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Pop und Politik Der Zusammenhang von politischem Zeitgeist und popmusikalischer Praxis

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Academic year: 2022

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Fakultät für Kulturwissenschaften Institut für Kulturanalyse

Studium Angewandte Kulturwissenschaft

André Becker, BA

Pop und Politik

Der Zusammenhang von politischem Zeitgeist und popmusikalischer Praxis

MASTERARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts

Studium: Masterstudium Angewandte Kulturwissenschaft Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Gutachter

VAss. Dr. Reinhard Kacianka Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Institut für Kulturanalyse

Dortmund, Februar 2021

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Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere an Eides statt, dass ich

- die eingereichte wissenschaftliche Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe;

- die während des Arbeitsvorganges von dritter Seite erfahrene Unterstützung, einschließlich signifikanter Betreuungshinweise, vollständig offengelegt habe;

- die Inhalte, die ich aus Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder sinngemäß übernommen habe, in geeigneter Form gekennzeichnet und den Ursprung der Information durch möglichst exakte Quellenangaben (z.B. in Fußnoten) ersichtlich gemacht habe;

- die eingereichte wissenschaftliche Arbeit bisher weder im Inland noch im Ausland einer Prüfungsbehörde vorgelegt habe und dass

- bei der Weitergabe jedes Exemplars (z.B. in gebundener, gedruckter oder digitaler Form) der wissenschaftlichen Arbeit sicherstelle, dass diese mit der eingereichten digitalen Ver- sion übereinstimmt.

Mir ist bekannt, dass die digitale Version der eingereichten wissenschaftlichen Arbeit zur Pla- giatskontrolle herangezogen wird.

Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

André Becker e.h.

Dortmund, 04. Februar 2021

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Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich sehr gern bei all denjenigen bedanken,

die mich während des Studiums in Klagenfurt und beim Verfassen meiner Masterarbeit stetig begleitet und unterstützt haben.

Bei Herrn Reinhard Kacianka bedanke ich mich herzlich für die aufgebrachte Geduld und für sämtliche hilfreiche Anregungen und Hinweise. Auch die stets aufmunternden Worte, samt

Freiheit bei der Themenwahl haben mich enorm unterstützt.

Ganz großer Dank auch an Frau Pappler für jegliche Hilfestellung.

Meiner wunderbaren Mama danke ich aus tiefstem Herzen für alles.

Ich bedanke mich bei all meinen Freundinnen und Freunden, ob nah oder fern, für ihr stetiges Verständnis und für den regen Austausch.

Besonderer Dank geht an:

Alex, danke fürs Lesen und Rückmelden in Rekordzeit.

Nadine, für den letzten Schwung, den ich so sehr benötigt habe.

Jana, danke fürs Korrigieren, ebenfalls in Rekordzeit Bigo, fürs Ablenken mit Musik und Bier.

Martin, für immer ein offenes Ohr haben, wenn es mal nicht weiterging.

Marcel, für regen Austausch.

Hempe, für das was er mir bedeutet.

Marie, fürs immer wieder aufmuntern.

Doki, fürs Motivieren und Korrigieren.

Der BVB-WG, ohne die ich vermutlich schon viel früher fertig gewesen wäre.

Chris, Michi, David, für wunderbare Tage, Wochen & Jahre in der WG.

Simon, für die richtige Lieferung zur rechten Zeit.

Der tiefste Dank überhaupt gilt jedoch den Menschen, ohne die das alles hier nichts wert wäre:

Emil, Fiete, Klara und meiner wunderbaren Frau Helen.

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Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG ... 1

1.1PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG ... 6

1.2METHODISCHES VORGEHEN ... 7

2. GRUNDLAGEN ... 12

2.1DEFINITION KULTURBEGRIFF ... 15

2.2DEFINITION POP(-KULTUR) ... 19

2.3DEFINITION POLITIK ... 22

3. POPKULTUR, POLITIK UND MEDIEN ... 26

3.1.POLITAINMENT ... 33

4. MUSIK ALS POPKULTURELLE AUSDRUCKSFORM ... 37

4.1MAINSTREAM ... 40

4.2(POPULÄRE)SUBGENRES ... 43

4.2.1 Hip-Hop ... 45

4.2.2 Liedermacherinnen und Liedermacher ... 47

4.2.3 Rechtsrock ... 50

4.2.4 Punk ... 56

5. POLITISCHER ZEITGEIST UND POPMUSIKALISCHE PRAXIS ... 58

5.1FORSCHUNGSSTAND UND FÖRDERMÖGLICHKEITEN ... 60

5.1.1 Politischer Zeitgeist und gesellschaftliche Einordnung von Popmusik ... 63

5.1.2 Popmusikalische Förderung ... 66

5.2POPMUSIKALISCHE PRAXIS ... 68

5.2.1 Beispiele anhand von Songtextanalysen ... 69

5.2.1.1 Antilopen Gang - Beate Zschäpe hört U2 ... 71

5.2.1.2 Frei.Wild – Südtirol ... 76

5.2.1.3 Moorsoldaten ... 80

5.2.1.4 Feine Sahne Fischfilet – Wo niemals Ebbe ist ... 83

5.2.1.5 Ton Steine Scherben – Keine Macht für Niemand ... 85

6. FAZIT ... 87

7. QUELLENVERZEICHNIS ... 92

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1. Einleitung

„Das Ding ist, wenn Musiker sich sozialkritisch oder politisch äußern, das ist so was.

Wir sind halt keine Politiker. Wir sind Musiker geworden. Wir sind Entertainer. Wir gehen auf die Bühne. Und wir zelebrieren das, was wir am besten können. Ich bin kein Politiker. Ich bin schon der Meinung, dass sehr viel schiefgeht, aber das hat auch damit zu tun, dass manche nicht zufrieden sein können. Dass sie mehr Geld brauchen, von al- lem immer mehr. Ich sehe die Ärzte gar nicht als Sprachrohr ihrer Generation. Dafür gibt es uns viel zu lange inzwischen. Wir handeln ja nicht im Auftrag unserer Fans. Das Einzige, das ich über unsere Fans sagen kann, ist, dass sie einen guten Musikge-

schmack haben. Ansonsten kann ich immer nur für mich sprechen. Viele missverstehen dann ihren Star-Status und wollen dann sagen: ja ich. Dafür haben wir dann Bono [von U2] gewählt, der soll das für uns erledigen. Wir machen uns schon dazu Gedanken, versuchen aber gerade in dem Bereich das halt so auf ‘ne Art zu machen, dass wir da- mit gut klarkommen. Wir geben NGOs [Non-Governmental Organizations] bei unseren Konzerten Gelegenheit, Stände aufzubauen. Damit erziehen wir unsere Fans zur Eigen- verantwortung. Die können dann entscheiden, ob sie, wen sie unterstützen, ob die das an sich ranlassen.“ (zit. n. Kuhn 2014: 35f).

Dieses Eingangszitat von Bela B, Schlagzeuger der Band Die Ärzte, wird in dem Text ‚Wirkung von Musik auf Politik und Gesellschaft‘ der Bundeszentrale für politische Bildung in ihrer Ver- öffentlichung zum Thema Musik und Politik angeführt und gar als Prototyp „für das Verhältnis von Musik(ern) und Politik(ern) angesehen“. (zit. n. Kuhn 2014: 35).

Die Aussage hinter dem gesamten Zitat kann so verstanden werden, dass Bands, Künstlerinnen und Künstler im Allgemeinen mit ihrem Werk für Denkanstöße sorgen können. Eine Band, eine Künstlerin oder ein Künstler steht mit ihrer Kunst für etwas und kann politische Tendenzen mit ihrem sowohl künstlerischen als auch privaten oder öffentlichen Verhalten ohnehin etwas näher definieren. Im Fokus steht hierbei aber stets die Kunst und nicht die politische Aussage. Zu- mindest ist das größtenteils der Fall. Bands wie die Punkrock-Band Feine Sahne Fischfilet hin- gegen sind da deutlicher und bringen Politik bewusst und direkt in ihre Kunst ein, politisch anmutende Musik eben, was durch diese Form für ihre Rezipientinnen und Rezipienten eine direktere und leichter zu verstehende Art einer politischen Message darstellt. Gerade das Zu- sammenspiel aus politisch bewusster Kunst, als auch das Einstehen für politische Richtungen oder diese in der eigenen Kunst darzulegen, soll in Bezug auf die Thematik dieser Masterarbeit einen großen Punkt darstellen, da genau diese Idee zu beleuchten ist. Es soll dargelegt werden, dass nicht nur die Kunst als solche entscheidend ist eine gesellschaftliche Relevanz darzustel- len. Kunst, hier vor allem Musik, muss nicht offen politisch sein, um einen politischen oder gesellschaftlichen Zweck zu erfüllen. Sie kann klare Tendenzen vorweisen, kann jedoch auch auf den ersten Blick irrelevant erscheinen.

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Aus diesem Grund ist zunächst die Bezugnahme auf die allgemeine Popkultur der erste Schritt bei der Herangehensweise einer klaren Struktur dieser Thesis. Wie diese Popkultur von Rezi- pientinnen und Rezipienten aufgefasst wird und was neben der klaren textlichen Verortung ei- nes Kunstwerkes zählt, um politisch und gesellschaftlich wirken zu können, soll dabei heraus- gestellt werden.

In dieser Thesis wird sich mit der Einordnung popmusikalischer Praxis auf den politischen Zeitgeist und andersherum befasst. Es soll herausgefunden werden, ob bestimmte Zeiten in de- nen es politisch unruhig erschien, Einfluss auf die popmusikalischen Strukturen genommen ha- ben. Genauso soll aufgezeigt werden, was auf politischer Ebene für die Popkultur getan werden kann. Kann dies überhaupt ohne gegenseitige Interessensvertretung passieren oder wirkt Pop- musik mit politischen Bezügen bereits auf die Gesellschaft? Unter dem Begriff der Politik sol- len in dieser Thesis unter anderem vermeintlich politische Missstände angeführt werden, in dem Musikstücke auf politische Bewegungen oder Regime bezogen werden. Auch gewisse Förder- programme oder ähnliche Strukturen von Kommunen, Ländern und Bund, welche Popmusike- rinnen und Popmusikern helfen können ihre Kunst auszuleben, sollen aufgezeigt werden.

Der Fokus der Popmusik liegt in meiner persönlichen Entwicklung. Als Musiker, der nun seit knapp 20 Jahren Popmusik in verschiedenen Varianten ausübt, liegt es mir selbst natürlich am Herzen einen anderen Blickwinkel auf die Popmusik zuzulassen. Die Verbindung mit der Poli- tik ist insoweit ausgewählt worden, als dass ich schon immer ein politisch denkender und mo- tivierter Mensch war. Bei Wahlen fiebere ich mit, setze mich gegen Missstände ein, habe eine deutlich politische Ansicht und höre daher auch liebend gern Musik, die politische Inhalte in sich trägt, ohne diese jemals selbst erschaffen zu können. Ich möchte verstehen, wie politisch anmutende Musik wirkt. Ich möchte klar erkennen, dass Politik auf die Popkultur Einfluss nimmt, auf welcher Art und Weise auch immer. Ich möchte die Motivation politischer Bands und Musikerinnen und Musiker verstehen und wissen, was diese Persönlichkeiten antreibt po- litisch in ihrer Kunst aktiv zu werden.

Genau hier ist auch die Ausgangsidee, der erste Impuls dieser Masterthesis, die erste Formulie- rung der Thematik anzusiedeln. Diese konnte mit Hilfestellung von Reinhard Kacianka benannt werden. ‚Musik im Spannungsfeld von Mainstream und Indie‘ ist der Arbeitstitel dieses gesam- ten Konstruktes. Dieser Titel spiegelt auch meine Grundidee der Abschlussarbeit wider. Meine eigene Vorliebe ist – wie Eingangs schon geschrieben – die Musik. Mit meinem eigenen Mu- sikprojekt selbst ein Teil der Independent-Szene zu sein und sämtliche Handlungen für das

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Musikprojekt selbst oder mit kleinen Hilfestellungen von Freundinnen und Freunden durchzu- führen, steht für mich an vorderster Stelle, wenn es um die Definition von handgemachter, selbstgemachter Musik geht. Das Schreiben der Songtexte, das Finden der richtigen und pas- senden Akkorde dazu und dies als Gesamtergebnis dann als Song zu benennen und präsentieren zu dürfen, sind freilich die Kerndisziplinen des Musikerinnen- und Musikerseins. Dazu kom- men aber noch einige weitere Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um die Idee des Mu- sikprojektes auch präsentieren zu können. Musik ist ein Ventil, welches geöffnet werden kann, um Wut, Trauer, Fröhlichkeit oder weitere Gemütszustände verarbeiten zu können. Ob es sich hierbei um zwischenmenschliches oder gar um Missstände auf verschiedenen Ebenen handelt, ist individuell zu betrachten. Neben der künstlerischen Ebene sind auch für Künstlerinnen und Künstler im Independent-Bereich einige weitere Maßnahmen notwendig, um das Projekt prä- sentieren zu können. Das Buchen von Konzerten oder Touren, das Erstellen von Merchandise, die Aufnahmen der Musik und die Produktion und der Vertrieb der Tonträger sind nur einige dieser Dinge, welche im Independent-Bereich oftmals nur dafür sorgen, dass die aufgewendeten Kosten wieder eingespielt werden und dadurch die Fortführung der Musik ermöglicht wird. Auf der anderen Seite der Medaille findet sich dann der Bereich des Mainstreams, welcher im vier- ten Kapitel dieser Thesis thematisiert werden soll.

Zuvor nun aber nochmals zurück auf den allgemeinen Begriff, der den Pop beschreibt. Die Popkultur als großer Oberbegriff wird vorab definiert, um dann den Bezug zur Politik herzu- stellen. In dieser Masterarbeit wird immer wieder auf diesen Oberbegriff zurückgeblickt, um die Popmusik verstehen zu können. Die Politik und die Popkultur sind seit jeher zwei Säulen, die ineinander übergehen. Ohne den Einfluss politischer Strukturen und Veränderungen durch politische Entscheidungen, wären viele Subkulturen vermutlich niemals entstanden. Auch ist die Popkultur als Sprachrohr für die Bevölkerung, zum Beispiel gegen vermeintliche politische Missstände oder Entscheidungen, ein nicht wegzudenkendes Ventil. Aufgrund meiner eigenen Vorliebe möchte ich die popkulturelle Ausdrucksform der Musik – wie mit dem Eingangszitat schon zu vermuten war – in den Vordergrund dieser Arbeit stellen. Nachvollziehbar in diesem Zusammenhang ist das Zitat, welches Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politi- sche Bildung in der bereits erwähnten Sammlung ‚Musik und Politik – politisch-kulturelles Lernen als Zugang Jugendlicher zur Politik?!‘ formuliert: „In der Musikgeschichte finden sich unzählige Beispiele von Werken, die Geschichte geschrieben und geprägt haben“ (Krüger 2014:

6). Dass Musik Inhalte und Gefühle transportiere und Gedanken Ausdruck verleihe sei ebenfalls

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anzunehmen (vgl. ebd.). Dementsprechend ist zu vermuten, dass der politische Zeitgeist ver- antwortlich für die popkulturelle Praxis sein könnte.

Als Spiegelbild des Studiums der Angewandten Kulturwissenschaft, welches einen interdiszip- linären Studiengang darstellt, soll in dieser wissenschaftlichen Abschlussarbeit die Vielschich- tigkeit der Popkultur, aber auch der Politik aufgezeigt werden. Viele popkulturelle Strömungen sind sowohl auf die ausgewählte Thematik als auch auf politische Entscheidungen umzulegen, sodass diese sich höchstwahrscheinlich gegenseitig bedingen.

Gerade der Aspekt der Identitätsstiftung in der Musik (vgl. ebd.) und der Politik, ist für die gegenwärtige Entwicklung in der politischen Medienlandschaft wahrscheinlich äußerst rele- vant. Martin Büsser hat mit seinem Buch ‚Wie klingt die neue Mitte. Rechte und reaktionäre Tendenzen in der Popmusik‘ ein Werk verfasst, welches darauf hinweist, dass über Jahrzehnte angenommen wurde, dass Rock- und Popmusik keine staatstragenden oder gar rechten Inhalte vermittle, obgleich genau diese Musik, welche für kritische Inhalte und jugendlichen Protest stand, nun in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist (vgl. Büsser 2001: o. S.).

Nicht nur aufgrund dieses Buches ist ein Auseinanderdriften der politischen Lager zu erkennen.

Eine rechtspopulistische Ausrichtung steht einer linkspolitischen Einstellung gegenüber, in welcher die Grenzen dieser politischen Lager aber immer mehr verschwimmen (vgl. Pollmann 2017: o.S.).

Ich möchte mit meiner Ausarbeitung in dieser Thesis herausstellen, wie die Popkultur und die Musik dazu beitragen, Politik zu verstehen sowie potentielle politische Missstände aufzuzeigen.

Des Weiteren sind auch politische Geschehnisse in popkulturellen Ausdrucksformen dargelegt, sodass eine künstlerische Aufarbeitung dargestellt werden soll.

In diesem Zusammenhang soll auch eine Brücke in die Zeit des Nationalsozialismus geschlagen werden, welche eine ganz andere politische Ausgangslage einer Nation darstellt. Die Vorreiter von popkulturellen Subgenres könnten in Protestbewegungen von Jugendkulturen gesehen wer- den, welche schon damals auf die politischen Umstände im Land aufmerksam machen wollten.

Jugendliche suchen seit jeher Vielfalt und Individualismus auf dem Weg ins Erwachsenenalter, sodass bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Jugendkulturen entstanden, welche in Kleidung, Musik oder Freizeitgestaltung ihre eigenen Akzente setzen wollten. Neue politische Strukturen, in diesem Fall der Beginn der NS-Diktatur, ließ genau diese Jugendlichen ins Visier der Staats- gewalt driften (vgl. Lange 2018: o. S.).

Generell ist die ästhetische Einordnung von populärer Musik ein Punkt, welcher in Bezug auf die gesamte Thematik ebenfalls relevant erscheint. John Fiske hat in seinem Werk ‚Lesarten

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des Populären‘ den Text ‚Popkultur verstehen‘ verfasst. Der Inhalt dieses Textes soll näher betrachtet werden, um eine solide Grundlage für das weitere Vorgehen und die weitere Arbeit mit popmusikalischer Praxis zu schaffen. Muss Popkultur eine gewisse Ästhetik an den Tag legen und durch das reine Verstehen der Rezipientinnen und Rezipienten wirken oder gehören zu dieser Wirkung noch viele weitere unterschiedliche Abzweigungen, welche in diesem Zu- sammenhang aufgezeigt werden können?

Der theoretische Hintergrund soll im Folgekapitel mit relevanten Begriffsdefinitionen kompakt formuliert werden. Es werden Grundlagen angeführt, welche für das allumfassende Verständnis der Ausführung der Thesis sorgen sollen. Ein grundsätzlicher Kulturbegriff soll definiert und die Begriffe Popkultur und Politik beleuchtet werden, um sowohl für die Leserin und den Leser als auch für mich selbst ein solides Grundgerüst für diese Thesis zu erbauen, auf welchem die folgenden Kapitel aufgebaut werden können.

Wenn die Begriffe Pop und Politik thematisiert werden, dann muss auch über Informations- übermittlung, also von Nachrichten, Social-Media-Kanälen und weiteren Medien gesprochen werden. Wo wird Popkultur politisch? Wo wird Politik zu Popkultur? Gibt es politische Pop- stars? Popkultur und Medien stellen daher eine Kombination dar, welche in einem weiteren Kapitel dieser Arbeit herausgestellt werden soll. Hierbei soll auf Reaktionen von politischen Entscheiderinnen und Entscheidern eingegangen werden. Auch über die Neuschaffung des Am- tes ‚Beauftragter für Popkultur und Popdiskurs‘ soll geschrieben werden. Weiter ist auch die Wirkung von Social-Media auf gesellschaftliche Strukturen aufzuzeigen.

Das gegenseitige Bedingen von Popkultur und Politik ist in der heutigen Gesellschaft aufgrund der medialen Möglichkeiten ein Punkt, welcher stetig in Bewegung ist. Um anhand von Bei- spielen agieren zu können, wird die Musik als popkulturelle Ausdrucksform herausgestellt.

Dies soll ebenfalls anhand von Beispielen geschehen, welche den Mainstream und relevante Subgenres umfassen. Der Mainstream erhält hierbei ein eigenes Unterkapitel, die Subgenres werden in die Musikrichtungen Hip-Hop, Liedermacher, Rechtsrock und Punk eingeteilt.

Weiterführend wird jedes einzelne Genre und deren Verbindung zur Politik betrachtet und die Entwicklung dieser Musikrichtungen versucht herauszustellen. Anschauliche Theorien, Gege- benheiten, künstlerische Darbietungen und Annahmen sollen angeführt werden, um eine breite Diskussionsgrundlage darzustellen.

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Im inhaltlich letzten Kapitel werden dann der politische Zeitgeist und die popmusikalische Pra- xis gegenübergestellt, was somit auch die Hauptdisziplin dieser Masterarbeit darstellen soll.

Die zu all diesen Ideen passende Forschungsfrage soll somit folgendermaßen formuliert wer- den: In welchem Zusammenhang stehen politischer Zeitgeist und popmusikalische Praxis und wie ist eine Entwicklung des popkulturellen Outputs in den letzten Dekaden gesellschaftlich einzuordnen?

Mit dieser Masterthesis soll herausgefunden werden, ob das politische Gebaren in der popkul- turellen Welt in den vergangenen Dekaden bis heute einer Wandlung unterlaufen ist. Heißt: war die Politik damals mehr im Fokus des popkulturellen Lebens oder ist das politische in der Pop- kultur erst aufgrund verschiedener Ausdrucksmöglichkeiten, zum Beispiel Social-Media und der damit einhergehenden stetigen Verfügbarkeit, so besonders geworden? Wie stark beein- flusst die politische Landschaft, das Feld der Popkultur?

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Das Ziel dieser Masterthesis soll sein, direkte Zusammenhänge zwischen dem politischen Zeit- geist und popkultureller Ausdrucksformen zu verdeutlichen. Es ist davon auszugehen, dass po- litische Geschehnisse auf kreative Prozesse Einfluss nehmen. Diese Annahme soll anhand von Beispielen, Äußerungen, Anregungen und kritischen Auseinandersetzungen von Texten geprüft werden. Vielleicht stellt sich bei der Ausarbeitung jedoch auch heraus, dass zum Beispiel poli- tisch anmutende Musikstücke aus ganz anderen Beweggründen entstanden sind als die vermu- teten. Diese Annahme begründet sich darin, dass die beiden Hauptsäulen, welche einen Men- schen kreativ werden lassen, einerseits zwischenmenschliche Begegnungen und andererseits Missstände der eigenen Behandlung im öffentlichen und privaten Leben sind. Letzteres stellt auch das Feld dar, in welches die Politik einfließt und kreative Menschen beeinflusst kreativ zu werden.

Volker Steenblock verweist in einem solchen Zusammenhang und einer ähnlichen Definition auf die Serie ‚Leben in Deutschland‘, welche 2004 in der Wochenschrift ‚Die Zeit‘ publiziert wurde. Alltagsvorzüge werden hierbei mit dem Populären verglichen. Steenblock spricht dabei von einem Popsystem, in welchem sich jeder und jede in Alltagssituationen begegnen können.

Unter diese Vorzüge fallen das Geborenwerden, das Kind sein, das Erwachsen werden, die Natur erleben, lieben oder ein Paar sein, das Wohnen und das Einrichten, das Spielen, das Ar- beiten oder arbeitslos sein, Eltern werden und sein, sich im Verein gesellen, Sport treiben, sich

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werden, fremd sein, sterben und begraben werden. (vgl. Steenblock 2004: 87). Dieser ausführ- liche Ansatz stellt eine Ergänzung zu der eingangs angeführten These der beiden Hauptsäulen dar, denn sämtliche Vorzüge – wobei dieser Begriff gerade in Bezug auf das Sterben zu positiv behaftet zu sein scheint – beeinflussen die Menschen. So viele dieser angeführten Entwicklun- gen in unserem Leben führen zu neuen Schritten und neuen Wahrnehmungen des Ganzen. Und genau diese neuen Wahrnehmungen führen dann auch zur Verarbeitung von Impulsen. Die Vorzüge, welche Steenblock benennt, sorgen dafür, dass in einem Individuum etwas geschieht, ein Prozess gestartet wird. Dies geschieht bei jedem einzelnen dieser angeführten Punkte. Diese Stationen sorgen somit unter anderem für Fröhlichkeit und für Trauer, für Selbstbewusstsein und das eigene Erscheinungsbild. Genau diese Entwicklungen führen dazu, dass ein Austausch angeregt wird oder Prozesse in Gang gesetzt werden können, die zur Schaffung kreativer Pro- zesse führen. Thematisch passend, äußerte sich 2011 Anna Loos, Sängerin der Band Silly in einem Bericht der Badischen Zeitung zu der politischen Botschaft der Silly-Songs in dem sie sagte, dass sich die Band textlich nicht mit Tagespolitik beschäftige, die Defizite in der Gesell- schaft sie aber interessieren. Weiter führte sie aus, dass die Band Liebeslieder schreiben will, jedoch auch auf ihre Art und Weise politisch sein möchte, was die Vielschichtigkeit der Silly- Texte aufzeigt. (zit. n. Kuhn 2014a: 35).

Am Ende dieser Masterthesis soll die gegenseitige Wirkung von popkulturellen Inhalten und politischem Denken und politischen Positionen erkennbar sein. Weiter soll aufgezeigt werden, dass aufgrund gegenwärtiger politischer Strukturen künstlerische Werke entstehen können.

1.2 Methodisches Vorgehen

Diese Masterarbeit wird als eine reine Literaturarbeit verfasst. Um einen umfassenden Über- blick über den Zusammenhang von politischem Zeitgeist und popmusikalischer Praxis zu er- halten, wird Literatur von Popkulturtheoretikerinnen und Popkulturtheoretikern herangezogen.

Hierbei wird fokussiert auf die Popmusik geblickt, wenngleich die Popkultur als stetiger Be- gleiter des Ganzen in Erscheinung treten muss, um Strukturen aufzuzeigen, diese zu erkennen und dann zu verstehen. Mit Hilfe der Universitätsbibliothek Klagenfurt, der Stadt- und Landes- bibliothek Dortmund und der Universitätsbibliothek Dortmund und deren jeweiligen Fernleih- angeboten, dem Zentrum für politische Bildung und Onlinequellen soll ein Gesamtüberblick geschaffen werden, welcher die Fragestellung beantwortet und zu weiteren, vielleicht sogar neuen Erkenntnissen führt.

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Die relevanten Themenbereiche für diese Masterthesis werden in erster Linie die Popkultur und die Politik darstellen, wobei der Bereich der Popmusik im Fokus des Interesses gestellt wird.

Hier wird sowohl spezifischer mit dem Begriff der Popmusik gearbeitet, der Oberbegriff der Popkultur dient in vielen Zusammenhängen jedoch als wichtig und wegweisend für das weitere Vorgehen. Anhand von ausgewählter Literatur, wie unter anderem das Werk ‚Pop – Geschichte eines Konzeptes 1955 – 2009‘ von Thomas Hecken werden Grundtheorien und Ansichten her- ausgearbeitet. Die Bundeszentrale für politische Bildung scheint für das gesamte Thema als Institution mit großen und umfangreichen Quellen herangezogen werden zu können.

Die Veröffentlichung, ‚Musik und Politik. Politisch-kulturelles Lernen als Zugang Jugendlicher zu Politik?!‘ soll bei der Ausarbeitung der Thesis behilflich sein, obschon es sich hier in erster Linie um Unterrichtsmaterial handelt, welches auf das Lehren von politischen Aspekten in der Popkultur und in der Popmusik, hinabzielt – was jedoch den hier relevanten Inhalt des Ganzen nicht zu schmälern scheint, sondern zusätzlich unterstützen kann. Auch für den Bereich der Jugendkulturen konnte über die Bundeszentrale für politische Bildung passende Literatur ent- deckt werden. Sascha Lange hat hier mit ‚Meuten, Swings & Edelweißpiraten. Jugendkultur und Opposition im Nationalsozialismus‘ eine Veröffentlichung geschaffen, die vor allem die Entstehung von Jugendbewegungen aufzeigt, welche dann wiederum zu der Entstehung von Subgenres führt. Diese Subgenres werden anhand eigener Kenntnisse zu dieser Thematik und den vorhandenen literarischen Werken versucht herauszuarbeiten. Spezifischer wird es hier dann, wenn der politische Aspekt in die Subgenres einfließt. Martin Büsser‘s ‚Wie klingt die neue Mitte? Rechte und reaktionäre Tendenzen in der Popmusik‘ behandelt genau dieses Thema und kann gegebenenfalls auch in dieser Thematik hilfreich sein und die vermeintlich offen- sichtlich politischste Musikrichtung näherbringen. Auch Ute Canaris hat mit ‚Musik // Politik‘

ein Werk veröffentlicht, welches Projekte und Texte zu genau diesem Spannungsfeld zusam- menfasst und bei der Betrachtung der unterschiedlichen Blickwinkel auf die Themen Pop und Politik bedeutend hilfreich sein kann.

Strukturiert wird die Masterarbeit in drei verschiedene Hauptsäulen. Beginnend mit der Einlei- tung geht es im kommenden Kapitel mit den allgemeinen Grundlagen und Begriffsdarlegungen, welche für diese Thesis relevant erscheinen, weiter. Hier wird zunächst der Begriff der Kultur genauer betrachtet. Herangezogen wird hier vor allem Ansgar Nünning, welcher im Rahmen der Bundeszentrale für politische Bildung eine ausführliche Ausarbeitung zu einem allgemei- nen, aber dennoch recht kompakten Kulturbegriff erschaffen hat. Weiter wird dann die Typo- logie des Kulturbegriffes von Andreas Reckwitz angeführt, da vor allem der von ihm gelegte

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Fokus des Kulturbegriffes auf eine für die Sozialwissenschaft relevante Konzeption von Kultur im Gesamtkontext als schlüssig dargelegt wird und es sinnvoll erscheint, dass bei einem so gesellschaftlichen Thema, wie es die Politik darstellt, auf eine sozialwissenschaftliche Sicht- weise geblickt werden sollte. Als letzte Literatur für dieses Unterkapitel wird dann John Fiskes

‚Lesarten des Populären‘ herangezogen, da auch hier die gesellschaftliche und soziale Bedeu- tung des Kulturbegriffes behandelt wird.

Die Popmusik herrscht in dieser Masterthesis absolut vor und somit ist auch eine Definition dieses Begriffes unumgänglich. Mit Texten und Werken von Volker Steenblock, Thomas He- cken und Christoph Jacke soll sich der Begriffsdefinition des Pop genähert werden. Das größte Werk zu der Thematik des Pop ist von Thomas Hecken mit ‚POP‘ erschaffen worden. Die The- men und Kapitel, welche in Zusammenhang mit politischen Herangehensweisen stehen werden hierbei herausgestellt, um einen passenden Popkulturbegriff herauszuarbeiten.

Das Buch ‚Kultur oder die Abenteuer der Vernunft im Zeitalter des Pop‘ von Volker Steenblock soll dazu angeführt werden und den Text ‚Pop – Unsere Alltagskultur zwischen Ausdrucksform und Kulturindustrie‘ behandeln, um Ansichten zur Popkulturindustrie anführen zu können. Er- gänzend hierzu bezeichnet Christoph Jacke in seinem Werk ‚Mediensubkultur‘ die Popkultur als kommerzialisierten und gesellschaftlichen Bereich (vgl. Jacke 2004: 10). Eine Aussage, welche zunächst als unterstützenswert eingestuft wird, dessen genauere Betrachtung in dieser Arbeit jedoch nicht fehlen darf. Auch für diese Definition wird das Werk ‚Lesarten des Popu- lären‘ von John Fiske relevant, da die Formulierung, dass Popkultur die Kultur der Unterdrück- ten sei (Fiske 2003: 20), genauer untersucht werden soll.

Die Definition des Politikbegriffs wird unter anderem mit umfangreichen Texten von Hans Lietzmann und Max Weber dargelegt.

Im dritten Kapitel dieser Masterarbeit wird dann der Begriff der Medien hinzugenommen. Es scheint, als dienen sämtliche Medien als Organ der Übermittlung. Über diese Wege werden Meinungen transportiert, die Pop und Politik überhaupt erst zusammenkommen lassen. Wenn die Begriffe Pop, Politik und Medien relevant werden, ist die Betrachtung des Begriffs des Politainments, welchem sich mit Hilfe der Literatur von Andreas Dörner genähert wird, ein scheinbar naheliegender Punkt für diese Masterarbeit. Die Grundlagen dieser Thesis sollten somit mit Abschluss des dritten Kapitels herausgestellt worden sein, sodass der theoretische Abschnitt endet und im Anschluss den empirischen Bereich der Arbeit eröffnet.

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Gerade für die beiden letzten Kapitel der Arbeit ist die Zusammenführung der Ausdrucksfor- men des Pop und des politischen Zeitgeistes einer Gesellschaft besonders wichtig. Die popkul- turelle Ausdrucksform der Musik und die popkulturelle Praxis sollen das Wirken der Musik im Zusammenspiel mit der Politik aufzeigen und stellen damit ebenfalls einen großen Themenbe- reich dar.

Die Musik wird als popkulturelle Ausdrucksform gesehen und anhand des Mainstreams und des Herausstellens von unterschiedlichen Subgenres, wie dem Hip-Hop, dem Liedermacher- tum, dem Rechtsrock und dem Punk, genauer betrachtet. Weiter wird hier versucht herauszu- stellen, warum gewisse Musikstücke als politisch eingestuft werden können und was eine Ge- sellschaft dazu beiträgt, dass unbekannte Bands aus dem Subgenre einen so großen Bekannt- heitsgrad aufbauen können, dass dieser dann im Mainstream gipfelt. Eine solche Entwicklung ist dann vermutlich aber auch nur möglich, wenn sich der gesamte politische Zeitgeist einer Gesellschaft dazu hinreißen lässt. Diese Thematik soll anhand von Songtextanalysen im letzten Kapitel dieser Abschlussarbeit herausgearbeitet werden.

Die ausgewählte und hier angeführte Literatur soll nun die Basis und die Forschungsgrundlage für diese Masterarbeit darstellen. In diesen Texten scheint sich so viel Inhalt und so viel Rele- vanz für die Grundidee der Thesis zu finden, dass anhand dieser Auswahl eine Übersicht und damit auch eine umfangreiche Möglichkeit gegeben wird, um den bisherigen Forschungsstand zu präsentieren, kritisch zu hinterfragen und weiterzudenken. Gerade die kritische Auseinan- dersetzung mit den bisherigen Ansätzen der ausgewählten Literatur ist für diese reine Litera- turarbeit ein wichtiger Punkt, welcher mit großen Schritten zum Ziel dieser Thesis führen soll.

Die Auswahl der im Quellenverzeichnis angeführten Literatur geschah unter anderem aufgrund von Empfehlungen meines Masterthesis-Betreuers Reinhard Kacianka, aber auch aufgrund meiner bisherigen Arbeit in dem Bereich der Kulturgeschichte und Popkultur im Studium der Angewandten Kulturwissenschaft an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt. Aufgrund der In- terdisziplinarität dieses Studiengangs war stets eine relativ offene Auslegung des Studienplans möglich, sodass ich mir diese zu Nutzen machen konnte und besonders viele Lehrveranstaltun- gen während meiner Zeit in Klagenfurt zur Thematik der Popkultur besucht habe. Darüber hin- aus habe ich auch mein eigenes Interesse in die Literaturauswahl einfließen lassen. Dies betrifft vor allem die Auswahl der musikalischen Quellen, die Songs in dieser Masterarbeit, welche als

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Beispiele für die vorab angeführten Aussagen dienen sollen. Weiter habe ich bei der Literatur- recherche die Thematik der Thesis betrachtet und kam daher auf die naheliegende Idee die Bundeszentrale für politische Bildung als Quelle hinzuzuziehen. Diese Institution bietet eine große Auswahl an Literatur, Sammlungen und Unterrichtsmaterial zur Thematik Pop und Poli- tik.

Die Onlinequellen habe ich anhand des Suchverfahrens von Internetsuchmaschinen und der Bekanntheit und Klickzahlen von Webseiten ausgewählt. Gerade bei der Benennung von ehe- mals SPD-Politiker Sigmar Gabriel zum ‚Minister of Pop‘ hat die Suchmaschinen-Suche mir überwiegend relevante Anbieter von Interviews und Artikeln aufgezeigt.

Aufgrund der präzisen und bewussten Auswahl von Musikbeispielen, Onlinequellen und Lite- ratur glaube ich, dass ich eine solide Grundlage für die Beantwortung der Forschungsfrage mei- ner Masterthesis geschaffen habe und mich somit zielorientiert und kritisch mit der Thematik und den dazu ausgewählten Quellen auseinandersetzen kann.

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2. Grundlagen

Um einen Überblick über und ein Grundverständnis für die in dieser Masterarbeit verwendeten Begriffe zu erhalten, werden in diesem ersten Kapitel die Definitionen relevanter Begriffe an- geführt. Zunächst wird der Begriff der Kultur im Allgemeinen betrachtet und die unterschied- lichen Interpretations- und Verwendungsmöglichkeiten vorgestellt. Innerhalb dieses Feldes wird im Anschluss dann auf den etwas spezifischen Begriff der Popkultur eingegangen und aufgezeigt, was dieser für die vorliegende Thesis bedeutet und warum dieser Ausdruck die Re- levanz für diese Masterarbeit darstellt. Der Begriff der Politik wird ebenfalls definiert, weil die exakte Bedeutung dieses Begriffes notwendig für die weitere Herausarbeit scheint – wenngleich hervorgehoben werden soll, dass die Definitionsklärung von Politik vermutlich mehrere Ab- schlussarbeiten füllen kann.

Alle drei Begriffe können auch einem umgangssprachlichen Wortschatz zugeordnet werden:

sowohl die Kultur, die Popkultur als auch die Politik werden so inflationär genutzt, dass die ursprünglichen Definitionen in den Hintergrund geraten sind. Die Popkultur mit ihrer vermeint- lichen und lapidar angeführten Abkürzung Pop ist so allgegenwertig, dass man nahezu überflu- tet wird mit dieser Kurzversion. Die Sensibilisierung der Begrifflichkeit der Popkultur soll mit dem Herausstellen einer passenden Definition geschaffen werden. Hier gilt es auch klar zu for- mulieren, dass Popkultur mehr als nur das Verlangen der Masse darstellt. In der Einleitung des Reclam-Heftes ‚Texte zur Theorie des Pop‘ fassen die Autoren Goer, Greif und Jacke die Be- deutung des Pop sehr brauchbar zusammen. Pop könne Pop als einheitliche Bewegung verstan- den werden, denn Pop sei – im Gegensatz zu der Avantgarden der klassischen Moderne – seit ihren Anfängen in den 1960er Jahren von vornherein offen und vielfältig (vgl. Goer/Greif/Jacke 2013: 9). Auch wenn einige radikale Strömungen der Popkultur zugehörig sind, ist die Einstu- fung des Pop von Goer, Greif und Jacke nachvollziehbar, denn die Popkultur ist niemals ein- gleisig unterwegs, sondern hat unzählige Weichen, welche in andere Richtungen führen. Auch diese Aussage wird in dieser Einleitung näher bewertet. „Die eingenommenen Perspektiven auf Pop sind dabei denkbar unterschiedlich: So wird Pop mal als Affirmation und mal als Subver- sion gesellschaftlicher und kulturellen Normierung diskutiert, mal als Bruch mit avantgardisti- schen Ästhetiken und mal als Impuls für neue Wahrnehmungsweisen, Gegenstandsbereiche und Themen“ (edb.). Gerade diese Offenheit des Pop stellt die Schwierigkeit dar, eine konkrete Definition für diese Begrifflichkeit auszuwählen. Weiter definieren Goer, Greif und Jacke hier recht anschaulich die Besonderheit des Pop: „Popkultur, populäre Kultur, Populärkultur, Popu- larkultur, Alltagskultur, Massenkultur, U-Kultur, Jugendkultur, Subkultur und andere mehr. Je-

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der dieser Begriffe setzt andere Akzente, sie sind nicht deckungsgleich, zum Teil gar wider- sprüchlich, aber wiederum auch nicht immer scharf voneinander abgrenzbar.“ (ebd.) Genau in diesem Dilemma befindet man sich, beschäftigt man sich ausgiebig – gar in einer Masterthesis – mit dem Begriff Pop. Es ist immer eine Frage des Verständnisses, welche inhaltliche Relevanz vorliegt und in welchem Kontext der Begriff des Pop angewendet wird. Hierbei muss somit auf die Anfänge des Begriffes geschaut werden. Laut Goer, Greif und Jacke werden Anfänge mit der Zeit der Industrialisierung und dem Aufkommen einer bürgerlichen Öffentlichkeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts genannt. Später dann mit dem Beginn der Rock- und Popmusik und den an diesen Ursprung gekoppelten Jugend- und Subkulturen in der Mitte des 20. Jahrhunderts (vgl. ebd.). Dies darf wohl als der früheste zeitliche Beginn des Ganzen angesehen werden.

Auch die Autoren Goer, Greif und Jacke benennen den Start hier ab den 1960er Jahren und grenzen den Pop inhaltlich ein, indem Pop als ästhetisch, sozial, politisch und ökonomisch viel- schichtiger Diskurs in der Gegenwartskultur verstanden wird (ebd.: 10). Genau diese vier As- pekte sind in Bezug auf die hier vorliegende Thematik als besonders relevant und übereinstim- mend zu sehen. Die Idee des Begriffes des Pop wird dadurch sehr gut herausgestellt.

Auch der Begriff der Ästhetik soll in dieser Arbeit kurz herausgestellt und eingeordnet werden.

Die Wissenschaft, die Lehre vom Schönen, das stilvoll Schöne, Schönheit, Schönheitssinn (vgl.

Dudenredaktion o. J., o. S.). Schönheit ist relativ, so scheint auch die universelle Betrachtung von ästhetischer Popmusik nicht möglich, und der Begriff der Ästhetik nahezu so unterschied- lich wie der Begriff Pop selbst, auszulegen. Das Ästhetische in der Popmusik stellt die Grund- lage dar, Kunst verständlich und vor allem auch wirkend herüberzubringen. Texte von Songs müssen nicht – symbolisch – mit einer blühenden Blumenwiese verglichen werden können, wenn sie eine Wirkung erzielen. Popmusikalische Ästhetik stellt die Wirkung des Ganzen dar.

Die drei weiteren angeführten Begriffe sozial, politisch und ökonomisch, gehen im Zusammen- hang mit der Thematik Popmusik nahezu miteinander einher. Der gesellschaftliche Aspekt für Popmusik wurzelt dagegen dort, wo soziale Missstände offengelegt und als Resultat dessen zwingend politisch werden. In diesen Bereich sollte auch die Ökonomie eingeordnet werden, welche dabei dann zeitgleich jedoch Fragen aufwirft: Muss Popmusik ökonomisch sinnvoll sein um als Popmusik bezeichnet werden zu dürfen? Ist Musik, die eine große gesellschaftliche Be- deutung hat und inhaltlich politisch ist, wenn sie eine große Anzahl an Menschen erreicht, gleichzeitig auch ökonomisch? Der Begriff der Ökonomie ist in diesem Zusammenhang etwas unklar darzustellen. Musikerinnen und Musikern, welche z.B. den Subgenres des Punk oder des Rechtsrocks angehören, könnte unterstellt werden, dass der Begriff der Ökonomie keine große Rolle in der Ausübung ihrer eigenen Kunst darstellt. Hier wird der politische Aspekt, einen Teil

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der Gesellschaft mit ihrer Musik zu erreichen, in den Vordergrund gestellt. Der Mainstream an sich jedoch, also z.B. gecastete Bands, werden ohne den Bereich der ökonomischen Wirksam- keit ihrer Musik vermutlich kaum funktionieren können. Diesbezüglich ist anzunehmen, dass genau diese Musik einen großen Teil der Bevölkerung ansprechen muss, um eine gewisse Re- levanz darstellen zu können.

Im Vorwort des Textes ‚Pop und Politik‘ von Hanns-Jörg Sippel haben zwei Redakteurinnen der Bundeszentrale für politische Bildung – Pamela Brandt und Uta Schnell – die Idee, den Pop folgendermaßen zu beschreiben: „Pop ist nicht einfach nur ‚populäre Musik‘. Pop spiegelt so- ziale Trends, Bruchlinien, Konflikte wider.“ (Brandt/Schnell 2001: o. S.). Und genau diese grundlegende Idee kann als einer der Hauptantriebspunkte dieser Masterthesis angesehen wer- den. In der Thesis wird sich zum größten Teil mit der Popmusik auseinandergesetzt, aber auch der angedeutete Vergleich und die Betrachtung der Gesellschaft – vor allem in Hinblick auf das politische Geschehen – werden besonders herausgestellt um die ‚Macht‘ des Pop aufzeigen.

Mit einem kurzen Blick auf die Entwicklung der politisch einzuordnenden Musik in Amerika, werden die Punkte deutlich, welche als entscheidend für die Entwicklung einer solch besetzten Musik gelten. David King Dunaway führt in seinem Text ‚Music as Political Communication in the United States‘ die geschichtliche Betrachtung von politischer Kommunikation in der Mu- sik folgendermaßen an: „The history of political communication in American music predates the founding of the union of the English colonies. From West Africa, the British Isles, and Europe, colonists brought a rich musical tradition; and with each music came a social context.“

(Dunaway 1987: 37). Menschen aus verschiedenen englischen Kolonien haben somit einen traditionsreichen musikalischen Hintergrund mit nach Amerika gebracht. In Anbetracht dieses Hintergrundes ist gleichzeitig auch ein sozialer Zusammenhang anzunehmen. Diese Aussage deckt sich mit der vorherigen Theorie von Pamela Brandt und Uta Schnell, dass Pop stets eine Spiegelung sozialer Trends darstellt. Dieser Aussage möchte sich der Autor dieser Arbeit eben- falls anschließen und im Folgenden argumentativ darstellen.

Ähnlich ist die Gegebenheit bei dem Begriff der Politik anzusehen. In Tageszeitungen oder in den Fernsehnachrichten wird klar und deutlich von Politik geschrieben und gesprochen. Dem kollektiven Verständnis ist dabei klar, was der Begriff in diesem Zusammenhang darstellen soll. Aber auch hier ist die Vermutung, dass sich hinter diesem Wort ein Meer von Begrifflich-

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keiten und Strukturen versteckt, welche durch eine gezielte Definition verdeutlicht werden kön- nen. Ute Canaris stellt in dem von ihr herausgegebenen Werk ‚Musik // Politik – Texte und Projekte‘ in dem Text ‚Dienerin, Gefährtin oder Wegweiserin? Was Musik mit Politik zu tun hat‘ bereits im Titel des Textes die relevante Frage, welche sich auch durch diese Thesis ziehen wird. Als besondere Herausstellung ist Canaris Zitat anzusehen, dass es aus kulturwissenschaft- licher Sicht keine Kluft zwischen Musikprodukt, Musikleben und Gesellschaft gibt. Musik sei ein Feld sozialer Praxis und symbolischer Code für die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, einer Klasse oder einer Glaubensgemeinschaft (vgl. Canaris 2005: 23).

Es ist anzunehmen, dass die Gewichtung von politischen Aspekten innerhalb der Popkultur eine größere sei, als es andersherum der Fall ist. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass sich wissenschaftliche popkulturelle oder popmusikalische Texte eher mit politischen Aspekten be- schäftigen, als dass politikwissenschaftlich verfasste Werke wissenschaftliche popkulturelle oder popmusikalische Inhalte thematisieren, oder gar aufarbeiten. Vielleicht ist diese Wahrneh- mung der Tatsache geschuldet, dass der Schwerpunkt dieser Thesis auf dem der Kulturwissen- schaft – der Popmusikkultur – liegt und hier eine Symbiose aus Kultur und Politik zu schaffen versucht wird. Vielleicht ist es aber tatsächlich so, dass in der Kultur die Politik eine wichtige Rolle spielt, dies von etlichen Kulturwissenschaftlerinnen und Kulturwissenschaftler erkannt wurde, auf der anderen Seite die Politik der Kultur in ihrer eigenen Wissenschaft keine große Rolle zuteilt.

2.1 Definition Kulturbegriff

Als Einstieg soll der allgemeine Kulturbegriff auf einer kurzen Reise definiert werden. Wahr- scheinlich ist es für die Thematik der gesamten Thesis nicht falsch, einen Blick auf den Begriff zu werfen, welcher verantwortlich ist für all das, was kommen wird und als Grundlage der gesamten Ausführungen auf den nächsten Seiten dient. Somit werden in diesem ersten inhaltli- chen Kapitel relevante Verknüpfungen eines Kulturbegriffes herausgestellt, welcher sich the- matisch in den weiteren Verlauf dieser Abschlussarbeit einbinden lässt. Aufgrund des gewähl- ten Themas der vorliegenden Arbeit ist jedoch keine umfassende Erläuterung, sondern nur eine Schwerpunktsetzung möglich.

Ansgar Nünning betrachtet in einem Text auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung den Kulturbegriff folgendermaßen: „Das Wort 'Kultur' gehört zu den Begriffen, die in der Gesellschaft sowie den Geistes- und Sozialwissenschaften am häufigsten gebraucht werden.

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Dennoch bleibt es im alltäglichen Sprachgebrauch meist ohne feste Bestimmung. Im Zuge der Weiterentwicklung der Geistes- zu den Kulturwissenschaften ist zwar eine Hochkonjunktur und geradezu triumphale Rückkehr des Kulturbegriffs zu beobachten, aber die unterschiedlichen Definitionen dieses Begriffs in verschiedenen Disziplinen haben dazu geführt, dass seine Ver- wendung zunehmend unübersichtlich geworden ist.“ (Nünning 2009: o. S.). Der letzte Punkt aus diesem Zitat wird dann durch die Definition des Dudens unterstrichen. Denn Anhand der Betrachtung des Dudens ist die Vielfältigkeit, jedoch auch die Unübersichtlichkeit dieses Be- griffes erkennbar, hier werden verschiedene Bedeutungen des Begriffes angeführt. Zunächst wird dieser dann als die „Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung“ (Dudenredaktion o.J.: o.S.) beschrieben. Die angeführten Beispiele umfassen hierbei die menschliche Kultur, ein durch Sprache und Kultur verbundenes Volk soll umgangssprachlich zivilisiert bzw. unzivilisiert sein.

(vgl. ebd.)

Eine weitere Definition wird angeführt und die Kultur als „Gesamtheit der von einer bestimm- ten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet während einer bestimmten Epoche geschaffe- nen, charakteristischen geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen“ (ebd.) erläutert. Als Beispiele sind hierbei die abendländische Kultur, primitive, frühe, verschollene, versunkene Kulturen, die Kultur der Griechen, der Renaissance in Italien und ein Land mit alter Kultur aufgezählt (vgl. ebd.).

Eine dritte Definition beschreibt die Verfeinerung, Kultiviertheit einer menschlichen Betäti- gung, Äußerung, Hervorbringung, aber auch die Kultiviertheit einer Person (vgl. ebd.).

Das Kultivieren (des Bodens), umschrieben als die Kultur des Bodens, die verbessert wird, ein Stück Land in Kultur nehmen oder das Klima, welches hier die Kultur von Mais nicht zulässt als Beispiele (vgl. ebd.). Ergänzend dazu auch die letzten beiden vom Duden angeführte Defi- nitionen: Kultur als „auf größeren Flächen kultivierte junge Pflanzen“, wie Kulturen von Rosen o.ä., aber auch als „auf geeigneten Nährböden in besonderen Gefäßen gezüchtete Gesamtheit von Mikroorganismen oder Gewebszellen“ (ebd.). Dieser verschiedenen Bedeutungen bedarf es einer Einordnung. Was auffällt ist, dass in dieser Definition der Mensch nicht fehlen kann und das Entstehen oder Entwickeln von Leben relevant zu sein scheint. Für Kultur scheint also der Mensch – und das Leben im Allgemeinen betrachtet – wichtig zu sein. Kultur kann ohne diese Elemente nicht entstehen.

Andreas Reckwitz hat mit der Typologie des Kulturbegriffs einen guten Überblick über die Vielfalt der einzelnen Kulturbegriffe angeführt und bezieht dies alles, überwiegend auf eine für die Sozialwissenschaft relevante Konzeption von Kultur. Literaturwissenschaftler und Anglist

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Ansgar Nünning erläutert die Definition Reckwitz‘ im Rahmen der Webseite der Bundeszent- rale für politische Bildung sehr anschaulich, in dem er anführt, dass Reckwitz vier Arten von Kulturbegriffen unterscheidet. Der normative Kulturbegriff ist ein wertender Begriff, welcher sich auf hochgeschätzte und durch Traditionsbildung bewahrte, ästhetische Phänomene, Ob- jekte und Praktiken definiert. Hierbei werden die Alltags-, Massen- und Populärkulturen aus- gegrenzt und sich vorwiegend auf eine überhöhte Hochkultur mit besonders großen und be- rühmten Künstlerinnen und Künstlern konzentriert (vgl. Nünning 2009: 2).

Der totalitätsorientierte Kulturbegriff ist dann der Gegensatz dazu und zeichnet sich zunächst dadurch aus, dass er Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsmuster von Kollektiven in den Mittelpunkt stellt und von ästhetischer Wertung und vor allem Abgrenzung absieht. Weiter werden Kulturen und kulturelle Ausdrucksformen – laut Reckwitz Definition – auf Grundlage der Verschiedenheit, aber auch Gleichwertigkeit im totalitätsorientierten Kulturbegriff aner- kannt und geprägt. Herausgestellt wird hierbei vor allem der Unterschied zwischen den Cultural Studies und den Kulturwissenschaften. So befassen sich laut Reckwitz die Cultural Studies mit der Alltags- und Populärkultur, die Kulturwissenschaften jedoch gleichermaßen mit der Hoch- und Populärkultur. (vgl. ebd.). „Die Bedeutung der Alltagskultur besteht vor allem darin, dass z.B. Feiern, Feste und andere Rituale maßgeblich dazu beitragen, die kulturellen Werte und Normen einer Gesellschaft darzustellen, sichtbar zu machen, weiterzugeben und zu erneuern.“

(ebd.).

Der dritte zu unterscheidende Kulturbegriff von Reckwitz ist der differenztheoretische Kultur- begriff, welchen Nünning als eine radikale Einschränkung des Kulturverständnisses auf ein en- ges Feld der Kunst, der Bildung, der Wissenschaft und sonstiger intellektueller Aktivitäten be- schreibt (vgl. ebd.). Hier findet somit eine soziale Ausdifferenzierung einer Gesellschaft statt, die sich überwiegend auf ein intellektuelles und ästhetisches Weltbild spezialisiert (vgl. ebd.).

Als vierten und letzten Kulturbegriff Reckwitz‘ erläutert Nünning den bedeutungs- und wis- sensorientierten Kulturbegriff. Bei diesem wird, zitiert nach Nünning, „Kultur als der von Men- schen erzeugte Gesamtkomplex von Vorstellungen, Denkformen, Empfindungsweisen, Werten und Bedeutungen aufgefasst, der sich in Symbolsystemen materialisiert. Einer solchen Be- griffsbestimmung zufolge sind nicht nur materielle (z.B. künstlerische) Ausdrucksformen zum Bereich der Kultur zu zählen, sondern auch die sozialen Institutionen und mentalen Dispositi- onen, die die Hervorbringung solcher Artefakte überhaupt erst ermöglichen.“ (ebd.: 3). Es sind also nicht nur die Kunstgüter relevant, sondern auch die sozialen und von Menschen erdachten und erinnerten Dimensionen einer Gesellschaft (vgl. ebd.).

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John Fiske führt in seinem 1989 veröffentlichten Werk ‚Reading the Popular‘ weitere relevante Definitionen eines Kulturbegriffes an, so übersetzen Christina Lutter, Markus Reisenleitner und Stefan Erdei Fiskes Aussage folgendermaßen: „Kultur ist der konstante Prozeß, unserer sozia- len Erfahrung Bedeutungen zuzuschreiben und aus ihr Bedeutung zu produzieren, und solche Bedeutungen schaffen notwendigerweise eine soziale Identität für die Betroffenen.“ (Fiske 2003: 15). Es ist anzunehmen, dass der individuelle Kulturbegriff mit der Identität jeder einzel- nen Person zusammenhängt. Was ist kulturell relevant? Was möchte ich kulturell selbst ausü- ben? Hier kann man auch ganz einfach fragen: wer bin ich? Kultur ist dahingehend ohnehin ein inzwischen extrem inflationär genutzter Begriff, da es immer wieder Wortneuschaffungen mit dem Grundbegriff Kultur gibt. Körperkultur, Reisekultur, Esskultur, Firmenkultur – hier könn- ten noch einige weitere Begriffe angeführt werden, die die Begründung dieser Nutzung aber nicht verändern würden, denn: nicht umsonst, wird der Begriff der Kultur zu so vielen Anlässen genutzt, denn überwiegend steht dieser Begriff im Zusammenhang einer Lebensgewohnheit, die jede Person in sich trägt. Die Aussage, dass Kultur alles sei ist eine recht nachvollziehbare Idee, wenn man auf die Dinge blickt, die vom Menschen gemacht sind. „Alle Bedeutungen des Selbst von sozialen Beziehungen, all die Diskurse und Texte, die so wichtige kulturelle Rollen spielen, können nur in der Beziehung zum sozialen System, in unserem Fall also jenem des weißen, patriarchalen Kapitalismus, zirkulieren. Jedes soziale System benötigt ein kulturelles System von Bedeutungen, das dazu dient, es entweder aufrechtzuerhalten oder es zu destabili- sieren, es also mehr oder weniger für Veränderungen zugänglich zu machen. Kultur […] ist eine konstante Abfolge sozialer Praktiken; sie ist daher inhärent politisch, sie ist entscheidend an der Verteilung und möglichen Neuverteilung verschiedener Formen sozialer Macht betei- ligt.“ (ebd.) Genau diese weitere Ausführung bestätigt auch die Annahme dieser Arbeit, wofür Kultur steht und warum diese für soziale Systeme und politisches Denken relevant erscheint.

Abschließend ist in diesem Unterkapitel festzuhalten, dass es den einen Kulturbegriff nicht gibt.

Mit dem Fokus auf die zuletzt angeführte Begriffsdefinition von Fiske und dem Zusammenspiel aus sozialem und kulturellem System stellt sich für diese Masterarbeit jedoch eine passende und anzuwendende Wortbedeutung heraus.

Wie schon erwähnt, befindet sich Kultur und die dazugehörigen Definitionen in einem stetigen Wandel, die daher nicht als absolut einzufangen sind. Dies soll in diesem Kapitel durch das Anführen einer Begriffsdefinition, der Erläuterung Reckwitz‘ durch Nünning und auch durch die Ansätze Fiskes‘ verdeutlicht werden.

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2.2 Definition Pop(-kultur)

Nach der allgemeinen Einordnung eines Kulturbegriffes gilt es nun weitere, in der vorliegenden Arbeit verwendete Definitionen anzugehen. Zunächst werden der Begriff der Popkultur defi- niert und einleitende Fragen zu dieser Thematik formuliert: Ist alles was zur Popkultur gehört auch populär? Darf sich alles, was z.B. als Pop-Musik oder Pop-Art bezeichnet wird erfolgreich nennen? Können sich die Künstler sicher sein durch die bezeichnete Popularität ihrer Arbeit auch finanzielle Einnahmen zu erzielen? So einfach ist es nicht. Volker Steenblock schreibt beispielsweise dazu, dass Pop nicht die sogenannte ‚hohe‘ sondern die Alltags-Kultur darstellt und deren Motto lautet: „Die Anzahl macht´s!“ (Steenblock 2004: 87). Der Begriff an sich sei nicht einfach identisch mit dem der Massenkultur, „doch demonstriert das Populäre höchst ein- dringlich die zugleich öffentlich und medial wie ökonomisch freigesetzte Macht der Masse, die dem bloßen Bekanntheitsgrad Geldwert verleiht“ (ebd.). Popkultur ist für Steenblock also un- gleich Massenkultur, was damit begründet wird, dass aus popkulturellen Erzeugnissen Geld zu gewinnen ist. Dies kann auch in ganz abgekürzter Form als Definition des Unterschiedes, aus dem schon lange Zeit existierenden Begriff der Massenkultur und der moderneren Bezeichnung der Popkultur angesehen werden. Popkultur ist das Resultat aus Bewegungen, aus Jugendkul- turen, aus sozialen Aufständen und hat nicht in erster Linie eine wirtschaftliche Intention. Diese Intention entwickelt sich aber, wenn der Erfolg, des aus dem populären geschaffenen Kunst- werkes, zu betrachten ist und die Eingangs als Revolte zu bezeichnende künstlerische Tätigkeit zu einem geldbringenden Faktor heranwächst.

Nähern wir uns der Begriffsdefinition anhand der Ausarbeitung von Hanns-Jörg Sippel und den Definitionen aus der Brockhaus Enzyklopädie weiter an. „Pop, der; -[s] aus gleichbedeutend engl.-amerik. Pop gekürzt aus popular (urspr. lat. Popularius) zum Volk gehörig, gemeinver- ständlich, volksnah, beliebt, allgemein bekannt, Zustimmung findend (wohl mit gleichzeitiger Anlehnung an engl. Pop: Knall, Schlag) (Sippel 2001: 1). Die Formulierungen ‚zum Volk ge- hörig‘, ‚gemeinverständlich‘ und ‚volksnah‘ könnten schon eine Verbindung zu politischen Strukturen aufweisen, wenn man sich wortwörtlich der Übersetzung nähert. So einfach ist die Verbindung aus Pop und Politik dann nicht herzustellen, jedoch ist ersichtlich, dass auch in der Worteigenschaft, der Wortfindung, also der ursprünglichen Bedeutung auf die Politik geblickt werden darf.

„Mit zunehmender Dauer ist dem Pop-Begriff eine Doppeldeutigkeit eigen. Einerseits stellt er im Lauf der Zeit manchmal nur ein Kürzel für Massen- und Populärkultur dar, andererseits wird Pop seit Mitte der 50er Jahre häufig auf ganz bestimmte Phänomene bezogen, die besonders zeitgemäß oder auffällig erscheinen. Nachhaltig wirkt vor allem die oftmals anzutreffende

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Gleichsetzung der Pop- mit der Jugendkultur.“ (Hecken 2009: 271). Genau diese Doppeldeu- tigkeit ist als das Besondere an dem gesamten Pop-Begriff. Weiter ist auch zu vermuten, dass Popkultur und Jugendkultur extrem dicht beisammenstehen und die Jugendkulturen oftmals mit dem Aufkommen von neuen popkulturellen Entwicklungen zusammenhängen.

Zum Begriff der Popkultur hat Sippel folgende Definition herausgestellt. Eine „kunstphiloso- phische Strömung, die sich in den 50er Jahren in England und Amerika als Gegenbewegung zur ‚Hochkultur‘ elitärer Kreise und sogenannter gebildeter sozialer Schichten entwickelte.

Man propagierte den kulturellen Wert alltäglicher Lebensabläufe und profaner Gebrauchsge- genstände und wandte sich entschieden den bis dahin eher verachteten Massenunterhaltungs- bereichen zu, wie Film, Werbung, Science-Fiction etc. Popkultur ist heute Kultur, die allgemein bekannt oder zugänglich ist und sich großen Zuspruchs erfreut.“ (ebd.)

Auch die in dieser Thesis besonders herauszustellende Popmusik hat Sippel aufgegriffen und die Definition aus der Brockhaus Enzyklopädie herausgezogen. Popmusik sei somit „moderne populäre Musik, meist mit einem starken Beat, die mit elektrischen oder elektronischen Geräten erzeugt wird und die einfach zu verstehen sowie eingängig ist. Kennzeichnend für die Popmusik als soziokulturelles Phänomen ist ihre massenhafte Verbreitung und ihre mittlerweile feste Ver- ankerung im Alltagsleben, die auf Vermarktung und den Möglichkeiten der technischen Unter- haltungsmedien beruht.“ (ebd.)

Eine Definition, die andeutet, dass durch den technischen Fortschritt, zum Beispiel den Streamingportalen wie u.a. Spotify, auf dem ersten Blick nahezu alle Musik zu Popmusik wer- den kann. Popmusik muss in diesem Sinne auf jeden Fall elektronisch – vermutlich ist dies auf die Reichweite der Stücke zu beziehen – vorhanden sein, um als solche definiert werden zu können. Der Blick auf die musikalische und ästhetische Qualität einzelner Musikstücke ist erst nachgerichtet entscheidend. Es zeigt sich somit, ob Musik als Popmusik bezeichnet werden kann, oder ob z.B. lediglich Subgenres bedient werden.

Diese Definition bestätigt die Annahme: „Der Beginn der Popmusik wird oft mit der Entstehung von massenmedial verbreiteten und kommerziell verwertenden Jugendkulturen und mit der Entdeckung der Jugendlichen als Konsumenten in den 50er Jahren in Zusammenhang ge- bracht.“ (ebd.). „Vor allem die Entwicklung von neuen Medien- und Tonträgern hat in den letzten 50 Jahren stark dazu beigetragen, dass Pop nicht einfach nur ‚populäre Musik‘ blieb, sondern massentauglich werden konnte“ (Turek 2015: 2). Die Abkürzung Pop steht aber noch für viel mehr als mediale Spektakel. Die verschiedenen musikalischen Ausdrucksformen stehen bei der Popmusik im Vordergrund, denn aus den afroamerikanischen Elementen, wie Soul und

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Blues, sind weitere Musikgenres entstanden. Jazz, Rock, Reggae, Punk, Hip Hop, Ska und viele weitere würde es ohne die grundlegenden Musikelemente nicht geben. Die zuletzt genannten Musikstile richten sich vorwiegend an ein junges Zielpublikum. Auch technische Möglichkei- ten des Abspielens dieser Musik mussten vorhanden sein, um Anklang zu finden (ebd.: 3) Es ist daher sehr stark davon auszugehen, dass Popmusik als wesentlicher Teil des Lebensalltags von Jugendlichen zu verstehen ist.

Christoph Jacke hat den Pop-Begriff nochmals detaillierter formuliert. So wird Popkultur als kommerzialisierter, gesellschaftlicher Bereich betrachtet, der Musik und Text industriell pro- duziert, medial vermittelt und durch zahlenmäßige überwiegende Bevölkerungsgruppen – egal welcher Schicht oder Klasse zugehörig – genutzt und weiterverarbeitet wird (vgl. Jacke 2004:

10).

Unter der Betrachtung des Inhaltsverzeichnisses von Thomas Heckens ‚Pop - Geschichte eines Konzepts 1955 – 2009, kann die Entwicklung des Begriffes Pop wahrgenommen werden. Die ersten Wahrnehmungen des Ganzen mit dem ‚Reiz des Populären‘ anhand von Herder, Schiller und Kant in weiter Vorzeit, um dann den Beginn mit den Kapiteln „die Entstehung des Pop aus der Pop Art 1955 – 1964“ (Hecken 2009: 5) und „die Durchsetzung von Pop Mitte der 60er Jahre“ (ebd.) inklusive der Unterkapitel „Begriffe: Massenkultur und populäre Kultur“ (ebd.) oder „Ein neues Konzept: Pop“ (ebd.) herauszustellen. Seit Mitte der 1950er Jahre entwickelt sich der Begriff Pop nun stetig weiter, ist auch gegenwärtig noch nicht an einer abschließenden bzw. allgemeingültigen Definition angekommen und wird diese vermutlich auch niemals errei- chen.

Den Übergang zum politischen Hintergrund liefert John Fiske in seinem 1989 erschienenen Werk ‚Reading the popular‘, indem er die politische Ausgangslage in der Popularkultur anführt und zwei sehr treffende Formulierungen äußert: „Popularkultur wird von unterdrückten Bevöl- kerungsgruppen in ihrem eigenen Interesse aus Ressourcen gewonnen, die, widersprüchlicher- weise, auch den ökonomischen Interessen der Herrschenden dienen. Popularkultur wird von innerhalb und unterhalb geschaffen, nicht von außerhalb oder von oben her auferlegt, wie dies Massenkulturtheoretiker behaupten.“ (Fiske 2003: 16) und „Popularkultur ist die Kultur der Unterdrückten, die sich gegen ihre Unterdrückung wehren; sie ist nicht damit beschäftigt, kon- sensuale Bedeutungen zu finden oder gesellschaftliche Rituale zu produzieren, die die sozialen Differenzen harmonisieren […]“ (ebd.: 20).

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Zusammenfassend kann der Popkulturbegriff als eine soziale Konstruktion, die sich stetig im Wandel befindet, dabei jedoch auch als medial veräußerbar dasteht, verstanden werden. Pop- kultur verleiht den unterdrückten und sozial benachteiligten Personengruppen ein Sprachrohr.

Popkultur entsteht in genau diesen Gruppen und bricht dadurch nach außen aus. Jugendbewe- gungen erschufen diese Eingruppierung anhand von unterschiedlicher Ausübung künstlerischer Praxis.

2.3 Definition Politik

Um direkt mit einer Relativierung dieses Versuches einer Begriffserklärung in das Kapitel zu starten, wird der Politikwissenschaftler Hans J. Lietzmann für die Politikdefinition herangezo- gen. Bei dem Versuch mit der Überschrift ‚Der Begriff der Politik‘, startet Lietzmann folgen- dermaßen: „Ebenso vielfältig sind die Versuche, theoretisch zu bestimmen, was ‚Politik‘ ist.

Um was genau geht es, wenn die Menschen politisch handeln?“ (Lietzmann 2005: 50). Im fol- genden Satz lockert er diese nahezu rhetorisch wirkenden Fragen auf, in dem er Karl Rohe zitiert: „Bei allem Streit: Im Kern steht fest, dass politisches Handeln sich immer darauf richtet, verbindlich darüber zu entscheiden, wie bestimmte Ressourcen einer Gesellschaft aufgeteilt werden.“ (zit. n. Rohe 1994: o. S.). Im weiteren Verlauf des Textes teilt Lietzmann den Begriff der Politik dann in drei Unterpunkte ein. Die Entscheidung, die Verbindlichkeit und die Res- sourcen stehen für ihn im Mittelpunkt, um den Politikbegriff in Verbindung mit der Kultur und der Musik zu definieren. Der Entscheidungscharakter zeichnet Politik für Lietzmann zunächst aus. Laut ihm ginge es darum, „über bloße Debatten hinaus zu einer Festlegung zu kommen, die einen neuen Status Quo prägt.“ (Lietzmann 2005: 51). Ein weiterer Punkt für ihn ist, dass die Politik eine Sache nicht aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten kann und sie fiktiv eine zumindest vorübergehend absolute Eindeutigkeit schafft (ebd.). In Bezug auf künstlerische Formen führt Lietzmann dann einen Vergleich an, da Politik keine Entscheidung treffen kann, wie es z.B. in der Musik beim Komponieren eines Stücks oder im Theater beim Inszenieren einer Szene der Fall sein kann. Es können nicht gleichzeitig mehrere Perspektiven zugleich aus unterschiedlichen Perspektiven verschieden betrachtet und mehrere Deutungen gleichberech- tigt und nebeneinanderstehen gelassen werden. Eine einzige Perspektive ist für die Politik zu- gelassen (vgl. ebd.). „Politische Entscheidungen verlangen Gültigkeit, ohne von der Richtigkeit wirklich wissen zu können. Sie legen Gemeinsamkeiten fest, wo doch die Differenzen in den Gesellschaften immer größer werden; und sie sollen Einheitlichkeit für politische Gesamtheiten festlegen – Gesamtheiten, die immer unüberschaubarer werden.“ (ebd.).

(27)

Allgemein gehalten bezeichnet der Begriff der Politik „jegliche Art der Einflussnahme und Ge- staltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen, sei es in privaten oder öffentli- chen Bereichen“ (Schubert/Klein 2018: 261). Gerade bei einem Begriff wie dem der Politik gibt es natürlich auch etliche Spezifikationen. Betrachten wir diese näher so kommen wir zu- nächst auf die des aus dem griechischen abgeleiteten ‚polis‘. Der klassische Sinn der Bezeich- nung Politik ist somit als die Staatskunst, das Öffentliche bzw. das, was alle Bürgerinnen und Bürger betrifft und verpflichtet zu definieren. Politik ist das Handeln des Staates und das Han- deln in Form von staatlichen Angelegenheiten (vgl. ebd.). Weiter kann Politik auch als „die aktive Teilnahme an der Gestaltung und Regelung menschlicher Gemeinwesen.“ (ebd.) be- zeichnet werden. Den dritten Punkt der Definition, welchen Schubert und Klein hier anführen, ist der mit dem Bezug auf moderne Staatswesen. Hier bezeichnet Politik ein aktives Handeln, das entweder auf die Beeinflussung staatlicher Macht, den Erwerb von Führungspositionen oder auf die Ausübung von Regierungsverantwortung abzielt (vgl. ebd.).

So vielschichtig wie die Popkultur an sich sein kann, so steht es auch um den Begriff der Politik.

Neben den hier in dem Politiklexikon angeführten Definitionen finden sich aber noch etliche weitere Definitionen des Politikbegriffes. Die eine, allumfassende und für jede Person passende Definition werden wir bei dem Begriff der Politik jedoch mit Sicherheit nicht finden, was eine Parallele zu dem Begriff Kultur darstellt. Die angeführten Definitionen in diesem Kapitel kön- nen aber für die Ausarbeitung dieser Masterarbeit herangezogen werden.

Zu dem Begriff ‚polis‘ äußert sich Alexander Demand folgendermaßen: „Das Wort poli […]

bezeichnet bei Homer die Burg, dann die ummauerte Stadt, personifiziert als politische Körper- schaft. Aber da auch nicht souveräne Städte polei heissen, ist der Begriff weiter, und da souve- räne Flächenstaaten nicht umgriffen sind, ist er enger als unser ‚Staat‘.“ (Demandt 2000: 10).

Dieses Zitat greift Claudio Caduff von der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz, der Hochschule Luzern auf und stellt klar, dass genau eine solche Definition verdeutlicht, dass es sehr wohl Unterschiede zwischen den Begriffen Staat, wie er im heutigen Sinne und auch in den Definitionen zuvor verwendet wird und polis bestehen. Der Eingangs in diesem Kapitel – und für die Politik an sich stehenden – angeführte Wortursprung polis lässt laut Caduff keine einfache Übertragung in die Gegenwart zu, sodass die sozialen, ökonomischen und kulturellen Verhältnisse in der Antike und in der modernen Welt vollkommen unterschiedlich dastehen (vgl. Caduff o. J.: o. S.). Die Bestimmung von Politik wird demnach ohnehin immer wieder neu versucht und wie bereits beschrieben, herrscht keine Einigkeit über den Begriff und dessen

(28)

Definition. „Ob Macht, Konflikt, Herrschaft, Ordnung, Gemeinwohl oder Friede die eigentliche Substanz von Politik seien, bleibt“ (ebd.) daher vollkommen umstritten.

Caduff nähert sich dem Begriff der Politik dann jedoch nochmals, indem er Definitionen mit- einander vergleicht. Eine Einordnung aus der Antike zeigt er anhand der Erklärung Aristoteles‘

auf, dieser verstehe „unter Politik das dem Menschen angeborene Streben nach dem Leben in der Gemeinschaft mit Freunden“ (ebd.) und stimmt damit der zuvor gefassten Aussage Caduffs überein, dass der Politikbegriff der Antike nicht mit dem der Gegenwart gleichgesetzt werden kann. Spannend hierbei ist nun die Frage, ob sich generell auf verschiedene kulturell und ge- sellschaftliche Wandlungen auch der Politikbegriff mitgewandelt hat, oder ob Veränderungen nicht automatisch auch Veränderungen in der Wortbedeutung vornahmen. So ziehen wir die Definition Max Webers aus dem Jahr 1919 heraus. „Politik würde für uns also heissen: Streben nach Machtanteil oder nach Beeinflussung der Machtverteilung, sei es zwischen Staaten, sei es innerhalb eines Staates zwischen den Menschengruppen, die er umschliesst.“ (Weber 1919: S.

4). Hier haben wir nun eine etwas greifbarere Definition, welche auf die Gegenwart angewendet werden kann, da Machtverteilung und das Streben nach diesen Machtanteilen in der heutigen Zeit eine große Rolle spielen, wenn wir uns mit der Politik beschäftigen. In der Popkultur sind dies die Hauptthemen, wenn es zum Beispiel um große Serienproduktionen geht, welche die Politik als Aufhänger nutzen, wie z.B. die Formate ‚House of cards‘ oder ‚Designated Survi- vor‘.

Um den Begriff der Politik zu definieren, bedarf es auch einer Betrachtung der Wirkung von Politik. So wie es in Deutschland für Fussballfragen umgangssprachlich 80 Millionen Bunder- strainerinnen und Bundestrainer gibt, so gibt es im politischen Spektrum auch ungefähr genauso viele Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler. Die Wirkung von Politik kommt als Frage for- muliert zunächst einmal rasch über die Lippen und als erster Impuls dazu auch die Antwort.

Schaut man aber etwas weiter wird klar, dass eine einfache Formulierung einer Antwort hierbei nicht wirklich nötig ist.

Zunächst mal ist die Zielgruppe des politischen Wirkens extrem heterogen, was bedeutet, dass verschiedene Lebensumstände dafür sorgen, ob das politische Wirken des Staates überhaupt bei jemanden ankommt, es ignoriert oder gar dagegen protestiert wird. Nicht nur eine genaue Ziel- gruppenzuordnung ist für eine Reaktion auf ein politisches Wirken notwendig, sondern auch das Medium, über welches politische Inhalte kommuniziert werden. In gewisser Weise umfasst

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