11 68. Pärsa
wäre demnach ein ,, Schwerbewaffneter". —• 1 127 weist der
Verf. nach, daß in pnrnam Bardijam das erste Wort ein
königlicher Titel sein müsse. Aus sprachlichen Gründen wäre
ungefähr ,, Kronprinz" zu empfehlen. Denn es ist nicht
zweifelhaft, daß es sich hier um das gut idg. *por- ,, junges
Tier, junges Kind, Sprößling" handelt (vgl. griech. .Togt?
,, junges Mädchen": thrak. ^vffTtap;? ,,l'nglückswurm"i); auch
die vom Verf. angeführten Ttdgvoi dürften eine Altersklasse
bezeichnen, violleicht die Ephehen). Die Bedeutung ,, Kron¬
prinz" ergibt sich wolil aus dem homeri.schen Paris, der j.i
der ,, Kronprinz" ist (und den Namen .\Iexandros, mit dem
Zusatz ßnai/.£v:. trägt). Die no-Ableitung vom Verbalstainm
*per- (z. B. lat. pario), die im Griech. wegen :i6qvo^ nicht
möglich war. findet ihr volles Gegenstück in texvov {: Tixrai).
so daß möglicherweise parna- ein Neutrum ist. Damit hängt
auch ap. diiwilä-partiam zusammen, das auch vom Verf.:
(II 36 und 60) mit ,,ln zweierlei Folge" übersetzt. Dies ist
unrichtig. Denn ai. doilä bedeutet ., zweifach, doppelt" und
parna-, wie eben gezeigt, ...Nachkommenschaft. Sproß";
\) RK. Supl. s. V. Triiin.
demnach heißt duwilä-parnam „in doppelsprossiger Weise".
Im Deutschen gebraucht man bei Genealogien ein anderes
Bild und sagt lieber „in doppelter Linie". Hingegen gehört
heth. parna- „Haus" imd lyk. prnna „Haus" (trotz 1 130
Anm. 1) nicht hierher, weil hier die Bedeutung ,,Bau" die
ursprünglichere war, wie Goetze und Pedersen gezeigt
haben; bedeutungsgeschichtlich genau so wie im Ap., wo wir
,,Haus > Hausmacht > Familie" haben (1 98f.). — Daß
magus ein Palastbeamtentitel ist (Kornzehent-Einheber o. ä.),
kann spraciilich gestützt werden. Im Idg. gibt es mehrere
lautlich und bedeutungsmäßig ähnliche Verbaistämme, deren
Beziehung untereinander noch nicht geklärt ist, z. B. ai.
macate ,, zermalmt", griech. pdaaeiv ,, kneten", was z. T.
auf den Lehm, z. T. auf die Behandlung von Korn oder Mehl
angewendet wurde. Daher haben wir griech. nayexx; ,, Bäcker"
(wörtlich ,,Teigkneter") und andererseits, genau so gebildet,
ap. maguS ,,(Korn-)zermalmer" also ursprünghch wohl
,, Müller". Der Müller ist die geeignetste Stelle, die richtige
Ablieferung des Getreide-Zehents zu kontrollieren. Gömäta
war freilich kein Müller mehr, aber sein Dienstposten ist aus
dem eines Müllers hervorgegangen. — II 68 behauptet der
VerL mit einem unbegründeten ,,also", daß ap. hadugä ,, Erlaß"
ein Lehnwort aus heth. haluga- ,, Botschaft" sei. Es liegt ofTen¬
bar der unausgesprochene Gedanke zugrunde, daß als Quelle
für diese Art des ,, Erlassens" nur die Hethiter in Betracht
kommen; außerdem müßte die LautdifTerenz noch geklärt
werden. — 70 f. zieht der Verf. als ganz entfernte Möglichkeit
in Erwägung, daß ap. äbis „Flut, Strömung" ein Lehnwort
aus bab. abi ,,Sumpfdikicht" sei, das an derselben Stelle
steht. Da E. Forrer kürzlich sehr dezidiert eine ähnliche Ver¬
mutung ausgesprochen hat^), sei darauf hingewiesen, daß das
Wort gut indogermanisch ist*). — 1 53 stellt der Verf. fest,
1) Mursiiis Sprachlähmung (K«benhavn 19o'i) S. 48 und S. 77.
2) Glotta 26, 186ff. insbes. 189; Forrer zieht auch noch (mil Recht) das heth. äbi n. ,, Brunnen" (o. ä.) heran, hält dieses aber zu Unrecht für hurrilisch (wegen der hurritischen (?) äfii-Gottor).
3) Brandenstein, Die erste ,, indogermanische" Wanderung (Wien 1936) 6; 33.
daß mäda zunächst ein militärischer Begriff sei; dann könnte
das Wort vom Verbum *med- „ermessen, walten" (vgl. griech.
fiedcov ,, Walter, Herrscher") abgeleitet sein. — II 72 behandelt
der Verf. das ap. Verbum *man- und fördert damit ein altes
P.'-oblem, demgemäß die idg. Verba *men- ,, bleiben" und
* men- ,, denken" irgendwie zusammengehören (Waldk-
PoKORXY a. a. 0. 11 267). Der Bedeutungsübergang ist offen¬
bar ,,im Auge behalten, beachten > zu diesem Zweck stehen¬
bleiben", was sich zunächst auf verschiedene Tempora ver¬
teilte. — 11 72, bzw. 11 45 klärt der Verf. das dunkle ap.
tilä auf und übersetzt es ,,dem Wink gehorchend". Es liegt
offenkundig eine (wegen des Obliquus) schwundstufige Ent¬
sprechung zu ai. keta- m. Wille, .Aufforderung zugrunde
(vgl. W.u.nE-PoKOR.vY I 475 *qwoi- ,, einladen"). — II 90
wäre zum Stabreim bei Aischylos das Buch von Porzio^)
einzusehen gewesen, wo ersichtlich wird, daß Aischylos den
Stabreim nicht nur in den ,, Persern" verwendet.
[IC.-N. Inzwisclieii erscliionon nocli melirere Aufsätze von A. Poebel
im A.ISIj IO.^S, 130-165, bzw. 285-314, betitelt „Tiie names and
the order of the Old Persian and Elamite months during the Achae¬
menian period", bzw. ,, Chronologie of Darius' first year of reign".
Sie bracliten, auf Grund von neuen elamischen Urkunden aus Perse¬
polis, zum Teil vorzügliche Bestätigungen der Überlegungen Königs,
zum andern Teil aber auch Korrekturen; so muß Königs Vll. und
Vlll. Monat umgestellt werden.]
W. Bran'dexstein- Graz-Wien
Catalogue of the Samaritan Manuscripts in the
John Rylands Library, Manchester. By Edw^^rd
Rokei;t.-i)N'. Lilt., D. D. M'ith fwe Plates. Manchester
1938. XXXVItl— 412 Spalten Gr.-4^
Profe.ssor RuisEUTtfON- legt hier in einem großzügig aus-
goilatlelen Katalog eine sehr eingehende, sorgfältig aus¬
geführte Beschreibung der 27 samaritanischen Handschriften
vor. dio der John Rylands Library gehören, nachdem er
schon kurz zuvor über die beiden wichtigsten Pentateuch-Hss.
1) .Xi.sohylos I Staat und Gfi<t III), Lei])zig lyü6, S. 70ff.
berichtet hatte'). Die Hss. sind 1901 mit vielen anderen
handschriftlichen Schätzen ans der dem Eari of Crawford and
Belcarras gehörigen Bibliotheca Lindesiana in Haigh Hall bei
Wigan erworben worden. Wann und wo die Hss. im Orient
gekauft sind, ist nicht bekannt. Der früiiere Besitzer liatte
sie nach 1874 — eine damals verfaßte ,, handlist" setzt nocli
die alten orientalisclien Einbände voraus — in kostbare
gleichmäßige braune Ledereinbände mit Goldschnitt binden
lassen. Sie machen so einen außerordentlich stattbchen Ein¬
druck, und es ist begreiflich, daß die Verwaltung der Biblio¬
thek den Wunsch hatte, für diese Hss. auch einen repräsen¬
tativen Katalog zu haben. Diesen Katalog sollte ursprünglicli
A. E. Cowley ausarbeiten, der die Hss. gut gekannt hat, und
verschiedene wertvolle Notizen von seiner Hand Iiaben sicii
gefunden, die im Katalog verwertet worden sind. Von den elf
liturgischen Hss. hat Cowj.ey neun für seine große Ausgabe
der „Samarilan Liturgi/' (Oxford 1909) benutzt (11. 12. 13.
15. 16 .18. 19. 20. 27), und er hat diese daselbst auf S. .XL
kurz beschrieben. Seine Aufzählung der von ihm sonst ver¬
werteten Hss. bietet zugleich eine gute Übersicht über die
wichtigsten in europäischen Bibliotheken vorhandenen Hss.
dieser Art. Der bedeutendste Zuwachs seitdem sind m. E. die
elf sam. lit. Hss. gewesen, die aus Nablus ihren Weg in die
Bibliothek des Serai in Stambul gefunden haben und die
datiert sind aus der Zeit von 1119—1156/1707—1743, also
etwa gleichzeitig sind mit den älteren Hss. aus Manchester,
vgl. dazu Au. Deissmann, Forschungen und Funde im Serai,
Berlin 193.3, Nr. 102—112, S. 124—126.
Als ich im Sommer 1899 in Oxford weilte, zeigte mir Cow¬
ley in der Bodleiana die Handschriften aus der BibliotliCi-a
Lindesiana, die er zur Bearbeitung da hatte und die sogleich
scbon durch ihren prächtigen Einband auffielen. Er machte
mich auch aufmerksam auf die hier unter 1—3 beschriebenen
1) Samaritan Penlateucii MSS with a description of two Codices
(= Notes and Extracts from tlie Semitic Manuscripts in the John
Rylands Library 111 --- Bulletin of the Jolm Rylands Library 21,
1937, 1-31).