• Keine Ergebnisse gefunden

Einleitung. Brustbein Luftröhre (Trachea) Trachealbifurkation (Gabelung) Speiseröhre (Ösophagus) Cardia. Zwerchfell. Magen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Einleitung. Brustbein Luftröhre (Trachea) Trachealbifurkation (Gabelung) Speiseröhre (Ösophagus) Cardia. Zwerchfell. Magen"

Copied!
12
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

1 EINLEITUNG

1.1 Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom)

Die Speiseröhre (Ösophagus) ist eine schlauchförmige Verbindung von der Mundhöhle zum Magen, die dem Nahrungstransport dient. Der Ösophagus beginnt am unteren Rand des Ringknorpels in Höhe des 6. - 7. Halswirbels. Er ist etwa 25 cm lang und mündet in Höhe des 10. - 11. Brustwirbels in den Mageneingang (Cardia). Der Ösophagus wird von mehrschichtigem Plattenepithel ausgekleidet und wird in drei Abschnitte unterteilt (Abb. 1- 1):

1. den zervikalen Ösophagus:

Abschnitt der Speiseröhre, der im Hals vom Kehlkopf bis zum Eintritt in den Brustkorb (Thorax-Apertur)

verläuft. Trachealbifurkation

(Gabelung)

Cardia Magen

Zwerchfell Speiseröhre (Ösophagus)

Brustbein Luftröhre (Trachea)

2. den oberen thorakalen Abschnitt:

ein ca. 6 cm langer Abschnitt vom Eintritt in den Brustkorb bis in Höhe der Luftröhrengabelung (Trachealbifurkation).

3. den unteren thorakalen Abschnitt, der sich von der Höhe der Luftröhrengabelung bis zur Cardia

erstreckt. Abbildung 1-1: Speiseröhre des Menschen.

Das Ösophaguskarzinom umfasst alle malignen epithelialen Tumore im Bereich der Speiseröhre. Es existieren zwei histologische Typen: Das Plattenepithel- und das Adenokarzinom. In Deutschland sind etwa 80% der Ösophaguskarzinome plattenepithelialen Ursprungs, etwa 10 - 15% entstehen auf der Grundlage von zylindrischem Barrett-Epithel (Adenokarzinome). Plattenepithelkarzinome sind vorwiegend im mittleren und oberen Ösophagusdrittel angesiedelt, Adenokarzinome findet man dagegen fast ausschließlich im unteren Ösophagusdrittel.

In der Inzidenz des Ösophaguskarzinoms bestehen große geographische Unterschiede.

Während sie in China bei einer Jahresrate von bis zu 200 Fällen pro 100000 Einwohner liegt (Parkin et al., 1993), beträgt sie in den USA hingegen <10 pro 100000 Einwohner (Lightdale,

(2)

1999). Im Gegensatz zum Plattenepithelkarzinom ist das Adenokarzinom des Ösophagus und ösophago-gastralen Übergangs eine Erkrankung der westlichen Welt. Es ist dort eine der am schnellsten zunehmenden Tumorentitäten (Blot und McLaughlin, 1999), während die Inzidenz des Plattenepithelkarzinoms weitgehend konstant geblieben ist. Bei beiden histologischen Typen des Ösophaguskarzinoms sind Männer ca. 4-mal häufiger betroffen als Frauen; die Diagnosestellung erfolgt am häufigsten im Alter von 55-64 Jahren (Bareiss et al., 2002).

Die meisten Ösophaguskarzinome werden aufgrund fehlender Frühsymptomatik erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert (75% im UICC Stadium III und IV, Bareiss et al., 2002). Da sich die Prognose vor allem nach dem Tumorstadium (UICC 1997) bei Beginn der Therapie richtet (Adachi et al., 1996; Li und Yao, 1997), ist die 5-Jahres-Überlebensrate aller diagnostizierten Fälle mit insgesamt <10% ungünstig.

Zu den Risikogruppen für ein Plattenepithelkarzinom des Ösophagus gehören hauptsächlich Menschen mit chronischem Alkohol- und Nikotinabusus (Launoy et al., 1997; Lagergren et al., 2000b) und Patienten mit Zustand nach Kopf-Hals-Karzinom (Scherübl et al., 2002).

Weitere Risikofaktoren für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus sind der Konsum heißer Getränke und scharf gewürzter Speisen, Betelnüsse, Nitrosamine und Aflatoxine.

Risikogruppen für das Adenokarzinom des Ösophagus sind Patienten mit einer chronischen Refluxkrankheit, Menschen mit Übergewicht und Asthmapatienten, die eine Langzeittherapie mit sphinkterrelaxierenden Medikamenten (Aminophylline, β-Agonisten) erhalten (Lagergren et al., 2000a).

Neuere tumorbiologische Untersuchungen zeigen, dass die maligne Transformation beim Adenokarzinom des Ösophagus, ähnlich wie beim Kolonkarzinom, mehrstufig erfolgt.

Patienten mit chronischer Refluxkrankheit entwickeln häufig einen sogenannten Barrett- Ösophagus, bei dem sich das normale Plattenepithel des distalen Ösophagus in eine intestinale Metaplasie mit spezialisiertem Zylinderepithel umgewandelt hat. Aus der Metaplasie kann sich über die weiteren Schritte der gering- und hochgradigen Dysplasie ein Adenokarzinom der distalen Speiseröhre entwickeln (Spechler, 2002; van der Woude et al., 2002; Falk, 2002;

Shaheen und Ransohoff, 2002). Die Mechanismen, die zur malignen Transformation und Tumorprogression des Plattenepithelkarzinoms führen, sind hingegen weitgehend unverstanden. Es wird vermutet, dass sich das Plattenepithelkarzinom aus einer Abfolge histopathologischer Veränderungen entwickelt, die typischerweise aus einer Ösophagitis, Atrophie, milden bis schweren Dysplasie und dem Carcinoma in situ besteht und schließlich im invasiven Karzinom endet (Mandard et al., 2000). Ein besseres Verständnis der

(3)

Tumorentstehung sowohl des Plattenepithel- als auch des Adenokarzinoms könnte beispielsweise zu einer Primärprävention, zur Entwicklung einer rationalen Chemoprävention sowie zur Etablierung neuer prognostischer Marker für die Diagnose beitragen.

Bei der Behandlung des Ösophaguskarzinoms muss zwischen der kurativen und der palliativen Therapie unterschieden werden. Während die kurative Therapie die Heilung des Patienten zum Ziel hat, dient die palliative Therapie lediglich einer Lebensverlängerung sowie einer Verbesserung der beispielsweise durch Dysphagie eingeschränkten Lebensqualität des Patienten. Die Therapiemöglichkeiten sind weit gefächert und umfassen chirurgische Resektion, Radiotherapie, Chemotherapie (5-Fluorouracil, Cisplatin, Irinotecan, Taxol), photodynamische Therapie, Laserablation, Dilatation und selbstexpandierende Endoprothesen (Stents). Jedoch sind die verschiedenen therapeutischen Interventionen nicht selten mit einer hohen Komplikationsrate, wiederholten Eingriffen und/oder einem geringen Erfolg verbunden (Lambert, 2000; Kubba und Krasner, 2000). Ösophaguskarzinome zeigen eine relativ starke Widerstandsfähigkeit gegenüber konventionellen chemotherapeutischen Maßnahmen (Schrump und Nguyen, 1999). Daher besteht ein dringliches Ziel in der Entwicklung innovativer Therapiestrategien zur verbesserten und patientenverträglicheren Behandlung des Ösophaguskarzinoms sowohl im kurativen als auch im palliativen Bereich.

1.2 Apoptose: der programmierte Zelltod

Die Balance zwischen Überleben und Tod einer Zelle steht unter genetischer Kontrolle und beinhaltet zahlreiche extrazelluläre Signale und intrazelluläre Mediatoren. Die Form des genetisch festgelegten Programms zur entzündungsfreien Eliminierung von Zellen wird als Apoptose bezeichnet. Die Apoptose stellt damit für den Organismus einen lebenswichtigen Regulator hinsichtlich der Entwicklung und Funktionsfähigkeit von Organen und Geweben dar. Bei der malignen Transformation von Zellen kommt es häufig zum Verlust regulativer, Apoptose auslösender Mechanismen, und damit zur ungehemmten Proliferation der Zellen (Thompson, 1995). Beim Ösophaguskarzinom treten mutationsbedingt ein Verlust der funktionellen Expression von Proteinen, die für die Initialisierung oder Aufrechterhaltung des apoptotischen Programms verantwortlich sind, sowie eine Störung des Gleichgewichts von pro- und anti-apoptotischen Proteinen auf (Lam, 1999; van der Woude et al., 2002).

1972 beschrieben Kerr und Mitarbeiter elektronenmikroskopische Beobachtungen einer morphologisch definierten Form des Zelltods (Kerr et al., 1972). Die Apoptose ist durch Abrundung der Zellen und Chromatinkondensation entlang der nukleären Membran, begleitet

(4)

von einer Schrumpfung der Zelle, charakterisiert. Eine spezifische, internukleosomale DNA- Fragmentation, Auflösung der Zelle in einzelne, membranumhüllte Fragmente - sogenannte apoptotic bodies - sowie Phagozytose durch Makrophagen und andere umliegende Zellen kennzeichnen den weiteren Verlauf der Apoptose. Die Zellmembran wie auch die Membranen der Organellen bleiben während des gesamten Prozesses intakt; eine funktionsfähige Permeabilitätsschranke ist somit gewährleistet. Die Exposition von Phosphatidylserin auf der Zelloberfläche, das normalerweise nur auf der zytosolischen Seite der Plasmamembran vorhanden ist, führt zur Erkennung und Eliminierung apoptotischer Zellen durch Makrophagen und andere benachbarte Zellen (Savill, 1996).

Seit einigen Jahren wird zunehmend deutlicher, dass den Mitochondrien eine zentrale Position in der Apoptose-Signalkaskade zukommt (Zamzami et al., 1995). Infolge eines Zusammenbruchs des inneren Mitochondrienmembranpotenzials (∆ΨM) schwillt meist die mitochondriale Matrix transient an, wodurch es sowohl zum mechanischen Reißen der äußeren Mitochondrienmembran und/oder zur Permeabilisierung der Membran durch die Öffnung großer proteinpermeabler Poren (permeability transition pore, PTP) kommt. Pro- und anti-apoptotische Proteine der Bcl-2-Proteinfamilie bewirken entweder die Öffnung der mitochondrialen permeability transition pore oder verhindern diese (Kroemer, 1997; Porter, 1999). Durch Öffnung der PTP gelangen lösliche Proteine des intramembranären Spaltes wie Cytochrom C oder apoptosis-inducing factor (AIF) in das Zytoplasma. Eine pharmakologische Hemmung der PTP, z. B. mit Cyclosporin A, führt daher zu einem Schutz gegenüber Apoptose (Bernardi et al., 1999; Hirsch et al., 1998; Lemasters et al., 1998). Das ins Zytoplasma freigesetzte Cytochrom C bildet zusammen mit ATP, Procaspase-9 und dem Adapterprotein APAF-1 das sogenannte Apoptosom, das für die Aktivierung der Caspase-9, einer Initiatorcaspase, notwendig ist. Caspase-9 aktiviert proteolytisch sogenannte Effektorcaspasen, beispielsweise Caspase-3. Caspasen sind Cysteinproteasen, die für die Apoptoseinduktion und -exekution von hoher Bedeutung sind. Das „C“ im Namen steht für Cystein-Protease und „aspase“ für die Fähigkeit, spezifisch hinter einem Aspartatrest zu spalten (Chang und Yang, 2000). Zielproteine der Effektorcaspasen sind beispielsweise DNA- Reparaturenzyme (Poly-ADP-Ribose-Polymerase), DNase-Inhibitoren, Aktin und Filamentproteine. Als Folge der Proteolyse von DNase-Inhibitoren kommt es zur Aktivierung von Endonukleasen, die eine Fragmentation der DNA in Nukleosomen bewirken (Schutte und Ramaekers, 2000). AIF induziert dagegen direkt und caspasenunabhängig Chromatinkondensation und DNA-Degradierung (Susin et al., 1999; Joza et al., 2001).

(5)

1.3 Zellzyklusregulation

Die exakte Verdopplung der chromosomalen DNA einer Eukaryontenzelle wird durch den Zellzyklus geregelt. Dieser wird in vier Phasen unterteilt: Die Replikation der DNA findet während der Synthesephase (S-Phase) statt. Die Teilung des Zellkernes erfolgt während der Mitosephase (M-Phase). Zwischen beiden Phasen vergeht jedoch eine bestimmte Zeit. Dieser Zeitraum wird als Gap2-Phase (englisch für Lücke) bezeichnet. Eine zweite Gap-Phase, die sogenannte G1-Phase, befindet sich zwischen der M- und der nächstfolgenden S-Phase.

Während der G1-Phase findet die Zellteilung statt. Um im Verlaufe eines Zellzyklus Zellwachstum, DNA-Replikation und Verteilung der Chromosomen fehlerfrei zu garantieren, existieren verschiedene Kontrollpunkte. Am G1/S-Kontrollpunkt beispielsweise wird in nicht transformierten Zellen überprüft, ob die DNA intakt ist, und ob alle für den Ablauf der S- Phase notwendigen Faktoren in ausreichendem Maße vorhanden sind. Ist das nicht der Fall, wird der Zellzyklus angehalten oder ein Suizid-Mechanismus aktiviert, der die Zelle in den programmierten Zelltod, die Apoptose, treibt.

Neben einer gestörten Apoptoseregulation ist eine unkontrollierte Zellteilung ein Charakteristikum von Tumorzellen. Die Aufhebung der Integrität des G1/S-Kontrollpunktes ist von allgemeiner Bedeutung für die Karzinogenese von Ösophaguskarzinomen (Altorki et al., 1997).

1.4 Der periphere Benzodiazepinrezeptor und seine Liganden 1.4.1 Der periphere Benzodiazepinrezeptor (PBR)

Benzodiazepine werden klinisch zur Senkung eines erhöhten Skelettmuskeltonus, als Antikonvulsiva, Anxiolytika und Sedativa/Hypnotika/Narkosemittel eingesetzt. Ihre Effekte werden dabei vorwiegend durch ihre Bindung an den sogenannten zentralen Benzodiazepinrezeptor (ZBR) des zentralen Nervensystems (ZNS) vermittelt: Der ZBR ist Bestandteil des GABAA-Rezeptors, einem Ligand-gesteuerten Ionenkanal. GABA bewirkt in Nervenzellen durch die Öffnung von Chloridkanälen eine Zunahme der Chloridleitfähigkeit, wodurch die Reaktion auf depolarisierende Reize abgeschwächt wird. Benzodiazepine erhöhen die Affinität von GABA zu ihrem Rezeptor, wodurch dieser Effekt verstärkt wird.

Die Erregbarkeit von Nervenzellen wird so vermindert.

Benzodiazepine binden aber auch mit hoher Spezifität an einen weiteren Rezeptor. Die Identifizierung dieser Benzodiazepin-Bindungsstelle in der Peripherie führte zur Namensgebung dieses als peripherer Benzodiazepinrezeptor (PBR) bezeichneten Proteins.

Seine Existenz wurde erstmals 1977 von Braestrup und Squires (Braestrup und Squires, 1977)

(6)

beschrieben. Tabelle 1-1 stellt anhand der wichtigsten Unterscheidungskriterien die Eigenschaften des PBR und des ZBR gegenüber.

Merkmal PBR ZBR

Gewebeverteilung ubiquitär in peripheren Geweben

sowie in Gliazellen des ZNS überwiegend ZNS Subzelluläre Lokalisation äußere Mitochondrienmembran,

auch perinukleäre Lokalisation und

in der Plasmamembran in der Plasmamembran

Endogene Liganden DBI, Porphyrine DBI

Synthetische Liganden

Diazepam, Flunitrazepam, Lorazepam, Chlordiazepoxid, 4-Chlordiazepam, PK 11195, FGIN-1-27

Diazepam, Flunitrazepam, Lorazepam, Chlordiazepoxid, Clonazepam, Triazolam, Oxazepam

Struktur mit VDAC und ANT assoziiert,

5 transmembranäre Domänen 5 heteromere Untereinheiten Funktionen Cholesteroltransport (Steroidbio-

synthese)/Mitochondrienfunktion/

Zellproliferation/Apoptose

erleichtert die Öffnung des GABAA- Rezeptor-Cl--Kanalkomplexes und somit den Cl--Einstrom

Tabelle 1-1: Merkmale des PBR und des ZBR.

Mittlerweile wurde der PBR in nahezu allen peripheren und zentralen Geweben mit unterschiedlichen Expressionsniveaus nachgewiesen. In steroidbildenden Geweben wie Ovarien, Hoden, Plazenta oder Nebenniere wird der PBR stark exprimiert (Beurdeley-Thomas et al., 2000; Gavish et al., 1999), während er im Skelettmuskel, im Gastrointestinaltrakt und in großen Teilen des Gehirns nur in kleinen Mengen nachweisbar ist (Verma und Snyder, 1989;

Gavish et al., 1992a). Innerhalb der Zelle ist der PBR hauptsächlich in der äußeren Mitochondrienmembran lokalisiert (Anholt et al., 1986), einzelne Befunde deuten aber auch auf eine Lokalisation in der Plasmamembran hin. So wurden plasmamembranständige PBR im Herzen, der Leber, der Nebenniere, den Hoden und auf hämatopoetischen Zellen entdeckt (Gavish et al., 1999). Bei Mammakarzinomzellen wurde eine (peri-)nukleäre Lokalisation des PBR gefunden (Hardwick et al., 1999).

Der PBR ist ein 18 kD großes, kationisches, hydrophobes, transmembranäres Protein. Es enthält fünf hydrophobe Domänen (α-Helices, Abb. 1-2), welche die äußere Mitochondrienmembran durchziehen. Die carboxyterminale Cholesterol-Bindungsstelle liegt auf der zytoplasmatischen Seite. Der aminoterminale Teil des PBR ist auf der mitochondrialen Seite der Membran lokalisiert. Die transmembranären Domänen sind so

(7)

angeordnet, dass sie einen Tunnel ausbilden, durch den unter anderem Cholesterol transportiert werden kann (Culty et al., 1999).

Abbildung 1-2: Die Struktur des PBR. Der PBR besitzt fünf transmembranäre Domänen. Die Bindungsstelle des Cholesterols ist zytoplasmatisch carboxyterminal lokalisiert.

In der äußeren Mitochondrienmembran ist der PBR mit einem spannungsabhängigen Anionenkanal (VDAC für englisch voltage dependent anion channel, synonym Porin) und dem Adenin-Nukleotid Translokator (ANT) assoziiert (McEnery et al., 1992; Costantini et al., 2000).

Der VDAC und der ANT sind an der Ausbildung der permeability transition pore (PTP) beteiligt, mit der auch Cyclophilin D, BAX und Bcl-2 assoziiert sind. Die PTP, die an den Kontaktstellen der äußeren und inneren Mitochondrienmembran lokalisiert ist, kontrolliert die Permeabilität beider Mitochondrienmembranen (Abb. 1-3, nach Costantini et al., 2000). Die Bedeutung der PBR- assoziierten Proteine für die Bindung von Liganden des PBR ist umstritten: Garnier et al.

berichteten 1994 über die Notwendigkeit von ANT, VDAC und PBR für die Bindung der PBR-Liganden (Garnier et al., 1994). Bindungsstudien an in Liposomen rekonstituiertem PBR zeigten hingegen, dass ANT und VDAC für die Ligandenbindung nicht erforderlich sind (Lacapere et al., 2001).

Zytoplasma

Mitochondrium

Abbildung 1-3: Der PBR in der äußeren Mitochondrienmembran. (A) Der PBR ist mit dem spannungsabhängigen Anionenkanal (VDAC) und dem Adenin-Nukleotid-Translokator (ANT) assoziiert, die zusammen die mitochondriale permeability transition pore (PTP) bilden. (B) Durch die Öffnung der PTP wird die äußere Mitochondrienmembran vollständig permeabel, die innere durchlässig für Makromoleküle bis zu einer Größe von ca. 1,5 kD. Der Austritt von Cytochrom C und AIF aus dem intramembranären Raum ins Zytosol ist ein wichtiges apoptoseauslösendes Ereignis (Costantini et al., 2000).

(8)

Aufgrund seiner subzellulären Lokalisation und der Effekte seiner Liganden werden dem PBR verschiedene Funktionen zugeschrieben: Am besten charakterisiert ist die Regulation der Steroidbiosynthese (Papadopoulos, 1993; Li et al., 2001a). Weitere Funktionen sind eine Beeinflussung der mitochondrialen Atmung (Hirsch et al., 1989; Larcher et al., 1989), der Hämbiosynthese (Taketani et al., 1994; Taketani et al., 1995), des Zellwachstums und der Differenzierung (Canat et al., 1993; Landau et al., 1998), der Insulinsekretion (Marchetti et al., 1996b) und eine Hemmung der zellulären Immunantwort (Torres et al., 1999; Torres et al., 2000). Auf die Bedeutung des PBR für die Proliferation und Apoptose von malignen Tumoren wird in Kap. 1.4.2 und Kap. 1.4.3 detailliert eingegangen.

1.4.2 PBR in der Onkologie

Im Laufe der malignen Transformation tritt eine deutliche Überexpression von PBR im Tumor- versus Normalgewebe auf, weshalb eine Beteiligung des PBR an der Karzinogenese und dem Wachstum von bestimmten Tumoren vermutet wird (Gavish et al., 1992b). Eine erhöhte PBR-Ligandenbindung oder eine gesteigerte mRNA-Expression des PBR wurden unter anderem in Karzinomen des Dickdarms (Katz et al., 1990b), des Gehirns (Cornu et al., 1992), der Brust (Carmel et al., 1999; Hardwick et al., 1999), der Ovarien (Batra und Iosif, 2000; Katz et al., 1990a) und der Leber (Venturini et al., 1998) gefunden. Eine Überexpression des PBR-Proteins wurde allerdings bislang nur bei Astrozytomen (Miettinen et al., 1995) und kolorektalen Karzinomen (Maaser et al., 2002a) gezeigt.

Die PBR-Expression korreliert mit der Malignität von Gliomen (Miettinen et al., 1995). Im Mammakarzinom korreliert die PBR-Expression mit kurzen Generationszeiten, hoher Wachstumsfraktion und negativer Östrogenrezeptorexpression (Beinlich et al., 2000). Beim Brustkrebs ist neben der Expression die subzelluläre Verteilung des PBR von Bedeutung: Die Aggressivität von Brustkrebszellen korreliert mit dem Ausmaß einer eher nukleären Lokalisation des PBR (Hardwick et al., 1999). Bei kolorektalen Karzinomen stellt die Überexpression von PBR im Tumorgewebe einen unabhängigen, negativen prognostischen Faktor dar (Maaser et al., 2002a).

Die Überexpression von PBR im Tumorgewebe wurde bereits in der Diagnostik und für erste tumorspezifische Therapieansätze genutzt. In der Positronen-Emissionstomografie (PET) konnten mit Hilfe radioaktiv markierter PBR-Liganden Gliome lokalisiert werden (Pappata et al., 1991; Junck et al., 1989; Matarrese et al., 2001). Der PBR könnte sich möglicherweise als Zielprotein für eine tumorzellspezifische Aufnahme bzw. Retention antineoplastischer Substanzen eignen (Guo et al., 2001). Außerdem wurde der PBR als Zielprotein bei der

(9)

photodynamischen Therapie beschrieben (Verma et al., 1998; Mesenholler und Matthews, 2000; Kessel et al., 2001a).

1.4.3 Liganden des peripheren Benzodiazepinrezeptors 1.4.3.1 Endogene Liganden

Die Identifizierung endogener Liganden des PBR gibt Hinweise auf seine physiologische Bedeutung. Der wichtigste physiologische Ligand von PBR ist das Cholesterol, das mit hoher Affinität von PBR gebunden (Li et al., 2001b) und in die mitochondriale Matrix transportiert wird (Krueger und Papadopoulos, 1990). Ein weiterer endogener Ligand ist der Diazepam Binding Inhibitor (DBI), ein Polypeptid, dessen Name sich aus seiner Eigenschaft ableitet, die Bindung von Diazepam an GABAA-Rezeptoren im Gehirn zu inhibieren. Das Polypeptid hemmt aber auch die Bindung von Diazepam am peripheren Benzodiazepinrezeptor (Besman et al., 1989; Papadopoulos et al., 1991). Auch manche Porphyrine (Protoporphyrin IX, Mesoporphyrin IX, Deuteroporphyrin IX, Hemin), Vorstufen des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin, besitzen hohe Affinität zum PBR (Verma et al., 1987). Kürzlich konnten Gazouli et al. Peptide identifizieren, die funktionelle Antagonisten des synthetischen PBR- Liganden Ro 5-4864 darstellen (Gazouli et al., 2002).

1.4.3.2 Exogene (synthetische) Liganden

Mit Hilfe verschiedener Benzodiazepine ist es möglich, zwischen dem ZBR und dem PBR zu unterscheiden (Tab. 1-1). So bindet Ro 5-4864 (4-Chlordiazepam) mit hoher Affinität (KD = 4,4 nM) am PBR, besitzt jedoch nur eine geringe Affinität zum ZBR. Demgegenüber binden Clonazepam (Wang et al., 1984), Triazolam (Clow et al., 1985) und Oxazepam (Saano, 1986) mit hoher Affinität an die Benzodiazepin-Bindungsstelle des GABAA-Rezeptors, während sie nur geringe Affinität zum PBR aufweisen. Andere Benzodiazepine, wie z. B. Diazepam, Flunitrazepam, Lorazepam und Chlordiazepoxid besitzen eine vergleichbar hohe Affinität zum ZBR wie zum PBR (Braestrup & Squires, 1977; Rohde & Harris, 1982; Fioretti et al., 1986). Im Jahre 1983 entwickelten Le Fur et al. eine Reihe von Isochinolincarboxamiden wie beispielsweise PK 11195, die trotz ihrer strukturellen Unterschiede zu Benzodiazepinen eine hohe Affinität zum PBR besitzen, während sie keine nennenswerte Bindung am ZBR zeigen (Le Fur et al., 1983). Im Jahre 1992 wurde eine dritte Verbindungsklasse von PBR-Liganden beschrieben, die Indolacetamide, zu denen unter anderem FGIN-1-27 gehört (Romeo et al., 1992). Die höchstaffinen Liganden stellen die 2001 von Culty et al. beschriebenen Phenoxyphenylacetamide (z. B. DAA1106) dar (Culty et al., 2001). Die verschiedenen

(10)

Liganden besitzen unterschiedliche, zum Teil sich überlappende Bindungsstellen am PBR (Joseph-Liauzun et al., 1997). Die Strukturen PBR-spezifischer Liganden aus den vier genannten Verbindungsklassen sind in Abb. 1-4 dargestellt. Für die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen wurden Ro 5-4864, PK 11195 und FGIN-1-27 verwendet.

l

NH

F N

O

H3C(CH2)5 (CH2)5CH3

N C

N O

CH3

CH3 CH3

N NCH3 O

Cl

Cl

FGIN-1-27

Ro 5-4864 PK 11195

O N O C CH3

CH2

OCH3 F

OCH3

DAA1106

Abbildung 1-4: Strukturformeln der wichtigsten PBR-spezifischen Liganden.

1.4.3.3 Modulation der Tumorzellproliferation durch PBR-Liganden

Eine direkte Wirkung von spezifischen exogenen PBR-Liganden auf die Zellproliferation wurde für eine Reihe von Tumorentitäten beschrieben. Antiproliferative Effekte von Ro 5- 4864 und PK 11195 in mikromolaren Konzentrationen sind in vitro beispielsweise bei Brustkrebszellen (Carmel et al., 1999; Beinlich et al., 1999), Melanomzellen (Landau et al., 1998), Hodenkrebszellen (Garnier et al., 1993) und Gehirntumorzellen (Neary et al., 1995;

Pawlikowski et al., 1988) beschrieben. In vitro wurde für den PBR-spezifischen Liganden FGIN-1-27 eine potenzierende Wirkung auf die TNF-α-induzierte Zytotoxizität (Pastorino et

(11)

al., 1996) gezeigt. Im Gegensatz zu den oben genannten antiproliferativen Effekten von PBR- Liganden in mikromolarer Konzentration wurden im nanomolaren Konzentrationsbereich auch mitogene Wirkungen beschrieben (Garnier et al., 1993; Beinlich et al., 1999). In Glioblastomzellen ist eine mitogene Wirkung der PBR-Liganden in Abhängigkeit von einer nukleären PBR-Lokalisation beschrieben worden (Brown et al., 2000).

1.4.3.4 Apoptoseinduktion durch PBR-Liganden

Die Lokalisation des PBR in der äußeren Mitochondrienmembran und seine Beteiligung an der permeability transition pore legen nahe, dass der PBR die Permeabilität der äußeren Mitochondrienmembran und dadurch die mitochondrial vermittelte Apoptose modulieren kann (Chelli et al., 2001). Es konnte gezeigt werden, dass der PBR vor Apoptose durch reaktive Sauerstoffspezies (Carayon et al., 1996) oder durch UV-Strahlung (Stoebner et al., 2001) schützen kann. Die antiapoptotische Wirkung des PBR könnte auf antioxidativen Eigenschaften des Proteins beruhen (Stoebner et al., 1999).

Die antiapoptotische Funktion des PBR kann durch exogene Liganden antagonisiert werden:

So wurde gezeigt, dass spezifische exogene PBR-Liganden die Induktion von Apoptose durch verschiedene antineoplastische Wirkstoffe wie Etoposid, Doxorubicin, Arsenit oder Londamin erleichtern, indem sie die zytoprotektive Wirkung des antiapoptotischen Proteins Bcl-2 antagonisieren (Hirsch et al., 1998; Larochette et al., 1999; Ravagnan et al., 1999;

Decaudin et al., 2002), weshalb ein funktioneller Zusammenhang zwischen Bcl-2-Proteinen und PBR diskutiert wird (Chen et al., 2002; Okaro et al., 2002).

Eine direkte apoptoseinduzierende Wirkung von PBR-Liganden konnte in verschiedenen Tumormodellen gezeigt werden (Tanimoto et al., 1999; Fennell et al., 2001; Marchetti et al., 1996a; Maaser et al., 2001). Die Mechanismen der PBR-Ligand-vermittelten Apoptose sind dagegen noch unzureichend aufgeklärt.

1.4.3.5 Induktion von Zellzyklusarrest durch PBR-Liganden

An Kolonkarzinomzellen konnte gezeigt werden, dass PBR-Liganden einen Zellzyklusarrest in der G0/G1-Phase induzierten (Maaser et al., 2001). In Brustkrebszelllinien hingegen bewirkten PBR-Liganden einen Zellzyklusarrest sowohl am G1/S- als auch am G2/M- Übergang (Carmel et al., 1999; Sanger et al., 2000), während in Lungenkarzinom- und Melanomzellen ein G2/M-Arrest beobachtet wurde (Landau et al., 1998). Das Benzazepin BBL22, ebenfalls ein PBR-spezifischer Ligand, arretierte hämatopoietische und epitheliale

(12)

Tumorzelllinien in der G2/M-Phase (Xia et al., 2000). Der Mechanismus der zellzyklusmodulierenden Effekte ist bisher jedoch noch unverstanden.

1.5 Fragestellung

Das Ösophaguskarzinom stellt eine Tumorentität mit schlechter Prognose und unbefriedigenden Behandlungsmöglichkeiten dar. Daher sind neue Chemotherapien dringend erforderlich.

Ein erfolgversprechender Ansatz ist die Re-Initialisierung des zellulären Selbstzerstörungsprogramms in transformierten Zellen. Eine Möglichkeit zur effektiven Apoptoseinduktion bei Tumorzellen besteht im Einsatz von Verbindungen, die durch direkten Angriff an apoptoserelevanten Schaltstellen des Mitochondriums den programmierten Zelltod auslösen können (Costantini et al., 2000). Eine derartige Schaltstelle ist der periphere Benzodiazepinrezeptor (PBR), der über synthetische Liganden direkt moduliert werden kann.

Der PBR ist ein mitochondriales, transmembranäres Protein, das eine Bedeutung für die Regulation mitochondrialer Apoptosesignalwege besitzen könnte. Der PBR ist in vielen Tumoren überexprimiert und vermutlich an ihrer Entstehung und Progression beteiligt.

Für verschiedene PBR-Liganden ist bereits eine antiproliferative und apoptoseinduzierende Wirkung auf Tumorzellen gezeigt worden. Der zugrunde liegende Wirkmechanismus ist jedoch noch ungeklärt. Über eine antineoplastische Bedeutung des peripheren Benzodiazepinrezeptors und seiner Liganden bei Ösophaguskarzinomen gibt es bislang keine Erkenntnisse.

Ziel dieser Arbeit ist es, am Beispiel des Ösophaguskarzinoms mittels proteinchemischer Untersuchungen und pharmakologischer Modulation des PBR sowohl seine potenzielle Eignung als Target für neuartige Tumortherapeutika als auch seine Funktion zu untersuchen.

Dabei sollen im Einzelnen folgende Fragestellungen untersucht werden:

1. Wo und wie stark wird der PBR in Ösophaguskarzinomen exprimiert?

2. Modulieren PBR-Liganden die Proliferation von Ösophaguskarzinomzellen?

3. Können PBR-Liganden bei Ösophaguskarzinomzellen Apoptose und Zellzyklusarrest auslösen? Wenn ja, welche sind die zugrunde liegenden Mechanismen?

4. Werden die Effekte der PBR-Liganden über eine spezifische Interaktion mit dem Rezeptor vermittelt?

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Sowohl für Bcl-2 als auch Bax konnte gezeigt werden, dass diese Proteine nicht nur über die BH-Domänen (Bcl-2 Homologie) dimerisieren, sondern auch oligomerisieren können, um

In der Durchsicht der internationalen Lite- ratur ergibt sich eine durchweg signifi- kant oder hochsignifikant erhöhte Le- talität bei verspätet einsetzender ope- rativer Therapie

Zwar ließ sich ein drucksenken- der Effekt auf den unteren Ösophagussphinkter sowohl unter Nifedipin als auch unter Verapamil nachweisen, wobei Nifedipin dar- über hinaus auch

Refluxösophagitis, Hiatushernie, Stenosen Tumor, Divertikel, Varizen.

Der potenzielle Nutzen ist die Vermeidung eines postthrombotischen Syndroms, denn trotz einer Antikoagulation mit Heparin entwickelt fast die Hälfte aller Patienten im Anschluss

Auch hier zeigte eine Inkubation mit Lysat des Stammes hu-3 mit einer 3,1-fach erhöhten relativen Caspase-3-Aktivität wiederum den stärksten Effekt (jedoch ohne signifikant

4 In Google earth ist weder eine optische Begrenzung innerhalb desselben Landkreises sichtbar, noch beidseits der Landkreisgrenzen.. Nbg über den