Demenz – Daten und Fakten
„demens, dementia“ = ohne Geist
„Tom Kitwood schlägt vor, in einer stillen, subversiven Form Bestehendes durch Neues zu ersetzen.“
Demenz = Syndromdiagnose + die Art, wie sich Demenz ausdrückt, muss immer im Zusammenhang mit kulturellen, psychosozialen Einflüssen, Persönlichkeit, Biografie, im Leben erlernten
Verhaltensstrategien betrachtet werden.
Primäre degenerative Demenzen sekundäre (symptomatische) Demenzen
60-80% DAT durch Schädigungen, Infektionen, Intoxik., die
15% vaskul. Demenzen außerhalb des Gehirns liegen
bis 20% gemischt
7-25% Lewy-Body-Demenz
ca. 10%: Parkinson-Demenz, Morbus Pick Chorea Huntington, Creuzfeld-Jakob
präsenile Demenzen senile Demenzen
Krankheit kann mittlerweile sehr gut erfasst werden jedoch nicht das Kranksein!
Thymopsyche Noopsyche
Befindlichkeit, Steuerung des Vegetativum, Auswirkungen aufs Bewusstsein,
Psychomotorik die Orientierung, die Intelligenz, das
Gedächtnis, das Denken (Geschwindigkeit, Ablauf, Organisation)
Bei Demenzen kompensieren langsam und kontinuierlich die Thymo- und die Noopsyche (Vgl.
Depression!)
Achtung! altersassoziierte Gedächtnisbeeinträchtigung (Age Associates Memory Impairment) oder Zeichen einer dementiellen Erkrankung (Middle Cognitive Impairment)
Alzheimer-Demenz
„37. Versammlung der Süddeutschen Irrenärzte“ im Nov. 1906 in Tübingen – Alois Alzheimer (1864- 1915) – „einen eigenartigen schweren Erkrankungsprozess der Hirnrinde“ bei der
Patientin „Auguste D.“
Emil Kraeplin „seniles und präseniles Irresein“ (1910)
= alterskorrelierte, progressive u. neurodegenerative (Urs. noch unklar) Erkrankung mit einer
Hirnatrophie (Untergang v. Nervenzellen in den Temporal- und Parietallappen und im Hippocampus) Stressfaktoren (+ durch Stress vermehrt ausgeschüttetes Hormon Cortisol) beschleunigt den
Krankheitsprozess!
somatische Störungen: Appetitlosigkeit (mögliche Ursache: Riechschwelle, die Duftidentifikation u.
das Riechgedächtnis sinkt stark im Vgl. zu gesunden alten Menschen), Inkontinenz, Strg. des Wasser- und Elektrolythaushaltes
kognitive Störungen: primär schlechte Konzentrat., Priorisierungsschwäche, Reduktion des
Urteilsvermögens, zeitl. und räumliche Orientierungslosigkeit, Wortfindungsstörungen, Merkschwäche. sekundär Sprachstörungen mit Inhaltsarmut, Unfähigkeit, Gegenstände oder Situationen zu benennen, Aphasie, Apraxie und Agnosie
später: Verhaltensveränderungen und emotionale Störungen als Antwort auf die existent. Bedrohung des Selbst.
Stimmungs- und Verhaltensstörungen (= Behavioural and Psychological Symptoms of Dementia) bei
ca. 80-90%): Apathie (Aktivitäts- und Antriebsstörung wie Gleichgültigkeit, Interesselosigkeit, Initiativlosigkeit, vorzeit. Ermüdung und Hyperaktivität), Zielloses Herum-Irren, Essstörungen (incl.
Essen v. Unessbarem), Gereiztheit/ Labilität, Agitation/ Aggression (durch zwischenmenschl.
Missverständnisse, Konfliktsituationen, Bewältigungsstrategiedefizite, div. Ängste, Störungen des Serotoninwechsels), Affektstörungen (Depressionen, Dysphorie, Euphorie), Schlafstörungen (z. B.
Beeinträchtigung der Schlaftiefe), zirkadiane Thythmusstörungen (z. B. Sundowning), Ängste und Phobien, Wahnsymptome (durch Gefühle v. Scham, Insuffizienz, Verunsicherung, Störungen der Kommunikation, soziale Isolation kommt es zu Verzerrungen von Erlebtem u. des Empfundenen), Enthemmung, akustische und optische Halluzinationen, Verkennungen (= Fehlinterpretationen), motorische Unruhe, Horten und Verstecken
Medikamente (immer in Kombination mit nichtmedikamentösen Therapieansätzen):
Acetylcholinesterasehemmer, Memantine, Ginkgo Biloba
Das Erleben von Demenz
Aussagen von Personen mit Demenz, um der Gesellschaft mitzuteilen, was sie erleben:
„Meine Gedanken werden leicht missverstanden...“
„Ich war 58 Jahre alt, als mir die Diagnose offiziell mitgeteilt wurde. Daraufhin weinte ich 3 Wochen lang Tag für Tag.“
„Das Schlimmste war an diesen Tagen, all die anderen Patienten zu sehen, die sichtlich krank waren und einer von ihnen zu sein.“
„Versuchen Sie sich das vorzustellen: Sie sind mit der Tatsache konfrontiert, dass Sie im Laufe der Jahre alle ihre normalen geistigen Funktionen verlieren werden, und niemand kann Ihnen genau sagen, was geschehen, wann es passieren und wie lange es dauern wird.“
„Wir kennen uns selbst nicht mehr, verlieren den Kontrakt zu unseren Gefühlen und können uns nicht mehr mitteilen.“
„Als ob ich Lockenwickler in meinem Gedächtnis vergessen hätte.“
„Außerdem läuft bei diesen Feiern im Hintergrund immer Musik, und dann kann ich nicht mehr verstehen, was die Leute sagen. Es ist geradeso, als ob ich hörgeschädigt bin; alle Störungen schlafen voll durch.“
„Ach, das Telefon. Es gibt nichts Frustrierendes! Es macht mich so nervös, ich bekomme dann kein Wort heraus, Ich bin völlig ratlos und hilflos....Telefonieren ist Schwerstarbeit. All diese Zahlen...mit wem will ich eigentlich sprechen?...was will ich sagen?...Das war früher doch nicht so schwer.“
„Dass ich überhaupt schlafen kann, liegt daran, dass wir zusammen schlafen und Körperkontakt haben. Ohne es zu wissen, hilft Hans mir sehr, mit der Angst vor der Nacht fertig zu werden.“
„Morgen? Sprich nicht von morgen. Ich muss erst versuchen, mir das Heute zu merken.“
„Helen sagte, dass sie sich oft verloren gefühlt hat – und das selbst in ihren eigenen vier Wänden.
Dabei ging es nicht darum, dass sie sich verirrt hätte, sondern darum, dass es sich gelegentlich anfühlte, als sei sie sich irgendwie selbst abhanden gekommen.“
„Die Müdigkeit, diese elende, lähmende Müdigkeit. Dann schlägt die Müdigkeit wieder zu. Ich bin es so müde, müde zu sein.“
„Doch das ist die Erfahrung, mit Demenz zu leben – Leben in der Gegenwart, ohne Vergangenheit und Zukunft.“
Dieses Gefühl, nur mehr in der Gegenwart zu leben, hat mehr. Konsequenzen:
Gefühl der Sinnlosigkeit (Handlungen stehen für sich alleine, sie können nicht mehr in eine sinnvolle Reihenfolge eingebettet werden)
Gefühl des Verloren-Seins, da die Realität nicht mehr nachvollziehbar ist.
Ruhelosigkeit durch Vergessen (Leben in ständiger Unsicherheit) Handlungsdrang
Ängste („Ich habe keine Anhaftung mehr.“) seelischer Schmerz
Heimatlosigkeit (keinen Anker, keinen Halt mehr) immenser innerer Druck
Genießen-Können („Wir investieren all unsere Energie in das Jetzt, nicht in das Damals oder das Später)
die Tragweite der Erkrankung kurzfristig vergessen
„Ich werde niemals aufhören, diesen außergewöhnlichen Mann zu lieben.“