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Noch ein Wort zu Richard Schmidt's Ausgabe von
Harihara's Ratirahasya.
Von Ernst Lenmann.
Das oben p. 361 f. von Richard Schmidt Gesagte nötigt mich
zur folgenden Gegenäußerung. Nicht die .Keckheit, weil er einen
so fragmentarischen Text wie den des Harihara herausgegeben habe",
hat meine Verwunderung erregt, sondem die Keckheit, daß er diesen
Text den Lesern unserer Zeitschrift in so wenig lesbarer Form
vorgesetzt hat. Um für eine derartige Publikationsstelle das Nötige zu tun, wäre, wie ich sagte, eine Abschrift aus Tanjore zu beschaffen
gewesen. Daß außerdem auch mittelst einigen Nachdenkens manches
hätte in Ordnung gebracht werden können, mochten meine Berich¬
tigungen erraten lassen. Diesen Berichtigungen gegenüber gibt sich
nun freilich Sohmidt den Anschein, als ob es ihm auf einen korrekten
Text eigentlich gar nicht sehr ankomme ; denn er lehnt zwei davon
ab, die man so wenig wie die andem im Ernste anzweifeln kann.
Man höre: An zwei Stellen, die unbedingt das Wort „willenlos'
[= willföhrig = botmäßig*) = skt. a-vaäa] erfordern, druckt
Schmidt bloß „willen" und beharrt meiner Ergänzung zu trotz
bei seiner verstümmelten Lesung, indem er ihr die Bedeutung
„willenlos" zuspricht ! Dabei ist nichts natürlicher , als daß
im Indischen die dem ,-los" entsprechende Silbe verloren gehen
konnte, da sie im einen Fall elidiert wird und im andem das Schrift¬
bild nnr wenig verändert. Es handelt sich ganz einfach um zwei
Textverderbnisse von der Art, wie sie in Durchschnittshandschriften
und in schlechten Ausgaben dutzendweise vorkommen. 2)
1) Dieses Synonym wählt Schmidt p. 362, 8; in dor vorhergehenden Zeile setzt er im gleichen Sinne .gewonnen".
[2) Damit ist diese Kontroverse für die ZDMG. erledigt.
Der Redakteur.]
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Melupum.
Von Eberhard Nestle.
In Nr. 12 des Wöchentlichen Verzeichnisses der erschienenen
und der vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels vom
24. März d. J. las ich unter Sprach- und Literaturwissenschaft
angekündigt :
Adler, Vorscb.-Lehr., N.: Hebräische Buchstabenbilder. (30 Bl.)
40. Fürth, G. Rosenberg in Komm., '04. In Leinw. Mappe
9.60; m. Die Renaissance des alten hebr. Lese-Unterrichts.
10.50.
, Die Renaissance des alten hebräischen Lese-Unterrichts
im Lichte der modernen Methodik. Eine didakt. Studie.
(31 S. mit 4 lithogr. Abbildungen.) gr. 8». Ebd. ('04). —.90.
Ich verschaffte mir das Werk, fand aber, daß es für die Zwecke,
die ich durch dasselbe zu fördem hoffte, eine gute hebräische
Schrift einzuüben, gar nicht dient. Es sind Bilder, welche den
ersten kleinen ABC-Schützen das Erlernen der Buchstabennamen
und -formen erleichtem sollen. Gibt es kein Bild, fragte sich der
Verfasser, das Laut, Name und Form des Buchstabens zugleich
vergegenwärtigt. „Tch hielt beim Pasach und suchte nach einem
Bilde , durch welches der horizontale Strich , das Lautsymbol
des Pasachs, gleichzeitig mit dem Laut selbst dem Ge¬
dächtnis der Kinder gesichert werden könnte. Wie ein Lichtstreif
fiel im nächsten Augenblick der Gedanke auf meinen dunklen me¬
thodischen Weg: Dieser Strich des Pasachs ist selbst ein Bild,
das einfachste und natürlichste Bild, das für den a-Laut gewählt
werden kann, nämlich eine skizzenhafte Darstellung der Mundöffnung
beim Bilden und Sprechen dieses Lautes." So zeichnete er also
den Kopf eines Judenmädchens mit breit geöffnetem Munde für
das Pasach, ebenso für das Chi rik den eines Judenknaben, der
den Mund zum Pfeifen spitzt; beim Segol ein Gesicht, das auf
Weinen gestimmt ist; die 2 Augen mit dem Mund vertreten die
drei Punkte des Segol; beim Komoz schreit ein als Kutscher an¬
gedeuteter Junge oh! Ähnlich ist es bei den Konsonanten. Kaf
ist als (Hemden-)Kragen gezeichnet und das Dagesch in der Mitte
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