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Kapitel 6 Dynamische Strukturuntersuchungen

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Kapitel 6

Dynamische Strukturuntersuchungen

In diesem Kapitel wird untersucht, wie sich die geometrischen Eigenschaften vonDreiecken erster Generation statisch und dynamisch in Abh¨angigkeit von der Wechselwirkungsst¨arke ver¨andern, mit dem Ziele

den fl¨ussigen vom stark unterk¨uhlten bzw. glasigen Zustand auch mit Hilfe lokaler Drei- ecksanalysen gegeneinander abzugrenzen,

die Stabilit¨at der lokalen Teilchenkonfigurationen bei hohen Wechselwirkungsst¨arken an Hand kollektiver Driftbewegungen der Dreiecke erster Generation aufzuzeigen sowie

die Ursachen f¨ur die heterogenen Relaxationen instark unterk¨uhlen Systemen und f¨ur die Alterungsprozesse im glasigen Zustand zu ergr¨unden.

Bei diesen lokalen Strukturanalysen kommen zwei neue, auch kombiniert verwendbare Ver- fahren zur Anwendung: Zum einen werden die Teilchenpositionen bei hohen Wechsel- wirkungsst¨arken ¨uber einen gewissen Zeitraum gemittelt, bevor die Dreiecke erster Generation gebildet werden, um so die amorphen lokalenGleichgewichts-Teilchenkonfigurationen ohne die Brown’schen Bewegungen der Einzelteilchen zu erhalten. Zum anderen werden die Anderungen der geometrischen Dreieckseigenschaften¨ nach einer festgelegten Wartezeit bestimmt, mit deren Hilfe dann die in Glasbildnern auftretenden Relaxationsprozesse – derK¨afig- Effekt,H¨upf-Prozesse sowie heterogene Relaxationen – beschrieben werden k¨onnen.

6.1 Strukturuntersuchungen an gemittelten Datenfiles

Wenn ein Teilchen, dessen thermische Energie nicht ausreicht, um aus einer Potentialmulde zu entweichen, Brown’sche Bewegungen um sein Potentialminimum herum ausf¨uhrt, l¨asst sich seine Gleichgewichtslage durch zeitliche Mittelung bestimmen. Die Gleichgewichtslage eines Teilchens oder ganzer Nachbarschaftsstrukturenkann in eineramorphen 2D Kolloidprobe ohne Verschmierung durch thermische Fluktuationen der Einzelteilchen jedoch nur dann korrekt ermittelt werden, solange keine H¨upf-Prozesse auftreten. Diese Thematik wird im ersten Abschnitt n¨aher erl¨autert.

Soweit die Gleichgewichtslagen der Teilchen durch zeitliche Mittelung bei hohen Wechsel- wirkungsst¨arken bestimmt werden k¨onnen, ergeben sich daraus f¨ur die Dreieckskonstruktion der zueinander n¨achsten Nachbarn und f¨ur die transformierten Dreipunkt-Korrelationsfunktionen Verbesserungen in der Aufl¨osung der lokalen Teilchenkonfigurationen. Worauf dabei zu achten ist, wird an der in Kap. 4 haupts¨achlich untersuchten bin¨aren 2D Kolloidprobe mit vielen Ag- gregaten n¨aher beschrieben.

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6.1.1 K¨ afig-Effekt und H¨ upf-Prozess

In denTrajektorienbildern der Abb. 6.1 werden die Teilchenmittelpunkte aufeinander folgen- der Datenfiles f¨ur jedes Kolloid einzeln mit einem Strich verbunden. Damit werden die Teilchen- bewegungen zwischen zwei Zeiten jeweils linear gen¨ahert (vgl. auch mit Abb. 3.8 auf Seite 48).

Da viele Datenfiles gleichzeitig eingezeichnet werden, entsteht ein Bild ¨uber die Positionen der einzelnen Teilchen in dem betrachteten Zeitabschnitt.

Abbildung 6.1:Trajektorienbilderdiskreter Zeitschritte f¨ur bin¨are 2D Kolloidsuspensionen mit Driftkor- rektur der Schwerpunktspositionen aller Teilchen;oben: eineisotrope Fl¨ussigkeit mit einer Zeitdifferenz

∆t zwischen zwei Zeitschritten von ungef¨ahr 0,4s bei einer Wechselwirkungsst¨arke Γ = 13,3; unten:

eine stark unterk¨uhlte Fl¨ussigkeit mit ∆t≈1,6sbei Γ = 360.

Im unteren Bild der Abb. 6.1 ist der K¨afig-Effekt in einer stark unterk¨uhlten Fl¨ussigkeit bei hoher Wechselwirkungsst¨arke zu sehen, bei dem die einzelnen Teilchen von ihrer Nachbar- schaft gezwungen werden, um ihre Gleichgewichtslage thermisch zu fluktuieren. Das Trajektori- enbild zeigt auchheterogene Relaxationen mit Regionen schneller Kolloide und Zonen langsamer

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Kolloide. Einzelne deutlich verschmierte Trajektorien geben erste Hinweise aufH¨upf-Prozesse, in denen ein Teilchen innerhalb kurzer Zeit von einer Gleichgewichtslage in eine andere ¨ubergeht (siehe auch Abb. 2.15 d auf Seite 30 sowie Abb. 6.2). Dagegen sind die Teilchenpositionen einer isotropen Fl¨ussigkeit bei kleiner Wechselwirkungsst¨arke nach dem oberen Bild in Abb. 6.1 trotz der viel k¨urzeren Zeitspanne weniger scharf in ihrem K¨afig lokalisiert. Es kommen deutlich mehrH¨upf-Prozesse vor und die Bewegungen der Kolloide scheinen insgesamt gleichm¨aßiger ¨uber die Probe verteilt zu sein.

Abbildung 6.2: Ausschnitt der Trajektorien einer bin¨aren 2D Kolloidprobe mit der Wechselwirkungsst¨arke Γ = 274 und der Zeitdifferenz ∆t = 11,6s zwischen zwei Datenfiles.

Die Trajektorien der großen Kolloide wurden gr¨un, die Tra- jektorien der kleinen Kolloide rot eingezeichnet. Vor dem Einzeichnen der Teilchenpositionen wurde die Gesamtdrift aller Teilchen wie in Kap. 4 von den Schwerpunktspositionen jedes Teilchen abgezogen. Es sind mehrereH¨upf-Prozessezu sehen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass zwei Gleichge- wichtspositionen eines Teilchens in zwei unterschiedlichen K¨afigen durch einen Strich miteinander verbunden sind, d. h. dass das Teilchen schnell von einer Gleichgewichtslage in eine andere geh¨upft ist.

Uber welche Zeitspanne die Datenfiles f¨¨ ur eine bestimmte Systemtemperatur gemittelt werden sollten, um die thermischen Teilchenfluktuationen am besten unterdr¨ucken zu k¨onnen, ergibt sich aus einer n¨aheren Betrachtung der beiden wichtigsten Relaxationsprozesse:

Der afig-Effekt bildet sich um so effektiver aus, je tiefer die Systemtemperatur liegt.

Dies l¨asst sich an demPlateaudermittleren quadratischen Verschiebungim Zwischenbereich zwischen demKurzzeit- und demLangzeit-Bereich ablesen (siehe Abb. 4.6 Seite 69). Dabei gilt: Je gr¨oßer die Wechselwirkungsst¨arke desto flacher ist das Plateau, desto niedriger liegt der Funktionswert und desto sp¨ater steigt die mittlere quadratische Verschiebung im Langzeit-Bereich wieder an. Da ein Teilchen im Kurzzeit-Bereich seinen K¨afig noch nicht vollst¨andig durchschritten hat, die Relaxationen der Teilchen im Langzeit-Bereich jedoch immer mehr ansteigen, liegt der g¨unstigste Zeitpunkt etwa am Anfang desPlateaus.

Bei einem upf-Prozess in 2D bewegt sich ein Teilchen von einer Gleichgewichtslage in eine andere. Dazu m¨ussen zwei benachbarte Kolloide in der Fl¨ache so viel Platz zwi- schen sich freimachen, dass das h¨upfende Teilchen hindurchpasst. Der H¨upf-Prozess l¨auft – gemessen an der freien Teilchendiffusion – relativ rasch ab, weil das h¨upfende Kolloid infolge der repulsiven Wechselwirkung des Systems zwischen den beiden anderen Teilchen hindurchgedr¨uckt wird. Nach einem H¨upf-Prozess fluktuiert das gesprungene Teilchen um eine neue Gleichgewichtslage (siehe Abb. 6.2). Werden die Positionen eines geh¨upften Teil- chens ¨uber eine Zeitspanne gemittelt, in der etwa nach der halben Zeit der H¨upf-Prozess stattfand, ergeben sich nicht die beiden Gleichgewichtspositionen der zwei K¨afige, sondern eine nie als Gleichgewichtslage angenommene Position ungef¨ahr dazwischen. Um solche F¨alle sp¨ater bei der Bestimmung der Selbst-Fl¨achendifferenzen der Dreiecke er- ster Generation zu zwei unterschiedlichen Zeiten zu vermeiden, d¨urfen innerhalb des Mittlungszeitraumes keine H¨upf-Prozesse stattfinden.

Aus diesen ¨Uberlegungen folgt, dass Mittelungen nur in stark unterk¨uhlten Fl¨ussigkeiten oder Gl¨asern sinnvoll sind, in denen H¨upf-Prozesse selten auftreten, und dass die Zeitspanne f¨ur die Mittelung am Besten am Anfang des Plateaus der mittleren quadratischen Verschiebung liegt.

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6.1.2 Gleichgewichtsdreiecke erster Generation

In diesem Unterkapitel soll gezeigt werden, dass sich die Gleichgewichtslagen der Kolloide in einer bin¨aren 2D Kolloidsuspension bei hoher Wechselwirkungsst¨arke in ihrem jeweiligen K¨afig durch Mittelung ihrer Teilchenpositionen uber einen geeigneten Zeitraum besonders gut¨ bestimmen lassen. Aus einem gemittelten Datenfile werden sodann Gleichgewichtsdreiecke erster Generation gebildet, derengeometrischen Eigenschaften den amorphen Aufbau der untersuchten Probe ohne die thermischen Bewegungen der Teilchen um ihre Gleichgewichtslagen angeben.

In diesem Abschnitt wird von der bin¨aren 2D Kolloidprobe, deren mittleren quadratischen Verschiebungen in Abb. 4.6 auf Seite 69 gezeigt werden, beispielgebend nur das System mit der gr¨oßten Wechselwirkungsst¨arke bei Γ = 538 betrachtet. Als Mittelungszeitraum wurde die sogenannte Plateauzeit tP lateau = 500s gew¨ahlt, bei der die mittlere quadratische Verschie- bung erstmalig ungef¨ahr auf der H¨ohe des Plateaus liegt (siehe Abb. 6.3). Die so gewonnenen Gleichgewichtslagen der Teilchen und die zugeh¨origenGleichgewichtsdreiecke erster Genera- tion werden in Abb. 6.4, ihre geometrischen Eigenschaften – nochmals unterschieden nach den Dreiteilchenkombinationen – in Abb. 6.5 gezeigt.

Abbildung 6.3: In der Mittelungszeitspanne von 500s liegt diemittlere quadratische Ver- schiebung der bin¨aren 2D Kolloidprobe mit Γ = 538, die zu Abb. 6.4 geh¨ort, erstmals et- wa auf der H¨ohe desPlateaus (Plateauzeit).

F¨ur k¨urzere Mittelungszeitr¨aume befindet sich die mittlere quadratische Verschiebung noch deutlich darunter. ImLangzeit-Bereich, hier nach einer Wartezeit tw = 20000s, ist die mittlere quadratische Verschiebung nach demPlateau bereits wieder angestiegen. Erst dort werden die Teilchenpositionen der Da- tenfiles nochmals ¨uber einen Mittelungszeit- raum von 500sgemittelt (vgl. mit Abb. 6.10).

Wenn die Graphen der Winkel, Kantenl¨angen und Fl¨achen aus Abb. 6.5 mit denen der Abb. 5.25 auf Seite 120 verglichen werden1, f¨allt auf, dass die Dreieckseigenschaften in Abb. 5.25 wesentlich weniger Abweichungen zeigen, also sch¨arfer sind, obwohl die Wechselwirkungsst¨arke in Abb. 6.5 mit Γ = 538 deutlich h¨oher liegt als in Abb. 5.25 mit Γ = 411. Da in Kapitel 5 nur ein einzelnes und damit ungemitteltes Datenfile untersucht wurde, in Abb. 6.5 dagegen ein Datenfile analysiert wird, in dem die Teilchenpositionen ¨uber insgesamt 1250 Datenfiles gemittelt werden, liegt zun¨achst die Vermutung nahe, dass die starken Abweichungen in den geometrischen Eigenschaften derDreiecke erster Generation auf der neu eingef¨uhrten Mittelung basieren. Diese Vermutung erweist sich als unzutreffend, wie als n¨achstes gezeigt werden soll.

Werden f¨ur alle Gleichgewichtsdreiecke die Labels der jeweiligen Eckteilchen abgespeichert, lassen sich die Dreieckseigenschaften der jeweiligen Dreiteilchenkombinationen auch f¨ur Daten- files mit unterschiedlichen Wartezeiten tw und f¨ur verschiedene Mittelungszeitr¨aume t be- stimmen. Da solche dynamischen Strukturanalysen derGleichgewichtsdreiecke erster Generation meines Wissens bisher noch nicht durchgef¨uhrt wurden, sollen an dieser Stelle die Einfl¨usse der

1auf Grund unterschiedlicher Fl¨achendichten m¨ussen die Kantenl¨angen und die Dreiecksfl¨achen aufeinander skaliert werden.

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Abbildung 6.4:Uber 1250 Datenfiles gemittelte Teilchenpositionen und die zugeh¨¨ origenGleichgewichts- dreiecke der zueinander n¨achsten Nachbarn. Untersucht wurde diejenige bin¨are 2D Kolloidprobe, deren mittleren quadratischen Verschiebungen in Abb. 4.6 auf Seite 69 gezeigt werden, wobei die Wechsel- wirkungsst¨arke hier bei Γ = 538 lag. Das rechts auf halber H¨ohe sichtbare Loch entstand, weil die Bildverarbeitung bei der Teilchenverfolgung ein Kolloid mit der Zeit verloren hat. Wegen sich daraus ergebender Fehler bei der Bestimmung der Dreiecke erster Generation wurden zwei weitere Kolloide aus dem Datensatz entfernt. Rote Quadrate: große Kolloide; blaue Kreise: kleine Kolloide.

verschiedenen 2D Relaxationsprozesse auf die zeitabh¨angige ¨Anderung der Dreiecksstrukturen vorgestellt und erst im sp¨ateren Verlauf nach und nach an Hand verschiedener Untersuchungen eingehend gezeigt werden:

Die Gleichgewichtsdreiecke erster Generation werden in einem gemittelten Datenfile be- stimmt und geben dort als Dreiecke der zueinander n¨achster Nachbarn die lokale Nach- barschaftsstruktur wieder. Die Gleichgewichtsdreiecke f¨ur die unterschiedlichen Drei- teilchenkombinationen sind bei hoher Wechselwirkungsst¨arke nahezu lokal-dichteoptimiert gepackt und sollten daher in etwa den jeweiligen in Kap. 5 bestimmten Elementardreieck- Strukturen entsprechen, die sich auf Grund des afig-Effektes ausbilden.

Wenn zu einem sp¨ateren Zeitpunkt in dem System bereits mehrere upf-Prozesse statt- gefunden haben, sind viele Dreiteilchenkombinationen der Gleichgewichtsdreiecke nicht mehrzueinander n¨achste Nachbarn. Dann sind die Kanten derGleichgewichtsdreiecke zum Teil gr¨oßer als zu Beginn (siehe Abb. 6.6). Die einzelnen Dreiecksfl¨achen m¨ussen aber nicht unbedingt gr¨oßer werden, auch wenn die Kanten l¨anger geworden sind, weil sich die Winkel der Dreiecke ebenfalls mit der Zeit ¨andern k¨onnen.

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Abbildung 6.5:Geometrische Analyse derGleichgewichtsdreiecke erster Generation (1) nach den Dreiecksfl¨achen und der Anzahl der Dreiecke, jeweils bei unterschiedlichen Winkeln an einem großen (g) oder kleinen (k) Kolloid und den unterschiedlichen Dreieckskanten zwischen großen (gg) oder kleinen (kk) Kolloiden sowie einem großen und einem kleinen (gk) Kolloid und die Anzahl der Dreiecke mit einer bestimmten Fl¨ache, weiter unterschieden nach den Dreiteilchenkombinationen groß/groß/groß (ggg), groß/groß/klein (ggk), groß/klein/klein (gkk) und klein/klein/klein (kkk). Beispiele (gelesen von rechts nach links): kkk1k: Winkel an einem kleinen (k) Teilchen eines Dreiecks erster Generation (1) der Dreiteilchenkombination kkk; kkk1kk: L¨ange der Kante zweier kleiner (kk) Teilchen eines Dreiecks erster Generation (1) der Dreiteilchenkombinationkkk; Nkkk1: Anzahl der Dreiecke erster Generation (1) nur kleiner Teilchen (kkk).

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Manchmal verbessern sich zu Anfang lokal blockierte Dreiecksstrukturen auch in dichter gepackte Teilchenkonfigurationen auf Grund von lokalen Strukturrelaxationen des K¨afigs, ohne dass ein H¨upf-Prozess beteiligt ist. Dann k¨onnen Kanten auch k¨urzer als in den anf¨anglich bestimmten Gleichgewichtsdreiecken werden.

Abbildung 6.6: H¨upf-Dreieck erster Generation. Wenn zur Zeit t= 0 die Dreiecke erster Generation gebildet werden und das Teilchen 7 im Zeitintervall [0, tw] einen H¨upf-Prozess vollf¨uhrt, d. h. sich hier das Teilchen 7 zwischen den Teilchen 3 und 4 hindurchbewegt, wird das Dreieck 3/4/7 ein upf- Dreieck genannt. Da die ¨uber das Vektorprodukt berechnete Fl¨ache des 3/4/7 Gleichgewichtsdreiecks im Ausgangssystem positiv festgelegt wird, ergibt sich f¨ur die Dreiecksfl¨ache nach dem H¨upf-Prozess wegen des gedrehten Uhrzeigersinns 3/7/4 ein negativer Wert. Auch die anderenDreiecke erster Gene- ration, die mit dem Teilchen 7 gebildet werden, also 1/2/7, 2/3/7, 4/5/7, 5/6/7 sowie 6/1/7, ¨andern ihre geometrischen Eigenschaften ebenfalls deutlich. Bei Strukturrelaxationen schwanken die Dreiecke 2/3/7 und 5/4/7 in ihrer Fl¨ache um den Wert Null, sind also f¨ur Analysen der Rohdatenfiles mal po- sitiv und mal negativ. Der hier skizzierte Fall, dass an der Ausgangsposition des Teilchens 7 nach dem H¨upf-Prozess eine Leerstelle zur¨uckbleibt, ist f¨ur das untersuchte bin¨are 2D Kolloidsystem wegen der repulsiven Wechselwirkung nicht realistisch.

6.1.3 Dynamische Strukturuntersuchungen an Dreiecken erster Ge- neration

Werden die Fl¨achen, Winkel und Kanten der einzelnen Dreiecke erster Generation – nochmals unterteilt nach den unterschiedlichen Dreiteilchenkombinationen – zu Beginn bei t0 und nach einem um eine Wartezeit verschobenen Zeitpunkt t0 +tw – voneinander abgezogen, ergeben sich von der Wartezeit abh¨angige ¨Anderungen der geometrischen Eigenschaften der Dreiecke erster Generation. Aus diesen Funktionen kann derK¨afig-Effekt, der Einfluss von H¨upf-Prozessen sowie in gewissen Grenzen die Stabilit¨at der Gleichgewichtsdreiecke – unterteilt nach den Dreiteilchenkombinationen – f¨ur bestimmte Wechselwirkungsst¨arken gezeigt werden.

Bevor diese Untersuchungen vorgestellt werden k¨onnen, muss in einem Einschub noch klar ge- macht werden, wie die zeitliche Abfolge der nach dem Multiple-τ-Algorithmus gespeicherten Datenfiles aussieht. Nur damit l¨asst sich verstehen, warum die zeitlichen Abst¨ande zwischen Datenfiles bei gr¨oßeren Wartezeiten immer gr¨oßer werden:

Bei einem Multiple-τ-Algorithmus werden im erstem Schritt zu Beginn einer Messung alle in festen Zeitintervallen nacheinander aufgenommenen Datenfiles bis zu einer festgelegten Anzahl abge- speichert. F¨ur den zweiten Multiple-τ-Schritt wird f¨ur ein verdoppeltes Zeitintervall nur noch jedes zweite Datenfile aufgezeichnet, so dass die Anzahl der gespeicherten Datenfiles pro Multiple-τ-Schritt immer gleich bleibt, sich jedoch die Messzeit jeweils verdoppelt. Beim dritten Multiple-τ-Schritt wird die Zeitdifferenz zwischen den gespeicherten Datenfiles wiederum verdoppelt und somit nur noch jedes

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vierte Datenfile aufgezeichnet, usw. Dieses Verfahren wurde f¨ur die hier verwendeten Datens¨atze inein- andergeschachtelt angewendet. Je nach Wahl des Multiple-τ-Schrittes und der Anzahl der Samples2, uber die gemittelt wurde, ¨¨ anderte sich die Reduktion der Datenmenge.

Abbildung 6.7: Multiple-τ-Algorithmus zur Datenmengenreduzierung. Datenfiles etwa glei- cher zeitlicher Abst¨ande werden von der Framegrabberkarte bearbeitet (oberes schwarzes Lineal mit schwarzen Nummern f¨ur die bearbeiteten Files und orange farbenen Zeitangaben). Zur Datenmengen- reduzierung werden zu sp¨ateren Zeiten jedoch immer weniger Files nach dem Multiple-τ-Algorithmus abgespeichert. In dem hier gezeigten Beispiel besteht einMultiple-τ-Schritt aus 500 Samples mit jeweils 500 Datenfiles, wobei zwei aufeinander folgende, von der Framegrabberkarte bearbeitete Datenfiles die k¨urzeste Zeitdifferenz von ∆t 0,2s voneinander entfernt liegen sollen. Dann werden im ersten gr¨un gekennzeichnetenMultiple-τ-Schritt alle 999 Datenfiles zu Beginn – also die Datenfiles der ersten 200s– vollst¨andig abgespeichert. Im zweiten rot markiertenMultiple-τ-Schritt wird nur noch jedes zweite File gespeichert. Da dieMultiple-τ-Schritte jedoch ¨uberlappen, wird nicht schon ab dem 500. Datenfile, also ab 100s, sondern erst vom 1000. Datenfile ab, also ab 200s, jedes zweite File gespeichert. Damit wurden nach 500s von dem Computer 2500 Bilder vollst¨andig analysiert, aber nur insgesamt 1750 Datenfiles von demMultiple-τ-Algorithmus abgespeichert.

Bei dem im Experiment verwendeten Multiple-τ-Algorithmus zur Datenmengenreduzierung beginnt nur der erste Multiple-τ-Schritt beim ersten Datenfile zum Zeitpunkt t = 0s. Alle h¨oheren Multiple- τ-Schritte starten zeitlich versetzt um die Summe der Samplezeiten aller vorigen Multiple-τ-Schritte (siehe Abb. 6.7). Dabei wird eine bestimmte Anzahl von Files mit gleichem zeitlichem Abstand zu einemSample zusammengefasst. DieSamplezeit l¨asst sich dann aus der um Eins reduzierten Anzahl der Datenfiles pro Sample multipliziert mit der zeitlichen Differenz zwischen zwei aufeinanderfolgend abgespeicherten Datenfiles des jeweiligenMultiple-τ-Schrittes berechnen.

JederMultiple-τ-Schrittbesteht aus einer bestimmtenSampleanzahl, wobei der Anfang und das Ende aufeinander folgender Samples jeweils um ein Datenfile verschoben ist. So wurden in Kap. 4 z. B. die mittleren quadratischen Verschiebungenf¨ur die verschiedenenSamples berechnet und anschließend ¨uber die verschiedenenSamples zu derselben Zeitspanne gemittelt. Damit ergibt sich f¨ur die Funktion bzgl. der Samplezeit desMultiple-τ-Schrittes eine h¨ohere Statistik.

2Die Samples wurden in Kap. 4 Ensembles genannt.

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Abbildung 6.8: Selbst-Differenzen der geometrischen Eigenschaften der Dreiecke erster Generation und der nach einer gewissen Wartezeit tw bestimmten Dreiecke. Die Graphen sind nochmals unterteilt nach den Fl¨achen (linke Spalte), den Kanten (mittlere Spalte) und den Winkeln (rechte Spalte), nach den verschiedenen Dreiteilchenkombinationen (Zeilen) sowie nach unterschiedlichen Wartezeitspannen (Farbencode). Die Ordinate der Kurven wurde jeweils auf den Wert Eins bei der Abszisse Null normiert.

Die Halbwertsbreiten der Peaks zu den roten und den schwarzen Kurven bei der Ordinate von 0,5 wurden als Zahlenwert eingetragen. Der Buchstabegsteht f¨ur ein großes, der Buchstabekf¨ur ein kleines Teilchen. In den Bezeichnungen geben die ersten drei Buchstaben die Dreiteilchenkombination an; bei den Kanten folgt die Zweiteilchenkombination der Eckteilchen und bei den Winkeln die Teilchensorte, an der der jeweilige Winkel anliegt.

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Wegen der ineinander greifenden Multiple-τ-Schritte ist die zeitliche Abfolge der gespeicherten Da- tenfiles recht kompliziert. Es ergibt sich f¨ur die ¨ublicherweise benutzte Einstellung von 500Samples mit jeweils 500 Datenfiles f¨ur eine Zeitdifferenz zwischen zwei aufeinanderfolgend abgespeicherten Datenfiles des ersten Multiple-τ-Schrittes von ∆t= 0,2s die Datenstruktur, die in Abb. 6.7 f¨ur die ersten beiden Multiple-τ-Schritte gezeigt wird.

Bei dem in Abb. 6.7 nicht mehr gezeigten drittenMultiple-τ-Schritt w¨urde nur noch jedes vierte von der Framegrabberkarte bearbeitete Datenfile abgespeichert. Der dritteMultiple-τ-Schritt beg¨anne dann zur Zeit 300sbeim abgespeicherten Datenfile 1251 und endete zur Zeit 1100sbeim 2499. abgespeicherten Datenfile, das dem 5500. von der Framegrabberkarte bearbeiteten Datenfile entspricht.

Das Verfahren, das Anfangs- sowie das Enddatenfile zeitlich um ein Datenfile zu verschieben, um eine h¨ohere Statistik zu erhalten, wird auch bei der Untersuchung der zeitabh¨angigen Diffe- renzen der geometrischen Eigenschaften der im ersten File erhaltenenDreiecke erster Generation und der jeweiligen nach einer bestimmten Wartezeit tw betrachteten Dreiecke in Abb. 6.22 ange- wandt. Analog werden die zwei um dieWartezeit verschobenen Datenfiles im Folgenden ebenfalls alsSample bezeichnet.

Wie in Abb. 6.8 die sogenannten Selbst-Differenzen der Fl¨achen, Kanten und Winkel zwischen zwei um dieWartezeit tw verschobenen Datenfiles ¨uber ein Histogramm bestimmt wer- den, wird nun mathematisch beispielgebend f¨ur die Selbst-Differenzen der Dreiecksfl¨achen Fj mit der halben Histogrammkanalbreite ∆F zu den mit j markierten Dreiecken erster Gene- ration gleicher Eckteilchen dargestellt. j l¨auft dabei von 1 bis zur Anzahl der Dreiecke erster Generation N umDrei. Zur Vereinfachung wird hier angenommen, dass die Datenfiles nicht ¨uber einen Multiple-τ-Algorithmus aufgezeichnet wurden, die Datenfiles also immer um die gleiche Zeitspanne ∆t zueinander verschoben sind. Bei den Selbst-Differenzen werden die (positiven) Dreiecksfl¨achen aus dem um die Wartezeit tw verschobenen Enddatenfile von denjenigen des Anfangsdatenfiles abgezogen. i gibt die Nummer des Anfangsfiles sowie die Nummer der be- trachteten Sample an. Die Zahl N umEnd bezeichnet die Differenz zwischen den Nummern des End- und des Anfangsdatenfiles und entspricht somit nach tw = N umEnd∗∆t der Wartezeit.

Dass die jeweiligen mit j durchnummerierten Dreiecke die gew¨unschte Dreiteilchenkombination (lmn) haben, wobei l, m und n jeweils f¨ur ein großes (g) oder kleines (k) Kolloid stehen, wird durch die Λ-Funktion Λlmn(aj, bj, cj) ausgedr¨uckt (siehe Gl. 6.3). Die Teilchensorten der drei Eck- teilchen werden durchaj,bj sowiecj beschrieben, denen jeweils ein Element aus{g, k}zugewiesen wird, je nachdem, ob das betreffende Teilchen groß (g) oder klein (k) ist. Die Λ-Funktion ist in diesem Falle nur dann Eins, wenn das j-te Dreieck zu der Dreiteilchenkombination lmn geh¨ort, in allen anderen F¨allen Null. Die Positionen der drei Eckteilchen des j-ten Dreiecks zum i-ten Datenfile werden mit −→ra,j,i,−→rb,j,i und −→rc,j,i angegeben. Aus den Teilchenpositionen werden die Dreiecksfl¨achen berechnet. Die Fl¨achenfunktionQ(Flmn±∆F, tw) wird bei der Abszisse Null auf den Wert Eins skaliert, indem jeder Histogrammkanal durch die Funktion qlmn(±∆F, tw) (siehe Gl. 6.4) dividiert wird.

Die Funktion Q(Flmn ± ∆F, tw) der Gl. 6.1 gibt zur Wartezeit tw die auf qlmn(±∆F, tw) normierte Anzahl derlmn Dreiecke an, deren Selbst-Fl¨achendifferenzen innerhalb des Intervalls [Flmn∆F, Flmn+ ∆F[ liegen3.

Q(Flmn±∆F, tw) = Λlmn(aj, bj, cj) qlmn(±∆F, tw)

N umDrei

j=1

N umSam

i=1

Υ [(Fj(−→ra,j,i,→−rb,j,i,−→rc,j,i)

Fj(−→r a,j,i+N umEnd,−→rb,j,i+N umEnd,−→rc,j,i+N umEnd))−Flmn,∆F] , (6.1)

3Die Bildung des zeitlichen Mittelwerts ¨uber diskrete Datenfiles wird in den Gl. 6.1 bis 6.4 durch eine Summe ausgedr¨uckt. In einen kontinuierlich beobachtbaren System ließen sich die Summen durch Zeitintegrale ersetzen.

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Υ(a−b, c) =

1 f¨ur|a−b| ≤c

0 sonst , (6.2)

Λlmn(aj, bj, cj) =

1 f¨ur (aj, bj, cj) {(l, m, n),(l, n, m),(m, l, n),(m, n, l),(n, l, m),(n, m, l)} 0 sonst,

(6.3)

qlmn(±∆F, tw) = Λlmn(aj, bj, cj)

N umDrei

j=1

N umSam

i=1

Υ [(Fj(−→ra,j,i,−→rb,j,i,−→rc,j,i)

Fj(−→ra,j,i+N umEnd,−→rb,j,i+N umEnd,−→rc,j,i+N umEnd)),∆F] . (6.4) Aus Abb. 6.8 l¨asst sich zu den Fl¨achen-, Kanten- und Winkeldifferenzen der im ersten File bestimmten Dreiecke erster Generation f¨ur unterschiedliche Wartezeiten Folgendes ablesen:

DieSelbst-Differenzenwerden vontw = 0,2suber¨ tw = 1sbis hin zutw = 5simmer breiter, weil die thermischen Teilchenbewegungen eine Fluktuation der Dreiecksstrukturen bewirken.

Derafig-Effekt zeigt sich an der geringen Zunahme der Halbwertsbreiten zwischen tw = 5sundtw = 19000s. Da die Kolloide ihrenK¨afig nicht verlassen k¨onnen, erstarren auch die Dreiecksstrukturen.

Bei Zunahme der Halbwertsbreiten zwischen den Wartezeiten tw = 5s und tw = 19000s verbreitert sich der Peak infolgelokaler Strukturrelaxationen. Diese k¨onnen dieGleich- gewichtspositionen der Teilchen derDreiecke erster Generation auf l¨angeren Zeitskalen auf Grund heterogener Relaxationen in der Probe in gewissen Grenzen ver¨andern.

Nur wenige Dreiecke ¨andern innerhalb derWartezeit tw = 19000sihre geometrischen Eigen- schaften gegen¨uber tw = 5s so deutlich, dass sie die bei tw = 19000s zu sehenden kleinen Ausl¨aufer des Hauptpeaks bewirken. Starke ¨Anderungen der Dreiecksfl¨ache ergeben sich nur dann, wenn ein Eckteilchen des Dreiecks innerhalb der Wartezeit geh¨upft ist – dies gilt nach Abb. 6.6 nicht nur f¨ur die upf-Dreiecke selber.

Dass die schwarzen Kurven in Abb. 6.8 so stark verrauscht sind, liegt an der deutlich geringeren Sampleanzahl, d. h. an einer schlechten Statistik.

Die mittleren quadratischen Fl¨achen¨anderungen [∆Flmn(tw)]2 der Dreiecke erster Generation (siehe Abb. 6.9) f¨ur die unterschiedlichen Dreiteilchenkombinationen lmn bei der Wechselwirkungsst¨arke Γ = 538 als Funktion der Wartezeit tw zeigt bei doppelt-logarithmischer Auftragung im Bereich von 25s bis 20000s ein flacheres und somit deutlicher ausge- pr¨agtesPlateau als das Plateau der entsprechenden mittleren quadratischen Verschiebung (siehe Abb. 6.3).

Die mittlere quadratische Fl¨achen¨anderung l¨asst sich mathematisch mit den zu den Gl. 6.1 bis 6.4 gemachten Angaben und der der Sample i zugewiesenen Zeitti wie folgt formulieren:

[∆Flmn(tw)]2= Λlmn(aj, bj, cj) N umDrei∗N umSam

N umDrei

j=1

N umSam

i=1

[Fj(ti)−Fj(ti+tw)]2 , (6.5) Aus Abb. 6.9 k¨onnen folgende interessante Schl¨usse gezogen werden:

(12)

Abbildung 6.9: Mittleren quadratischen Fl¨achen¨anderungen [∆Flmn(tw)]2 der Dreiecke erster Generation f¨ur die unterschiedlichen Dreiteilchenkombinationen lmnals Funktion derWartezeit tw bei der Wechselwirkungsst¨arke Γ = 538. Zwischen tw 25s und tw 20000s bildet sich ein deutlich er- kennbaresPlateau aus, vergleichbar mit dem dermittleren quadratischen Verschiebung (siehe Abb. 6.3).

F¨ur Wartezeiten tw > 20000s steigt die mittlere quadratische Fl¨achen¨anderungen wegen auftretender H¨upf-Prozesse f¨ur alle Dreiteilchenkombinationen wieder an.

Das gegen¨uber den mittleren quadratischen Verschiebungen flachere Plateau der mittle- ren quadratischen Fl¨achen¨anderungen ergibt sich, weil hier nicht mehr die Bewegungen der Einzelteilchen, sondern die korrelierte Bewegung der drei Teilchen des jeweils betrachteten Dreiecks erster Generation betrachtet wird. Folglich geben die mittleren qua- dratischen Fl¨achen¨anderungen nur die ¨Anderungen der Fl¨ache des K¨afigs, nicht aber die Einfl¨usse an, die von einer Translation des K¨afigs als Ganzes bzw. der Rotation desK¨afigs um seinen Schwerpunkt herr¨uhren.

DerPlateauwert ist f¨ur dieDreiecke erster Generation der verschiedenen Dreiteilchenkom- binationen unterschiedlich hoch und unterschiedlich deutlich ausgepr¨agt. Einerseits liegt dieses Verhalten an den verschieden großen Fl¨achen der zugeh¨origenElementardreiecke, von denen es abh¨angt, wie stark Fluktuationen der jeweiligen Dreiecksfl¨achen ausfallen. Ande- rerseits h¨angen diePlateauwerte der mittleren quadratischen Fl¨achen¨anderung auch davon ab, wie dicht gepackt die zu den Dreiteilchenkombinationen geh¨orenden Dreieckstrukturen sind. Genauere Analysen sind hierzu noch notwendig.

Die mittleren quadratischen Fl¨achen¨anderungen f¨ur die Dreiecke erster Generation aller Dreiteilchenkombinationen steigt f¨ur Wartezeiten tw > 20000s wegen dann auftretender H¨upf-Prozesse wieder an.

Die dynamischen Strukturanalysen haben gezeigt, wie der K¨afig-Effekt, H¨upf-Prozesse und lokale Strukturrelaxationen die geometrischen Eigenschaften der Dreiecke erster Generation in

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Abh¨angigkeit von der Wartezeit bei hoher Wechselwirkungsst¨arke beeinflussen. Nun wird un- tersucht, ob die vorgeschlagene Mittelung ¨uber die Plateauzeit deutlich sch¨arfer definierte geo- metrische Eigenschaften der Dreiecke erster Generation liefert. Dazu werden in Abb. 6.10 die sogenanntenFl¨achen-,Kanten- undWinkel-Selbst-Differenzen nach den Dreiteilchenkombinatio- nen unterteilt dargestellt, die sich ergeben, wenn die geometrischen Eigenschaften der einzelnen uber die¨ Plateauzeit gemitteltenGleichgewichtsdreiecke mit denselben, aber ¨uber eine andere Zeitspanne gemittelten Dreiecken verglichen werden (siehe auch Abb. 6.3).

Auf eine mathematische Beschreibung der in Abb. 6.10 gezeigten Kurven wird an dieser Stelle verzichtet, zumal die Teilchenpositionen, von denen in den Gleichungen 6.1 bis 6.4 die Fl¨achen F abh¨angen, nur durch gemittelte Teilchenpositionen ersetzt werden. Von derMittelungszeitspanne t h¨angt es ab, ob die Gleichgewichtslagen bestimmt werden oder nicht.

Die in Abb. 6.10 verwendeten Mittelungen bestehen aus4:

1250 einzelnen Rohdatenfiles mit der Zeitdifferenz zwischen zwei Datenfiles von ∆t0,4s der ersten 500s (schwarze Kurve);

aus 900 Samples der ersten 200s, jeweils ¨uber 100 aufeinander folgende Rohdatenfiles der Zeitdifferenz ∆t 0,2s gemittelt, d. h. ¨uber eine Mittelungszeitspanne von ca. 20s (rote Kurve);

aus 500 Samples der ersten 200s, jeweils ¨uber 500 aufeinander folgende Rohdatenfiles der Zeitdifferenz ∆t0,2sgemittelt, d. h. ¨uber eineMittelungszeitspanne von ca. 100s(gr¨une Kurve);

aus ungef¨ahr 750 Samples (blaue Kurve), in denen erst nach einer Wartezeitspanne zwischen 20000sund 25000sjeweils ¨uber 21 aufeinander folgende Rohdatenfiles, d. h. wegen des Multiple-τ-Algorithmus uber ca. 520s, gemittelt wurde. Die Zeitdifferenz zwischen zwei¨ Datenfiles lag hier bei ∆t 26s.upf-Dreiecke wurden dabei nicht ber¨ucksichtigt (siehe Abb. 6.6).

Da die Rohdaten mit dem Multiple-τ-Algorithmus aufgezeichnet wurden, sind die diskreten Zeitschritte zwischen zwei aufgezeichneten Datenfiles zeitabh¨angig. Folglich k¨onnen in gleich lan- gen, zeitlich aber verschobenen Mittelungszeitspannen unterschiedlich viele Datenfiles liegen. Da die Mittelungen so gemacht wurden, dass die zeitlichen Abst¨ande zwischen zwei aufeinanderfol- genden Datenfiles ¨uber die gesamte Mittelungszeitspanne jeweils ungef¨ahr gleich waren, ergaben sich teilweise sehr große Unterschiede in der Anzahl der gemittelten Rohdatenfiles pro Sample.

Aus Abb. 6.10 lassen sich folgende allgemeinen Bemerkungen ableiten:

Fast symmetrische Peaks um die Null ergeben sich sowohl f¨ur die unterschiedlichen Drei- teilchenkombinationen als auch f¨ur die verschiedenen geometrischen Dreieckseigenschaften.

Dabei sind die Halbwertsbreiten der einzelnen Rohdatenfiles am gr¨oßten, weil die Teil- chen hier den K¨afig bis zum ’Rand’ abfahren. Eine Mittelung ¨uber 20s reicht genauso wie die deutlich bessere Mittelung ¨uber 100s noch nicht aus, um die Gleichgewichtslagen der Teilchen zu erhalten.

4Da in der Probe die Datenfiles nach einemMultiple-τ-Algorithmusmit 500SamplesproMultiple-τ-Schritt und 500 Datenfiles proSamplebei einerZeitdifferenz ∆t0,2saufgezeichnet wurden, kann zum klareren Verst¨andnis die Datenstruktur aus Abb. 6.7 herangezogen werden.

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Abbildung 6.10: Selbst-Differenzen der geometrischen Eigenschaften zwischen den Gleichgewichts- dreiecken erster Generation und denuber eine andere Anzahl von Ausgangsfiles gemittelten¨ Dreiecken derselben Eckteilchen. Die Graphen sind unterteilt nach den Fl¨achen (linke Spalte), den Kanten (mittlere Spalte) und den Winkeln (rechte Spalte), nach den verschiedenen Dreiteilchenkombi- nationen (Zeilen) sowie nach den unterschiedlichenMittelungszeitspannen (Farbcode). Die Ordinate der Kurven wurde jeweils auf den Wert Eins bei der Abszisse Null normiert. DieHalbwertsbreiten der Peaks zu den schwarzen Kurven bei der Ordinate von 0,5 wurden als Zahlenwert eingetragen. Der Buchstabe g steht f¨ur ein großes, der Buchstabe k f¨ur ein kleines Teilchen. In den Bezeichnungen geben die ersten drei Buchstaben die Dreiteilchenkombination an; bei den Kanten folgt die Zweiteilchenkombination der Eckteilchen und bei den Winkeln die Teilchensorte, an der der jeweilige Winkel anliegt.

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Dass selbst nach einer Wartezeit von 20000s bis 25000s alle ¨uber 500s gemittelten Peaks noch relativ scharf und nahezu symmetrisch um den Abszissenwert Null liegen, zeigt einen stark ausgepr¨agtenK¨afig-Effekt, zumal die Dreiecke ihre geometrischen Eigenschaften wei- testgehend erhalten. Vor allem an den Fl¨achen-, aber auch an den Kantenfluktuationen in Abb. 6.10 ist jedoch eine leichte Verschiebung des Maximums zu erkennen. Dieser kleine Effekt muss aber nicht mit lokalen Strukturrelaxationen zu tun haben, sondern kann auch von geringen Dichte¨anderungen in der bin¨aren 2D Kolloidprobe innerhalb der Wartezeit herr¨uhren.

Weitere interessante Aussagen zu den unterschiedlichen Dreiteilchenkombinationen lassen sich f¨ur die Fl¨achendifferenzen, die Kantenfluktuationen der verschiedenen Zweiteilchenkombinatio- nen und die Winkeldifferenzen an den großen bzw. kleinen Teilchen beim jeweils gleichen Mit- telungszeitraum ablesen, also z. B. nur der schwarzen Kurven in Abb. 6.10. Als Hilfe wurden in Abb. 6.10 die Halbwertsbreiten der geometrischen Eigenschaftsdifferenzen zwischen den Drei- ecken aus den Rohdaten und den Gleichgewichtsdreiecken eingetragen:

Die Fluktuationen der Dreiecksfl¨achen um die zugeh¨origen Fl¨achen derGleichgewichtsdrei- ecke sind f¨ur alle Dreiteilchenkombinationen recht ¨ahnlich, obwohl die Fl¨achen der Ele- mentardreiecke aus nur kleinen Kolloiden um einen Faktor 0,216 kleiner sind als die der Elementardreiecke nur großer Teilchen (siehe Abb. 5.26 auf Seite 5.26). Diese Beobachtung l¨asst sich unmittelbar aus der Fl¨achenerhaltung in einem starren K¨afig erkl¨aren, in dem die Eckteilchen fixiert sind, das Zentralteilchen jedoch fluktuiert (siehe Abb. 6.11). Da die Fl¨ache eines Dreiecks aus der Formel ’Basis x H¨ohe / 2’ berechnet wird, ergeben sich bei ge¨anderter H¨ohe aber gleichbleibender Basis geringere Fluktuationen f¨ur z. B. die Dreiecke der Dreiteilchenkombination klein/klein/klein gegen¨uber denjenigen der Dreiecke mit der Dreiteilchenkombination groß/groß/groß. Zumal der K¨afig selber f¨ur die unterschiedlichen Dreiteilchenkombinationen verschieden stark fluktuiert, was aus der unterschiedlichen Sta- bilit¨at der jeweiligen Dreiecke folgt, ergeben sich weitere Einfl¨usse auf die Form der Peaks und damit auf die Halbwertsbreiten.

Die Kantendifferenzen f¨ur die drei Zweiteilchenkombinationen groß/groß, groß/klein und klein/klein nehmen in dieser Reihenfolge immer mehr zu. Diese Beobachtung ist eine direk- te Folge der st¨arkeren Fixierung der großen Kolloide um ihre Gleichgewichtslage als die der kleinen Teilchen um ihr Potentialminimum. Auch wenn hier die Fluktuationen von immer zwei Teilchen die Fl¨achendifferenzen ergeben, bei den mittleren quadratischen Verschie- bungen hingegen der Abstand eines Teilchens zu seiner Anfangsposition quadriert wird, ist diese Beobachtung eine gewisse Best¨atigung der in Kap. 4 auf Seite 55 gemachten Annahme, dass der Faktor 1,7 zwischen denSelbst-Diffusionskoeffizientender großen bzw. der kleinen Kolloide imZwischen-undLangzeitbereich auf die thermischen Bewegungen in ihremK¨afig zur¨uckzuf¨uhren seien.

Dass die Winkelfluktuationen f¨ur die großen Teilchen geringer sind als f¨ur die kleinen Teil- chen, liegt einerseits daran, dass der Abstand zwischen einem bestimmten Teilchen und einem großen Teilchen wegen des gr¨oßeren magnetischen Feldradius gr¨oßer ist als der zwi- schen demselben bestimmten Teilchen und einem kleinen Teilchen, und andererseits an den geringeren thermischen Fluktuationen der großen Kolloide in ihrem K¨afig als diejenigen der kleinen Teilchen5.

5In der Abb. 5.33 auf Seite 131 wurde f¨ur die Winkelfluktuationen in einem einzelnen Rohdatenfile ±4 verwendet. Damit sollte die Winkelfluktuationen um die Winkel derElementardreieckeauf Grund der thermischen Teilchenbewegung ber¨ucksichtigt werden. Nach Abb. 6.10 ist dieser Wert eine gute Absch¨atzung.

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Abbildung 6.11: Fl¨achenerhaltung in einem starren K¨afig mit fixierten Eckteilchen (gr¨un) und beweglichen Zentralteilchen (rot).

In Abb. 6.12 sind die Gleichgewichtsh¨upf-Dreiecke erster Generation in der Fl¨ache darge- stellt, die in Abb. 6.10 unber¨ucksichtigt geblieben sind6. Es ist unschwer zu erkennen, dass die Gleichgewichtsh¨upf-Dreiecke ihre geometrischen Eigenschaften an die neue Umgebung anpassen und dass sich die geometrischen Eigenschaften der Dreiecke folglich stark ¨andern.

Abbildung 6.12: Vier upf- Dreiecke in der Fl¨ache;blau:

Gleichgewichtsdreiecke zu Be- ginn, rot: Gleichgewichtsdrei- ecke nach einer Wartezeit tw= 25000s.

In Abb. 6.13 sind die Gleichgewichtsdreiecke erster Generation sowie dieselben Dreiecke nach einer Wartezeit tw = 130000s, jeweils ¨uber ungef¨ahr 500s gemittelt, in dasselbe Bild eingezeich- net, nochmals unterteilt nach den Dreiecken, deren Fl¨achen¨anderung w¨ahrend der Zeitspanne gr¨oßer als 5% oder kleiner als 5% geworden ist bzw. nicht mehr als 5% von derDreiecksfl¨ache er- ster Generation abweicht. Innerhalb derWartezeit haben von den insgesamt 1858 Dreiecken 1347 Dreiecke ihre Fl¨ache weniger als±5% ge¨andert, obwohl viele dieser Dreiecke deutlich bzgl. ihrer Ausgangsposition verschoben wurden. Folglich bewegen sich diese Dreiecke korreliert zueinander kooperativ in eine Richtung, ohne dass sich ihre lokalen Dreiecksstrukturen wesentlich ver¨andern.

DieseDreiecke erster Generation sind mithin bei hohen Wechselwirkungsst¨arken bzgl. ihrer Drei- ecksstrukturen stabil.

In Abb. 6.13 wird zus¨atzlich angegeben, ob die Dreiecke nachtw = 500seinenFl¨achenparame- ter 0,15 haben oder nicht. Viele Dreiecke in dieser Probe erf¨ullen diese Vorgabe aber nur deswegen nicht, weil die Dreiecke, die ein Aggregat als Eckteilchen haben, andere geometrische Eigenschaften besitzen als die Elementardreiecke, mit denen ihre Fl¨ache verglichen wird.

Nun ist nachgewiesen, dass diezeitliche Mittelung uber die¨ Plateauzeit tats¨achlich in der Lage ist, die Brownsche Bewegung der Teilchen innerhalb ihres K¨afigs zu unterdr¨ucken, so dass sich die Gleichgewichtspositionen der Kolloide in ihrer jeweiligenNachbarschaftsteilchenkonfiguration

6Die in Abb. 6.6 angesprochenenGleichgewichtsdreiecken erster Generation, die mit dem geh¨upften Teilchen 7 zum Zeitpunktt= 0 einGleichgewichtsdreieck bilden, deren Fl¨ache nach der Zeittw jedoch nicht negativ wurde, wurden in Abb. 6.10 betrachtet.

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Abbildung 6.13:Zweizeitenanalyse der Dreiecke erster Generation in der Fl¨ache. Die blauen Dreiecke erster Generation beschreiben dieGleichgewichtsdreiecke der zueinander n¨achster Nachbarn im gemittelten Ausgangsfile. Die roten Dreiecke geben die ge¨anderten Dreiecksstrukturen der gemittelten Dreiecke erster Generation nach Ablauf derWartezeit tw= 130000s wieder. Die drei Abbildungen sind nach der ¨Anderung der Fl¨ache innerhalb derWartezeit aufgegliedert.Oberes Bild: Fl¨achenvergr¨oßerung um mehr als 5%.Mitte: Die Fl¨achen¨anderung geringer als ±5%. Unteres Bild: Fl¨achenverringerung um mehr als 5%. Zus¨atzlich werden die roten Dreiecke nach dem Fl¨achenparameter unterteilt. Wenn die Selbst-Fl¨achendifferenz der Dreiecke erster Generation zu dem entsprechenden Elementardreieck der Dreiteilchenkombination 0,15 ist, wird das Dreieck mit einem gr¨unen Punkt, ansonsten mit einem weinroten Dreieck gekennzeichnet.

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ergeben. Woher kommen jedoch die deutlich breiteren Verteilungen der geometrischen Eigen- schaften derDreiecke erster Generation der Abb. 6.5 gegen¨uber denjenigen der Abb. 5.25? Diese Frage wird als n¨achstes behandelt.

Da die magnetischen Feldradien in dem gemittelten Datenfile wegen der fehlenden thermi- schen Bewegung der Kolloide sch¨arfer definiert sind als in einem ungemittelten Datenfile, l¨asst sich der Doppelpeak f¨ur die Kantenggg1ggin Abb. 6.5 nur erkl¨aren, wenn die Bildverarbeitung Aggregate aus mehreren kleinen Kolloiden jeweils als ein großes Teilchen interpretiert und ab- gespeichert hat. Dann ist eine Kante gA, die aus einem großen Kolloid (g) und einem Aggregat (A) besteht, deutlich k¨urzer als eine Kante zu zwei großen Kolloiden gg, aber auch etwas gr¨oßer als ein Kantegk aus einem kleinen (k) und einem großen Kolloid. Außerdem liegen die Dreiecke ggg, zu denen nicht f¨alschlicherweise ein Aggregat geh¨ort –, deren Kanten also alle zu dem Peak mit gr¨oßerer Kantenl¨ange geh¨oren,– ¨ahnlich gut lokalisiert beieinander wie die ggg Dreiecke in Abb. 5.25 und bilden ebenfalls hexagonale Dreiecke. Die Dreiecke ggA hingegen, die zwei Kan- ten gA und eine Kante gg besitzen, bilden Dreiecke mit einem Winkel von ungef¨ahr 70 beim Aggregat und 55 bei den beiden großen Kolloiden.

Da auch in den ggk Dreiecken eines der großen Kolloide durch ein Aggregat ersetzt sein kann, entsteht ein kombinierter Peak. Zu diesem geh¨oren die geometrischen Eigenschaften derDreiecke erster Generation mit den Dreiteilchenkombinationen ggk sowie gAk. Dabei ¨ahneln dieDreiecke erster Generation mit der DreiteilchenkombinationgAk denjenigen Dreiecken erster Generation mit der Dreiteilchenkombination gkk.

Die in Abb. 6.5 gezeigten geometrischen Eigenschaften von Dreiecken erster Generation geh¨oren eigentlich nicht zu einer bin¨aren, sondern eher zu einer terti¨aren Teilchenmischung, in der neben den kleinen und großen Kolloiden zus¨atzlich noch Aggregate vorhanden sind, die aus mehreren kleinen Teilchen bestehen. Da in einem solchen Falle deutlich mehrElementardrei- ecke als die f¨ur die bin¨are 2D Kolloidmischung gefundenen vier St¨uck vorkommen, bilden sich einerseits kleinere Kristallit-Cluster und andererseits wesentlich h¨aufiger strukturell frustrier- te Regionen aus, in denen die Elementardreiecke nicht lokal fl¨achendeckend aneinander passen.

Folglich verschmieren lokal frustrierte Strukturen die in Abb. 6.5 dargestellten geometrischen Eigenschaften der Dreiecke erster Generation zus¨atzlich.

Mit geschultem Auge lassen sich auch einige Aggregate in den geometrischen Eigenschaften der Dreiecke erster Generation der Abb. 5.25 erkennen. Dass auch in der Probe 10 bis 20 Aggre- gate vorkommen, wurde bereits in Abb. 5.32 mit Hilfe gr¨oßerer Dreiecksfl¨achen begr¨undet. Der Nachweis, dass diese Annahme richtig ist, konnte hier erbracht werden.

Am Ende dieser Analysen an Hand der Dreiecke der zueinander n¨achsten Nachbarn sollen nun noch vier Kommentare gemacht werden:

Die bisherigen Analysen haben gezeigt, dass es bei der zeitlichen Entwicklung von vorgege- benen Dreiecken der zueinander n¨achsten Nachbarn zwingend erforderlich ist, die Dreiecke danach zu unterscheiden, ob sie zu einemH¨upf-Prozess geh¨oren oder ob derK¨afig-Effekt sie um eine Gleichgewichtslage fixiert. Diese beiden Relaxationskan¨ale f¨ur Teilchen in der Pro- be sind entscheidend f¨ur die strukturellen lokalen Relaxationen im Kurzzeit-, im Zwischen- und imLangzeit-Bereich.

Bei hoher Wechselwirkungsst¨arke kann die thermische Teilchenbewegung um eine Gleich- gewichtslage durch eine geeignete Mittelung eliminiert werden. Damit erh¨alt man die geo- metrischen Eigenschaften der Gleichgewichtsdreiecke.

Die dynamischen Untersuchungen der geometrischen Dreieckseigenschaften sind von der Translation des Schwerpunktes der Dreiecke sowie von der Rotation der Dreiecke um ihren

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Schwerpunkt entkoppelt. Die Bewegung der einzelnen Teilchen separiert bei diesen Analy- sen also; ein Teil bewirkt ¨Anderungen der Dreieckstrukturen, ein anderer die Translation bzw. die Rotation des Dreiecks. Bei den bisher ¨ublichen Methoden, mit denen die Relaxa- tionen einzelner Teilchen beschrieben wurden – z. B. mit Hilfe der mittleren quadratischen Verschiebungen –, ergeben sich keine Informationen ¨uber den lokalen Aufbau der Materie, nur indirekte R¨uckkopplungen, z. B. ¨uber den K¨afig-Effekt.

Die strukturellen ¨Anderungen der Gleichgewichtsdreiecke zu sp¨ateren Zeiten geben Rela- xationen der lokalen Teilchenkonfigurationen wieder.

Besonderheiten bei der dynamischen Strukturanalyse

Im Experiment kann nicht vollst¨andig verhindert werden, dass ein Teil der Kolloidteilchen- bewegung durch eine Drift der sie umgebenden Fl¨ussigkeit verursacht wird. Somit wird die ein- zig interessierende Bewegung der Teilchen von ihrer Ausgangsposition weg auf Grund der ma- gnetischen Wechselwirkung und der thermischen Bewegung der Kolloide verf¨alscht. Aus diesem Grunde wurde einerseits bei den experimentellen Messungen der Teilchenkoordinaten sehr großer Wert darauf gelegt, dass die Gesamtdrift aller Teilchen extrem klein war, und andererseits vor der Berechnung aller Funktionen des Kapitels 4 die Gesamtdrift aller Teilchen von den jeweili- gen Teilchenpositionen abgezogen. Die Korrektur der Teilchenkoordinaten ist jedoch nur dann berechtigt, wenn alle Teilchen auch wirklich gleichm¨aßig in diese Richtung diffundieren. Eine Bewegung des Schwerpunktes aller Teilchen kann n¨amlich auch von heterogenen Relaxationen herr¨uhren. Eine Driftkorrektur der heterogenen Relaxation bewirkt aber Fehler, z. B. bei den mittleren quadratischen Verschiebungen.

Ein verf¨alschender Einfluss einer Drift auf die strukturellen ¨Anderungen in dem System ver- schwindet jedoch, wenn die geometrischen Eigenschaften derDreiecke erster Generation betrach- tet werden, weil Dreiecksstrukturen sowohl gegen Rotation als auch gegen Translation invariant sind. Nur wenn sich die Dichte in dem betrachteten Ausschnitt der bin¨aren 2D Kolloidsuspen- sion ¨andert, was sich z. B. an einer vergr¨oßerten Fl¨ache der Dreiecke bemerkbar macht, oder die Drift außergew¨ohnlich stark ist und somit zus¨atzliche Relaxationen bewirkt, k¨onnen in den Beobachtungszeiten deutliche Einfl¨usse auf die gegenseitige Anordnung der Dreieckstrukturen auftreten.

6.1.4 Zeitlich gemittelte transformierte zweidimensionale (2D) Drei- punkt-Korrelationsfunktion

Die bisher durch K3(x,y){a, δ,L} oder durch K3(r, ϕ){a, δ,R} beschriebene transformierte 2D Dreipunkt-Korrelationsfunktion kann in der dargestellten Art und Weise nur in nicht oder nur schwach thermisch fluktuierenden Systemen angewendet werden. Der Grund hierf¨ur ist die Fixierung des Zweilings durch die Transformation auf die x-Achse. Dadurch werden die ther- mischen Fluktuationen der Zweilingsteilchen 1 und 2 auf alle dritten Teilchen ¨ubertragen. Diese Problematik wird in Abb. 6.14 an einem monodispersen System verdeutlicht.

In Abb. 6.14 werden im (x, y)-Koordinatensystem durch spezielle Wahl der Positionierung der Zweilingsteilchen 1 und 2 drei unterschiedliche transformierte Systeme (x, y) – ein System in der Mittelposition und zwei dazu um das Zweilingsteilchen 1 gedrehte Systeme – betrach- tet. Dabei wird in den gedrehten Systemen bei konstantem Zweilingsabstand b[a δ, a+δ[

das Zweilingsteilchen 2 vom Zweilingsteilchen 1 aus gesehen zus¨atzlich noch um die Winkel

±∆ϕ gedreht, w¨ahrend die dritten Teilchen jeweils an ihren Positionen verbleiben. Auf Grund der Transformationsvorschrift f¨ur K3(x,y){a, δ,L} liegen die drei unterschiedlichen Zweilinge

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Abbildung 6.14: Bildliche Erkl¨arung, wie die zus¨atzliche Auslenkung des Zweilingsteilchens 2 um das Zweilingsteilchen 1 mit dem Winkel ±ϕ im Ausgangssystem bzgl. einer Mittelposition der Zweilings- teilchen 1 und 2 die Transformation derdritten Teilchen in das gestrichene Koordinatensystem (x, y) beeinflusst.

mit jeweils gleichem Abstand b im gestrichenen Koordinatensystem (x, y) bei (−b/2 ,0) und (b/2 ,0) ¨ubereinander. Die dritten Teilchen sind jedoch f¨ur die zwei weiteren Konfigurationen vom Zweilingsteilchen 1 aus gesehen um den jeweils negativen Winkel ±∆ϕ des Zweilingsteil- chens 2 im Ausgangssystem aus ihren Mittelpositionen verschoben. Der absolute Betrag der Auslenkung h¨angt von dem Abstand s des dritten Teilchens vom Zweilingsteilchen 1 nach der Formel (± ϕ) ab7.

Diese Effekte werden noch viel komplizierter, wenn die thermischen Abstands- und Win- kel¨anderungen b und ϕ der Zweilingsteilchen in der Zeit unabh¨angig voneinander fluktu- ieren8. Die Zweilingsteilchen 1 und 2 beeinflussen alsdann die transformierten Positionen der dritten Teilchen in K3(x,y){a, δ,L} und K3(r, ϕ){a, δ,R} auf ganz unterschiedliche Weise.

Die ¨Uberlagerung der thermischen Fluktuationen derZweilingsteilchen mit den Brown’schen Be- wegungen derdritten Teilchenl¨asst sich bei niedriger Systemtemperatur durch eine Mittelung der Teilchenpositionen ¨uber die Plateauzeit, innerhalb der kein H¨upf-Prozess ablaufen darf, nahezu vollst¨andig eliminieren.

Wird f¨ur N Datenfiles thermisch fluktuierender Teilchen der Mittelwert der einzelnen Teil- chenpositionen im Ausgangssystem (x, y) gebildet, lassen sich die thermischen Bewegungen der dritten Teilchen nach einer im Folgenden dargestellten abge¨anderten Transformationsvorschrift in das gestrichene Koordinatensystem (x, y) weitestgehend von der thermischen Bewegung der Zweilingsteilchen entkoppeln, wenn in der Mittelungszeitspanne keine H¨upf-Prozesse stattgefun- den haben.

Zuerst werden – wie -in Abb. 6.15 schematisch gezeigt – die Mittelwerte der thermischen Bewegungenjedes einzelnen Kolloids ¨uber den ganzen Datensatz9 berechnet, indem die jeweiligen

7InK3(r, ϕ){a, δ,R} uhrt der in Abb. 6.14 dargestellte Fall f¨ur die dritten Teilchen zu einer einheitlichen Verschiebung der Ordinateϕ (siehe hierzu Abb. 5.3).

8Die Transformation K3(x,y){a, δ,L} legt in dem gestrichenen Koordinatensystem die Ausrichtung eines Zweilings und die Position seines Mittelpunktes im Ursprung von (x, y) fest, wobei der Abstandbzum Zeitpunkt t0 innerhalb eines bestimmten 2δbreiten Intervalls um einen Wert aliegt. Falls der AbstandbdesZweilings zur Zeitt > t0 so stark variiert, dass der zeitabh¨angige Abstandb(t) gr¨oßer alsa+δoder kleiner alsaδwird, geht derZweiling in einTeilsystem mit einer anderenZweilingsbedingung b(t){aδ,a+δ} ¨uber.

9In dem Experiment konnte ungef¨ahr alle 0,2s ein Datenfile aufgezeichnet werden. Deswegen entspricht ein

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Abbildung 6.15: E verschiedene Datenfiles werden im Ausgangssystem (x, y) gemittelt. In dem so erzeugten File der gemittelten Mittelpunktkoordinaten aller Teilchen wird nach zwei Teilchen gesucht, deren Abstand dieZweilingsbedingung erf¨ullt. Ein gefundenes Teilsystem entspricht einemTransfor- mationsbereich, der als bestimmter Ausschnitt im Wertebereich der Datenfiles f¨ur die folgenden gemit- telten transformierten Dreipunkt-Korrelationsfunktionen jeweils konstant gehalten wird. Mit Hilfe des Transformationsbereiches l¨asst sich auf dem rot markiertenWeg 1direkt aus dem Datenfile der gemittel- ten Mittelpunktkoordinaten dietransformierte (partielle 2D) Dreipunkt-Korrelationsfunktion gemittelter Teilchenkoordinaten K3(xM,yM){a, δ,L} f¨ur dieses eine Teilsystem berechnen. Beim magenta farbig hervorgehoben Weg 2werden alle Teilchen, die in dem Transformationsbereich liegen, aus denEDatenfiles nach den Vorschriften des gemitteltenZweilings in ein gestrichenes Koordinatensy- stem ¨ubertragen und damit einegemittelte transformierte 2D Dreipunkt-Korrelationsfunktion K3M(x,y){a, δ,L}erzeugt (siehe auch Abb. 6.16); Diese Funktion beschreibt also die Teilchentrajektori- en der verschiedenen transformierten Teilsysteme, wobei nur die Gleichgewichtspositionen derZweilinge dieZweilingsbedingung erf¨ullen.

x- und y-Koordinaten f¨ur jedes Datenfile aufsummiert und das Ergebnis dann durch die Anzahl E der Datenfiles dividiert werden. Alle gemittelten Partikelpositionen10 Mj werden in einem neuen Datenfile gespeichert. Erst in diesem Datenfile wird die Zweilingsbedingung ¨uberpr¨uft, d. h., ob der Abstand bM der gemittelten MittelpunktpositionenMk und Ml der Teilchen k und l innerhalb des Intervalls Z = [a−δ, a+δ[ liegt oder nicht. Wenn diese Maßgabe erf¨ullt ist,

Datensatz mitEaufeinander folgenden Datenfiles (ohne Datenreduzierung mittels Multiple-τ-Algorithmus) einem bestimmten Zeitintervall: t (E 1)·0,2s. Die Bildung des zeitlichen Mittelwerts ¨uber diskrete Datenfiles wird bei der mathematischen Beschreibung im Anhang A.4 auf Seite IV durch eine Summe ausgedr¨uckt. F¨ur ein kontinuierlich beobachtbares System ließe sich die Summe durch ein Zeitintegral ersetzen.

10Die gemittelte PartikelpositionMjbezieht sich hier auf das mit dem Wertjgelabelte Teilchen des Ausgangs- systems in derx, y-Fl¨ache. Diese Nummerierung hat weder etwas mit den bisher als Indizes verwendeten Zahlen 1 und 2 f¨ur die Kolloide desZweilings noch mit irgendeinemdritten Teilchen zu tun.

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