Timurs Osteuropapolitilci
Von ZekI VelIdI Togan, Istanbul
Aus dem geographischen Werk Häfiz-i Abrüs^ und aus dem Reise¬
bericht Ibn Haldüns* ist zu ersehen, daß Timur über die Verhältnisse im
Hinterland der Mamluken ausführliche Nachrichten erhalten hat. Auf
der anderen Seite erfahren wir aus einem der westlichen Orientalistik*
bisher entgangenen Brief Timurs an Sultan Bäyezid I., der meines
Wissens allein in den Münsa'ät Sari 'Abdulläh Efendis (Hs. Süleymaniye
3333, Bl. 6a—10a) auf uns gekommen ist, daß der Eroberer die mit
Toqtamis verbündeten „fränkischen Ungläubigen" jenseits des Uzü-
Elusses (= Dnjepr), also die Litauer und Polen, ebenso zum Ziel seiner
Vemichtungsfeldzüge zu machen gedachte wie die mit zweien seiner
Hauptfeinde, Ahmad öaläyir und Qara Yüsuf, verbündeten Mamluken ;
ja daß er die Flucht seiner östlich des Dnjepr sitzenden Widersacher aus
dem Bereich seines ZugriSes in das Gebiet westlich dieses Flusses, das
seit 1363 unter litauischem Einfluß stand, als einen schweren Verrat an
der islamischen Sache betrachtete.
Zwar trägt jener Brief, in dem Unicum der Sülejmianiye-Bibliothek,
kein Datum. Doch läßt sich seinem Inhalt entnehmen, daß er unmittelbar
vor Timms Aufbruch gegen Toqtamis Anfang März 1395 abgefaßt wurde.
Timur befand sich damals im Winterlager am Samür-Fluß zwischen Baku
und Darband in Sirwän. Das war freilich auch zu einem späteren Zeit¬
punkt noch einmal der Fall, nämlich 1401; doch fiel dieser spätere
Aufenthalt nicht ins Frühjahr, sondern in den Monat November*. Zudem
ist die Rede von einem Aufenthalt in Bagdad „im vorigen Jahr" (pär-säl),
und wir wissen, daß Timur tatsächlich am 10. November 1393 von dieser
Stadt abrückte, um den bevorstehenden Winter in Mugän und Sirwän zu
verbringen. Zu jenem Zeitpunkt herrschte in Ägypten „der tscherkessi¬
sche GeseUe", der seinem Herrn die Macht entrissen, dann seinen Sohn
1 Ein Vortrag auf dem XIII. Deutschen Orientahstentag in Hamburg
am 30. Juli 1965.
2 Häfiz-i Abrü, Geogra/phia, Hs. Bodleian Library, Elliot 367, Bl. 33a — 34a, 73b-^80b.
3 at-Tanöi, at-Ta'rlf U-Ihn Haidan (Kairo 1951), S. 369f., imd W. Fischel,
Ibn Khaldün and Tamerlane (Berkeley und Los Angeles 1962), S. 31—35, 38.
* In der Türkei kurz behandelt von M. H. Yinanq in Isl. Ana. II, S. 375,
und von mir in Umumi Türk tarihine giri? I, S. 348 f., 474; doch ist bei beiden Autoren das Datum richtigzustellen.
» Saraf ad-Din 'AÜ YazdI, Zafar-nämä II (Kalkutta 1887), S. 381.
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ermordet und den Chalifen gefangen gesetzt hatte. Gemeint ist der
4 Tscherkesse Barqüq, der seinen Herrn, den Sultan al-Malik a?-Sälih
Häggi Mansür, beseitigte, seinen Sohn 'Ali umbrachte und den Chalifen
al-Mutawakkil einkerkerte. Sein Todesdatum ist der 19. Juni 1399^.
Ferner ist in dem Brief die Rede von Timur Qutlug Oglan, dem zu
Anfang des Jahres 1400 verstorbenen Statthalter Timurs im Ulus Goßi^,
sowie von dem ,,Richtersöhnchen", also Qädi Burhän ad-Din, dem Ende
1398 verewigten Herrn von Siwäs*, mithin alles Persönlichkeiten, die
1395 noch unter den Lebenden weilten, 1401 aber schon das Zeitliche
gesegnet hatten. Zur Zeit der Abfassung des Briefes stand Timur vor der
Alternative, entweder gegen die Goldene Horde zu ziehen oder gegen die
Mamluken in Syrien, eine Situation, die gerade auf den Winter 1394/95
zutrifft. Eine noch genauere zeitliche Festlegung des Briefes ergibt sich
aus den folgenden Tatsachen. Am 1. März 1395 richtete Timur einen aus¬
führlichen Brief an Toqtamis*, und am 26. des gleichen Monats kam es
zur Schlacht am Terek^. Timur erwähnt in seinem Brief noch Barquqs
Gesandtenmord. Dabei handelt es sich um die vierzig Teilnehmer
zählende Gesandtschaft Timurs, die unter der Leitung Saih Säwä's
stand, eines angesehenen Künstlers, und die kurze Zeit vor dem Monat
Februar 1395 auf Befehl Barquqs in ar-Rahba hingerichtet wurde*.
Mithin dürfte der Brief etwa im Februar 1395 geschrieben sein. Schlie߬
lich sei noch erwähnt, daß die in dem an zweiter Stelle genannten Brief
(der übrigens nach Ibn Hagar „Inder Sprache Toqtamis's", also uigurisch,
geschrieben war) enthaltenen historischen Hinweise, wie aus Häfiz-i
Abrü zu ersehen ist', denjenigen unseres Briefes durchaus ähnlich sind.
Der Brief hat nicht wenige Lücken und Schreibfehler aufzuweisen, die
sich, da wir nur eine einzige Fassung besitzen, leider nicht beheben
lassen. Ich beschränke mich daher auf eine kurze Inhaltsangabe mit
näheren Erklärungen imd die Vorlage des Originaltextes.
1. Timur beginnt seinen Brief mit einem Eulogium auf Bäyezid, in
dem er ihn als einen Herrscher gleichen Ranges würdigt: Er sei ,,der
große Emir, das Schwert Gottes gegen seine Feinde, von Gott gesandt,
die Interessen der Muslime zu verteidigen und die Grenze des Islam zu
schützen". Er gesteht Bäyezid einen Ehrentitel zu, den man ihm damals
1 AL-<AiNi, '/gd al-^umän, Hs. Veliyeddin Efendi 2394, Bd. XX, Bl. 57.
2 Yazdi II, S. 216.
" F. KÖPBÜLÜ in der Vorrede zu 'Aziz Astaräbädis Bazm u razm (Istanbul,
1928), S. 9. 4 Yazdi I, S. 735—738. ' Ibidem 744.
» Qalqasandi VI, S. 310: ein Brief vom Öimiädä I 797. Weitere Einzel¬
heiten über den Gesandtenmord bei Taqi ad-Din b. Qädi Suhba, Dail Ta'rlh
al-Isläm, Hs. Paris, manuscrits ar. 1599, Bl. 93a.
' Zubdat at-tawärlh, Hs. Topkapi Sarayi 1690, Bl. 313b, sowie Yazdi I
642/3.
Timurs Osteuropapolitik 281
sonst noch nicht gab: öaläl al-haqq wad-dunyä wad-din öäzi Bäyazid
Hän. Weiter heißt es, er habe erfahren, daß der Sultan im Westen der
islamischen Welt ständig im Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen liege.
Diese Tätigkeit erfreue sich seiner Hochschätzung, er wünsche ihm dabei
Erfolg und sei zu seiner Unterstützung gern bereit. Es folgen Aus¬
führungen darüber, daß er selbst im Osten der Welt die Ungläubigen mit
Krieg überziehe und daß also sie beide im Dienst der gleichen Idee
ständen.
2. Hierauf wendet sich Timur der von Cingiz Hän in Iran und Turan
geschaffenen Lage zu sowie der Verteilung dieser Länder unter dessen
Söhne. Dabei zeigt sich deutlich, daß Timur sich und seinen Hän, Sultan
Mahmüd, als die wahren Repräsentanten der Weltherrschaftsidee Cingiz
Häns betrachtete. Iran sei zunächst den Nachkommen Öagatais zu¬
gefallen, unter Mengu Qaan aber an Hulagu Oglan gekommen, was Ver¬
anlassung zu mehreren Kriegen unter den Nachfahren Öagatais und den
Ilchanen gegeben habe. Nach dem Zerfall des Ilchanenreiches habe Iran
durch Teilherrscher unruhige Zeiten erlebt. Der ,,Ilqan" Sultan Mahmüd
Hän habe sich die Aufgabe gestellt, in Iran wieder Ordnung zu schaffen;
doch sei ihm Toqtamis dabei in den Rücken gefallen. Deshalb habe man
gegen ihn seinen Neffen, den Prinzen Qutlug Timur, ausgesandt, einen
von den engsten und vertrautesten Hofleuten und Sekretären Timurs,
der genau wie Hulagu mit dem Beinamen ,, Oglan" bedacht wird. Er
wurde mit wohlgerüsteten Truppen jenseits (also östlich) der Wolga (Etil)
in den Provinzen von öigind (vielleicht öand), Signaq, Nerkes und Puar,
deren Festungen seine Stützpunkte sein sollten, zurückgelassen'. Seine
Aufgabe war es, von den genannten festen Plätzen aus Toqtamis zu ver¬
folgen und ihn niederzukämpfen. Eine Ratsversammlung (navhat) der
Prinzen und Ulusbege, die nach Beendigimg dieser Unternehmung statt¬
fand, hat dem Herrscher der Muslime (sc. Sultan Mahmüd Hän) vor-
geschlagen^, er möge die Lande von Iran endgültig erobern und die Ver-
U; bei YazdI II, S. 780, bei Sämi, S. 165, „in Dägistän". Nach
Yazdi II, S. 756, wo Jy , ließe sich statt auch J^, also wohl Bulgar,
lesen. Wegen der Formen Bilar und Bular vgl. Abü Hamid el Granadino ed.
C6sar E. Dubleb (Madrid 1953), S. 12, 264, sowie Abü '1-Fidä, Geographie ed.
Schieb (Dresden 1846), S. 296. Anscheinend verfügte Timur Qutlug über die
Stützpunkte öand und Signaq am Sir Daryä, Bulgar an der Wolga und
Nerkes in Dägistän. Yazdi I, 768, und Sämi, 163, erwähnen noch XJä
im Nordkaukasus, wobei aber an den Namen des Bek Fulad Oglan bei Häfiz
Abrü (F. Taueb, Zafarnäma II 121) zu denken ist.
" Hier wird das aus den Wörterbüchern nicht zu belegende ge¬
braucht, das dem Sinne nach „einen Vorschlag machen" bedeuten muß.
Möglicherweise ist es ein militärischer Terminus, jedenfalls aber nicht
persisch.
282 Zeki VELini Togan
waltung dieses Gebietes regeln. Hierauf wurde ein weiterer Eroberungs-
zug nach Iran unternommen, und die Länder von Mäzandarän am
Kaspischen Meer bis Hurmüz am Persischen Golf, von Kirmän und
Mukran an der Grenze Indiens bis zum 'Iräq, nach Äzarbäigän und
Kurdistan wurden besetzt. Bei dieser Gelegenheit, also Ende 1394, kam
es zur vollständigen Besetzung von Gurgistän, Abhäz imd der Gebiete des
Alburz (Kaukasus). Als die Nachricht über die Eroberung dieser Länder
bei den Gouverneuren und Bezirksverwaltern der Toqtamiä unter¬
stehenden Gebiete eintraf, befiel sie heftige Bestürzung. Ihre Truppen,
soweit sie zu dem von Uns eingesetzten Timur Qutlug Oglan hin (also im
Osten der Wolga, sdl qoi) disloziert waren, schlössen sich diesem an;
andere (nämlich die westlich der Wolga stehenden, oy qoi der Chroniken)
flohen an die Küste des Kaffa-Sees (d. i. das Schwarze Meer) mid suchten
Zuflucht in den festen Plätzen' der Krim, wo sie durch die Fügung Gottes
in eine äußerst bedrängte Lage gerieten.
3. Im Anschluß an diesen Bericht geht Timur auf seine Beziehmigen
zu Bäyezid eüi : ,,Zu einem früheren Zeitpunkt hatte mein Sohn Miränsäh
Bahädur den Hägi Muhammad Qissahön mit Vorschlägen für ein freund¬
schaftliches Verhältnis an Dich gesandt. Da Du damals in den west¬
lichen Ländern dem Heiligen Krieg nachgingst, mußte er aber zurück¬
kehren (sc. ohne Dich gesehen zu haben). Wenn nur irgendein Botschafter
von Dir kommen sollte, werde auch ich Gesandte zu Dir schicken und
dadurch die Freundschaft bekräftigen. Schon während meines Aufent¬
haltes in Georgien habe ich einen Boten mit Berichten zm Lage an Dich
abgesandt. Gegenwärtig befinde ich mich im Winterlager in Sirwän.
Durch Vermittlung des Emirs Erei, meines Statthalters in Darband, er¬
hielt ich hier (von Toqtamii) eine Botschaft mit dem Ersuchen um
Frieden. Eine seiner Töchter hat er mit einem meiner Söhne vermählt
und einen seiner Söhne mit einer Truppenabteilung zur Dienstleistung zu
mir gesandt. Das alles habe ich angenommen. Ich habe die Absicht, den
kommenden Sommer auf den Hoch weiden des Aladag (beim Wan-See)
zu verbringen und von dort aus einen Feldzug nach Syrien zu unter¬
nehmen. Wenn die Verhandlungen mit der anderen Seite (sc. mit
Toqtamii) in ein neues Stadium treten, so werde ich Dir darüber Nach¬
richt zukommen lassen. Einstwehen halte ich mich südlich von Darband
in der Gegend von Sämürän (Säburän) am Samür-Fluß auf. Wenn man
von der anderen Seite die erfahrenen Kaufleute und Reisenden, die die
' ħäm ist die Pluralform sowohl zu ugum ,, Festung, Stadtmauer, KasteU"
als auch zu a^ama ,, dichter Wald, Dickicht" ; dem Gebrauch nach gehört sie
aber stärker zu ugum, während für a^ama die Plurale u^um und a^amüt vor¬
gezogen werden. Auoh der etwas weiter unten vorkonamende Ausdruck
•uT'j^lijj J»-! ^ .1»! (_jL weist in diese Richtung.
Timürs Osteuropapolitik 283
Ortschaften kennen, ziehen läßt (also ihnen erlaubt, aus dem Machtbereich
Toqtamis's zu uns zu kommen), so ließe sich die Verwirklichung seiner
Aufrichtigkeit bei den Friedensverhandlungen erwarten, imd es könnte
tatsächlich zum Frieden kommen. Sollten sich aber diese Verhandlungen
(und die Heirat) als falsches Spiel erweisen, dann wird man mit Gottes
Hilfe gegen ihn zu Felde ziehen müssen. Trotz all dieser Verhandlungen
gehen mir zur Zeit Nachrichten zu, wonach er von Frieden und Treue ab¬
weicht, daß er den Üzü-Fluß (Dnjepr) überschreiten und an die be¬
festigten Plätze im Küstengebiet des Kaffa-Sees ziehen wolle. Wenn es
wirklich an dem ist, so müssen wir ihn verfolgen. Wir werden dann die
lebhaftesten Bemühungen entfalten, diese Absicht mit Gottes HUfe in die
Tat umzusetzen. Da er sich mit den fränkischen Ungläubigen eingelassen
hat und mit ihnen in geheimem Verkehr steht, ist es erforderlich, den
HeUigen Krieg zu eröffnen. Wir werden von dieser Seite (also vom Kau¬
kasus) ausziehen und Ihr, mein Teurer, von der anderen (nämlich vom
Balkan), und dann werden wir diese starrköpfigen (Ungläubigen) mit
gemeinsamen Kräften zerschlagen. Die Ausführung dieser Pläne steht
bei ihm (sc. Gott), und das Schicksal der Völker liegt in seiner starken
Hand."
4. Es folgen Auslassungen über Timurs Verhältnis zu den Mamluken:
Derzeit besteht die folgende Lage : Im vorigen Jahr haben wir den Feld¬
zug gegen den arabischen 'Iräq unternommen, und es kam dort zu einem
Austausch von Gesandten und Groschenken mit den Statthaltern von
Syrien. Der tscherkessische Geselle unbekannter Herkunft (Barqüq), der
auf den Märkten käuflich ist, nutzte das Ausbleiben der eigentlichen
Herrscher in Ägypten dazu aus, die Macht an sich zu reißen. Wir haben
(sc. mit den Statthaltern Syriens) eben diese Angelegenheiten bei unserm
Gesandtenaustausch behandelt. Dieser Verfluchte (Barqüq) hat seinen
Herrn (den Mamluken Sa'bän) verraten, dessen Sohn (al-Malik as-
Sälih 'Ali) umgebracht und seine Stelle an sich gerissen. Den Chalifen der
Muslime (al-Mutawakkil büläh Ibrähim) hat er gefangen gesetzt. Er hat
die uralten internationalen Gesetze über die Unantastbarkeit der Ge¬
sandten für null und nichtig erachtet, unschuldige Gesandte gequält und
sie getötet. Wegen dieses Verbrechens muß er bestraft werden. Wenn die
Angelegenheiten des Landes Qipöaq geregelt sind, werden wir nach
Syrien ziehen, den tscherkessischen Gesellen mit dem Beistand Gottes
überwältigen und ihm wegen seiner Ungerechtigkeit und seiner Gewalt¬
taten die gebührende Lektion erteUen. Das ist besonders deshalb ange¬
zeigt, weü auch der klägliche Sohn des Richters von Siwäs ( Qädi Bmhän
ad-Din) sich mit bösen Gedanken trägt und mit dem tscherkessischen
Gesellen zusammenarbeiten möchte. Als ein weiteres Zeichen unein¬
geschränkter Freundschaft gebe ich Euch klare Auskunft über diese An-
284 Zeki VELiDi Togan
gelegenheiten, und es wäre erwünscht, daß Ihr Euer Bemühen darauf
richtet, mit Uns zusammenzuwirken und Uns zu helfen. Weiter wäre es
erwünscht, daß Ihr Uns hinfort ständig Gesandte schicktet, so daß ein
beiderseitiger Austausch von Nachrichten zustande käme und jene Uns
über Euer Wohlbefinden sowie über das Gedeihen Eures Reiches Kunde
brächten. Möge Gott der Herr den Garten seines göttlichen Segens (sc. das
Osmanische Reich) frisch erhalten!"
Soweit der Brief Timurs. Und nun einige Worte über seine historischen
Zusammenhänge.
Wir haben hier ein authentisches Zeugnis über die beiden, allerdings
auch aus anderen Quellen bereits mehr oder weniger bekannten Grund¬
sätze der Weltpolitik Timurs vor uns : Es ist einmal die Verbreitung des
Islam in der Welt und dann die Wiederherstellung der mongolischen
Weltherrschaft. Immerhin vermittelt der Brief aber in diesem Zusammen¬
hang einige neue Züge. Er beweist das Vorhandensein der Bestrebungen
Timurs, eine tatsächliche Zusammenarbeit mit Bäyezid bei der Ver¬
breitung des Islam herzustellen. Ferner zeigt er den ursprünglichen
Grundsatz der Politik Timurs gegenüber den Osmanen. Nach seiner Vor¬
stellung sollte ihnen die Herrschaft auf dem Balkan zustehen sowie in den
vom ,, rechten Flügel (oy qoi)" des Ulus öoöi abgetrennten Ländern west¬
lich des Dnjepr. Das entsprach auch seiner sonstigen Politik in Vorder¬
asien, die natürlich mit derjenigen der alten Ilchane übereinstimmen
mußte.
Weiter sehen wir, daß Timur den Gedanken der Verbreitung des Islam
mit demjenigen der mongolischen Weltherrschaft verband. Eine Be¬
merkung in dem Brief zeigt den auch aus anderen Quellen hervor¬
gehenden Wunsch Timurs, Bäyezid möge seine heftigen Kämpfe ,, gegen
die Feinde des Islam in den westlichen Ländern" erfolgreich fortsetzen,
genau so wie er selbst ,,die Ungläubigen sowie die Scharen der Rebellen
und Gottlosen (bugät u asrär) in der östlichen Hälfte der Welt" bekämpfte.
Mit diesen östlichen ,, Ungläubigen, Rebellen und Gottlosen" waren ganz
ohne Zweifel die Räuberbanden der schamanistischen Kalmücken,
mongolische und chinesische Götzenanbeter gemeint. In Bäyezid erblickt
er, übrigens ähnlich wie manche Historiker unserer Tage, etwa Aziz
Suryal Atiya, ,,den Bannerträger des Islam gegen die späteren Kreuz¬
fahrer". Diese Rolle der Osmanen war Timur gewiß sympathisch, und
man darf durchaus aimehmen, daß die darauf bezügliche Bemerkung in
dem Brief aufrichtig gemeint war. Giyäs ad-Din 'Ali b. Gamal al-Isläm,
dem die Berichterstattung über Timurs Indien-Feldzug oblag, berichtet',
' Kitäb-i Rnznäma-i gazawät-i Hindüstän ed. Zimin imd Barthold
(Petrograd 1915), S. 17. Grundlage dieser Ausgabe ist die bislang als Unicum
betrachtete Handschrift von Täskänd. Vor kurzem habe ich in Teheran eine
Timurs Osteuropapolitik 285
der Eroberer habe sich bereits in den ersten Jahren seiner Herrschaft, und
zwar noch bevor er Hörizm sowie am 23. April 1380 Harät eroberte, mit
dem Gedanken getragen, ,,die Gebiete von Mugülistän, Yangi Taläs
(Aulie-ata) bis zur Grenze von Hitä sowie der Provinz Käsgar bis zur
Grenze von Cin, etwa tausend Farsah im Geviert, zu besetzen, da die
Mongolen Jahr für Jahr die Provinzen von Türkistän und Mä warä' an-
Nahr überfielen, das Land ausplünderten und die Muslime in die Sklaverei
abführten". Das also waren die in Timurs Brief erwähnten „Ungläubigen,
Rebellen und Gottlosen im Osten der Welt". Timur war von einem tiefen
Haß gegen die Ming-Dynastie erfüllt, die er nicht anders als ,, Usurpa¬
toren" nannte; für ihre zu seiner Zeit regierenden Kaiser T'ai-tsu und
Hui-ti hatte er keine andere Bezeichnung als ,, Sch weine-Haqan (Tunguz
Qagan)". In seinem Hof lager hatte er ostentativ emigrierte ostmongo¬
lische Fürsten wie Altan Hän und Taizi oglan um sich geschart. Er verlieh
ihnen in der Nähe von Samarqand am Tüye Tartar Soyürgäle rmd war
darauf bedacht, vor chinesischen Gesandten ihre Privilegien deutlich in
Erscheinung treten zu lassen. Von Ciyäs ad-Din erfahren wir ferner, Timur
habe nach seinem Sieg über Toqtamis im Jahre 1395 und der Besetzung
der Länder von Saräi, Astrachan, Azaq und der Krim bis zur Grenze der
Farang (cil;_^ er glücklich nach Samarqand, seiner Hauptstadt,
zurückgekehrt sei, beschlossen, seinen alten Wunsch zu verwirklichen,
nämlich die Länder von Hitäy und Cin zu besetzen und die Götzen¬
anbeter (butparastän) dieser Länder zu unterwerfen. Er habe den Prinzen
Sultän Muhammad Mirzä zum Gouverneur von Mugülistän (Yeti su)
ernannt und ihn damit beauftragt, in diesen Ländern die Bauarbeiten
und die Landwirtschaft zu fördern. Er selbst habe in Ahangarän (östlich
von Taschkent) überwintert'. Doch führten die Verhältnisse zu einem
Aufschub des chinesischen Feldzuges, an dessen Stelle derjenige nach
Indien unternommen wurde. Auch diesen Feldzug rief Timur als einen
Heiligen Krieg gegen die Götzenanbeter aus.
Die Einmischung der osteuropäischen ,, Franken' ' in dieAngelegenheiten
der Goldenen Horde und die Intrigen der ägyptischen Mamluken in
früher zum Ilchanenreich gehörenden Gebieten Vorderasiens bildeten für
Timur lediglich zwei Aspekte ein und derselben Sache. Um die Aus¬
führungen seines Briefes zu diesen beiden Fragen vollem Verständnis zu¬
zuführen, bedarf es eines Blicks auf die Beziehungen Toqtamii's und
seiner Söhne zu den Litauern, Russen und Polen auf der einen Seite,
sowie auf die ägyptisch-osmanischen Beziehungen auf der anderen.
zweite Hs. des Werkes aufgefunden: Hs. Kitäbhänä-i Maglis 1385 mit dem
Titel Ta'rlh-i ba'zl az hurab-i Amlr Timflr, geschrieben im Öumädä II (o. J.)
zu Tabriz.
1 Ibidem S. 42—45.
286 ZEKi VELiDi Togan
Im ersten Jahrzehnt seiner Herrschaft hat Toqtamii gegenüber den
slawischen Untertanen auf dem „rechten Flügel (oy qoi)" des Ulus Öoöi
eine selbständige Politik verfolgt. Das änderte sich später. Als sich
nämlich herausstellte, daß die meisten tatarischen Stämme des ,, linken
Flügels (sol qoi)", der die ganze östliche Hälfte des Ulus Öoöi von der
Wolga bis zum Jaxartes umfaßte, immer mehr von ihm abrückten, mußte
er seine Kräfte in steigendem Maß auf den ,, rechten Flügel" verlegen.
Nun ward er inne, daß er seine slawischen Untertanen für sich gewinnen
müsse. Den Russen hielt er vielleicht ihren Sieg über seinen Widersacher
Mamäi zugute. Seine freundschaftlichen Beziehungen zu den Litauern
waren schon ziemlich alt. Möglicherweise besaß er wie andere Fürsten aus
dem Osten des Ulus öoöi, etwa die Söhne des Togal Temir und des
Siban', Lehensgüter in Litauen oder Polen. Zwar plimderte er im Jahre
1382 Moskau, doch stand diese Aktion im Zusammenhang mit der
Steuereinziehimg. Im übrigen setzte er an die Stelle des Gleichgewichts
unter den vier Fürsten die Vorrangstellung des Großfürsten von Moskau.
An Vasilij II. trat er Niznij Novgorod ab und unterstützte ihn bei der
Besetzung der Stadt mit seinen tatarischen Truppen. Denselben Gro߬
fürsten Vasilij zeichnete er bei einem Besuch in Saräi durch besondere
Ehrenerweise aus :,, Am Hofe Toqtamis's in Saräi wurde Vasilij eine Hoch¬
achtung erwiesen, wie sie noch keinem russischen Fürsten in der Ge¬
schichte zuteil geworden war", berichtet darüber der Chronist (Nikonovs¬
kaja Letopis ' II, 148). Weiter trat Toqtamii Gtorodec, Mesöera und Tarusa
an den Moskauer Großfürsten ab. Vasilij war sich der politischen Be¬
deutung dieser ungewöhnlichen Gunst des Häns durchaus bewußt. Nach
den Worten Veenadskijs^ ,, wurde Moskau dadurch in einer Weise ge¬
stärkt, die in der Geschichte ohne Vorbild ist, und der erste Schritt zur
Eimmg Rußlands getan". Angesichts der Niederlassung dreier hoher
tatarischer Beamter in Moskau, die im Jahre 1389 stattfand, stielt derselbe
Autor fest, die tatarischen Fürsten seien schon damals, also vor dem Krieg
mit Timur, davon überzeugt gewesen, daß Vasilij II. viel fester im Sattel
sitze als Toqtamii und das Leben in Moskau viel sicherer sei als in Saräi*.
Gegenüber den Litauern verlüelt sich Toqtamis noch freundlicher.
Schon 1381 hatte er Jagello von seinen Siegen über Mamäi unterrichtet,
und 1390 gab er ihm, der jetzt unter dem Namen Ladislaus II. König von
Polen war, Kunde von seinen erfolgreichen Raubzügen nach Samarqand
und Buhärä, die er während Timurs Abwesenheit ausgeführt hatte. Nach
Häfiz-i Abrü, hat Toqtamis, als er im folgenden Jahre Timur am Qirq-
^ Das ergibt sich aus den Erzählungen des HSrizmiers ötemS Hän im
Ta'rlh-i Dast Sultän, dessen einzige bisher bekannte vollständige Hand¬
schrift sich in meinem Besitz befindet.
^ The Mongols and Russia, Yale 1953, S. 274. » Ibidem, S. 271.
Timurs Osteuropapolitik 287
Köl und dem Fluß tyik (im südlichen Ural) begegnete, die Ankunft der
von ihm zur Hilfe eingeladenen Truppen der Libqa (<5j) d.h. wohl der
Litauen, Qirim, Azaq und Bulgar erwartet. Nach der Niederlage bei
Qunduröa, als die Stämme des ,, linken Flügels" sich vollends von ihm
abgewandt und Timur Qutlug unterworfen hatten, sah er sich nach der
Darstellung Vernadskijs' zu einer einschneidenden Änderung seiner
Politik gegenüber den Russen, Litauern und Polen veranlaßt. Als er 1393
Jagello eine Reihe von Städten, teils Moskau, teils Litauen gehörende
Gebiete abtrat, bestand sein einziges Ziel darin, Jagellos Unter¬
stützung gegen Timur zu gewimien. Dem Großfürsten von Litauen,
Witold, überließ er das ganze Gebiet am mittleren Dnjepr einschließlich
Kiev. Das Gebiet vom Niederen Bug bis zum Schwarzen Meer hatte
schon Olgerd, der Vater Jagellos, im Jahre 1363 an Litauen angeglie¬
dert. Witold war überzeugt, er werde in Anlehmmg an Toqtamis bei den
Kämpfen mit Timur Qutlug und Edüge, den Anhängern, mit anderen
Worten den Statthaltern Timurs, neue Gebiete im Norden des Schwarzen
Meeres erwerben können. Toqtamii verließ sich so sehr auf das Bündnis,
daß er im Herbst 1394, während sich Timur in der Gegend von Seki im
nördlichen Äzarbäigän aufhielt, Truppen nach Sirwän schickte, die Timm
unterstehende Gebiete plünderten.^ Zur gleichen Zeit verständigte sich
Witold, um sein Toqtamis gegebenes Wort einzulösen, mit seinem
Schwiegersohn, dem Moskauer Großfürsten Vasilij IL, und ließ Kiev in
den Verteidigungszustand setzen. Toqtamis zog auf die Niederlage hin,
die ihm Timur am 14. April 1395 am Qüri in Dägistän, einem Nebenfluß
des Terek, beibrachte, wie der damals gerade bei ihm weilende mamlü¬
kische Gesandte Tulu dem Historiker Maqrizi berichtete*, nach Rußland.
Als Timur wieder aus dem Lande Qipcaq abgerückt war, marschierte er
wieder nach Saräi, wurde aber von Timur Qutlug kurz darauf wieder ver¬
trieben und begab sich daim mit seinen Frauen, Söhnen, Hofleuten,
Truppen und mit seinem Schatz unmittelbar nach Kiev unter Witolds
Schutz, der sich damals in Smolensk aufhielt.* Toqtamis überließ das
ganze Gebiet am Unterlauf des Dnjepr den Litauern, und Witold befaßte
sich mit Plänen, die darauf hinausliefen, ilm als Scheinherrscher der
Goldenen Horde zu halten und so das ganze Land Qipöaq unter seinen
Einfluß zu bringen.^ Im Jahre 1397 rückte er bis zum Don vor. Witold
1 Ibidem S. 273. = Yazdi I, S. 732.
Tiesenhausen, Sbornik materialov I (St. Petersburg 1884), S. 322, und
Muräd RamzI, Talflq al-ahbär (Orenburg 1908) I, 8. 615.
* Karamzin, Istorija f"(1892), S. 101.
' Vernadskij, S. 280; Barbashev, Witowt I (St. Petersburg 1885), S. 95;
KoLANKowsKi, Dzieje Wielkiego Ksi^stiva Litewskiego za Jagiellonöw (War¬
szawa 1930), S. 70—71; andre, von mir nicht eingesehene, Quellen bei
Spuleb, Die Goldene Horde (Leipzig 1943), S. 136, Anmerkung 78.
288 Zeki Velidi Togan
war es, der die Toqtamii treuen Tataren sowie deren bei Azaq (Azov) ge¬
fangen genommene Stämme, die Vorfahren der jetzigen htauischen
Tataren, bei Troki und Wilna ansiedelte'. Im Jahre 1398 drang er bis
zum Schwarzen Meer vor, und Toqtamii war damit einverstanden, daß
er in unmittelbarer Nähe der Krim eine Festung mit dem Namen Zamek
Iw. Jana anlegte.^ Die Vorbereitungen Witolds, das Gebiet der Goldenen
Horde an sich zu bringen, gingen weiter. Er bat Polen und den Deutschen
Orden um Hilfe. Dem Orden trat er einen Teil von Samogitien ab. Die
beiden Vettern Jagello und Witold bemühten sich, auch die Hospodaren
der Moldau und der Walachei für ihre Interessen zu gewinnen. Am
6. Januar 1395, also gerade zur Abfassungszeit von Timurs Brief an
Bäyezid, schrieb Stefan I., der Hospodar der Moldau, an Jagello, er
werde dem polnischen König mit seinem ganzen Volk gegen seine Feinde
beistehen, wobei er als Gegner Jagellos ausdrücklich die Türken und
Tataren* nennt. Unter ,, Türken" sind hier m. E. die Osmanen und unter
,, Tataren" Timur Qutlug und Edüge, Timurs Statthalter, zu verstehen, die
zeitweise nur seine Verbündeten waren.* Auch die Genuesen in KalFa auf
der Krim waren gegen Timur Qutlug und mithin gegen Timur feindlich
eingestellt. Edüge hat jene Stadt belagert und zum Teil zerstört.^ Anfang
1399 rüsteten sich Witold und Toqtamis zu einem entscheidenden Schlag
gegen Timur Qutlug und Edüge. Jagello bemühte sich bei Papst Boni-
faz IX. um eine Kreuzzugsbulle für den Kampf gegen die Ungläubigen,
die am 4. Mai 1399 tatsächlich erlassen wurde.* An der Schlacht, die
Timur Qutlug und Edüge gewannen und die am 12. August an der
Vorskla, einem von den Tataren Borsiqli genannten Nebenfluß des
Dnjepr, stattfand, nahmen nach dem Bericht der Ermolinskaja Letopis
(S. 136f.) teil: außer den Truppen Witolds und Toqtamis's Deutsche,
Polen und podolische Walachen. Kaeamzin zählt auf (V, 103): Truppen
der russischen Fürsten unter Witolds Oberbefehl, Litauer, Schmudier,
' Karamzin V, S. 101 imd Primeöanija Nr. 174; Ramzi, Talflq I, S. 629,
638; Vernadskij, S. 288; weitere Quellen bei Spuler, S. 137, Axunerkung 5.
" Quellenangaben bei Spuler, S. 137, Anmerkung 9.
" Die Quellen bei Aurel Decei in Z. V. Togan'a Armagan, S. 81 f., und
Spuleb, S. 139, Anmerkungen 18, 19.
* Dieses ,, Bündnis" ermöglichte Timur Qutlug, bei Timurs zweitem Feld¬
zug abseits zu bleiben, weshalb der unzufriedene Timur vorübergehend
Quyurguq Oglan zum Hän der Goldenen Horde machte ; dann aber machte
Timur Qutlug durch eine Entschuldigung die Sache wieder gut.
' Babthold in EI IV, S. 876 (und danach auch Decei, S. 81) schrieb
diesen Feldzug unter Berufung auf Ibn Hagar dem ToqtamiS zu. Ramzi,
Talflq I, S. 627, und Spuler, S. 137, haben richtig erkannt, daß 'Aini, der
diese Belagerung Edigü zuschreibt, sich auf die Berichte von Boten stützt, die
zur Zeit des Ereignisses von der Krim nach Kairo kamen.
« Quellen bei Spuler, S. 138.
Timurs Osteuropapolitik 289
Mongolen (nämlich die Truppen Toqtamis's), fünfhundert gut ausgerüstete
Deutsche, die der Großmeister des Deutschen Ordens entsandt hatte^,
fimfzig Fürsten der Russen und Litauer. In den Urkunden aus der Zeit
Witolds finden sich verschiedene Rechnungen der Beauftragten des
Deutschen Ordens, die in den Jahren 1399 und 1401 im Einvernehmen
mit Witold zu den ,,Thattern" oder ,, Tatern" reisten.^ Damit sind
zweifellos Toqtamis und die ihm unterstehenden Tataren gemeint.
Auch die Söhne Toqtamis's blieben ihren russischen und litauischen
Verbündeten treu, und in aUen schwierigen Situationen fanden sie bei
jenen ihre Zuflucht. Nach Toqtamis's 1406 bei Tümen in Westsibirien [ ?]
erfolgtem Ableben begaben sich seine Söhne Galäl ad-Dln Sultän
(Dlugosz : Solthan Zeledin ; Karamzin : Zeleni Saltan) und Karimberdi
zu den Russen. Im Jahre 1411 besetzte öalal ad-Din von Rußland aus
Saräi. So Ibn 'Arabsäh*, dessen Mitteilung von dem gut informierten
türkischen Historiker Sayyid Mustafä al-Husaini bestätigt wird.* Nach
Karamzin (V, 125) war Galäl ad-Din eng mit Witold befreundet, während
sein Bruder Karimberdi ein Freund der Russen war. Vasilij IL, der Gro߬
fürst von Moskau, fürchtete Edüge. Auch auf seinen Schwiegervater
Witold, der Smolensk besetzt und einige Ortschaften in der Nähe von
Novgorod an den Deutschen Orden abgetreten hatte, konnte er sich
nicht rückhaltlos verlassen, war vielmehr zur Vorsicht gezwungen, wenn
er sich wohl auch innerlich mit Witold verbunden fühlte.'' Verschiedent¬
lich spielten Witold und Vasilij Toqtamis's Söhne gegeneinander aus.
Nach der Machtergreifung kam Karimberdi allen Wünschen Vasüijs
entgegen. Er wurde im Jahre 1415 von seinem Bruder Qädirberdi um¬
gebracht, den Kaeamzin Gerimferdin nennt und als emen der treuesten
Verbündeten Litauens bezeichnet (V, 127). Nach dem Untergang der
Söhne Toqtamiss in der Schlacht bei Saraiciq (1419), in der Qädirberdi
und Edüge den Tod fanden, begaben sich viele ihrer Anhänger wieder zu
den Russen oder zu den podolischen Walachen, also in die Moldau, wo
manche von ihnen das Christentum annahmen. Musfafä al-Husaini
(Bl. 128a) ergänzt Ibn 'Arabsäh in folgender Weise: ,,Onlardan bir
' Über die Teilnahme des Komturs von Ragnit, Markwart von Sulzbach,
8. Scriptores rerum Prussiaearum III ed. Theodor Hirsch (Leipzig 1866),
S. 229, und Spulbr, S. 138.
^ Codex epistularis Vitoldi magni ducis Lithuaniae (1430- — 1376) ed. Antoni
Prochaska (Krakau 1882), S. 116, 961f. Für die Überlassimg von Photo¬
kopien der einschlägigen Stollen bin ich dem Direktorat der Bayrischen
Staatsbibliothek in München, Herrn Dr. G. Hofmann, zu Dank verpflichtet.
^ 'AgäHb al-maqdür (Ausgabe 1887), S. 62f.
* Dürr-i mehnün ve sirr-i masün, Handschrift (Unicum) der Privat¬
bibliothek Fahri Bilge zu Istanbul, Bl. 128a.
' Micha! ^Idan in Ateneum Wilenskie VII (1930), S. 540.
290 Zeki VELini Togan
miqdäri Rüma ve Urusa vardi ve bir miqdäri dahi käfir olup Lä^ qur-
bunda mekän tutdi ve onlara Qara Bugdan derler".
Bei Timurs zweitem Feldzug handelte es sich anfangs nicht, wie im
Jahre 1390, um die Bestrafung eines treulosen Verbimdeten, sondern um
die Verwirklichung eines umfassenden Planes für Osteuropa. Er hatte
erkannt, daß die eigentlichen Unruhestifter gegen ihn und seine Ver¬
bündeten Timur Qutlug und Edüge die Litauer und Polen waren. Nach
seiner Auffassung bildeten die Nichtmushme des Oq qoi der heutigen
Ukraine ebenso wie die gegen Bäyezid eingestellten Herrscher des Balkan,
einen geschlossenen Komplex, dem sich nur durch die gemeinsamen An¬
strengungen der beiden betroffenen islamischen Fürsten begegnen ließ.
Nach der Zerschlagung der Hauptkräfte ToqtamiS's am Terek zog Timur
nicht erst nach Astrachan und Saräi, vielmehr marschierte er in aller Eile
vom rechten Ufer der Wolga bei Turatur und Ükek direkt auf den Dnjepr
(Üzü) und Kiev (Miqkermen) zu, wo Bek Yariq Oglan stand, einer der
Heerführer des rechten Flügels der özbeken, wie man damals die Haupt¬
teile der Oqqol nannte. Er mag damit gerechnet haben, Bäyezid werde
auf seine Vorschläge eingehen. Dieser aber belagerte gerade Konstan¬
tinopel und, obwohl er gewiß von den Vorbereitungen unterrichtet war,
die Sigismund, Mercea von der Walachei, Stefan von der Moldau, Stefan
von Transsilvanien und andere Kreuzfahrer für die nachmalige Schlacht
von Nikopolis trafen, zog er es vor, statt in Richtung auf die Ukraine vor¬
zudringen, Streifzüge in Nordgriechenland zu unternehmen. Timur muß
die Absicht gehabt haben, Moskau zu zerstören, sonst hätten die Rhapsoden
und Historiker seiner Zeit schwerlich so viel von der Besetzung dieser
Stadt erzählt. In den Timur-Sagen nehmen die Besetzung Moskaus, die
Heldentaten des Eroberers und die Ratschläge, die ihm ein Philosoph bei
dieser Gelegenheit erteilt haben soll, einen breiten Raum ein. Die
Chronisten Saraf ad-Din 'Ali Yazdi, Nizäm ad-Din Sämi und Häfiz-i
Abrü berichten über die Verfolgung des Bek Yariq in dem Gebiet
zwischen Miqkermen und dem Ten-Fluß (Don), über die Plünderung der
russischen Stadt Qarasu (,, Schwarzwasser", vielleicht Cernigov) und der
Provinz Moskau. Im Anschluß daran kommen sie noch auf einen Zug des
Prinzen Muhammad Sultän ,,in der ganzen Provinz von Qabugi Qaraul"
zu sprechen und nennen als feindhche ,, Völker und Stämme" noch die
Körbuqa, Kürlen, Bürküt und Kileci'. Diese Völkerschaften treffen wir
später wieder unter den Stämmen der özbeken in Mä warä' an-Nahr. Ob
Qabugi (bzw. Qabungi), nach Häfiz-i Abrü die Bezeichnung einer
1 Häfi?-i Abrü, Hs. Topkapi Sarayi 1659, Bl. 551: Ciif} ^j.j/'c-clr
^Xi^ cJfjxi Dagegen Yazdi I, S. 762: j^jofiyj ^.if^ß,^
Timürs Osteuropapolitik 291
Provinz (oder von Völkern), die ,, unter diesem Namen berühmt wurden"^,
etwas mit den Litauern oder Polen zu tun hat, oder ob statt J^l j etwa
Jl j zu lesen ist, läßt sich nicht entscheiden. Timur selbst zog von der
Provinz Moskau über das venezianische Tana (Azaq), das er am 14. Sep¬
tember besetzte, nach Balgigmen^. Häfiz-i Abrü erwähnt noch, die Un¬
gläubigen von Tana hätten die Muslime der Stadt unterjocht ; Timur habe
die Ungläubigen niedergemetzelt und die Muslime aus der Sklaverei be¬
freit. Weiter berichtet er, der Eroberer habe die ganze Umgebung von Azaq
sowie die Ungläubigen von ganz Saqsin in Gebirg und Steppe vernichtet.*
Beim Vormarsch in das Land der Tscherkessen begann schon, wie derselbe
Autor mitteilt, das Jahr 798 H. (beg. 1. Oktober 1395). Der Eintritt des
Winters veranlaßte, wie aus Natanzi (ed. J. Aubin, p. 366) hervorgeht,
den Abzug aus dem Dnjeprtal {ab-i Üzü).
Auch noch nach diesem Feldzug hat Timur Berichte über die Vorgänge
im europäischen Rußland erhalten. So erreichte ihn am 17. August 1398
in Käbul auf dera Marsch nach Indien ein Bote von Timur Qutlug und
Edüge. Es handelt sich ja gerade um die Zeit von Witolds weitestem Vor¬
stoß an der Nordküste des Asowschen Meeres, das Häfiz-i Abrü als Meer
der Frang bezeichnet. Noch während seines letzten großen Feldzuges
nach Vorderasien hat Timur am 30. November 1401 im Qarabäg gewisse
Vorbereitungen für einen Zug über Darband nach dem Qipöaq getroffen.
1 Häfiz-i Abrü: cJ[ j-*^ ^L; o'_L Jjl _ji jry}* ■^y^ YazdI: J^lji
jfj^ fl^l Cfr-
" Quellen bei Spuleb, S. 394. Die Stadt Balgigmen, bei Yazdi OjCa-JL, bei
Häfi?-i Abrü imd SämI ca»äL muß am Don oder zwischen Dnjepr rnid Don ge¬
legen haben. Auch bei dem jüt-L Basld ad-Dms {Mukätabät-i Ra&ldl ed.
M. Safi', S. 17) handelt es sich um eine Stadt im Norden, vermutlich in der
Umgebung von Beitag. Abü '1-Fidä, S. 57, verlegt die Stadt zwischen Saräi
und Ükek; Geegorjbv (Rossija i Azija [1871], S. 298) identifiziert sie mit
Bylymat und liest Beömen. Yazdi (1, 776) erwähnt t>^»3ti. zwischen Makas (alias
Dzauji-qäu, die Hauptstadt der Alanen, etwa in der Gegend des jetzigen
Vladivostok zu lokalisieren, vgl. V. MnsroBSKY in BSOAS, XIV, 1952, p. 235),
Qrim, Azaq, Quban imd Alan. Minorsky a. a. O. stellt zu „Balchimkin" nur
ein Fragezeichen. Die Stadt spielte im kulturellen Leben der Muslime des
Ulus Öoöi eine Rolle. Die Abschrift einer Handschrift des Kitab al-fiqh an-
nafi' von Muhammad b. Yüsuf al-Hasan al-Madani in der Hofbibliothek
München (Cod. arab. 287) hat einer der Fürsten aus Sarai im August 1341 in
der Stadt Bilgman vollendet: jwl jy^ iwiL»^l a-Jj ijju ^ yJ\:Si\ ^
JL" <UI 0L*L> SoL J ii_U t>«;jlJ '^5^* ^ j J|_,JI J^ju>\ J \
.OLLIIj OUUlj oliMl^y; Der Name der Stadt ist also Baljimgen, Balfimen,
auch Bi?imen zu lesen.
3 _/'JL* J _/'Lc Jlc.l JLa-i t5jl=*>« J^' j' t>u-4_ SilS" ol jljl ^1 Je\
292 ZEKi Velidi Togan
Offenbar wollte er genau wie im Frühjahr 1395 vorrücken, und viele
seiner Truppen lagen in der Gegend von Darband im Winterlager'. Er
dürfte den Feldzug nach dem Qipöaq nur um der Ereignisse in Kleinasien
willen aufgegeben haben, die seinen Zug nach Ankara gegen Bäyezid
veranlaßten. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, der Hän der Goldenen
Horde — vermutlich Toqtamis, denn Timur Qutlug lebte um diese Zeit
schon nicht mehr — habe Gesandte mit Entschuldigungen und Gehor¬
samsbeteuerungen geschickt. Bekannt ist, daß am 14. Januar 1405
Gesandte Toqtamis's vor Timur erschienen, die ihn der Reue ihres Herrn
versicherten und ihm seine Bitte um Verzeihung vortrugen.^ Toqtamii
hatte mit Witold ein ernstes Zerwürfnis und wurde von ihm aus Litauen
vertrieben. Nach dem Tode Edüges wurde Witold der wirkliche Herr des
westlichen Qipcaq, bis er 1430 starb.*
Bäyezid's Ausbleiben änderte den von Timur geplanten ursprüng¬
lichen osteuropäischen Charakter seines zweiten Qipcaq-Feldzugos ; er
mußte sich auf das Ausschalten der Militär-Kräfte von Toqtamis am
Dnjepr und im Nordkaukasus und die Plünderung eines Teiles Rußlands
beschränken. Die vor 1395 beginnende Entwicklung der internationalen
Verhältnisse in Vorderasien und in Osteuropa, auch nach dem genannten
Jahre, ging ihren eigenen Weg. Aus Timurs Brief ergab sich, daß dieser die
Absicht hatte, Barqüq in Syrien anzugreifen. Barqüq, der im März des
Jahres 1394 Gesandte von Toqtamis empfangen hatte, sandte seinerseits
an diesen den Emir Tulu. Im April trafen zu Damaskus bei Barqüq Ge¬
sandte von Bäyezid und Qädi Burhän ad-Din aus Siwäs ein. Timur hatte
Bagdad am 10. November 1393 verlassen und sich im April 1394 nach
dom Aladag (am Wan-See) begeben. Am 16. Juni eroberte er Awnik und
drang am 7. August in das Land der Georgier ein. Diese Gelegenheit
nutzte Barqüq aus, Ahmad Galäyir am 13. Juni nach Bagdad zu schicken.
Am 6. September trafen gleichzeitig Gesandte von Bäyezid und Qädi
Burhän ad-Din in Damaskus ein, die Barqüq ihre Unterstützung gegen
Timur in Aussicht stellten*. Am 8. September erschien Barqüq in Aleppo,
wo er vierzig Tage blieb. Diese Stadt, ebenso wie Tarsus und Urfa, seine
nördlichen Grenzstädte, mußte er von den Anhängern Timurs säubern.
Um diese Zeit fielen die Truppen Toqtamis's in Sirwän ein, was Barqüq zu
der Überlegung veranlaßt haben wird, Timur werde nun nicht mehr nach
Syrien ziehen können, sondern sich gegen Toqtamis wenden müssen. Am
3. November kehrte er nach Damaskus zurück und traf am 29. desselben
1 Yazdi II, S. 381.
2 Ibidem II, S. 646.
^ Die Quellen bei Spuleb, S. 256.
* Ihn al-Fubät II, S. 386; MaqbizI, Sulük III, Bl. 187b ; Ibn TAÖEiBraDi,
an-Nu^üm az-zähira V, S. 565.
Timurs Osteuropapolitik 293
Monats wieder in Kairo ein.' Im Februar 1395 hat er Timurs Gesandte
ermorden lassen. Im April 1396 langte Emir Tulu, der Gesandte Barquqs
an Toqtamii, ebenfalls wieder in Kairo an. Barqüq entsandte ihn hierauf
zu Bäyezid. Um diese Zeit hielten sich die von Barqüq geflohenen Ge¬
lehrten Sams ad-Din al-Gazari und Ibn Taimiya in Bursa auf, wo sie bei
Bäyezid gegen Barqüq Stimmung machten. Bäyezids Sieg bei Nikopolis
über die Kreuzfahrer erregte den Neid seiner Nachbarn. Als Emir Tulu
am 22. Dezember 1396 wieder in Kairo eintraf, erklärte er deshalb seinem
Herrn Barqüq, Bäyezid scheine ihm gefährlicher zu sein als Timur, gegen
den von allen Seiten Hüfe zu Gebote stehe^.
Trotz allem blieb Timurs Versuch, Bäyezid davon zu überzeugen,
Toqtamis sei der Verbündete der gemeinsamen fränkischen Feinde, nicht
ganz ohne Wirkung. Wir finden nämlich bei einem schon mehrfach
zitierten zeitgenössischen Historiker, Badr ad-Din al-'Aini, der persönlich
,,in den nördlichen Ländern", also im Qipöaq und auf der Krim, gewesen
war* und daher über die dortigen Verhältnisse recht gut Bescheid wußte,
eine kurze Nachricht über einen Zusammenstoß zwischen Toqtamii und
Truppen Bäyäzids im Jahre 801 H.: ol^ -4-1 If-'J
a.J^^ 05; ly -^'.J a' J^. i/J' cS'y-J c-^^M Also: „In
diesem Jahre traf Nachricht ein, Toqtamis Hän, der Herrscher der Lande
der Steppen (von Qipöaq) und Saräi sei mit einigen Truppen von 'Osmäns
Sohn (Bäyezid) zusammengestoßen, wobei auf beiden Seiten Verluste ein¬
getreten seien". Das Jahr 801 H. entspricht dem Zeitraum vom 13. Sep¬
tember 1398 bis zum 3. November 1399. Dieser Zusammenstoß könnte
also gerade in der Zeit erfolgt sein, zu der Witold, Toqtamis und ihre
Bundesgenossen die böse Niederlage an der Vorskla (12. August 1399) von
Edüge und Timur Qutlug zu erleiden hatten.
^ Berichte über all diese Ereignisse sind zu finden bei Ibn al-Fubät (Aus¬
gabe Beirut) II, S. 382; al- 'Aini, 'Iqd al-^umän (Hs. Veliyeddin Efendi 2395) XIX, Bl. 462.
^ Nach Ibn Hagar, Anbä' al-gumr (Hs. Veliyeddin Efendi 2340) I, Bl. 141a,
hat Barqüq diese Worte vor Ibn Haldün geäußert.
3 Ramzi, Talflq II, S. 35.
« 'Iqd al-^umän (Hs. Veliyeddin Efendi 2396), Bl. 28b. Herr Dr. Aurel
Decei hat diesen Bericht in seinem Aufsatz Etablissement de Aktav de la
Horde d'Or dans l'Empire Ottoman, au temps de Yildinm Bayezid in Z. V.
Togan'a Armagan, S. 77f., eingehend analysiert.
20 ZDMG 108/2
294 ZekI Velidi Togan
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Timurs Osteuropapolitik 295
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Timurs Ostemopapolitik 297
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298 Zbki VELtot Togan, Timurs Osteuropapolitik
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Totenvorschriften und „Hunde-Magie" imVidevdati
Von Annelies Kammenhuber, München
Die beiden Themen meines Vortrages stellen Teilergebnisse einer um¬
fangreicheren Arbeit über die ältesten Teile des Videvdät dar, deren
I. Band von dem weitgehend altertümlichen Fargard 3 mit dem einen
Hauptthema ,, Totenvorschriften" ausgeht, während ein II. Band eine
entsprechende Analyse an Hand der verschiedenen, sich z. T. wider¬
sprechenden Strafsysteme, ausgehend von dem z. T. alten Fargard 4,
bringen wird^. Methodologisch vergleicht sich diese Untersuchung am
meisten mit jener, die Cheistensen in seinem ,,Le premier chapitre du
Vendidad" (1943) entfaltet hat. Sie geht aus von der Arbeitshypothese,
daß im Avesta noch jahrhundertelang Neues hinzugefügt wurde — be¬
kannt sind Abschnitte wie etwa Vid. 12, das ohne Pahlavi-Übersetzung
vorliegt, also später als diese ist, — und daß es demgemäß möglich sein
müsse, Älteres an Hand einer noch einwandfreieren jungavestischen
Grammatik abzuheben gegenüber Späterem mit immer mehr barbari-
sierter Sprache. In einer notgedrungen sehr breiten philologischen Inter¬
pretation wurde gleichzeitig das Alte des 3. Videvdät-Fargard heraus¬
gearbeitet und das Wichtigste an Sprachkriterien für die verschiedenen
Zeitstufen ermittelt. Daß dabei die Grenze für gutes Jungavestisch
erheblich enger gezogen werden mußte als seinerzeit von Bartholomae
und Reichelt, versteht sich heute von selbst.
Schon jetzt läßt sich sagen, daß z. Zt. der Urfassung des Videvdät noch
eine nahezu fehlerfreie jimgavestische Sprache verwendet wurde. Zwar
scheint der Dual schon damals fast ausgestorben zu sein, und auch der
Injunktiv der Sentenzen ist nur noch bedingt gebräuchlich : doch fehlen
Kasussynkretismen noch so gut wie ganz, und innerhalb von Videvdät 3
kommt außerdem nicht die Verwendung des Instrumentals als Subjekts¬
kasus vor.
Spätere Zuwüchse und Glossen zeigen demgegenüber Vermengxmg von
Dativ Plural und Instrumental; Gfenetiv für Lokativ Singular bei zam-
,,Erde"; Nominativ für Akkusativ und auch sciion Akkusativ als Sub-
' Ein Vortrag, gehalten auf dem XXIV. Internationalen Orientalisten¬
kongreß zu München in der Sektion IX (Iranistik).
' Die Arbeit erscheint demnächst unter dem Titel „Studien zum ältesten
Videvdät" in den ,, Münchener Indologischen Studien".