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31. O k t o b e r 1987

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Heute auf Seite 3: „Wahlen sind null und nichtig"

UNABHÄNGIGE W O C H E N Z E I T U N G FÜR D E U T S C H L A N D

Jahrgang 38 — Folge 44 Erachelnt wöchentlich

Postvertrtebsstück. Gebühr bezahlt

31. O k t o b e r 1987

Landsmannschaft Ostpreußen e.V.

Parkalke 84/86, 2000 Hamburg 13

C 5 5 2 4 C

Ost-West:

Gorbatschows Sorgen

An S D I hält Reagan bei allem Abrüstungswillen fest

V o n einem „historischen Durchbruch" war allgemein die Rede, seitdem feststand, daß die U S A u n d die Sowjetunion sich auf e i n A b - k o m m e n zur Abrüstung der Mittelstreckenra- keten i n Europa einigen würden.

Diese doppelte Null-Lösung sollte, so sieht es das ost-westliche D r e h b u c h bislang vor, mit einem Besuch des sowjetischen Generalsekre- tärs i n W a s h i n g t o n noch i n diesem Jahr ge- krönt werden.

N u n w i r d plötzlich deutlich, daß die H a r - monie zwischen d e n beiden Supermächten doch nicht v o l l k o m m e n ist: Für seinen A m e r i - ka-Besuch w i l l Gorbatschow derzeit noch k e i n konkretes D a t u m nennen — obwohl der W i n - ter bereits vor der Tür steht.

Der G r u n d für Gorbatschows Zögern: In einem wesentlichen Punkt hat Reagan bisher keine Zugeständnisse gemacht u n d w i r d auch keine machen. Dieser Punkt heißt SDI.

Das A b k o m m e n über die Mittelstreckenra- keten w i r d daran nicht scheitern. A u s Genf ist zu hören, der INF-Vertrag (Intermediate N u - clear Forces = Mittelstreckenraketen) sei praktisch unterschriftsreif. V o n i h m w i r d schließlich auch i n erster Linie M o s k a u profi- tieren, d e n n die Abrüstung bei diesen Waffen- systemen hebt die Bedrohung der U d S S R v o n europäischem Territorium aus auf. A u c h die U S A vergeben sich nicht v i e l : Ihre verstärkte Marinerüstung der letzten Jahre, insbesonde- re die Erhöung der Z a h l ihrer Flugzeugträger, stellt sicher, daß W a s h i n g t o n i m Krisenfall auch ohne die Pershing-II-Raketen in W e s t e u - ropa noch alle Regionen der Sowjetunion ab- decken kann. L e d i g l i c h die Westeuropäer selbst schauen i n die Röhre: In Zukunft w i r d die U S - N u k l e a r - G a r a n t i e für die Verbündeten weniger glaubwürdig sein, weil bereits jetzt i n W a s h i n g t o n z u hören ist, m a n werde nicht unbedingt i n jeden europäischen Konflikt mit Interkontinental-Raketen gegen Rußland ein- greifen. D e n n dies hätte automatisch den E i n - satz sowjetischer Interkontinental-Raketen gegen die U S A zur Folge. U n d wie die französi- sche Öffentlichkeit i n der Zeit kurz v o r d e m Zweiten W e l t k r i e g die Frage „mourir pour Danzig?" m i t einem , n o n " beantwortete, so wollen heute die US-Politiker nicht mehr

„sterben für Westeuropa".

W e n n Gorbatschow u n d der K r e m l trotz- d e m verstimmt sind, dann liegt das daran, daß das I N F - A b k o m m e n sich aus sowjetischer Sicht doch nur unbedeutend gegenüber d e m Problem der strategischen Rüstung der beiden Großmächte (also der Interkontinental-Rake- ten) ausnimmt. Bisher gingen beide Seiten — zumindest n a c h außen h i n — v o n der gegen- seitig gesicherten Zerstörungsfähigkeit aus, jetzt aber w i l l Reagan mit SDI das sowjetische Drohpotential neutralisieren.

Zwar glaubt heute i m Pentagon u n d i m Weißen H a u s n i e m a n d mehr an die Möglich- keit eines hundertprozentig sicheren Schutz- schirms gegen sowjetische Raketen, die opti-

Aus dem Inhalt

Seite

D D R V o l k s k a m m e r 2 Eiskalte Friedenszone

in N o r d e u r o p a 5 N e u e A u s s t e l l u n g

im Landes museum . 9 Deutsche Nationalflaggen (Teil V ) .10

Ich w a r i n M e m e l (Teil III) 11 Kapitulation v o r der Kriminalität. .20

mistischten Schätzungen bewegen sich bei derzeit rund 70 Prozent Abfangfähigkeit. D e n - noch: Im großen Schlagabtausch könnte der- jenige der Sieger sein, der einen größeren Rest seiner Bevölkerung u n d seiner Industrie aus d e m Konflikt lebendig und unversehrt heraus- führen kann.

U n d noch ein anderer K o m p l e x i m Z u s a m - menhang mit SDI macht dem Osten Kopfzer- brechen: Q u a s i als Abfallprodukte aus d e m Forschungsprogramm für das Abwehrsystem i m W e l t r a u m tut die bereits j etzt fürdenOsten unerreichbare westliche Computer-Techno- logie einen gewaltigen Schritt nach vorne.

A u c h i m konventionellen Rüstungsbereich der N A T O haben inzwischen SDI-Nebenpro- dukte für einen Qualitätssprung gesorgt.

D a r u m steht schon jetzt fest: Selbst wenn eines Tages die U S A ihr SDI-Programm als nicht z u realisieren aufgeben sollten — gewaltig profi- tiert v o n i h m haben sie bereits jetzt.

U n d Gorbatschow? Er weiß, daß Reagan an seiner Lieblingsvision v o n d e m Schutzschirm gegen die sowjetische Bedrohung festhält. U n d daß SDI inzwischen eine solche Eigendynamik entwickelt hat, daß auch ein eventueller de- mokratischer Reagan-Nachfolger i m Weißen H a u s aus dieser Sache k a u m noch w i r d aus- steigen können.

Die U d S S R braucht also mehr als ein I N F - A b k o m m e n . Sie braucht einen technologisch potenten Partner i m Westen, der bereit ist, mit der Sowjetunion z u kooperieren.

In Frage dafür käme die Bundesrepublik Deutschland. A n Bonn liegt es jetzt, den Preis festzulegen. D e n n das Interesse der UdSSR an einer solchen Zusammenarbeit ist existentiell.

Eine Neuorientierung der sowjetischen M i t - teleuropa-Politik liegt daher i m Bereich des Denkbaren: Eröffnet SDI d e n Deutschen die Aussicht auf eine Verwirklichung ihres Selbstbestimmungsrechts? A . G .

Medien:

V o m S t a a t s b e s u c h des französischen Präsidenten: D i e a u c h v o n M i t t e r r a n d für u n a b - d i n g b a r g e h a l t e n e deutsch-französische F r e u n d s c h a f t s o l l d e n K e r n d e r europäischen F r e u n d s c h a f t b i l d e n Foto Bundespresseamt

Mit neuen Gesichtern zu neuen Ufern

H . W . — Uwe Barschel, das Opfer einer gna- denlosen Hetzjagd, ist beigesetzt. Im engsten Kreise seiner Familie. Das politische Erdbeben jedoch, das durch seinen T o d ausgelöst wurde, ist keineswegs verhallt. Das, was i n K i e l ge- schehen ist, hat erhebliche W i r k u n g gezeigt. In Bad Bramstedt, wo sich die Parteioberen der U n i o n aus Schleswig-Holstein versammelt hatten, „flogen", wie eine Tageszeitung z u be- richten weiß, „die Fetzen". Das Vertrauen der Parteibasis ist erschüttert — ganze Serien v o n Austritten, auch v o n kommunalen Mandats- trägern, sollen unwiderlegbarer Beweis dafür

Wieder nur die halbe Wahrheit

WDR versucht sich am Vertriebenenproblem — Von Rüdiger Goldmann MdL

Im Oktober dieses Jahres verbreitete der W D R eine Hörfunksendung über die „Eingliederung der Flüchtlinge nach 1945" mit dem Titel „Aus Pom- mern ins Revier". Der Titel ist dabei falsch gewählt worden, denn es handelte sich ganz allgemein um eine Darstellung der Eingliederungsbemühungen von Vertriebenen und Flüchtlingen in Nordrhein- Westfalen.

Die dabei durch den Autor Walter Forst vertrete- ne Geschichtsauffassung, daß die „eigentliche Ur- sache des Unrechts der Vertreibung der durch Hit- ler ausgelöste Zweite Weltkrieg war", enthält nur die halbe Wahrheit. Wieder wird hier polnischer und tschechischer Nationalismus und sowjetischer Imperialismus als weitere Ursache unterschlagen.

Völlig daneben liegen Herr Forst und der WDR mit der Behauptung, der grundgesetzliche Auftrag zur Wiedervereinigung bezöge sich nur auf die beiden deutschen Teilstaaten anstatt auf das ganze Deutschland.

Deshalb wundert es auch nicht, wenn er die

„Kompensationstheorie" ohne Richtigstellung zur Erklärung der Vertreibung heranzieht. Diese Kom- pensationstheorie geht davon aus, Polen habe A n - spruch auf die deutschen Ostgebiete, weil es selbst Land an die UdSSR verloren habe. In Wirklichkeit aber hatte Polen seine sogenannten „ostpolnischen Gebiete" östlich der Curzon-Linie erst 1921 dem re- volutionsgeschwächten Rußland gewaltsam entris- sen. In diesen Gebieten machte die polnische Be- völkerung lediglich ein Drittel aus, nach 1939 kamen aus ihnen rund 1,5 Mio. Polen — genausovie-

le Menschen (Volksdeutsche, Ukrainer und Weiß- ruthenen) verließen aber Polen nach 1939 bzw. 1945.

Tatsächlich bestand also überhaupt keine Notwen- digkeit für Polen, neuen „Lebensraum" zu erhalten.

Zweifellos werden in der Sendung viele Fragen der Eingliederung wie Wohnungsproblem, Arbeitslo- sigkeit, Lastenausgleich, die Haltung der N R W - Landesregierung und der Vertriebenenverbände angesprochen. So kommen u. a. Paul Lobe, Karl Ar- nold und Hans Lukaschek in Tondokumenten zu Wort. Die von all diesen Maßnahmen betroffenen Ostdeutschen jedoch seltsamerweise nicht.

Der Autor zieht am Schluß eine positive Bilanz der Eingliederung, obwohl er vorher viele kritische Stimmen zitiert. Die Fakten für den Beweis seiner Behauptungen fehlen aber weitgehend. Daß in der Sozialstruktur zwischen einheimischer Bevölke- rung und der der ost- und mitteldeutschen Vertrie- benen- und Flüchtlingsbevölkerung nach wie vor große Unterschiede bestehen, z. B. beim Anteil von Haus- und Grundbesitz, Wohneigentum etc. hätte sicher dargestellt werden können. Gerade das Bei- spiel der vertriebenen Bauern hätte nachdenklich stimmen können.

Der Eingliederungsprozeß der Vertriebenen soll- te auch einmal aus der Sicht der Betroffenen und der davon in starkem Maße auch begünstigten Bürger dieses Landes gesehen werden.

Diese Sichtweise müßte vom WDR noch nachge- holt werden, um die ganze Wahrheit über die Ein- gliederung der ostdeutschen Vertriebenen zu ver- breiten.

sein, wie man im Lande über diejenigen denkt, die i n den entscheidenden Tagen das große W o r t führten und dem sich i m A u s l a n d befind- lichen Barschel zur Niederlegung seines L a n d - tagsmandates rieten. Eine Empfehlung, die, daß weiß m a n heute, mehr politisch als frag- würdig war. M a n sollte sich die Eiferer, die der- artige Torheiten produzierten, genau ansehen.

Sie sind für künftige politische Ämter beson- ders prädestiniert.

»Schuld ist nach unserem rechtsstaatlichen Verständnis" — so hat A l f r e d Dregger z u m Tode Barscheis i n Berlin erklärt — „nicht eine Frage der Wahrscheinlichkeit, sondern des Beweises. W a s für den Lebenden hätte gelten müssen, muß erst recht für den Toten gelten. In der Tatsache seines Todes ein Eingeständnis seiner Schuld z u sehen, wäre die letzte Nieder- tracht, die m a n ihm, seiner Frau u n d seinen vier K i n d e r n antun könnte".

Er wolle, so sagte Dregger, i m N a m e n seiner Fraktion „Barschel vielmehr danken für die A r - beit und die Leistung für Schleswig-Holstein, für seine Partei u n d für Deutschland" — u n d davon könne „nichts weggenommen werden durch die Jagd der letzten W o c h e n u n d ihr tra- gisches Ende".

Im Falle Barschel — so lesen wir an anderer Stelle — „wurde ein Politiker nach deutscher Nachkriegsart z u Tode gebracht. W a s er selbst wußte, was er gar selbst z u verschulden hat, liegt i n einem D u n k e l , das sich vielleicht nie ganz aufhellen läßt. Aussage stehe gegen Aussage, eidesstattliche Versicherung gegen eidesstattliche Versicherung". U m Dregger noch einmal zu zitieren: „Uwe Barschel ist, so- lange es keine Beweise gibt, nicht wahrschein- lich unschuldig, er ist unschuldig."

N u n , da seine Leiche bestattet ist, wird der Kronzeuge auf seine große Stunde hoffen.

A b e r : W i e weit ist dieser Figur z u trauen?

E i n e m M a n n , der sich für die Herstellung v o n CDU-Wahlbroschüren anheuern läßt, obwohl er nach eigenem Bekunden doch schon immer SPD-Wähler war? W i e reimt sich das alles z u - sammen? W e n n , wie Minister A s m u s s e n v o r dem Untersuchungsausschuß aussagte, Bar- schel v o n der Finanzanzeige gegen Engholm gewußt haben sollte — hat er sie auch angeregt oder gar befohlen, wie Pfeiffer das heute dar-

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Politik

31. O k t o b e r 1987 — F o l g e 44 — Seite 2

stellen k a n n , o h n e daß der T o t e s i c h gegen derartige U n t e r s t e l l u n g e n zur W e h r z u setzen vermag? Pfeiffer, d e n die „Frankfurter N e u e Presse" e i n e n „notorischen Lügner" nennt,

„dieser notorische Lügner soll also ausgerech- net i m F a l l Barschel die W a h r h e i t sagen? N a c h Barscheis T o d k a n n Pfeiffer so z i e m l i c h alles behaupten, ohne einer d i r e k t e n G e g e n r e d e gegenwärtig s e i n z u müssen — u n d selbst E r - kenntnisse aus Pfeiffers D r i t t k o n t a k t e n bewie- sen n i c h t e i n m a l , daß Barschel A k t i o n e n ange- regt u n d Pfeiffer angesetzt hat".

W e l c h e W e g e hat Pfeiffer n i c h t alle be- schritten. Er kontaktierte d e n Pressemann der S o z i a l d e m o k r a t e n , er traf s i c h m i t d e r e n L a n - desvorsitzenden u n d dessen A n w a l t , berichte- te d a b e i über die Torpedos, die gegen d e n S p i t - z e n k a n d i d a t e n der S P D bereits aus d e m R o h r w a r e n . U n d d e r e n Parteispitze w a r so fürsorg- l i c h , d e n eigenen K a n d i d a t e n n i c h t z u w a r n e n . N u r , u m dessen N e r v e n z u schonen. M a g sein, jedenfalls steht es so i m R a u m , d e n n o c h fällt es schwer, d a r a n z u glauben.

V i e l m e h r , u n d w i r h a b e n d a b e i e i n ungutes Gefühl, scheint u n s hier erst die Spitze eines Eisbergs s i c h t b a r geworden z u sein, v o n d e m m a n n o c h n i c h t weiß, w e n er alles n o c h r a m - m e n w i r d . Untersuchungsausschuß u n d Staatsanwaltschaft w e r d e n n o c h eine W e i l e beschäftigt sein, u m aufzuklären, wer hier alles mitgespielt hat u n d w a s gespielt wurde. W e r i m m e r s i c h n i c h t frei v o n S c h u l d fühlt u n d i n V e r s t r i c k u n g geraten ist, täte gut, s e i n e n H u t z u n e h m e n , ehe er i h m v o n A m t s w e g e n ge- n o m m e n w i r d . E i n e s steht fest: A m E n d e w i r d die K r e a t u r Pfeiffer stehen, der s i c h n i c h t e i n - m a l m e h r als „Mann fürs G r o b e " e m p f e h l e n k a n n .

A u f der S t r e c k e geblieben ist hier v o r a l l e m das V e r t r a u e n des Bürgers i n d e n Staat u n d seine Politiker. Es w i r d mühsam sein, dieses V e r t r a u e n wiederherzustellen. D o c h der V e r - s u c h muß u n t e r n o m m e n werden, m i t a l l e n K o n s e q u e n z e n , u n d zwar i m Interesse der G e - s u n d e r h a l t u n g eines d e m o k r a t i s c h e n G e - meinwesens.

S i c h e r l i c h wäre es ohne Pfeiffer n i c h t z u der Staatskrise i n S c h l e s w i g - H o l s t e i n g e k o m m e n . D o c h er trägt n i c h t a l l e i n d i e V e r a n t w o r t u n g . W e r d u r c h Gutmütigkeit, Nachlässigkeit oder Eifer i n diese verhängnisvolle Sache verstrickt war, sollte wenigstens d e n N e u b e g i n n nicht belasten w o l l e n .

F a l l B a r s c h e l :

Friedens-Nobel-Preis:

Im Europa-Parlament Flagge gezeigt

Gespräch über Heimatvertriebene in allen Staaten der Gemeinschaft angelaufen

D i e E n t s c h e i d u n g des N o b e l - K o m i t e e s über d i e V e r l e i h u n g des diesjährigen F r i e - d e n s - N o b e l - P r e i s e s ist über d e n V o r s c h l a g , die deutschen H e i m a t v e r t r i e b e n e n als erste F r i e d e n s b e w e g u n g n a c h d e m K r i e g e damit z u b e d e n k e n , v o r b e i g e g a n g e n . H i e r z u schreibt D r . O t t o v o n H a b s b u r g , M i t g l i e d des E u r o p a - P a r l a m e n t s :

W i e zu erwarten war, hat das Nobel-Preis-Komi- tee in Oslo den Antrag, den Friedens-Nobel-Preis dem Bund der Vertriebenen für seine gewaltigen Leistungen zu verleihen, nicht entsprochen. Dies sollte insofern keine Überraschung sein, als das Gremium aufgrund seiner politischen Zusammen- setzung der Sache der Freiheit und des Selbstbe- stimmungsrechtes nicht gut gesinnt ist. W i r müssen erkennen, daß heute leider gewisse politische Par- teien i n Europa i n satter Selbstzufriedenheit den Wohlstand und die Demokratie im Westen auf Ko- sten derjenigen Europäer genießen wollen, die sich

weiter unter einem Kolonialregime beünden. Trotz aller Schönfärberei mit „Perestrojka" und „Glas- nost* herrscht i n Mittel- und Osteuropa weiterhin ein totalitäres Unterdrückungssystem. Sogar der

„Friedensengel" Gorbatschowhatsicherneutzuder infamen Breschnew-Doktrin bekannt. Daß solchen Leuten die Existenz und die Handlungsfähigkeit der Organisationen der Heimatvertriebenen ein Dorn im Auge sind, sollte nicht erstaunen.

W a r u m also wurde der Antrag überhaupt einge- bracht? A n erster Stelle geschah dies, um einen A p - pell an das Gewissen der Europäer zu richten. Da- durch, daß dieser Vorschlag überall in der Presse erschien und das Komitee in Oslo gezwungen wurde, sich mit der Materie auseinanderzusetzen, wurde die Frage der Heimatvertriebenen und ihres Rechtes erneut aufs Tapet gebracht. Für uns ist mit Abstand am gefährlichsten das Verschweigen und Verdrängen. Darum versuchen ja auch die Sowjets und ihre Helfershelfer immer zu behaupten, das Ende der Heimatvertriebenen-Politik würde durch

Schmutzige Wäsche e n gros

Wo war die Hilfe für den Freund?

Lutherische Generalsynode i n Stadthagen übt K r i t i k a n der C D U

Für mehr Vergebungsbereitschaft i n P o l i t i k u n d Öffentlichkeit hat s i c h der niedersächsi- sche Ministerpräsident Ernst A l b r e c h t ange- sichts des T o d e s seines früheren schleswig- h o l s t e i n i s c h e n K o l l e g e n U w e Barschel ausge- s p r o c h e n . E i n P o l i t i k e r müsse a u c h öffentlich sagen können, daß er etwas falsch gemacht habe, m e i n t e der C D U - P o l i t i k e r . E r s p r a c h auf der i n Stadthagen stattgefundenen G e n e r a l - synode der V e r e i n i g t e n E v a n g e l i s c h - l u t h e r i - s c h e n K i r c h e D e u t s c h l a n d s ( V E L K D ) . L e i d e r w e r d e aber „öffentlich n i c h t vergeben", so daß eine V e r f e h l u n g für e i n e n P o l i t i k e r i m m e r u n - mittelbare K o n s e q u e n z e n habe. V i e l l e i c h t sei dies eine Folge der s c h w i n d e n d e n C h r i s t l i c h - keit i n D e u t s c h l a n d . D i e C D U müsse s i c h

„selbstkritisch fragen": „ W o w a r d i e Hilfe, der Z u s p r u c h für d e n F r e u n d ? " Z u g l e i c h rief A l - brecht d i e Öffentlichkeit auf, P o l i t i k u n d M e - d i e n w a c h s a m u n d k r i t i s c h z u begleiten. Es dürfe n i c h t m e h r v o r k o m m e n , daß w i e b e i Bar-

Zeichnung aus „Kölnische Rundschau"

den Generationswechsel herbeigeführt werden.

Nichts macht unsere Gegner1 in Ost und West ner- vöser als der Übergang von der Erlebnis- zur Be- kenntnisgeneration. Die Sowjets sind bessere Juri- sten als die meisten selbsternannten Experten i m Westen. Sie wissen, daß ein Recht nur dann ver- jährt, wenn man es aufgibt. So eigenartig es man- chen klingen mag, aber die Sowjets haben mehr Angst vor dem Recht als diejenigen, die nur an ma- terielle Macht glauben. Daß wir für dieses U n - rechtssystem unbequem sind, ist verständlich und zeigt, wo unsere wahre Kraft liegt. Daher die wüten- den Reaktionen aus Moskau und Prag auf den A n - trag an das Nobel-Preis-Komitee. Hier haben leider auch einige Organe im Westen in das gleiche Horn wie die Kommunisten gestoßen.

Nebst diesem ersten Ziel war es dann Sinn des Antrages, wieder einmal der Welt vor Augen zu führen, welch ungeheure Leistungen unsere H e i - matvertriebenen vollbracht haben. Es gibt so man- schet „Anschuldigungen ohne d i e S p u r eines

Beweises" z u einer öffentlichen V o r v e r u r t e i - l u n g führten. Solange n i c h t s b e w i e s e n sei, h a b e der Betroffene als u n s c h u l d i g z u gelten.

Scharf wandte siqh A l b r e c h t gegen eine Pres- se, der „die A u f l a g e w i c h t i g e r ist als alles ande- re". G e g e n B a r s c h e l s e i eine K a m p a g n e genau geplant w o r d e n , „die i n W a h r h e i t nicht d i e Sache z u m G e g e n s t a n d hat, s o n d e r n d i e d i e P e r s o n v e r n i c h t e n w i l l " . A l b r e c h t erinnerte a u c h daran, daß gegen M i t a r b e i t e r der Illu- strierten „Stern" der V o r w u r f e r h o b e n wird, d i e L e i c h e Barscheis i n dessen Genfer H o t e l z i m - m e r anders gelegt z u h a b e n , u m e i n besseres Foto m a c h e n z u können.

W e i t e r sagte der Ministerpräsident, er w a g e n i c h t abzuschätzen, was s o w o h l i n seiner Par- tei als a u c h i n der S P D i n S c h l e s w i g - H o l s t e i n

w i r k l i c h geschehen sei. Zweifeilos gebe es

Deutsche und amerikanische Standpunkte sind völlig verschieden

Hp wir nicht tnlpriprpn k n n n p n " ' & » v l a W U v U C che im Westen, die sich der Tatsache nicht mehr entsinnen, daß ohne die Haltung unserer Heimat- vertriebenen die Sowjets schon seit geraumer Zeit an der Atlantischen Küste stehen wurden. Ware die Soekulation Stalins aufgegangen daß die geschun- denen, gedemütigten, beraubten Menschen in ihrer Verzweiflung Speerspitze einer Revolution sein würden, hätte es das europaische und deutsche Wunder weder in der Politik noch in der Wirtschaft gegeben.

Grandios war allerdings nicht nur der Aufbau. Es sollte immer wieder unterstrichen werden, daß die Kommunisten und ihre Handlanger nicht den Frie- den gepachtet haben. Die erste Friedensbewegung waren die Heimatvertriebenen—eine Leistung, die einmalig in der Geschichte ist. W e n n ganze Volks- gruppen mit noch blutenden W u n d e n die morali- sche Größe aufbringen, dem Gegner die Versöh- nung anzubieten, so bedeutet das wesentlich mehr für den internationalen Frieden als sämtliche Reden Gorbatschows und aller Friedens-Nobel-Preisträ- ger bis zum heutigen Tage. W e n n jemals eine Men- schengruppe den höchsten Preis verdient hätte, so sind es demnach unsere Heimatvertriebenen, und das Nobel-Preis-Komitee i n Oslo hat sich durch seine Entscheidung daher kein Ruhmesblatt er- worben.

Unser Vorschlag hatte auch einen sehr prakti- schen Sinn. Es ist noch niemals etwas Großes im er- sten Ansturm gelungen. Das Wesentlichste ist, eine Diskussion einzuleiten und einen Gedanken, der den allgemeinen Konformismus stört, aufs Tapet zu bringen. Das ist gelungen. M a n sollte nicht unter- schätzen, was es bedeutet, daß ein Antrag an das Friedens-Nobel-Preis-Komitee — angeregt durch Franz Josef Strauß u n d unterstützt durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion — aus dem Euro- päischen Parlament gekommen ist und noch dazu von Abgeordneten verschiedenster Nationalitäten getragen wurde. Das hat zur Folge, daß das Ge- spräch über die Großtaten unserer Heimatvertrie- benen in allen Staaten der Gemeinschaft angelau- fen ist. Niemand kann daher behaupten, daß das Recht auf die Heimat eine einseitig deutsche Sache sei. Es ist gelungen, diese Frage nicht nur zu aktuali- sieren, sondern zu europäisieren.

Das bedeutet viel! Speziell wenn man sich die ge- genwärtige und noch mehr die zukünftige Macht der Europäischen Gemeinschaft vor Augen hält.

W i r sind bereits heute — schon i m engen Rahmen der Zwölf — die erste Wirtschaftsmacht auf Erden.

W i r haben eine Bevölkerung, die zahlreicher ist als diejenige der U S A und der Sowjetunion. Durch die jüngsten Schritte, vor allem das Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen A k t e (EEA) am 1. Juli 1987, sind wir jetzt auf dem W e g , unserem wirt- schaftlichen und menschlichen Potential eine welt- politische Dimension zu geben. Diese wird in allen zukünftigen Verhandlungen und Gesprächen ein wachsendes Gewicht erhalten. Diese Kraft gilt es, für unser Recht auf die Heimat, aber auch für das Selbstbestimmungsrecht der Völker Mittel- und Osteuropas zu mobilisieren. Diesem Ziel sind wir mit unserem Antrag zweifelsohne nähergekom- men.

W i r haben also Flagge gezeigt. W i r haben eine Diskussion eingeleitet, die nicht mehr aufhört. Es gilt nun, den längeren A t e m zu behalten und nicht stehen zu bleiben. Das Ziel wird erreicht werden, wenn nur wir nicht locker lassen.

Abrüstung:

Gegensätze zu Gorbatschow

„Dinge, die w i r nicht tolerieren können"

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wtm Ofipnußcnblnii

UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND C h e f r e d a k t e u r H u g o W e l l e m s

V e r a n t w o r t l i c h für d e n r e d a k t i o n e l l e n T e i l Kultur, Unterhaltung, Frauenseite:

Silke Osman Geschichte, Landeskunde,

Literatur und Aktuelles:

Horst Zander Heimatkreise, Gruppen, Soziales und Mitteldeutschland:

Susanne Kollmitt

Politik, Zeltgeschehen, Jugend:

Ansgar Graw Aus aller Welt, Reportagen:

Dr. Cornelia Littek Ostpreußische Familie:

Ruth Geede

Bonner Büro: Clemens J . Neumann Anzeigen und Vertrieb: Helmut Grunow

Anschrift für alle: Parkallee 84/86,2000 Hamburg 13. Verlag: Landsmannschaft Ostpreußen e. V., Parkallee 86, 2000 Hamburg 13. D a s O s t p r e u ß e n b l a t t i s t d a s O r g a n d e r Landsmannschaft Ostpreußen und erscheint w ö c h e n t - lich zur Information der Mitglieder des Förderkreisesder Landsmannschaft O s t p r e u ß e n . — Bezugspreis Inland 7,50 D M monatlich einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 9,00 DM monatlich. Bankkonto: Landes- bank Hamburg BLZ200 500 00, Konto-Nr. 192 344. P o s t g i r o k o n t o f ü r d e n Vertrieb: Postgiroamt Hamburg, Konto- Nr. 8426—204; für Anzeigen: Postgiroamt Hamburg, Konto-Nr. 90700—207. — Für unverlangte Einsendungen

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Telefon (040) 446S41 (mit Anrufbeantworter) und 446542

In der N A T O z e i c h n e n s i c h tiefe M e i n u n g s - v e r s c h i e d e n h e i t e n b e i der Einschätzung der R e f o r m p o l i t i k v o n KPdSU-Generalsekretär M i c h a i l G o r b a t s c h o w u n d seiner eigenen p o l i - tischen Z u k u n f t ab. D i e Frage hat grundsätzli- che Relevanz. D e n n abhängig v o n der A n t w o r t auf sie w i r d der W e s t e n auf w e i t e r e Abrü- s t u n g s a b k o m m e n m i t d e n Sowjets e i n g e h e n müssen.

Z w e i S t e l l u n g n a h m e n i n der jüngsten Z e i t v e r a n s c h a u l i c h e n diese M e i n u n g s v e r s c h i e - d e n h e i t e n unmißverständlich. A m 3. O k t o b e r hielt Bundesaußenminister H a n s - D i e t r i c h G e n s c h e r b e i der Eröffnung der „Innsbrucker T a g e 1987" eine G r u n d s a t z r e d e . D e r e n Schlußpassus z u r G o r b a t s c h o w - F r a g e lautet:

„Wenn heute, n a c h J a h r z e h n t e n der K o n f r o n - t a t i o n i m Ost-West-Verhältnis, e i n W e n d e - p u n k t erreicht w e r d e n könnte, d a n n wäre es e i n F e h l e r v o n h i s t o r i s c h e m Ausmaß, w e n n der W e s t e n diese C h a n c e vorübergehen ließe.

W e r s i c h n i c h t aus a l t e m D e n k e n , aus a l t e n F e i n d b i l d e r n lösen k a n n , w e r i m F a l l e der S o - w j e t u n i o n i m m e r n u r e i n z i g u n d a l l e i n d e n s c h l i m m s t e n F a l l a n n i m m t , der m a c h t s i c h selbst politikunfähig." E i n e eindeutige S p r a - che.

D r e i T a g e später hat der hochrangigste S o -

wjetexperte des US-Außenministeriums, der s t e l l v e r t r e t e n d e Staatssekretär T h o m a s S i - mons, v o r d e n v e r e i n i g t e n Wirtschaftsaus- schüssen des K o n g r e s s e s z u d e n Zukunftsper- s p e k t i v e n G o r b a t s c h o w s ausgesagt. D i e Gor- b a t s c h o w- R e f o r m e n s t e l l e n l a u t Simons

«einen ersten S c h r i t t i n R i c h t u n g eines größe- r e n Maßes einer w i r t s c h a f t l i c h e n u n d politi- s c h e n F r e i h e i t i n n e r h a l b d e r U d S S R " dar, kön- n e n aber g l e i c h z e i t i g „der A n s a t z einer ent- s c h l o s s e n e n A n s t r e n g u n g s e i n , d a s sowjeti- s c h e Militärpotential a u f z u w e r t e n , ohne die U r u n d n a t u r des S y s t e m s z u ändern".

G e g e n d i e p o s i t i v e P e r s p e k t i v e stehe das G e w i c h t der s o w j e t i s c h e n G e s c h i c h t e , „die i n

/UüahrenSowjetlebenaufgebauten W e r t e , In- teressen u n d G e w o h n h e i t e n , u m n i c h t 1000 o k ,r u s s i s c h e G e s c h i c h t e z u erwähnen".

U b e n d r e i n sei d a s M a n d a t G o r b a t s c h o w s -weder i n S t e i n gemeißelt n o c h u n i v e r s e l l als kannt" i nnerhalb der S o w j e t u n i o n aner-

G e n s c h e r fordert also e i n e n B l a n k o w e c h s e l f, ^u n s t v e n e 1 i n e sM a n n e s , d e s s e n A b s i c h t n o c h u n d u r c h s i c h t i g u n d d e s s e n Z u k u n f t n o c h un- v * ? k - l SJ Tl a u t Einschätzung d e s wichtigsten Verbündeten d e r B u n d e s r e p u b l i k .

W o l i Daniel

(3)

31. Oktober 1987 — Folge 44 — Seite 3

Das Dftprai&mblaii Dokumentation

A

n den Altestenrat des Bundestages In Bonn wurde ein A n t r a g der S P D - F r a k t i o n überwiesen, der die Aufnahme normaler Beziehungen zwischen Bundestag und V o l k s k a m m e r der D D R vorsieht. A b e r auch in der Unionsfraktion fordern ver- schiedene Stimmen eine „pragmatische Entscheidung" i n dieser Angelegenheit Der langjährige Bundestags- und Europaabgeordnete der C D U , Dr. Hans Edgar J a h n (Bonn), hat Inzwischen in Briefen an Bundeskanzler Helmut K o h l , den Fraktionsvor- sitzenden A l f r e d Dregger, den CSU-Landesgruppenvorsitzenden Theo W a i g e l u n d verschiedene M i n i s t e r und Abgeordnete v o r einer A n e r k e n n u n g der V o l k s k a m m e r als legitimen Verhandlungspartner des Bundestages eindringlich g e w a r n t J a h n i n seinem Brief: „Die V o l k s k a m m e r ist das Vollstreckungsorgan der kommunistischen S E D . N i c h t die D D R , nein, die Bundesrepublik betreibt den W a n d e l d u r c h Annähe- rung. Deutschlandpolltisch vollzog sich das so: V o n der .sowjetisch besetzten Zone Deutschlands' zur , D D R ' i n Anführungsstrichen und i n D D R ohne Anführungsstri- che, v o n ,zwei Staaten i n Deutschland' z u .zwei deutschen Staaten'. W e n n das so weitergeht, landen w i r im sozialistischen Gesamtdeutschland, neutral und i n Unfrei- heit zugleich."

J a h n hat seinen Briefen das Protokoll der Sitzung des Deutschen Bundestages v o m 14. September 1950 beigefügt W i r veröffenüichen nachstehend — leicht gekürzt — ebenfalls dieses zeitgeschichtlich interessante Dokument:

Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Meine Damen und meine Herren! Die Ereignisse der letzten Jahre haben den aggressiven und dem Frieden feindli- chen Charakter des Kommunismus vor aller Welt in immer steigendem Ausmaße enthüllt. In Deutsch- land hat kürzlich der Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei und der sogenannte Nationalkon- greß den Widerstand gegen die verfassungsmäßige Ordnung in der Bundesrepublik proklamiert. Die SED versucht in verstärktem Ausmaß, das staatli- che Leben der Bundesrepublik zu unterminieren und für eine gewaltsame Eroberung reif zu machen.

A m 15. Oktober 1950 will der Kommunismus seine Macht in der Sowjetzone durch einen Wahl- betrug legalisieren lassen.

(Sehr gut! bei der CDU.)

Die Wahlen werden weder frei noch geheim sein.

Sie können und werden den wahren Willen der Be- völkerung der Sowjetzone nicht zum Ausdruck bringen.

(Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien)

Die Art ihrer Durchführung steht selbst zu der so pathetisch verkündeten Verfassung der sogenann- ten Deutschen Demokratischen Republik in schrei- endem Widerspruch.

(Erneute Zustimmung.)...

Aus gesamtdeutscher Verantwortung erklärt die Bundesregierung schon heute: Die Wahlen des

15. Oktober 1950 in der sowjetischen Besatzungs- zone sind ungesetzlich und nach demokratischem Recht null und nichtig.

(Lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses mit Ausnahme der KPD.)

gene Akklamation zu einer mit ebensolcher List und Gewalt aufgestellten und proklamierten Ein- heitsliste ...

Mit welcher heimtückischen Verschlagenheit die Kommunisten das Schauspiel des 15. Oktober vor- bereitet haben, belegt das von meinem Ministerium herausgegebene Weißbuch über die Wahlfäl- schungen, Wahlbehinderungen und Wahlbeein- flussungen in der sowjeUschen Besatzungszone.

Deshalb erübrigt es sich, darüber Einzelheiten zu sagen. Es sei aber noch einmal in letzter Deutlich- keit erklärt: Welches Resultat auch am 15. Oktober aus den mißbrauchten Urnen herausgezaubert wird, — es hat nichts mit einer Legitimation der kommunistischen Pseudoregierung und ihrer Taten zu tun...

Nun hört man immer wieder — und ich besonders höre es jeden Tag —, Offensivgeist wäre in der Be- kämpfung des Kommunismus notwendig. Meine Damen und Herren, es wäre schon viel erreicht, wenn die Erkenntnis allgemein wäre, die dem Of- fensivgeist vorauszugehen hat, d. h. es wäre gut, wenn jeder Deutsche alle Schleichwege erkennen würde, über die der Kommunismus seine Angriffe in den Bereich der Bundesrepublik vorträgt.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Es gibt ja, Gott sei es geklagt, immer noch so er- schreckend viel Gutgläubige in unserem Volk. Man bringt den Kommunismus nicht durch Diskutieren oder Verhandeln von seinen diabolischen Zielen ab;

(Zustimmung in der Mitte)

man kann den Kommunismus nur bekämpfen!

(Sehr gut! in der Mitte.)...

D D R - V o l k s k a m m e r :

„Wahlen sind null und nichtig"

W i e C D U und S P D 1952 das Scheinparlament der S E D beurteilten

Die Bundesregierung unterstützt jederzeit und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln den Willen der Bevölkerung in der Sowjetzone nach Be- freiung von dem kommunisüschen Joch der Sozia- listischen Einheitspartei

(Händeklatschen.)

und nach einer wahrhaft demokratischen Vertre- tung. Die Wühlarbeit des Kommunismus in der Bundesrepublik wird sie energisch unterbinden.

(Bravorufe und Händeklatschen.) Die Bundesregierung hat am 22. März dieses Jah- res eingehende Vorschläge für die Durchführung gesamtdeutscher Wahlen auf demokratischer Grundlage bekanntgegeben. Sie wiederholt heute feierlich vor aller Welt ihre Vorschläge und fordert ihre Durchführung. Sie wird weiterhin alle nur mög- lichen Schritte unternehmen, die zur Realisierung dieses für alle Deutschen lebenswichtigen Anlie- gens führen können.

Die Bundesregierung weiß, daß die überwälti- gende Mehrheit der Bevölkerung der Sowjetzone das ihr von der Sozialistischen Einheitspartei auf- gezwungene politische System ablehnt

(Sehr richtig!)

und nichts sehnlicher wünscht, als ihre Zugehörig- keit zur Bundesrepublik Deutschland in freier A b - stimmung zu bekunden.

(Bravo! und Händeklatschen.)

Das ganze deutsche Volk fühlt sich den freien Völkern der Welt zugehörig. Es verlangt die Aner- kennung aller demokratischen Grundrechte in allen Teilen Deutschlands. Die Bundesregierung als die frei gewählte Regierung Deutschlands ruft die demokratischen Völker der Welt auf, das deutsche Volk bei der erstrebten Wiedervereinigung aller Teile Deutschlands zu unterstützen.

(Beifall.)

Alle Deutschen aber bleiben aufgerufen, ent- schlossen und unverbrüchlichzusammenzustehen:

für die Einheit und Freiheit Deutschlands gegen jeden Versuch kommunistischer Gewaltherrschaft.

(Lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses mit Ausnahme der KPD.) Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der Herr Bundesminister Kaiser.

Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fra- gen' Meine Damen und Herren! Ich darf der Erklä- rung der Bundesregierung noch einige Bemerkun- gen hinzufügen. Das für den 15. Oktober in der So- wjetzone inszenierte Manöver kann auf die Be- zeichnung „Wahl" keinen Anspruch erheben. Es ist eine mit den Mitteln von List und Gewalt erzwun-

Meine Damen und Herren, ich darf das sagen;

denn ich habe es selbst zur Genüge erlebt. Die Frie- densschalmeien der Kommunisten, ihre Atom- bombenbekämpfung, ihre Unterschriftensamm- lungen für den Frieden, ihre getarnten Arbeitskrei- se, ihre korrupten Angebote müssen entlarvt wer- den.

(Sehr gut! rechts.)

Sie kommen alle aus dem unerschöpflichen Re- servoir kommunistischer Tarnungen, Lügen und Betrugsmanöver.

(Beifall in der Mitte und rechts.) Meine Damen und Herren! Wir werden nationa- len Widerstand zu leisten haben, nationalen W i - derstand nicht im Sinne von Ulbricht und Grote- wohl, sondern in einem ganz anderen Sinn, als es SED-Parteitag und der sogenannte Nationalkon- greß verkündeten. Unser nationaler Widerstand wird den Naiven, den Gewinnsüchtigen, den Rück- versicherern gelten,

(lebhafter Beifall rechts, in der Mitte und bei der SPD. — Abg. Dr. Baumgartner:

Auch denen in der Industrie!)

Sitzung des Deutschen Bundestages im Bonner W a s s e r w e r k : Offizielle Kontakte zu den Sie- gern der „Terrorwahlen" (Herbert Wehner)?

die bewußt und unbewußt den Kommunisten die Schleichwege ebnen und offenhalten. Die Bundes- regierung fordert das ganze Volk auf, daß es hier auf diesem Gebiet offensiv wird,

(Sehr gut! rechts)

daß es anprangert, was angeprangert werden muß.

(Beifall in der Mitte und rechts.) Ich darf eines noch hinzufügen: Die Bundesregie- rung ist entschlossen, den realen Rückhalt zu schaf- fen, der dem politischen und moralischen Wider- stand des Volkes zum Erfolg verhilft. Wir wissen, daß unsere Landsleute in der Sowjetzone diese Hal- tung und diese Entschlossenheit von uns in der Bundesrepublik erwarten... Kein Deutscher in Ost und West wird jemals den Glauben verlieren, daß der Tag der Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit kommt.

(Anhaltender lebhafter Beifall rechts, in der Mitte und bei der SPD.)...

Das Wort zur Verlesung einer interfraktionellen Erklärung hat der Vorsitzende des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen, der Herr Abgeordnete Wehner.

Wehner (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der Fraktionen der Christlich-Demokratischen Union, der Christlich- Sozialen Union, der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der Freien Demokratischen Partei, der Deutschen Partei, der Bayernpartei, der Wirt- schaftlichen Aufbauvereinigung und des Zentrums habe ich die Ehre, zu erklären:

Mit den Mitteln des Terrors, der Fälschung und der Lüge wollen sich die kommunistische SED und ihre Satellitengruppen am 15. Oktober die Voll- macht erpressen, ihre PoliUk der Bolschewisierung der sowjeUschen Besatzungszone fortzuführen und mittels der kommunistisch gelenkten «Nationalen Front" auf das übrige Deutschland auszudehnen. Im Namen der ihrer Freiheit beraubten Menschen in der sowjetischen Besatzungszone und im Namen des ganzen deutschen Volkes erklärt der Deutsche Bundestag:

Die kommunistischen Machthaber in der sowje- tischen Besatzungszone haben den Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland zur Abhaltung freier, allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wah- len für eine gesamtdeutsche Nationalversammlung abgelehnt. Die Bevölkerung der sowjetischen Be- satzungszone hat keine freie Presse, keinen freien Rundfunk. Sie hat nicht das Recht, in freier Rede und durch freie politische Parteien ihre wirkliche Mei- nung über den kommunistischen Diktaturstaat zu äußern... Es wird ihr die Möglichkeit genommen, nein zu sagen oder auch nur den Wahlzettel ungültig

Aufstehen gegen die Nation: Durch Erhoben von den Plätzen stimmt die D D R - V o l k s k a m m e r am 27. September 1952 dem A n t r a g Honeckers zu, den Begriff „deutsche N a t i o n " aus der D D R - Verfassung z u streichen Fotos Archiv (1), Bundesbildstelle (1)

zu machen. So werden die Menschen gepreßt, ihre Überzeugung zu verleugnen und Kandidaten zu wählen, die sie hassen und verachten.

(Lebhafter Beifall rechts, in der Mitte und bei der SPD.)

Diese Terrorwahlen können in keiner Weise als Ausdruck des wahren Willens des deutschen Vol- kes in der sowjetischen Besatzungszone betrachtet werden. Alle rechtlichen und politischen Schluß- folgerungen, die die kommunistischen Machthaber oder die sowjetische Besatzungsmacht aus ihnen ziehen, sind null und nichtig.

(Zustimmung bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

Der Deutsche Bundestag unterbreitet der Orga- nisation der Vereinten Nationen diesen ungeheuer- lichen Rechtsbruch und den verbrecherischen Mißbrauch, den ein Mitgliedstaat der Vereinten Na- tionen mit dem deutschen Volke treibt. Der Deut- sche Bundestag bittet die Vereinten Nationen, den Rechtsbruch zu verurteilen und dadurch den Glau- ben des deutschen Volkes an die Geltung von Recht und Freiheit in der Welt zu stärken.

(Allseitiger Beifall mit Ausnahme der KPD.)

Von der Bundesregierung erwartet der Bundes- tag, daß sie im Sinne der vom Herrn Bundeskanzler am 21. Oktober 1949 ausgesprochenen Erklärung handelt: „Die Bundesrepublik Deutschland fühlt sich auch verantwortlich für das Schicksal der 18 Millionen Deutschen, die in der Sowjetzone leben."

Der Bundestag beschließt:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, 1. das deutsche Volk und die Welt über die Zu- stände der Rechtlosigkeit unter der kommunisü- schen Diktatur in der sowjetischen Besatzungszone in stetiger Folge nachhaltig zu unterrichten,

2. die Besatzungsmächte in aller Form zu bitten, in allen vier Besatzungszonen freie, allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlen zu einem ge- samtdeutschen Parlament unter internationaler Kontrolle vornehmen zu lassen,

(Bravo!)

3. gegen alle Personen, die an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der sowjetischen Be- satzungszone beteiligt sind, im Gebiet der Bundes- republik Deutschland Strafverfolgung einzuleiten,

(lebhafter Beifall bei allen Fraktionen von der SPD bis zur BP.)

4. gegen alle Personen vorzugehen, die im Auf- trag und im Sinne der auf Gewalthandlungen abzie- lenden Beschlüsse des III. Parteitags der kommuni- stischen SED und des „Nationalkongresses" wir- ken,

(Sehr gut! bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

5. den Widerstand Berlins gegen die kommuni- stische Diktatur mit allen wirtschaftlichen und poli- tischen Mitteln zu stärken als Beweis für den Ernst und die Beharrlichkeit des Willens der Bundesre- publik zur Wiedervereinigung Deutschlands in einem freien Rechtsstaat.

(Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen von der SPD bis zur DP.)

Der Deutsche Bundestag erklärt den unerschüt- terlichen Willen des ganzen deutschen Volkes zu einer nationalen Einheit Er stellt fest, daß kein Ter- ror den Freiheitswillen der Menschen in der sowje- tischen Besatzungszone hat brechen können.

(Erneuter lebhafter Beifall.)

Die kommunistische Zwangsherrschaft bestün- de nicht ohne die sowjetische Besatzungsmacht

(Zustimmung bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

Das deutsche Volk sieht in der Anerkennung der Oder-Nelße-Linie, in der Verteidigung der un- menschlichen Behandlung deutscher Kriegsge- fangener und Verschleppter, in der Mißachtung des Schicksals und des Heimatrechts der Vertriebenen Verbrechen an Deutschland und gegen die Menschlichkeit...

(Langanhaltender stürmischer Beifall im ganzen Hause außer bei der KPD und

bei der DRP.)

(Anm. der Red.. Die Hervorhebungen erfolgten entspre- chend dem Original.)

(4)

Politik

31. O k t o b e r 1987 - F o l g e 44 - Seite 4

K u r z notiert

Hennig vor Chefredakteuren

D e r P a r l a m e n t a r i s c h e Staatssekretär b e i m B u n d e s m i n i s t e r für innerdeutsche B e z i e h u n - gen, D r . O t t f r i e d H e n n i g , ist i n H i l t r u p b e i Münster m i t 40 d e u t s c h e n u n d französischen C h e f r e d a k t e u r e n zusammengetroffen, u m über die Lage i m geteilten D e u t s c h l a n d z u dis- kutieren. D o r t hatten s i c h d i e J o u r n a l i s t e n auf E i n l a d u n g der Robert-Bosch-Stiftung z u einer T a g u n g versammelt.

Polnische Regimekritiker

D e r m i l i t a n t e Flügel der p o l n i s c h e n G e - werkschaftsbewegung „Solidarnosc", d i e „So- lidarnosc W a l c z a c a " (Kämpfende Solidarität) hat d i e führenden Vertreter der illegalen O p - p o s i t i o n s o w i e der k a t h o l i s c h e n K i r c h e k r i t i - siert. D i e G r u p p e warf Arbeiterführer L e c h W a l e s a , d e m Primas Jozef K a r d i n a l G l e m p u n d d e n drei führenden k a t h o l i s c h e n L a i e n , Professor S t a n i s l a w Stomme, Tadeusz M a z o - w i e c k i u n d J e r z y T u r o w i c z , vor, s i c h i m W e - sten für W i r t s c h a f t s - u n d K r e d i t h i l f e n z u g u n - sten des J a r u z e l s k i - R e g i m e s einzusetzen. D e r p o l n i s c h e K o m m u n i s m u s sei b e k a n n t l i c h e i n Faß o h n e B o d e n . D a r a n habe s i c h a u c h d u r c h d e n Machtübergang des G i e r e k - C l a n s auf d i e Partei- u n d Militärfunktionäre u m W o j riech J a r u z e l s k i nichts geändert. V i e l G e l d wandere w i e d e r i n die Privattaschen der H e r r s c h e n d e n , das Rüstungsgeschäft floriere, d o c h das V o l k bekäme p r a k t i s c h n i c h t s a b .

Deportationen

D e r sowjetische Schriftsteller Josif G e r a s s i - m o w berichtet i m sowjetischen L i t e r a t u r m a - gazin „Oktiabr" (Oktober) über d i e m a s s e n - weise D e p o r t a t i o n v o n Rumänen aus Bessara- b i e n , das, v o n d e r S o w j e t u n i o n annektiert, heute M o l d a w i e n ( M o l d a u i s c h e Sowjetrepu- blik) heißt. D i e D e p o r t a t i o n n a c h S i b i r i e n fand 1949 auf Geheiß S t a l i n s statt u n d umfaßte 100000 angebliche „Kulaken", „Kapitalisten"

u n d „bourgeoise Politiker". V i e l e v o n i h n e n w u r d e n später umgebracht. G e r a s s i m o w s Bei- trag w u r d e bereits 1960 a n ..Oktiabr" abgelie- fert, durfte aber erst jetzt, 27 J a h r e später, er- scheinen.

B o n n :

Keine „Nachhilfe" von den Grünen nötig

Gedenkstätte für Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft wird errichtet

In der Debatte des D e u t s c h e n Bundestages zur Beratung des A n t r a g e s „Gedenkstätte i n B o n n " führte der C D U - B u n d e s t a g s a b g e o r d n e - te D r . H a n s D a n i e l s u.a. folgendes aus: D e r D e u t s c h e Bundestag habe bereits a m 25. A p r i l des vergangenen Jahres über d i e E r r i c h t u n g einer Gedenkstätte für d i e Opfer der n a t i o n a l - sozialistischen Gewaltherrschaft i n B o n n dis- kutiert: „Damals bestand Übereinstimmung, daß dieses T h e m a s i c h nicht z u p o l e m i s c h e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n eignet. D i e Debatte war d e n n a u c h v o n e i n e m der Sache angemes- senen Ernst bestimmt."

D e r A n t r a g der Grünen s e i bedauerlicher- weise nicht v o n d i e s e m gebotenen Ernst getra- gen. E r versuche, d e n D e u t s c h e n Bundestag m i t einer örtlichen A u s e i n a n d e r s e t z u n g z u beschäftigen u n d sie m i t der Frage einer natio- n a l e n M a h n - u n d Gedenkstätte z u v e r q u i c k e n .

„Die örtliche A u s e i n a n d e r s e t z u n g hat i n - z w i s c h e n d u r c h eine E n t s c h e i d u n g des Rates der Stadt B o n n v o m 1. O k t o b e r dieses J a h r e s i h r e n Abschluß gefunden. D e r R a t h a t e i n - s t i m m i g beschlossen, eine Gedenkstätte für die Verfolgten der n a t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e n Gewaltherrschaft i n B o n n i m Z u s a m m e n h a n g mit d e m v o m Rat beschlossenen historischen M u s e u m einzurichten. E i n weitergehender A n - trag der Grünen, eine Gedenkstätte a n der Stelle z u errichten, a n der früher d i e jüdische Synagoge gestanden hat, w u r d e m i t d e n S t i m m e n v o n C D U , S P D u n d F.D.P. abgelehnt.

D a g e g e n w u r d e e i n s t i m m i g beschlossen, a n dieser Stelle e i n würdiges E r i n n e r u n g s z e i c h e n an d i e ehemalige Synagoge z u errichten. D i e Bonner S y n a g o g e n g e m e i n d e hat ihre M i t w i r - k u n g b e i der G e s t a l t u n g angeboten", erklärte Daniels.

Im übrigen b r a u c h t e n d i e Bonner Bürger k e i n e n N a c h h i l f e u n t e r r i c h t v o n d e n Grünen

B a d Godesberg:

Historiker Otto von Simson geehrt

N a c h k o m m e ostpreußischer Gelehrtenfamilie erhielt M e d a i l l e

O t t o v o n S i m s o n Foto Engels Zu einem kulturpolitisch

bemerkenswerten Ereignis hatte sich i n Bonns „guter Stube", der i n barockem Glanz erstrahlenden „Re- doute" zu Bad Godesberg, eine illustre Gästeschar versammelt, u m dem i n - ternational renommierten Kunsthistoriker Otto von Simson die Ehre zu erwei- sen, dem i n diesem Jahre die „Pro Humanitate-Me- daille" des West-Ost-Kul- turwerks (WOK) verliehen wurde.

In dem 1912 in Berlin geborenen Nachkommen des großen ostpreußischen Rechtsgelehrten Eduard von Simson, der unter anderem zeitweise Präsident des Frankfurter Paulskirchen-Parlaments, erster Präsident des Deutschen Reichstages, der erste Prä- sident des Deutschen Reichsgerichts und Grün- dungspräsident der Goethe-Gesellschaft war, ehrte das West-Ost-Kulturwerk nach den Worten seines Präsidenten Walter Althammer eine Persönlich- keit, die nicht nur als Gelehrter internationale A n - erkennung gefunden hat. Die Ehrung galt auch dem Menschen, der sich trotz antisemitistischer Verfol- gung und durch das Dritte Reich erzwungener Emi- gration dem jungen demokratischen deutschen Staat nach 1945 wieder zur Verfügung gestellt hat.

Professor von Simson arbeitete neben seinem weltweit anerkannten akademischen Wirken zeitweise im Auswärtigen A m t und von 1957 bis 1964 als deutscher Vertreter in der U N E S C O . V o n 1978 bis 1986 war er Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission.

A u c h Bundestagspräsident Philipp Jenninger wies in seiner Festansprache darauf hin, daß mit Otto von Simson der Träger eines Namens geehrt werde, „der mit unserem parlamentarischen System in beson- derer Weise verbunden ist". Der Beitrag Eduards und Ottos von Simson zur politischen und gesell- schaftlichen Entwicklung stehe „exemplarisch für das, was j üdische Mitbürger für ihr deutsches Vater- land geleistet haben: ein Beitrag, der in Politik, K u l - tur, Wissenschaft und Wirtschaft gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann".

Und auch Barthold C. Witte, Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, erinnerte in seiner Laudatio an den ostpreußischen Ahnen des Laudaturus, der im Laufe seines Lebens „geradezu zur Symbolfigur für das Streben der Deutschen nach Freiheit, Rechtsstaat und nationaler Einheit wurde". Witte hob hervor, daß Otto von Simson während seiner

29jährigen Mitgliedschaft in der U N E S C O an ihren Erfolgen, etwa an der Rettung großer Kulturdenk- mäler in aller Welt, ebenso großen Anteil habe, wie er an ihrer seit Jahren dauernden Krise leide. Otto von Simson sei der U N E S C O ein „kritischer Freund", der schon seit Jahren ihre grundlegende Reform verlangt habe, auch wenn er selbstkritisch die derzeitige Form der Entwicklungshilfe auch auf kulturellem Gebiet für verbesserungswürdig halte.

Der Geehrte selbst mag bei seinen Dankesworten eine gewisse Genugtuung besonderer A r t empfun- den haben, zeichnete sich doch zur Stunde seiner Ehrung bereits ab, daß sich im Amte des U N E S C O - Generalsekretärs ein längst fälliger Wechsel an- bahnte, der inzwischen auch eingetreten ist und al- lenthalben begrüßt wurde. Anstelle des schon seit Jahren wegen seiner umstrittenen Amtsführung kri- tisierten Senegalesen Mokhtar M'Bow wurde der Spanier Frederico Mayor gewählt, womit nicht nur der Verbleib der Bundesrepublik Deutschland in der U N E S C O , sondern auch der Wiedereintritt Groß- britanniens und der U S A in diese UNO-Unterorga- nisation gewährleistet sein dürfte. Bruno Kussl

über d i e N o t w e n d i g k e i t , das G e s c h e h e n i n d e r N a z i z e i t u n d das L e b e n u n d W i r k e n der jüdi- s c h e n Bevölkerung i n E r i n n e r u n g z u h a l t e n . A u f e i n e m — bereits i m J a h r e 1950 e r r i c h t e t e n

— G e d e n k s t e i n i m Bonner Hofgarten könne m a n folgendes lesen: „600 Bürger — Opfer des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s — E u c h , d i e Ihr starbet entrechtet, erniedrigt, geschändet, z u m G e - d e n k e n — u n s z u r M a h n u n g ! "

Diese örtliche Bonner A u s e i n a n d e r s e t z u n g sei sicher k e i n Anlaß, v o n der E r r i c h t u n g einer z e n t r a l e n Gedenkstätte für die Opfer der K r i e - ge u n d der Gewaltherrschaft i n d e r B u n d e s - hauptstadt abzusehen. Jedes J a h r a m V o l k s - trauertag spreche der Bundespräsident i n einer F e i e r s t u n d e i m Plenarsaal des D e u t - s c h e n Bundestages d i e folgende T o t e n e h r u n g :

„Wir g e d e n k e n heute der Opfer v o n K r i e g u n d G e w a l t : d e r Soldaten, d i e i n d e n b e i d e n W e l t k r i e g e n gefallen, i h r e n V e r w u n d u n g e n erlegen oder i n Gefangenschaft gestorben sind, d e r Männer, F r a u e n u n d K i n d e r , d i e d u r c h K r i e g s h a n d l u n g e n i h r L e b e n lassen mußten.

W i r g e d e n k e n derer, d i e u m ihrer Überzeu- gung oder ihres G l a u b e n s W i l l e n O p f e r d e r Gewaltherrschaft w u r d e n u n d derer, d i e eines gewaltsamen T o d e s sterben mußten, w e i l s i e e i n e m a n d e r e n V o l k angehörten oder einer a n d e r e n Rasse zugerechnet w u r d e n . "

D a n i e l s erläuterte: „Seit J a h r z e h n t e n w e r - d e n i n B o n n a n d i e s e m T a g v o m Bundespräsi- denten, d e m Bundestagspräsidenten, der B u n - desregierung, der Stadt B o n n u n d v i e l e n a n d e - r e n O r g a n i s a t i o n e n Kränze a n einer G e d e n k - tafel niedergelegt, d i e zunächst i m H o f g a r t e n u n d jetzt auf d e m Nordfriedhof steht. S i e trägt die Aufschrift , D e n O p f e r n der K r i e g e u n d der Gewaltherrschaft'. N i e m a n d ist bisher auf d e n G e d a n k e n g e k o m m e n , h i e r d u r c h würden ,die E r m o r d e t e n z u s a m m e n m i t i h r e n Mördern' geehrt. M i r ist unverständlich, w a r u m das a n - ders s e i n soll, w e n n n u n über eine würdigere Gedenkstätte i n der Bundeshauptstadt n a c h - gedacht w i r d . Daß d i e Grünen alle d e u t s c h e n S o l d a t e n für Mörder h a l t e n , k a n n i c h n i c h t e i n m a l i h n e n unterstellen. W o l l e n sie d e n M i l - l i o n e n O p f e r n der K r i e g e das ehrende A n d e n - k e n verweigern, w e i l es unter i h n e n a u c h N a - tionalsozialisten gegeben hat?"

D e r v o r l i e g e n d e A n t r a g d e r Grünen sei si- c h e r n i c h t d e r r i c h t i g e Anlaß, d i e Grundsatz- debatte über d i e E r r i c h t u n g einer zentralen Gedenkstätte i n der B u n d e s h a u p t s t a d t fortzu- führen. D i e C D U / C S U - F r a k t i o n h a b e ihre Auf- fassung i n d e r D e b a t t e d e s v e r g a n g e n e n Jah- res d u r c h eine R e d e i h r e s V o r s i t z e n d e n Dr.

D r e g g e r dargelegt. „ W i r l e h n e n d e n heute de- battierten A n t r a g d e r Grünen ab. W i r sind be- reit z u w e i t e r e n Gesprächen m i t d e n anderen F r a k t i o n e n m i t d e m Z i e l , i n d i e s e r uns alle be- w e g e n d e n F r a g e e i n e möglichst breite Über- e i n s t i m m u n g z u e r r e i c h e n " , schloß der C D U - A b g e o r d n e t e .

S c h l e s w i g - H o l s t e i n :

Flüchtlingsland Nr. 1

1988 zahlreiche Veranstaltungen

„Der Schleswig-Holstein-Tag 1988 wird dem Schicksal der Vertriebenen gewidmet sein und soll ihre Aufbauleistung nach dem 2. Weltkrieg würdi- gen." Das teilte Sozialministerin Ursula Gräfin Brockdorff (CDU) mit.

Alljährlich wird auf Landesebene von Verbänden und Vereinen der Schleswig-Holstein-Tag ausge- richtet, die damit die Gelegenheit erhalten, sich selbst und ihre Ziele einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Im Jahre 1988 wird der Landesver- band der vertriebenen Deutschen (LvD) den 40.

Jahrestag seiner Gründung begehen. Einen derarti- gen Landesverband gibt es nur i n Schleswig-Hol- stein.

Die Dokumentation, die unter dem Titel „Die Vertriebenen i n Schleswig-Holstein/Aufnahme und Vertreibung/Eingliederung und Aufbaulei- stung 1945 bis 1988" rechtzeitig z u diesem Anlaß erscheinen wird, soll ein Beitrag Schleswig-Hol- steins zur Vertreibungsgeschichte und Eingliede- rungsforschung sein, die jetzt v o n Göttingen aus bundesweit koordiniert wird. Des weiteren ist als Beitrag des Landes ein Farbfilm vorgesehen, der die aktuelle ost- u n d mitteldeutsche Kulturarbeit in Schleswig-Holstein i n lebendiger Form veran- schaulichen soll.

Die beiden zuständigen Trägerverbände, der Landesverband der vertriebenen Deutschen und der Schleswig-Holsteinische Heimatbund, bereiten eine Fülle zentraler und dezentraler Veranstaltun- gen und Ausstellungen i n Schleswig-Holstein zu diesem Termin vor, u m z u zeigen, welche Bedeu- tung die Heimatvertriebenen i m Flüchtlingsland Nr. 1 der Bundesrepublik Deutschland haben.

Göttingen:

Erneute Freveltat am Ehrenmal

K r a f t statt Verstand — Steinerner S o l d a t wurde umgestürzt

Es ist p a r a d o x : G e r a d e solche G r u p p e n , d i e beispielsweise V e r t r i e b e n e n u n d s o l d a t i s c h e n Traditionsverbänden R e v a n c h i s m u s u n d M i l i - tarismus vorwerfen, g e b e n ihrer M i l i t a n z d u r c h G e w a l t - u n d Zerstörungsakte A u s - druck. S o geschehen v o r w e n i g e n W o c h e n , als bisher u n b e k a n n t e , aber w o h l i m l i n k e n Lager z u ortende, Täter das S t a n d b i l d des s t e i n e r n e n

V a n d a l i s m u s i m Göttinger R o s e n g a r t e n : Umgestürztes E h r e n m a l Foto Bruno Schmidt

S o l d a t e n i m Göttinger R o s e n g a r t e n umstürz- t e n u n d b e s c h m i e r t e n („ich b i n schwul").

D a s 1925 e r r i c h t e t e M a h n m a l erinnert an d i e G e f a l l e n e n des e h e m a l i g e n Z w e i t e n Kur- h e s s i s c h e n Infanterieregiments N r . 82. Auf A n r e g u n g v o n G e n e r a l F r i e d r i c h v o n Hoßbach w i r d — seit e i n e r U m s e t z u n g 1953 — das M a h n m a l z u r E h r u n g d e r G e f a l l e n e n u n d ver- mißten S o l d a t e n d e r e i n s t i g e n ostpreußischen D i v i s i o n e n genutzt.

Alljährlich f i n d e n i m R o s e n g a r t e n Ehren- m a l f e i e r n statt, d i e u n t e r i n t e r n a t i o n a l e r Betei- l i g u n g d e r Völkerverständigung u n d Versöh- n u n g d e r einst g e g n e r i s c h e n N a t i o n e n ver- pflichtet s i n d . V e r a n s t a l t e t w e r d e n d i e Feier- l i c h k e i t e n v o n d e r Göttinger G r u p p e der L a n d s m a n n s c h a f t Ostpreußen u n d d e m „Ku- r a t o r i u m E h r e n m a l f e i e r Göttingen", die Kon- takte z u e h e m a l i g e n französischen u n d belgi- s c h e n K r i e g s g e f a n g e n e n u n d z u soldatischen Traditionsverbänden h e r s t e l l t e n . W e r könnte a n s o l c h e n Z i e l e n Anstoß n e h m e n ?

A u f A n f r a g e teilte Göttingens Polizeidirek- tor W i l l mit, d i e E r m i t t l u n g e n s e i e n bisher er- gebnislos v e r l a u f e n u n d es g e b e k e i n e Zeugen.

M i t t l e r w e i l e w u r d e Strafantrag gestellt.

D e r S t e i n e r n e S o l d a t — s c h o n 1975 war das E h r e n m a l v o n U n b e k a n n t e n umgestürzt wor-

?e n. 7 ~ s t e h t i n z w i s c h e n w i e d e r . D a s Stadt- h o c h b a u a m t v e r a n k e r t e d a s M a h n m a l jetzt n o c h starker, dieses M a l m i t e i n e m T e i l des B o c k e l s . N u r d i e d u r c h d e n S t u r z zerstörten W a t t e n müssen n o c h ersetzt w e r d e n .

b e i e i n e m e r n e u t e n V e r s u c h w e r d e n wohl w a h r e K r a f t p r o t z e ans W e r k gehen müssen - aber a u g e n s c h e i n l i c h h a t t e n a u c h d i e jetzigen

l a t e r bereits m e h r K r a f t a l s V e r s t a n d . A z H

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