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Anzeige.
Petri Hispani de lingua arabica libri duo Pauli
de Lagarde studio et sumptibus repetiti. Gottingae
1883. (Prostant in aedibus Dietericianis Arnoldi Hoyer.)
gr. 8". vm pp. 436.
Schon der grosse, um Geschichte, Litteratur und Sprache der
westlichen Araber gleich unsterblich verdiente Dozy, der ja bekannt¬
hch nach den von Fehlem und Mängeln strotzenden Machwerken
der Casiri, Conde etc. zum ersten Male all jene Gebiete meister¬
haft in echt wissenschaftlichem Geist angebaut und bearbeitet hat,
der überhaupt der erste gi'osse Geschichtschi'eiber der glänzendsten, bis dahin in tiefes Dunkel gehüllten Periode arabischer Geschichte vmd Kultur geworden ist in seiner umfassenden, auf eingehendstem
Studium der arabischen Quelienschriftsteller beruhenden Histoire des
Musulmans d'Espagne, einer der grossartigsten Leistungen und Er¬
rungenschaften neuerer historisch-kritischer Forschung, — ein Werk,
das der eminente Gelehrte leider nicht mehr auch über die Zeiten
der Muräbiten (Almoraviden 1086—1156) und der Muwahhiden
(Almohaden 1156—1228 [1257]), sowie über die Periode der schönen
Nachblüte arabischen Lebens und arabischer Kunst auf der Pyre¬
näenhalbinsel, über die Zeit der Nasridendjmastie in Granada (1238
—1491) ausgedehnt hat, — hatte mehrmals den Plan gehabt, das für
die Kenntniss der arabischen Sprache in Spanien äusserst, ja einzig¬
artig wichtige Werk des Pedro de Alcalä „Vocabulista aravigo en
letra castellana" Granada 1505, das selbst auf grossen Bibliotheken nicht leicht zu finden ist, neu herauszugeben und der Wissenschaft
zugänghch zu machen und zwar in völliger Umarbeitung, nicht
mehr mit Voranstellung des Spanischen , sondem des Arabischen
(nach arabischem Alphabet geordnet) in arabischen Charakteren,
und mit Beifügung der Aussprache nach Pedro, welch letztere aus
arabischen Schriftstellera , wo nöthig , belegt und gerechtfertigt
werden sollte. Durch die Sanunlung und Bearbeitung des un¬
schätzbaren Supplement aux Dictionnaires arabes (I. H. Leyde 1881)
kam Dozy von seinem Plan wieder ab, da er in diesem den Reich¬
thum des im Vocabulista enthaltenen Sprachschatzes möghchst zu
Seybold, de hagwrde'g Petri Hispani de lingua arabica libri duo. 71 [
verwerthen suchte, was ihm freilich uicht im vollen Masse bei der
unerschöpflichen Fülle und den grossen Schwierigkeiten der Hebung
dieser Schätze gelingen konnte. Auch einen Schüler, Dr. Engelmann,
hatte der Meister zur Neubearbeitung des Vocabulista in der an¬
gedeuteten Weise veranlasst, der aber durch seinen Abgang nach
niederländisch Indien und das Studium der sundischen Sprachen
von dem bereits tüchtig in Angriff genommenen schwierigen
Unternehmen abkam (vgl. Dozy - Engelmann , Glossaire des mots
espagnols et portugais derives de l'arabe Leide 1869. XXI n.).
Hatte ofifenbar die grosse Schwiei-igkeit vollständiger Umarbeitung,
wie Dozy sie geplant, das ganze Untemehmen scheitem gemacht,
so hat uns der auf den verschiedensten Gebieten unermüdliche P.
de Lagarde mit Vermeidung jener Klippe den ganzen Pedro, und
zwar nicht bloss den wichtigem Vocabulista, sondem auch die km-ze
„Arte para ligeramente saber la lengua araviga" (diese nach einer
2. editio derselben p. 1—68) in prächtigem, von unzähligen Fehlern
gesäuberten Drack und schöner Ausstattung vorgelegt uud sich
damit ein bleibendes Verdienst um die (spanisch-) arabische Wissen¬
schaft erworben, das er bald durch eine „Beschreibung des in
Granada üblich gewesenen Dialekts der arabischen Sprache" noch
erhöhen und krönen will, worauf er vorläufig alle verweist, die sich
mit diesen Studien abgeben; und wir sind in der That höchst
gespannt auf die neuen, wichtigen Aufschlüsse, die uns die Akribie
des scharfsinnigen Forschers bringen wird. Indessen ist es jeden¬
falls Pflicht auf die neue Erscheinung des wichtigen Pedro de Alcalä alle, die sich mit arabischer Grammatik und Lexikographie befassen,
aufmerksam zu machen. Denn bei einem künftigen auf Quellen¬
belegen rahenden arabischen Lexikon , das ja immer noch zu den
pia desideria des Semitisten gehört, muss auch der Vocabulista
(selbst nach Dozy's Ausbeutung) erneute Berücksichtigung finden,
wenn gleich derselbe freilich zunächst nur die granadinische Um¬
gangssprache wiedergibt, wie ja die Abfassung der Arte (enthaltend
zugleich ein Glaubensbekenntniss, Katechismus etc. p. 31—66) und
des Vocabulista nur den Zweck verfolgt, die katholischen Mönche
zur Bekehrang der Moriseos (nach Granadas Fall 1492) zu befähigen
durch rasche Einführung O in deren arabisches Idiom. Ganz un-
schätzbar, ja das einzige Mittel einen Einblick in die Eigenthüm¬
lichkeiten des spanisch-arabischen Dialekts zu gewinnen, ist gerade dieser Führer, da er eben die Aussprache des Volks in lateinischen Lettern und nicht „klassisches", un vokalisirtes Bücherarabisch gibt.
Besonders interessant (neben der Vokalisation) ist noch die Angabe
des Accents , der vom östlichen Arabisch ebenfaUs erheblich ab¬
weicht, sowie verschiedene Finessen der Aussprache; bekannt ist
ja z. B. die starke Neigung der westlichen Dialekte zur Imäle:
bib, hcin, bilid, Jayin = Jaen qU:?-; Femininendung Plur. — it
(doch lugät etc. wegen Um de Lagarde's Aufschlüssen nicht
47«
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vor/ugreifen, führe ich nur an, dass natürlich in den letzten Zeiteu
des vou Castilien abhängigen Königreichs Granada und vollends
gleich nach dessen Einnahme, das Spanische einen bedeutenden
Einfluss auf diesen Dialekt gewinnen musste , was besonders an
Eigennamen in die Augen springt und zwar nieht bloss an solchen,
wio Espäna (9oltiin Espäna = rey d'Espana), espanöli, Jorge etc.,
sondern auch da, wo die ältere arabische Form von der neuern
^ 03 i
hispanisirten verdi-ängt ist, vgl. Coinbra statt des alten Ä_j-Jlä
. o £ ' (Marrekoshi 268), Badajoz statt Ba^alyüs , Ecija statt i.^\JiJ\ (lat.
, )
Astigis), Ebora = »jU, Lixböna = iüj^^l . Italica älter arab.
3
'Pälika, Bodrigo ar. älter ^^^jj, Höma statt Ilümiya; s. v. „Se¬
villa Yxbilia o Him9a' ist auffallend die Verlängerung des i von
^ts>- = Emesa; s. v. Vesca (= Huesca) ist auffallend die Form
Vesta, alt mü^; s. v. „Xativa = Xatiba' ist mir die Länge des
i und Kürze des a sehr verdächtig (Druckfehler, oder Irrthum
Pedro's?) da es arabisch immer ji_>_bL-i.. heute Jätiva (aus lat.
Saetäbis) heisst; zu beachten ist die Imäle bei o!j in Guldalhijära
Guldalquiblr , GuIdxenÜ , Guldiäna , woraus wir ersehen , dass der
granadinische Dialekt vor den übrigen Spaniens besonders zur
Imäle geneigt war (vgl. dagegen Guadalquibir, Guadiana, Guada¬
lajara, Guadalupe, Guadalaviar (= Wäd alabyad der weisse Fluss)
etc.). Der Vocabulista hat schon Dozy auch für Erklärung der
arabischen Lehnwörter im Spanischen wesentliche Dienste geleistet,
und ist selbst für den Stand des damaligen Spanischen nicht un¬
interessant, wie z. B. die Trausciiption des Arabischen beweist, dass
am Beginn des 16. Jahrhunderts das spanische x und j (g) noch
sibilirt gesprochen wurde (nicht rein guttural), als Aequivalente
von arab. ^ und ^. — Für Dialektologie und Wörterbuch des
Arabischen werden wir aus der reichen Fülle des uns neu zugäng¬
lich gemachten Materials noch vielen Gewinn ziehen können, wenn
wir auch durch die harte Schale ungenügender, nicht immer durch¬
sichtiger Transcription, durchaus nicht genauer alphabetischer Ord¬
nung, eines theilweis veralteten castellano auf den Kern dringen
müssen. Möge uns de Lagarde's rastlose Thätigkeit bald einen be¬
währten Führer zum eingehenderen Verständniss des granadin. Dia¬
lekts bieten, der uns zu Hebung des oft in weiter Tiefe ruhenden
Schatzes neue Anleitung giebt.
Maulhronn. Dr. C. Seybold.
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Namenregister ').
3oe 710
528 331
Böhtlingk 328. 481. 517. 528. 532. . . . 42. 227
539. 704 674
709
Bühler 489. 704 52
481. 517 *Petorson . . . . 528
99 137
481 ... 95. 313
1 322. 403
617 Robertson Smith 329
Grünbaum 543 Schroeder . . . 317. 352. 516
133 47
165 710
107 509
362 17
91 . . 104. 411
103 151
*Kashinath Trimbak Telang 107 137
327 532
Sachregister.
*Aegyptische Geschichte . . . 136 A.soka-Inschriften , Beiträge zur
Aethiopisehen Geschichte, Ein Krklärung der, 489
arabisches Document zur, . 403 Babyloniens, Zur historischen
Äkhyäna-Hymnen im Rigveda . 52 Geographie 1
Apastamblyadharmasülra , Be- Baudhäyana's Dharmagästra,
merkungen zu Bühler's Aus- Einige Bemerkungen zu . . 539
gäbe u. Uebersetzung des, . 517 Berichtigung zu S. 318 . . . 516
Arabischen Handschriften der Bihärl Language, Selected Spe-
Viceköniglichen Bibliothek zu cimens of 617
Kairo, Katalog der . . 674 Diwan Hudail, Scholien zum, . 411
'Arabischer Dragoman . . . l.'iS Ezra 4, 13 47
1) * bezeichuet die Verfasser und Titel der besprochenen Werke.