Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes
Von Helmut Gätje, Saarbrücken
Es ist für die Erkenntnis der allgemeinen Kulturgeschichte von
wesentlicher Bedeutung, daß die verschiedenen wissenschaftlichen
Disziplinen sich selbst in ihrer historischen Entwicklung begreifen und
sich dabei im Zusammenhang mit anderen Disziplinen als Bestandteil
einer umfassenden Entfaltung menschlichen Seins sehen. Wenn auch
die Anfänge einzelner Wissenschaften einem breiteren Verständnis
zugänglich sein mögen, so setzen die komplexeren Stadien der
Weiterentwicklung oft eine spezifische Kenntnis voraus, über die in
erster Linie der fachwissenschaftlich Gebildete verfugt. Auf der
anderen Seite hat sich die Entwicklung der Wissenschaften zum Teil in
Kulturkreisen vollzogen, deren Sprachen dem Fachwissenschaftler
nicht immer in gleichem Maße vertraut sind, so daß dieser nicht selten
auf Hilfe von philologischer Seite angewiesen ist. Freilich ist diese Hilfe
nur dann von Nutzen, wenn sie selbst im Rahmen einer gewissen fach¬
wissenschaftlichen Kenntnis erfolgt. Der Idealfall wäre, daß der Fach¬
wissenschaftler zugleich ein vollgültiger Philologe oder der Philologe
zugleich ein vollgültiger Fachwissenschaftler ist. Dieser Fall ist zwar
für manche Teilgebiete gegeben, kann aber angesichts der Fülle kultur¬
historischer Daten kaum in gleicher Weise für das jeweilige Gesamtge¬
biet vorausgesetzt werden.
Zu den Wissenschaften, die bis heute ein erstaunliches Geschichtsbe¬
wußtsein bewahrt haben, gehört die Medizin, die sich immer wieder im
Spiegel ihres Werdeganges betrachtet hat und trotz tiefgreifender
Wandlungen immer noch in verschiedener Weise aus ihrer Geschichte
zu lemen vermag. Daß dieser Fall nicht ganz selbstverständlich ist,
zeigt sich am Beispiel der modemen Psychologie, in welcher das histo¬
rische Bewußtsein offenbar sehr viel weniger ausgeprägt ist als in der
Medizin. Dies hängt wohl unmittelbar mit der Entwicklung der
einzelnen Wissenschaften zusammen und kann insofern wieder Gegen¬
stand einer wissenschaftsgeschichtlichen Betrachtung werden. Werm
jemand ein kompetenter Psychologe sein karm, ohne die Geschichte der
Psychologie zu kennen, so gilt Entsprechendes auch fiir den Arzt; doch
244 Helmut Gätje
hat man dazu angemerkt, daß ihn die Kenntnis der Medizingeschichte
zu einem besseren Arzt machen kann'.
Unter den historischen Formen der Medizin steht die griechisch-
hellenistische mit ihrer Fortwirkung im morgen- und abendländischen
Mittelalter der modemen Medizin am nächsten, was insofem nieht
verwunderlich ist, als die letztere ohne die griechischen Vorläufer in der
vorliegenden Form schlechterdings undenkbar wäre^ Da die Problem¬
gehalte, die mit dem Auftreten von Krankheiten gegeben sind, vielfach
identisch sind, hat sich von der griechischen Medizin bis heute eine
gewisse Kontinuität erhalten. Andererseits ist aber in der
Stellungnahme zu den Problemgehalten und damit in der jeweils
aktuellen Problemlage sowie der darauf basierenden Problemstellung
eine weitgehende Diskontinuität unverkennbar. So hat die griechische
Medizin in Gestalt der sogenannten Humoralpathologie eine gmndle¬
gende Konzeption entwickelt, die in entscheidenden Punkten von der
modemen Medizin überholt worden ist. In allgemeineren Darstellungen
der Medizin- oder der Kulturgeschichte wird die Humoralpathologie
häufig als mehrschichtige Entfaltung eines Viererschemas be¬
schrieben^, das gewissermaßen als eine „heilige Hieroglyphe'"* über
Jahrhunderte gewirkt und sich innerhalb bestinunter Grenzen als histo¬
risch durchaus brauchbar erwiesen hat\ Dieses Viererschema bemht
auf der Annahme von vier Elementen und vier Gmndqualitäten, denen
dann jeweils weitere Erscheinungen aus dem Bereich der Natur
zugeordnet sind. In den vier Elementen des Feuers, der Luft, des
Wassers und der Erde verbinden sich paarweise die Gmndqualitäten
der Wärme und der Kälte mit denen der Feuchtigkeit und der Trocken¬
heit, und zwar dergestalt, daß das Feuer als warm und trocken, die Luft
als warm und feucht, das Wasser als kalt und feucht sowie die Erde als
kalt und trocken gelten. Die organischen Körper und deren Teile stellen
spezifische Mischungen der Elemente und damit zugleich auch solche
der Gmndqualitäten dar, und von der Gleichgewichtigkeit und
Ungleichgewichtigkeit dieser Mischungen hängen die Funktionsfähig¬
keit der Körperteile und die des Gesamtkörpers ab. In diesem Sinne
bedingen die Beschaffenheiten der Mischungen (lateinisch: mixtiones,
temperamenta usw.) die Gesundheit oder Krankheit des organischen
' So Ackerknecht 5, wo dafür verschiedene Gründe angeführt sind.
^ Ackerknecht 46.
' Vgl. z.B. Schipperges 92 ff. und dazu 62.
* Schipperges 62.
^ Schipperges 62.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 245
Körpers und seiner Teile. Eine besondere Rolle hat bei der Ausbildung
der Humoralpathologie die Lehre von den verschiedenen Säften des
Körpers gespielt, die dann wiederum den vier Elementen und den darin
vertretenen Verbindungen der Grundqualitäten entsprechen. Dabei
werden dem Feuer die in der Leber wurzelnde gelbe Galle {chole, xanthe
chole), der Luft das im Herzen wurzelnde Blut (haima, lateinisch:
sanguis), dem Wasser der im Gehirn wurzelnde Schleim {phlegmä) und
schließlich der Erde die in der Milz wurzelnde schwarze Galle {melaina
chole) zugeordnet". Da man davon ausging, daß die im Körper vorhan¬
denen Mischungen nach ihrer jeweiligen Beschaffenheit nicht nur
dessen Gesundheit und Krankheit, sondem auch das seelische
Verhalten beeinflussen, konnte auf dieser Gmndlage später, nämlich im
12. Jahrhundert', auch der heute noch geläufige Begriff des Tempera¬
mentes entstehen, wonach man zwischen den vier Temperamenten des
Cholerikers, des Sanguinikers, des Phlegmatikers und des Melancholi¬
kers unterscheidet. Weitere Formen des Viererschemas beziehen sich
auf die Stufen des Lebensalters sowie die Jahres- und Tageszeiten.
Dabei entsprechen Kindheit, Frühling und Morgen der Luft oder dem
Blut, Jugend, Sommer und Mittag dem Feuer oder der gelben Galle,
Mannesalter, Herbst und Abend der Erde oder der schwarzen Galle
sowie Greisenalter, Winter und Nacht dem Wasser oder dem Phlegma*.
So oder ähnlich findet man jedenfalls das Viererschema der Humoral¬
pathologie in allgemeineren Darstellungen, die dabei eine relativ abge¬
schlossene Form voraussetzen.
Über die Entstehung und die allmähliche Entwicklung dieses Vierer¬
schemas gehen die Meinungen zum Teil auseinander. Während die
Lehre von den vier Elementen und den darin enthaltenen Gmndquali¬
täten dem Philosophen Empedokles von Agrigent (504-433 v. Chr.)
zugeschrieben worden ist", soll die Säftelehre mitsamt der Klassifika¬
tion der Jahreszeiten aus der Schule des Hippokrates von Kos (460-377
V. Chr.) hervorgegangen sein. Die darauf basierende Humoralpatho¬
logie wird speziell dem Polybos zugeschrieben, welcher der Schwieger¬
sohn des Hippokrates gewesen sein soll'". Ihre endgültige Form soll die
Humoralpathologie dann bei Galen (130-201 n. Chr.) gefunden
haben". Galen gilt zum Teil auch als der Schöpfer der klassischen
" Schöner 37 u.ö.
' Schöner 93.
" Vgl. z.B. die Tafel bei Schipperges 62.
° Ackerknecht 50.
Schöner 17 ff.; Flashar 39. " Diepgen 126.
246 Helmut Gätje
Temperamentenlehre'^ Von den Philosophen soll Aristoteles (384-322
V. Chr.) am stärksten auf die Medizin und die Naturwissenschaften
eingewirkt haben'^. Tatsächlich geht Aristoteles'" in seiner Naturphilo¬
sophie von den genannten vier Elementen und den vier Grundqualitäten
aus, welche den Charakter der Elemente bestimmen und deren natür¬
lichen Ort in der irdischen Welt bedingen, und zwar in der Weise, daß
die Erde stets nach unten strebt, daß das Wasser seinen Ort über der
Erde hat, daß darüber die Luft folgt und daß schließlich das Feuer ganz
nach oben strebt. Daraus ergibt sich bei abweichender Lage eine Art
von natürlicher Bewegung der Elemente und damit eine spezifische
Dynamik innerhalb der irdischen Welt.
Im einzelnen war das Verhältnis der Mediziner zur Philosophie
verschieden. Tatsächlich ist die Medizin schon im Altertum als eine
eigene, von der Philosophie getrennte Wissenschaft empfunden
worden. Als Begründer dieser Fachwissenschaft im Sinne einer eigenen
Disziplin galt Hippokrates'''. Indessen schließt der genannte Umstand
keineswegs philosophische Betätigungen einzelner Mediziner aus.
Galen hat sogar die Forderung aufgestellt, daß ein guter Arzt Philosoph
sein müsse, und begründet diese Forderung insbesondere damit, daß
zur genauen Differenzierung oder Spezifizierung der Krankheiten
Kenntnisse in der Logik erforderlich seien'". Galen selbst hat sich
neben seinen umfassenden medizinischen Studien auch auf
verschiedenen Gebieten der Philosophie betätigt und dabei an eine
Reihe älterer Philosophen oder Philosophenschulen angeknüpft.
Unverkennbar ist hier eine gewisse Heterogenität, die dazu fuhren
konnte, daß man ihn auf diesem Gebiet", wie übrigens auch auf dem der
Medizin'", als einen Eklektiker bezeichnet hat. Im Rahmen seiner
Studien hat Galen auch die Naturphilosophie des'Aristoteles berück¬
sichtigt, und so ist es kein Wunder, wenn in seiner Humoralpathologie
bestimmte Züge dieser Naturphilosophie auftreten. Andererseits ist
nicht zu verkennen, daß Galens Ansichten und seine Einstellung zu
Nestle 499; dazu Schöner 93.
Ackerknecht 60.
'" Vgl. dazu z.B. Zeller 499fT. Wichtige Queffen sind u.a. die Schriften De caelo. De generations et cormptione sowie Buch IV der Meteorologie.
Schipperges 92.
'" Gafen hrsg. Müller f-8; arabischer Text mit deutscher Übersetzung hrsg. Bachmann.
" So etwa Vorländer f72.
'* Ackerknecht 71; Schöner 86.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 247
älteren naturphilosophischen Lehren zum Teil aui ioi igr.schrittenen
medizinischen Behinden beruhen. Auf diese Weise lassen sich eine
Reihe von Lehren erklären, die bewußt von denen des Aristoteles
abweichen.
Wenn sich nach den vorangehenden Ausführungen das Viererschema
als das beherrschende Element der Humoralpathologie darstellt, so
stimmt das in der angedeuteten Form nicht immer mit den Tatsachen
überein. Nachprüfungen haben ergeben, daß bisweilen auch dort
(fälschlich) ein Viererschema zugrunde gelegt worden ist, wo dieses
nicht oder jedenfalls nicht in vollständiger Form nachweisbar ist'".
Darüber hinaus ist die Humoralpathologie im einzelnen komplizierter,
als dies die spätere Lehre von den vier Temperamenten unmittelbar
erkennen läßt. Als Beispiel dafür läßt sich Galen selbst anfuhren. So
werden ihm in der arabisch-islamischen Medizin"" und auch von
modernen Medizinhistorikem^' neun verschiedene Mischungen der
Grundqualitäten zugeschrieben, während man auf der anderen Seite
auch von dreizehn Grundmischungen gesprochen hat^". Freilich
schließt dieser Umstand nicht aus, daß Galen das Viererschema älterer
Mediziner durchaus gekannt und mit gewissen Modifikationen sogar
gelegentlich als tragfähig hingestellt hat^^. Bei der Bestimmung der
Grundmischungen geht Galen vorwiegend von den vier Grundqualitäten
aus und stimmt darin weitgehend mit Aristoteles überein^". Für Aristo¬
teles sind die Grundqualitäten der Wärme und der Kälte aktive Quali¬
täten, denen die Grundqualitäten der Feuchtigkeit und der Trockenheit
als passive Qualitäten gegenüberstehen. Aktiv sind die Wärme und die
Kälte insoweit, als sie dergestalt auf das Feuchte und Trockene
einwirken, daß daraus bestimmte Körper entstehen. Da die Grundquali¬
täten in verschiedener Weise in den einzelnen Elementen vertreten
sind, können diese als Bausteine der Körper gelten. Sind nun im Körper
alle vier Grundqualitäten in gleichem Maße vorhanden, so kann man
nach Galen von einer gleichgewichtigen oder ausgeglichenen Mischung
' Flashar 6 mit Hinweis auf Schöners Untersuchungen über das Vierer¬
schema in der antiken Humoralpathologie.
^° 'Ah ibn Rabban at-Tabarl 42.
Diepgen 126.
SiEBECK 284; dazu Flashar 109fr.
Schöner 87 ff., wo Grundsätzfiches zur Bewertung der verschiedenen
Äußerungen Gafens. Bei den unten folgenden Hinweisen auf Galen ist nicht im
einzelnen geprüft, ob die jeweils angesprochenen Lehren von Galen selbst
vertreten worden sind oder nur unter seinem Namen laufen.
" Siebeck 283; Schöner 93.
248 Helmut Gätje
(eukrasia) sprechen. Dieser ausgeghchenen Mischung stehen sodann
eine Reihe von unausgeghchenen Mischungen (dyskrasiai) gegenüber,
in denen jeweils eine aktive oder passive Qualität für sich allein oder
auch eine aktive Qualität gemeinsam mit einer passiven Qualität über¬
wiegt.
Auf dieser Grundlage hat man^*" für Galen neben (1) der ausgegli¬
chenen oder normalen Mischung folgende unausgeglichenen
Mischungen oder Dyskrasien angenommen: (2) Vorherrschen der
Wärme bei Gleichgewicht von Feuchtigkeit und Trockenheit, (3)
Vorherrschen der Wärme bei gleichzeitigem Vorherrschen der Feuch¬
tigkeit, (4) Vorherrschen der Wärme bei gleichzeitigem Vorherrschen
der Trockenheit, (5) Vorherrschen der Kälte bei Gleichgewicht von
Feuchtigkeit und Trockenheit, (6) Vorherrschen der Kälte bei gleichzei¬
tigem Vorherrschen der Feuchtigkeit, (7) Vorherrschen der Kälte bei
gleichzeitigem Vorherrschen der Trockenheit, (8) Vorherrschen der
Feuchtigkeit bei Gleichgewicht von Wärme und Kälte, (9)
Vorherrschen der Feuchtigkeit bei gleichzeitigem Vorherrschen der
Wärme, (10) Vorherrschen der Feuchtigkeit bei gleichzeitigem
Vorherrschen der Kälte, (11) Vorherrschen der Trockenheit bei Gleich¬
gewicht von Wärme und Kälte, (12) Vorherrschen der Trockenheit bei
gleichzeitigem Vorherrschen der Wärme und schließlich (13)
Vorherrschen der Trockenheit bei gleichzeitigem Vorherrschen der
Kälte. Diese dreizehn Mischungen reduzieren sich auf neun, sobald man
die ausgeglichene Mischung beibehält und innerhalb der Dyskrasien
nach der hier getroffenen Zählung die Mischung 3 mit der Mischung 9,
die Mischung 4 mit der Mischung 12, die Mischung 6 mit der Mischung
10 und die Mischung 7 mit der Mischung 13 gleichsetzt. Das Resultat
ist dann eine ausgeglichene Mischung, vier Mischungen, in denen
jeweils eine aktive oder passive Qualität gegenüber den drei verblei¬
benden Qualitäten vorherrscht, sowie vier weitere Mischungen, in
denen jeweils eine der aktiven Qualitäten zusammen mit einer der
passiven Qualitäten gegenüber den anderen drei Qualitätenpaaren
vorherrscht^". Das bedeutet, unter neuer Numerierung, (1) eine ausgeg¬
lichene Mischung, je eine Mischung mit Vorherrschen (2) der Wärme,
(3) der Kälte, (4) der Feuchtigkeit und (5) der Trockenheit, femer je
eine Mischung mit Vorherrschen (6) der Wärme und der Feuchtigkeit,
Siebeck 284 (mit anderer Anordnung).
^" Praktischen Wert hatten nach Schöner 93 nur die letzten vier
Mischungen. Man vgl. auch Sibbeck 285.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 249
(7) der Wärme und der Trockenheit, (8) der Kälte und der Feuchtigkeit
sowie (9) der Kälte und der Trockenheit. Dies sind dann auch jene neun
Mischungen, die in der arabischen Medizin vielfach als diejenigen
Galens oder der Medizin(er) schlechthin bezeichnet werden.
Wenn oben von einer schwankenden Affinität der Ärzte zur Philo¬
sophie und den darin behandelten naturwissenschaftlichen oder ontolo¬
gischen Grundlagen die Rede war, so gilt das nicht nur für den grie¬
chisch-hellenistischen, sondem auch für den arabisch-islamischen
Bereich. Sieht man von der Volksmedizin der vorislamischen Zeit mit
ihren teilweise magischen Praktiken und der auf Mohammed zurückge¬
führten sogenannten prophetischen Medizin ab, welch letztere in ihrer
frühen Form kaum über die Heilkenntnisse der Beduinen hinausging, so
ist die arabisch-islamische Medizin in ihrer klassischen Form weitge¬
hend von außerislamischen Einflüssen abhängig. Das schließt aller¬
dings gewisse Weiterentwicklungen und Neuentdeckungen nicht aus.
Die außerislamischen Einflüsse gehen teils auf die Syrer, Perser und
Inder, vor allem aber auf die griechisch-hellenistische Medizin zurück,
so daß man die islamische Medizin, wie sie sich seit dem 9. Jahrhundert herausgebildet hat, im wesentlichen als griechisch-hellenistische
Medizin in arabischer Sprache bezeichnen kann^'. Durch Überset¬
zungen griechischer Schriften lernten die Muslime das Corpus Hippo-
craticum, mehr als 130 Werke Galens, etwa 50 Werke des Rufus von
Ephesus (wirkte zur Zeit des Kaisers Trajan) sowie zahlreiche andere
Werke, Kompendien und Kommentare kennen"**. Die Einzelheiten des
bekannten Materials sind in jüngerer Zeit in zwei gewichtigen Mono¬
graphien verzeichnet worden, von denen die eine den gesamten
Zeitraum der arabisch-islamischen Medizin erfaßt^", während die
andere etwa bis zum Jahre 1040 reicht'" und weitergeführt werden soll.
Im Vordergmnd stehen hier biographische und bibliographische
Angaben, während die inhaltliche Seite auf das Notwendige beschränkt
ist oder sogar eine gewisse Kenntnis der griechisch-hellenistischen
Medizin vorausgesetzt wird. Daneben sind gerade in jüngerer Zeit von
arabistischer Seite eine Reihe von Textausgaben, Übersetzungen und
Untersuchungen vorgelegt worden, die von medizinhistorischer Seite
vor allem durch Untersuchungen über die Wirksamkeit der arabisch¬
islamischen Medizin im mittelalterlichen Abendland ergänzt worden
" Vgl. dazu u.a. Ullmann (1974) 159.
Ullmann (1974) 159.
Ullmann (1970).
'" Sezgin.
250 Helmut Gätje
sind. Tatsächlich ist die griechisch-hellenistische Tradition der Medizin
und anderer Wissenschaften im mittelalterlichen Abendland zunächst
wesentlich durch Übersetzungen arabischer Werke geprägt worden und
hat erst im Zeitalter des Humanismus eine stärkere unmittelbare Konti¬
nuität gewonnen. Daß dabei keine völlige Gleichartigkeit zwischen den
verschiedenen Zweigen der Überlieferung bestand, zeigt sich unter
anderem am Phänomen des sogenannten Neogalenismus, der sich
bewußt vom Arabismus in der Medizin absetzt^' . Auf der anderen Seite
ist trotz der intensiven Bemühungen um die Erschließung der arabisch¬
islamischen Medizin olTensichtlich noch inuner keine zureichende
Grundlage für eine breitere, in sich geschlossene inhaltliche Darstel¬
lung dieser medizingeschichtlichen Phase gewonnen worden''^.
Als einer jener Gelehrten, die für die Medizin wie für die Philosophie
in besonderer Weise bedeutsam waren, ist der gebürtige Perser
Avicenna (Ibn Sinä, gest. 1037) zu nennen. Sein umfassender Canon
( Qänünf'^ der Medizin wurde frühzeitig im Abendland bekannt und hat
hier in einer später revidierten Form lange Zeit als ein grundlegendes
Lehrbuch der Medizin gegolten. In stärkerer Weise hat sich der gleich¬
falls aus Persien stammende Rhazes (ar-Räzi, gest. 923) auf das Gebiet
der Medizin beschränkt und mit dem Continens {al-Häwif^ ein „Riesen-
werk"''"' geschaffen, das im mittelalterlichen Abendland sehr verbreitet
war. Auch ein von ihm geschaffenes Kompendium der Medizin**
erfreute sich im Abendland großer Beliebtheit. Verbreitet war auch eine
Darstellung der Generalia der Medizin, die der hauptsächlich als Philo¬
soph und Aristotelesinterpret bedeutsame Averroes (Ibn RuSd,
gest. 1198) in Gestalt seines Colliget [Kulliyät)" verfaßt hatte. Averroes
war spanischer Herkunft, und wenn er gelegentlich als der „größte
Philosoph und Mediziner"'^" des islamischen Westens bezeichnet wird, so trifft das letztere mit Sicherheit nicht zu. Als Mediziner waren andere
Gelehrte dieses Gebietes bedeutender, darunter nicht zuletzt Avenzoar
(Ihn Zuhr, gest. 1162), ein älterer Zeitgenosse und Freund des Aver¬
roes. Sein Name verband sich im Abendland vor allem mit dem Theisir
■" Ackerknecht 88 f
•'^ Ähnlich Ullmann (1978) XII, wo sodann Weiteres zur Darstellung der
Medizingeschichte des arabisch-(und persisch-jislamischen Bereiches.
Ullmann (1970) 152 ff.
■■"^Ullmann (1970) 130ff.; Sezgin 278fr.
Diepgen 177.
ä* Ullmann (1970) 132; Sezgin 282 ff.
" Ullmann (1970) 166f
Carter und Muir 24.
Zur [jchre von den Temperamenten bei Averroes 251
(Taisirf'', einem Werk, welches die Partikularia der Medizin enthält
und insofern im Colliget des Averroes sein Gegenstück gefunden hat"".
Avenzoar ist als Philosoph nicht hervorgetreten, ist aber offensichtlich
ein befähigter praktizierender Arzt gewesen, während Averroes trotz
seiner Anstellung als Leibarzt am Hofe des Sultans von Marrakesch
keine so intensive äratliche Tätigkeit ausgeübt zu haben scheint. Dies
ergibt sich zumindest aus einer Bemerkung im Colliget und gilt jeden¬
falls für seine Frühzeit"'.
Als Philosoph bekannte sich Averroes rückhaltlos zu Aristoteles, und
wenn er diesen zu Beginn seiner philosophischen Schriftstellerei, die
weitgehend Aristotelesexegese ist und auch in selbständigen Schriften
dessen Lehren aufnimmt oder zu verteidigen sucht, noch stärker im
Lichte der griechischen und arabischen Aristotelestradition sah, so
scheint er im Laufe der Zeit immer stärker auf Aristoteles selbst zurück¬
gegriffen zu haben"". Das bedeutet freilich nur eine relative Rückwen¬
dung; denn einerseits konnte er die aristotelischen Schriften nicht im
griechischen Originaltext benutzen und andererseits konnte er sich
insbesondere dann nicht völlig von anderem Lehrgut lösen, wenn es
sich um Themen handelte, die bei Aristoteles gar nicht oder nur ansatz¬
weise ausgeführt worden waren oder auch mit bestimmten Phänomenen
der späteren Zeit unvereinbar zu sein schienen. Wie er sich in solchen
Fällen verhielt, ist an anderen Stellen beispielhaft dargelegt worden"''
und soll auch im folgenden nochmals angedeutet werden. Sicher ist
jedenfalls, daß Averroes keine historische Aristotelesexegese im eigent¬
lichen Sinne betrieben hat, sondern den Begründer der peripatetischen Schule als eine zeitlose Inkarnation des Wissens schlechthin betrachtet
hat. Auf diese Weise war er gezwungen, Aristoteles mit aktuellen
Problemlagen einer späteren Zeit zu konfrontieren, und daß dabei keine
völlige Harmonisierung gelang, liegt auf der Hand.
Zu den Gebieten, in denen zwischen Aristoteles und Galen gewisse
Diskrepanzen bestanden, gehört das Gebiet der Medizin, die Averroes
in Anlehnung an Aristoteles ähnlich wie die Nautik oder die Strategik
nicht als eine Wissenschaft im strengen Sinne (episteme, 'ilm), sondern
*" Ullmann (1970) l(i3.
"" Ullmann (1978) 47.
"' So im Faksimile-Druck der arabischen Handschrift Granada, Sacro Monte 1 (datiert 1187!) = Culial 193 (dazu unten Anm. 48) und Lateinisch "VII 6 (dazu unten Anm. 51).
"^ So z.B. GÄT.JE (1975) 353fr.
"* Gätje (1972); (1964) u.ö.
17 ZDMG 132/2
252 Helmut GXtjb
als eine Kunst {techne, sincta) verstanden hat"', welche in diesem Falle
ihre wissenschaftlichen Grundlagen hauptsächlich in der aristote¬
lischen Naturphilosophie (' üm tobt l) hat. Averroes konnte zwar nieht
auf alle uns überlieferten Schriften des Aristoteles zurückgreifen; doch
lagen ihm die meisten Lehrschriften und dazu eine Reihe von grie¬
chischen Konunentaren in arabischer Fassung vor"''. Wo es nun zu
offenen oder auch verkappten Diskrepanzen zwischen Aristoteles und
Galen gekonunen war, entschied sich Averroes in der Regel fiir Aristo¬
teles, und zwar notfalls auch unter ergänzenden Umdeutungen, welche
das fortgeschrittene medizinische Wissen Galens in das Lehrgut des
Aristoteles hineintrugen und diesen in gewisser Weise „galenisierten".
Jedenfalls scheute Averroes vor einer offenen Polemik gegen Galen
nicht zurück imd fand dafiir in einzelnen Gebieten auch schon bekaimte
Vorbilder*". Methodisch hat man diesen Umstand insofem fiir wichtig
gehalten, „als dadurch die Autorität Galens erschüttert wurde"*'.
Nun ist das medizinische Hauptwerk des Averroes, nämlich der oben
genarmte Colliget, offensichtlich mehrschichtig*'. Wir besitzen eine
Reihe arabischer Handschriften und eine Faksimileausgabe**. Dabei
zeigen sich in einzelnen Handschriften gewisse Abweichungen, die zum
Teil auf Zusätze am Rand des Textes oder im Text selbst hinauslaufen.
Solche Zusätze haben dann auch in zwei handschriftlich erhaltene
hebräische Übersetzungen™ Eingang gefunden, deren Verhältnis
zueinander im einzelnen nicht immer ganz klar zu sein scheint, die aber
offenbar beide auf arabische Vorlagen zurückgehen. Daneben steht eine
** Vgl. Gätje (1980) 278 und dazu etwa Aristoteles: Nikomachische Ethik I 1, wo allerdings statt der Nautik die SchifTsbaukunst.
*•'' Dazu Petebs, der jedoch in manchen Punkten der Korrektur und Ergän¬
zung bedarf.
*" Dazu Bürgel 276fr.
*' Diepgen 180.
*' Zum Fofgenden Gätje (1975) 353 und besonders (1980).
*° Wir benutzen im Fofgenden den Faksimile-Druck der Handschrift
Granada, Sacro Monte 1 (datiert 1187!) = Cvliat, ferner, soweit abweichend, die
Handschriften Istanbuf, Topkapi Sarayi 1229 (datiert 1228-29) und Madrid,
Bibhoteca Nacionaf 132 (datiert 1235). Die Handschrift aus Madrid, in weicher der Anfang fehf t, weist keine Blatt- und Seitenzählung auf. Wir zäiüen die Seiten des arabischen Textes nach der uns vorliegenden Kopie.
•'" Eine Fassung soll von Salomo ben Abraham ben David (Lebensdaten
unbekaimt) und die andere vielleicht von Moses ben Tibbon stammen und 1264
abgeschlossen worden sein. Wir zitieren die erste Fassung nach der Handschrift Paris, Bibliotheque Nationale, H6br. 1172 (datiert 1490) und die zweite nach der Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Hebr. 29 (datiert 1550).
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 253
alte lateinische Übersetzung, die 1235 von einem Bonacosa in Padua
angefertigt worden sein soll und die im Mittelalter mehrfach gedruckt
sowie in Teilen neu formuliert und schließlich in einigen Abschnitten
auch durch eine Übersetzung aus dem Hebräischen ergänzt wurde"'.
Erste Betrachtungen haben ergeben, daß weder die uns bekannten
arabischen Handschriften noch die von uns geprüften Repräsentanten
der beiden hebräischen Übersetzungen fugenlos an den Text der alten
lateinischen Übersetzung heranführen. (Letztere meinen wir stets,
wenn wir schlechthin vom lateinischen Text sprechen.) Zwar enthält
diese Übersetzung viele der arabischen Zusätze einzelner Hand¬
schriften und damit auch die entsprechenden Zusätze der beiden
hebräischen Übersetzungen, aber darüber hinaus noch manches mehr,
von dem einiges durchaus von Averroes stammen kann, während
anderes mit Sicherheit oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit
kaum von diesem herrührt. In jedem Falle hat man aus solchen und
anderen Indizien den Schluß gezogen, daß Averroes den Colliget
verhältnismäßig früh (vor 1161 oder zwischen 1162 und 1169) verfaßt
und darm alsbald oder auch sehr viel später einmal oder gar zweimal
(neu) redigiert hat. Das letztere muß nicht unbedingt im Sirme einer
durchgreifenden Umgestaltung verstanden werden, sondern bedeutet
wohl eher, daß er den Grundtext im wesentlichen beibehalten, ihn aber
dabei teilweise leicht modifiziert und an einzelnen Stellen mit korrigie¬
renden Erklärungen versehen hat, ohne dabei völlig konsequent zu
verfahren.
Unabhängig von der Frage, ob und in welchem Maße derartige
Korrekturen und Zusätze von Averroes selbst stammen, muß es als
sicher gelten, daß die teilweise recht reservierte oder gar polemische
Haltung gegenüber Galen schon im Grundtext des Averroes eine
gewichtige Rolle spielt. So wendet sich Averroes"^ in allen uns vorlie¬
genden Zeugen der verschiedenen Schichten ausdrücklich gegen das
von Galen aufgegriffene platonische Schema der Seelenvermögen''',
welches Averroes seinerseits anhand von Aristoteles korrigiert, wobei
er allerdings in Einzelheiten von diesem abweicht'''. Man kann aber in
^' Alle Fassungen in Juntina Suppl. I. Wir zitieren den Colliget, soweit nichts anderes angegeben, nach Buch und Kapitel des Lateinischen.
*^ Colliget II 7; Juntina Suppl. I fol. 16 M ff.; Culiat 23 f. (wo aber einzelne Lücken); Istanbul fol. 16 b f.; Madrid S. 19 f.
SiEBBCK 183 und dazu 498 (Anm. 56 und 57). — Averroes nennt aUerdings
Galen in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich, sondem spricht von „den
Philosophen und den Medizinern".
^* Vgl. dazu Gätje (1975) 353 ff. und (1980) 289fr. sowie aflgemein (1965).
17*
254 Helmut Gätje
den verschiedenen Kommentaren des Averroes zur aristotehschen
Schrift über die Seele eine gewisse Rückkehr zum aristotelischen Grund¬
schema feststellen. Wenn er im Zusammenhang mit der Kritik an Galen
im Colliget bemerkt, daß die falsche Einteilung der Mediziner für deren
Kunst nicht von großem Schaden sei, so ist das eine Feststellung, die er
häufiger trifft' ' und die dann vielleicht auch als Erklärung dafür dienen
kann, warum die späteren Korrekturen — sofern sie von Averroes selbst
stammen — nicht gleichmäßig an allen davon betroffenen Stellen ange¬
bracht worden sind. Ein weiteres Beispiel früher Galenkritik aus
demselben Themenbereich''"' ist die Polemik gegen die dem Galen zuge¬
schriebene Auffassung, daß die Vermögen der Seele sozusagen mit den
Mischungen der Elemente des Körpers zu identifizieren seien'''',
während die Seele für Averroes''*' wie für Aristoteles''" die Form oder
Entelechie eines potentiell belebten Körpers ist, der gerade durch sie zu
einem aktuell belebten Körper wird. Und wenn Galen unter anderem die
höheren, dem Erkeimen dienenden Seelenvermögen im Gehirn lokali¬
siert''", während Aristoteles den Sitz der Seele im Herzen findet, so
bekennt sich Averroes im Prinzip zum aristotelischen Standpunkt, muß
allerdings einräumen, daß das Gehirn einen maßgeblichen Einfluß auf
die Tätigkeit dieser Seelenvermögen hat'". Immerhin hatte Galen auf
Versuche an lebenden Tieren hingewiesen, aus denen zu schließen sei,
daß das Him und nicht das Herz der Sprache und der Bewegung
vorstehe. Ferner gefährde eine Verwundung der Hirnventrikel das
Leben unmittelbar, und außerdem gingen alle Nerven (einschließlich
der des Rückenmarks) vom Gehirn aus"^.
Im Sinne der hier angedeuteten kritischen Haltung gegenüber Galen
und einem mehr oder minder bewußten Prozeß der Annähemng an
Aristoteles sollen nunmehr einige Erscheinungen aus dem Bereich der
Humoralpathologie behandelt werden, wie sie sich im Colliget finden.
Da in diesem Zusammenhang einige Zusätze gegenüber dem Gmndtext
bedeutsam sind, geht es zugleich um die Frage, ob sich diese Zusätze in
den genannten Prozeß einordnen lassen. Averroes hat den Colliget unter
Vgl. unter S. 261.
Colliget II 7 (vgl. oben Anm. 52).
■'' Zu Galens tatsächlicher AufTassung vom Wesen der Seele Siebeck 179 f.
•'"' So z.B. in der Epitome von De anima (hrsg. Ahwäni) 12 und (Haidaräbäd) 10. Nach Alonso 62 ff. käme als Entstehungszeit etwa 1159 in Betracht.
De anima II 1.
'" Siebeck 268 ff. und auch 498 (Anm. 56).
Vgl. u.a. Gät.ie (1965) 289ff.
Siebbck 267.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 255
Aufnahme einer älteren Anregung'' ' in insgesamt sieben Bücher geglie¬
dert, welche nacheinander die Anatomie, die Physiologie, die Patho¬
logie, die Symptomatik, Ernährung und Materia medica, die Hygiene
sowie die Therapie darstellen. Als Einleitung"* sind einige Gedanken
zur Begründung dieser Gliederung, insbesondere aber auch zum
Verhältnis von Medizin und Naturwissenschaft vorangestellt. Während
die Einteilung in sieben Bücher sonst übereinstimmt, ist diese Einlei¬
tung in den lateinischen Editionen in das erste Buch einbezogen und
wird als dessen erstes Kapitel erzählt. Die von uns benutzten
arabischen und hebräischen Textzeugen weisen zwar innerhalb der
einzelnen Bücher Zäsuren verschiedener Art und auch Ansätze zu einer
expliziten Kapitelzählung auf; doch hat die letztere wohl erst im Latei¬
nischen ihre endgültige Form gefunden, nach der wir uns hier richten.
Wenn das Lateinische die genannte Einleitung in das erste Buch einbe¬
zieht, so hängt das offensichtlich damit zusammen, daß sie ein weiteres
Vorwort enthält, welches in den uns vorliegenden arabischen und
hebräischen Textzeugen fehlt, nach einer lateinischen Randbemerkung
aber in einigen hebräischen Handschriften vorhanden gewesen sein
könnte""'. Dieses Vorwort enthält konkrete Angaben zur Motivation des
Werkes, einige grundsätzliche Gedanken zu den methodischen und
inhaltlichen Voraussetzungen, von denen wiederum die Gliederung in
die genannten Bücher betroffen ist, und schließlich eine detailliertere
Inhaltsangabe der einzelnen Bücher. Offenbar ist die Urheberschaft
dieses Vorwortes durch Averroes bisher nicht in Zweifel gezogen
worden, und es scheint in der Tat manches dafür zu sprechen, daß es
zumindest teilweise auf ihn selbst zurückgeht.
Im Colliget ist verschiedentlich von insgesamt neun oder auch von
acht unausgeglichenen Mischungen die Rede, zu welch letzteren dann
jeweils die ausgeglichene Mischung hinzuzuzählen ist. Dieselbe Anzahl
von Mischungen legt Averroes auch außerhalb des Colliget zugrunde''''.
Als eine, wenn auch recht knappe Einführung in die allgemeinen Grund¬
lagen der Humoralpathologie können die ersten Kapitel des zweiten
"* Ullmann (1978) 47.
"* Culial 7f; Lateinisch II.
"' Juntina Suppl. 1 ibi. 1 B. Dafiir hat die Übersetzung des Salomo ben
Abraham ben David nach dem uns vorliegenden Textzeugen aus Paris am
Anfang eine Aufzählung von Kapiteln, die von der lateinischen Kapitelzählung abweicht. Es folgt dann noch ein eigenes Vorwort des hebräischen Übersetzers.
"'' So in seinem Kommentar zu Avicenna f/r^/icn (dazu Ullmann, 1970, 154f und 167); lateinische Übersetzung Juntina Suppl. I fol. 223 A.
256 Helmut GXtje
Buches dienen"'. Dort Avird zunächst die Gesundheit als derjenige
Zustand im Körperteil definiert, in welchem dieser die ihm von der
Natur zugewiesenen Tätigkeiten (adäquat) ausübt und zugleich auf die
entsprechenden Einwirkungen reagiert. Die Glieder des Körpers sind
von doppelter Art. Eimnal handelt es sich um gleichteilige oder
gleichartige Körper, die sich urmiittelbar aus den vier Elementen
zusammensetzen und also eine Mischung oder eine Verbindung (mizä^,
ihtüät) bilden. Für das Nähere verweist Averroes ganz allgemein auf die
Naturwissenschaft und dazu noch insbesondere auf das vierte Buch der
(aristotelischen) Meteorologie, welches er als Zeugnis dafür anfuhrt, daß
Mischung und Verbindung durch das sogenannte Garen oder Reif¬
machen entstehen, welches seinerseits wiederum in erster Linie der
Wärme zuzuschreiben ist. Entsprechend dem Verhältnis der Elemente
zu den Grundqualitäten unterscheiden sich die gleichteiligen Körper
einerseits nach dem Anteil der Wärme und der Kälte sowie andererseits
nach dem Anteil der Feuchtigkeit und der Trockenheit. Aus der wieder¬
holt genannten Naturwissenschaft, mit welcher hier die Naturphilo¬
sophie des Aristoteles und seiner Schule gemeint ist, ergibt sich
Weiteres, nämlich daß eine Zerlegung der gleichteiligen Körper stets zu
stofflich identischen Teilen führt. Nach dem aristotelischen Schema von
Stoff und Form läßt sich, wie es dann sinngemäß im Colliget heißt, der
spezifische Zustand der gleichteiligen Körper hinsichtlich der Form als
eine Mischungsform bestimmen, die auf dem jeweiligen Anteil der
einzelnen Elemente im Gemischten beruht.
Im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu Beginn des zweiten
Buches hält Averroes den Medizinern methodische Mängel vor, auf die
an dieser Stelle nicht weiter einzugehen ist. Jedenfalls ist auch Galen
von der Konzeption der gleichteiligen Körper ausgegangen. Nun karm
jedes Gemischte so zusammengesetzt sein, daß darin die vier Elemente
mit gleichen Anteilen vertreten sind und daß das Gemischte somit eine
Mitte zwischen diesen Elementen darstellt. Diese Mitte wird des
näheren als eine solche bestimmt, die in Relation zu den möglichen
Abweichungen oder Extremen steht. Wie dem weiteren Zusammenhang
zu entnehmen ist, gilt dies grundsätzlich auch für die sogenaimten orga¬
nischen Glieder, die aus verschiedenen gleichteiligen Körpem zusam¬
mengesetzt und durch deren Mischungsverhältnisse bestimmt sind.
Diese organischen Glieder bilden neben den gleichteiligen Körpem die
zweite Art der Körperteile. Durch die Mischungsverhältnisse in den
gleichteiligen und den organischen Gliedem ergibt sich dann ein
Culiat 18 ff.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 257
entsprechender Zustand im Gesamtkörper des Lebewesens, dessen
Belebtheit freilich nicht auf der bloßen Zusammensetzung der verschie¬
denen Körperteile beruht, sondem im oben angedeuteten Sinne der
Seele zuzuschreiben ist.
Neben der ausgeglichenen Mischung gibt es indessen noch verschie¬
dene weitere Mischungen, in welchen die Elemente nicht mit gleichen
Anteilen vertreten sind. Allgemein zeigen sich solche Unterschiede in
den verschiedenen Arten der Lebewesen. So hat der Mensch seiner
Natur nach eine andere Gesamtmischung als das Pferd. Wenn sich
demgemäß die Mischungen der Körperteile und des Gesamtkörpers
nach dem Mehr oder Minder der Elemente und damit auch nach dem
Maß der in ihnen vertretenen Gmndqualitäten unterscheiden, so
bestehen dabei gewisse Grenzen oder Extreme, welche nicht über¬
schritten werden köimen, ohne daß dabei der artgebundene Gesund¬
heitszustand zugrunde geht. Mit Bezug auf die Grundqualitäten ergeben
sich nun innerhalb der Körperteile imd des Gesamtkörpers Abwei¬
chungen, die auf einem Übermaß von jeweils einer Gnmdqualtität oder
von jeweils zwei Grundqualitäten im Rahmen der oben angefiihrten
Kombinationen beruhen. Zusammen mit der ausgeglichenen Mischung
fuhrt dies zu den genaimten neun Mischungsarten, die Averroes hier
und auch an anderen Stellen des Colliget aufzählt oder auch als ganze
anspricht. Zu den gleichteiligen Bestandteilen des Körpers rechnet
Averroes, wie sich auch aus der Anatomie des Colliget (I 2)°" ergibt, die
Knochen, Nerven, Sehnen, Adem, Bänder, das Fleisch, das Fett, die
Haut i^ild, derma) und die feineren Häute {giSä , hymen), aber auch die
vier Säfte, also das Blut, den Schleim, die schwarze und die gelbe Galle
sowie schließlich auch das sogenannte Pneuma. Zusammengesetzte
Körperteile im Sinne der organischen Glieder sind beispielsweise die
sogenannten Hauptorgane, nämlich das Herz, die Leber, die Milz und
das Gehirn, oder auch andere Körperteile wie die Hände und der¬
gleichen mehr.
Bei der Darstellung der verschiedenen Mischungen zu Beginn des
zweiten Buches wirft Averroes die Frage auf, ob in den gleichteihgen
Körpem und damit zugleich auch in den zusammengesetzten Ghedern
sowie im Gesamtkörper eine (absolut) ausgeglichene Mischung möglich
sei. Hinsichtlich der Quantität der Elemente in den Einzelteilen wird
diese Frage eindeutig verneint, da die letzteren die Eigenschaften der
Schwere und der Leichtigkeit aufweisen, was wiederum darauf zurück¬
zuführen ist, daß in den gleichteihgen Körpem che Elemente des
Oidiat 8.
258 Helmut Gätje
Wassers und der Erde vorherrschen und jene dadurch ihre Konsistenz
erhalten. Sieht man von einem Passus ab, der offensichtlich später
eingefügt worden ist und weiter unten berücksichtigt werden soll, so
wird die Frage nach einer qualitativen Ausgeglichenheit (der Grundqua¬
litäten) nicht schlechthin verneint. Vielmehr bemerkt Averroes, daß
man dies wohl für möglich halte, wie denn Galen ein solches Gemisch
vom Fleisch der Hand und dabei insbesondere von dem der Finger¬
spitzen angenommen habe. Im allgemeinen weisen indessen, wie sich
aus den folgenden Kapiteln des Colliget (II 2 und 3)"" ergibt, die gleich¬
teiligen und die organischen Körper im Rahmen der möglichen Extreme
kein (absolut) ausgeglichenes, wohl aber ein spezifisches Verhältnis der
Elemente und Grundqualitäten auf, so daß etwa in den Knochen die
Kälte und die Trockenheit vorherrschen, daß das Herz auf jeden Fall
warm ist und wohl eher der Feuchtigkeit als dem Gleichgewicht
zwischen der Feuchtigkeit und der Trockenheit zuneigt und daß das
Gehirn kalt und feucht ist. Wenn Mischungen dieser Art auch nicht im
eigentlichen Sinne ausgeglichen sind, so bilden sie doch die natürlichen
Mischungen der betreffenden Körperteile'", und zwar in dem Sinne, daß
sie die ihnen eigenen Tätigkeiten (adäquat) ausüben und entsprechend
auf die ihnen zugeordneten Einwirkungen reagieren.
Sind die Mischungen der verschiedenen Glieder in dieser Weise im
Gesamtkörper vertreten, so kann man, wie es darm weiter heißt (II 4)",
von einer relativen Ausgeglichenheit dieses Körpers sprechen. Abwei¬
chungen davon sind innerhalb gewisser Grenzen ohne Schaden zulässig
und hängen von verschiedenen Faktoren ab. In diesem Zusammenhang
weist Averroes auch auf äußere Einflüsse wie etwa die klimatischen
Bedingungen oder die Ernährungsweise hin. Daneben spielt das
Lebensalter eine Rolle, indem nämlich beim Kind normalerweise dieje¬
nigen Grundqualitäten vorherrschen, welche in spezifischer Art das
Entstehen des Organismus bedingen, also die Wärme und die Feuchtig¬
keit. Demgegenüber herrschen beim herangewachsenen Menschen
(Mhh) die Wärme und die Trockenheit und beim alten Menschen {Saih)
die Kälte und die Trockenheit vor'^. Schließlich ist auch das Geschlecht
Culiat 20 f.
Dergestalt spricht auch Aveiroes selbst von einer ausgeglichenen
Mischung. Vgl. Epitome der Parva naturalia 56. Diese Epitome stammt aus dem Jahre 1170 (vgl. Alonso 81).
" Culiat 2\.
So bei Arisitoteles. Vgl. Schöner 70 und dazu z.B. Averroes: Epitome der Parva naturalia 104 uit. Zur Diskussion bei Galen Schöner 92 f. und Siebeck 507 (Anm. 85).
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 259
von Bedeutung, da die Mischung des Mannes im allgemeinen wärmer
und trockener als die der Frau ist. Alles in allem beläßt es Averroes
auch dort bei neun Mischungen.
Im Gegensatz zu den hier referierten Abschnitten aus dem Colliget, bei
denen wir eine Reihe von Einzelheiten übergangen haben, äußert sich
Avicenna zu Beginn seines Canons''^ sehr viel ausführlicher zum
Problem der ausgeglichenen Mischung, wobei er in der Hauptsache mit
Galen übereinstimmt. Nach Galen ist nämlich die absolut ausgeglichene
Mischung ein IdealfalF", der daher auch von Avicenna als Maßstab für
die Gesundheit abgelehnt wird. Unter den Gattungen der Lebewesen
kommt jedoch der Mensch diesem Idealfall am nächsten, wobei
wiederum nach Völkern und Individuen differenziert werden kann.
Spricht man in solchen Fällen dennoch von einer Ausgeglichenheit, so
ist diese mit Bezug auf die optimale Funktionsfähigkeit der Körperteile
und den darauf beruhenden Zustand des Gesamtorganismus zu
verstehen. Neben dieser in der tatsächlichen Wirklichkeit relativ zu
verstehenden ausgeglichenen Mischung unterscheidet Avicenna gleich¬
falls acht Mischungen, die nicht ausgeglichen sind. Bezieht sich
indessen die Unausgeglichenheit lediglich auf das Vorherrschen einer
einzigen Grundqualität, also der Wärme, der Kälte, der Feuchtigkeit
oder der Trockenheit, so haben derartige Mischungen nur eine
begrenzte Dauer, da das Überwiegen einer aktiven Grundqualität
alsbald zur Verstärkung einer passiven Grundqualität fuhrt und umge¬
kehrt. In diesem Sinne zieht beispielsweise ein Übermaß von Wärme
eine Zunahme der Trockenheit oder ein Übermaß von Trockenheit eine
Zunahme der Kälte nach sich. Stellt man Mischungen dieser Art als
vorübergehende Erscheinungen beiseite, so bleiben im Bereich der
unausgeglichenen Mischungen die vier Verbindungen zwischen je einer
aktiven und je einer passiven Grundqualität, also die überwiegend
warm-feuchte, die überwiegend warm-trockene, die überwiegend kalt¬
feuchte und die überwiegend kalt-trockene Mischung. Auf diese Weise
kommt man nach Ausschluß der ausgeglichenen und der zeitlich
begrenzten unausgeglichenen Mischungen auch bei Avicenna zu dem
oben angeführten Viererschema der Säftelehre und der darauf basie¬
renden späteren Lehre von den vier Temperamenten.
Zu den Steilen des Colliget, an denen Averroes ohne Einschränkung
von den neun Mischungen ausgeht, gehört neben der allgemeinen
Behandlung der Gesundheit auch die der Krankheit zu Beginn des
6 ff.
'* Siebeck 281 f.
260 Helmut GXtje
dritten Buches'^. Wenn die Gesundheit das normale Wirken und die
normale Reaktion auf Einwirkungen bedeutet, so ist im Falle der
Krankheit die natürliche Funktion der betroffenen Körperteile gestört.
Damit entfällt die ausgeglichene Mischung, und es bleiben die acht
unausgeglichenen Mischungen, welche in diesem Falle die Toleranz¬
grenze der Gesundheit überschreiten. Im einzelnen gibt es nach Art und
Ursache verschiedene Grundformen der Krankheit, auf welche in
diesem Zusammenhang ebensowenig eingegangen werden soll wie auf
spezifische Aspekte der Gesundheit. Tatsächhch ist die Humoralpatho¬
logie bei Averroes wie auch sonst wesentlich komplizierter, als es nach
der vorangehenden Darstellung erscheinen mag. Immerhin bleibt es
zunächst bei der Voraussetzung von neun verschiedenen Formen inner¬
halb der Mischungsverhältnisse.
Dieser Ausgangspunkt ist nun durch eine Reihe von Bemerkungen
korrigiert, die sich an verschiedenen, aber keineswegs an allen thema¬
tisch relevanten Stellen finden. Es handelt sich dabei um Zusätze der
Art, wie sie oben beschrieben worden sind, also um solche, die sich in
einzelnen arabischen Handschriften, in den beiden hebräischen Über¬
setzungen und auch in der alten lateinischen Fassung finden. Allerdings
sind die Zusätze im gedruckten lateinischen Text nicht immer genau
mit dem Wortlaut in den betroffenen arabischen Handschriften und in
den hebräischen Übersetzungen identisch. Man kann also nicht Ln
jedem Falle vom gedruckten lateinischen Text ausgehen. Eine gewisse
Hilfe bei der Auswahl bieten Verweise im lateinischen Druck sowie der
Sachindex des Marcus Antonius Zimara (16. Jh.), der sich auf die
lateinische Gesamtausgabe der Schriften des Aristoteles mit den
Kommentaren des Averroes bezieht, in welcher der Colliget ebenso wie
der Sachindex des Zimara'* im Rahmen eines Supplementbandes
erscheint. Der Begriff der Gesamtausgabe ist hier selbstverständlich
nicht auf alle heute vorliegenden Schriften des Aristoteles und des
Averroes zu beziehen, sondem nur auf diejenigen, die den damaligen
Editoren oder Dmckem vorlagen.
Die erste für uns wichtige Stelle aus dem Colliget findet sich im ersten
Kapitel des zweiten Buches", und zwar im Anschluß an die oben
referierte Feststellung, daß die Elemente in den Einzelteilen des
Körpters quantitativ nicht in ausgeglichener Weise vertreten sind, da in
'^ Ouliai 43.
'* Juntina Suppl. III.
" Juntina Suppl. I fol. 13 F-I; Arabisch Madrid S. 13 (innerhalb des Textes — fehlt Ouliai 19 und Istanbul fol. 12b); Hebräisch Paris fol. 10a und München fol. 13b.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 261
den gleichteiligen Körpem das Wasser und die Erde vorherrschen und
jene dadurch ihre Konsistenz erhalten. Hier wird nun sinngemäß einge¬
fügt, daß diejenigen Eigenschaften, welche das Entstehen bedingen,
das Garen und Reifen sind und daß daher in den entstehenden Gegen¬
ständen das Warme als aktive und das Feuchte als passive Gmndqua-
lität vorherrschen, weil eben diese Gmndqualitäten es sind, durch
welche das Reifen und das Verdauen {labh und nad^ hzw. nad^ und itti¬
häd [so, im Hebräischen ' ikläd] ) geschehen. Dies alles, so heißt es darm,
sei im vierten Buch der (aristotelischen) Meteorologie klargestellt
worden, und es folge aus den dort gegebenen Regeln, daß es insgesamt
nur fünf Mischungen gebe, nämlich eine ausgeglichene und vier paar¬
weise gegliederte unausgeglichene. Femer folge daraus, daß von zwei
Körpem, welche hinsichtlich der Wärme gleich sind, der eine nicht trok-
kener als der andere sein könne, wie es Galen für das Kind und den
Herangewachsenen angenommen habe. Nachdem auf eine andernorts
getroffene, aber nicht näher bezeichnete entsprechende Stelle des
Autors verwiesen ist, wird numnehr der allgemeine Umstand dahinge¬
hend formuliert, daß die Ausmaße der passiven Gmndqualitäten sich
nach denen der aktiven Gmndqualitäten richten, weil den spezifischen
Formen auch spezifische Stoffe zukormnen. Als Formen sind hier, so
karm man hinzufügen, die aktiven Gmndqualitäten und als Stoffe die
passiven Gmndqualitäten gemeint. Abschließend bemerkt der Autor
einschränkend, daß das Abweichen von verbreiteten oder anerkaimten
Lehren beim Leser Schwierigkeiten erwecke und daß der Schaden, der
aus solchen Lehren erwachse, für die Heilkunst nicht von erheblicher
Bedeutung sei. So wolle er es denn bei dem belassen, was Galen über
das Fleisch der Hand gesagt habe.
Im lateinischen Drack, dessen Text in Einzelheiten abweicht, steht
beim Bezug auf das vierte Buch der Meteorologie ein allgemeiner
Hinweis auf den Großen Kommentar des Averroes. Indessen hat dieser
unseres Wissens keinen Großen Kommentar, sondem nur eine Epitome
und einen Mittleren Kommentar zur aristotelischen Meteorologie verfaßt,
von denen uns die erstere in einem arabischen'* und das einschlägige
vierte Buch des letzteren in der lateinischen Fassung der Aristoteles-
Averroes-Ausgabe'" vorliegt. In der Tat definieren Aristoteles und Aver¬
roes das Garen und Reifen in der Meteorologie als eine Einwirkung der
Wärme auf Feuchtes; doch sind die Zusammenhänge im einzelnen recht
"* Nach Alonso 63 f. im Jahre 1159 verfaßt. Auch Lateinisch in Juntina V 403 ff.
'° Juntina V 467 fr. Nach Alonso 84 im Jahre 1172 oder früher verfaßt.
262 Helmut Gätje
komplex. Eine explizite Darlegung von fünf Formen der Mischung
findet sich jedenfalls im Text des Aristoteles nicht und scheint auch bei
Averroes zu fehlen. Und wenn der Autor sich wenig später auf das
beruft, was er an anderer Stelle geklärt habe, so enthält der lateinische
Druck des Colliget dazu keinen Hinweis. Auf der anderen Seite wird im
Lateinischen kurz zuvor, nämlich bei der ausdrücklichen Feststellung,
daß es nur fünf Mischungen gebe, auf zwei andere Stellen des Colliget
verwiesen, und zwar auf II 4 und VII 23. Davon ist der Hinweis auf II 4
berechtigt, während der andere Hinweis offenbar auf einem Irrtum
beruht, dem hier nicht weiter nachgegangen werden soll.
Zimara referiert in seinem Sachindex"" den soeben dargestellten
Zusatz zu Colligetll I in dem Sinne, daß sich nach dem vierten Buch der
Meteorologie jedes Gemischte durch das Vorherrschen des warmen,
aktiven und des kalten, passiven Teiles entwickle, durch welche die
Mischung und das Garen geschehen. So habe Averroes in Colliget II I
die Ansicht der Mediziner bekämpft, daß es unausgeglichene Mi¬
schungen gebe, die auf dem Vorherrschen einer einzigen Qualität
beruhen. Aus der Ansicht, die Aristoteles im genannten Teil der Meteo¬
rologie vertreten habe, sei ersichtlich, daß jedes Gemischte, welches im
Hinblick auf das Gleichgewicht vollendet oder vollkommen sei, mehr
Wärme als Kälte und mehr Feuchtigkeit als Trockenheit aufweise, und
zwar auf Grund der vorausgesetzten Beweisführung, welche Averroes
sorgfältig durchdacht habe. Mit diesem Referat bekennt Zimara, der die
ihm vorliegenden Schriften des Averroes recht gründlich studiert und
sie nicht nur mit einem Sachindex versehen, sondern sich auch um die
Auflösung von Widersprüchen"' bemüht hat, daß er den Zusatz in
Colliget II 1 für echt, also für einen von Averroes selbst verfaßten Passus
gehalten hat. Das besagt freilich nicht, daß er ihn als späteren Zusatz
erkarmt hat. Zumindest hat er ihn nicht als solchen hingestellt.
Soweit die Zahl der Mischungen betroffen ist, enthält Colliget II 4"^
einen Zusatz, der ebenfalls die Zahl der unausgeglichenen Mischungen
auf vier beschränkt. Im einzelnen weicht der Befund in den einschlä¬
gigen arabischen Handschriften, den beiden hebräischen Fassungen
und dem lateirüschen Druck voneinander ab, und zwar zunächst
"" Juntina Suppl. III fol. 243 bb.
"' Diese stehen in der Juntina als Solutiones contradictionum in dictis (Aristo¬
telis et) Averrois gewöhnlich nach den jeweils betroffenen Sehriften. So auch beim Colliget (Juntina Suppl. I fol. 173 f).
"^ Arabisch Madrid S. 16 (innerhalb des Textes); Istanbul fol. 14 a (am Rand); Hebräisch Paris fol. 11 a; München fol. 15 a. Vgl. dazu das Lateinische in Juntina Sujipl. I fol. 15 C-D.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 263
hinsichtlich des Umfanges. Darüber hinaus ist aber auch die Plazierung
der zusätzlichen Passagen problematisch. In jedem Falle wdrd hier im
Zusammenhang mit der Bemerkung, daß es neun Mischungen, nämlich
eine ausgeglichene und acht unausgeglichene, gebe, in einzelnen Text-
zeugen*' ausdrücklich hinzugesetzt, daß es in Wahrheit nur vier unaus¬
geglichene Mischungen gebe. Nachdem nämlich die Mediziner, so heißt
es dann in einem weiteren Passus**, die unausgeglichenen Mischungen
sowohl einer aktiven als auch einer passiven Grundqualität zuge¬
schrieben hätten, müsse man die gesamte Körpermischung jeweils auf
zwei Grundqualitäten beziehen, so daß am Ende nur vier unaus¬
geglichene Mischungen blieben.
Ein wichtiger, seinem Inhalt nach mehrfach von Zimara*" aufgenom¬
mener Zusatz findet sich gegen Ende des zweiten Buches (II 22)*".
Unmittelbar vor dem Zusatz ist davon die Rede, daß sich der Frühfing
als die w arme und feuchte Jahreszeit besonders günstig auf die Funk¬
tionen des menschlichen Körpers auswirke. Man könne ihn daher, wenn
man wolle, als die ausgeglichene Jahreszeit bezeichnen. Diese Aussage
wird nun in dem Zusatz dahingehend konkretisiert, daß man dies jedoch
nicht im Verhältnis zu den Grundqualitäten als solchen tun dürfe. Alles,
was einer Mischung zukomme, komme ihr in jedem Falle dadurch zu,
daß jeweils eine aktive und eine passive Grundqualität gegenüber der
gegenteiligen Kombination überwiege, wobei sich das Verhältnis der
aktiven zur passiven Grundqualität als ein solches der Form zum Stoffe
darstelle. Anderenfalls könne das Gemischte der Form nach keine
Einheit sein, und es könne somit auch nicht zu einer einheitlichen Tätig¬
keit in dem jeweils betroffenen Rahmen kommen. Vielmehr würden
dann zwei entgegengesetzte, also nicht miteinander verträgliche Grund¬
qualitäten sowohl der Möglichkeit als auch der Wirklichkeit nach die
vorherrschenden Qualitäten bilden. Aus Gegensätzen aber, die der
Wirklichkeit nach auf einer einzigen Ebene liegen, könne unmöglich ein
Gebilde hervorgehen, daß der Wirklichkeit nach einheitlich ist. Nach
einem Seitenhieb auf zeitgenössische Philosophen und auf die Medi¬
ziner schlechthin soll nunmehr folgendes klar sein: Es gibt keine
Mischung, die im Hinblick auf alle vier Qualitäten (wirklich)
ausgeglichen wäre, also keinen Ausgleich in bezug auf die möglichen
So in den genannten arabischen und hebräischen Handschriften.
** So auch im Lateinischen.
*" Juntina Suppl. III fol. 64 ba.
*" Juntina Suppl. I fol. .32 F-H; Arabisch Madrid S. 37 (innerhalb des
Textes - fehlt Culiat 42 und Istanbul fol. 35 b); Hebräisch Paris fol. 23 b;
München fol. 37 b.
264 Helmut GXtje
Extreme. Femer gibt es keine Mischung, die man nm auf eine einzige
Gmndqualtität beziehen könne. Denn der aktiven Gmndquahtät, so
heißt es am Ende des Zusatzes, entspreche in deren Tätigkeitsbereich
jeweils eine passive Gmndquahtät, die ihr im Sinne eines stofflichen
Substrates zueigen ist. — Das soeben gegebene Referat dieses Zusatzes
in Colliget II 22 bezieht sich in erster Linie auf den arabischen Text und
auf die hebräischen Übersetzungen. Im Lateinischen finden sieh
gewisse Abweichungen, zu denen unter anderem auch ein als Beispiel
angeführter Passus gehört, der im Arabischen und im Hebräischen
fehlt.
Betrachtet man nunmehr die drei angeführten Zusätze zum Gmndtext
des Colliget im Zusammenhang, so ergibt sich als einheitlicher Befund,
daß im Bereich des funktionsfähigen organischen Körpers nur vier
unausgeglichene Mischungen denkbar sind, und zwar solche, in
welchen jeweils eine aktive Gmndquahtät zusammen mit einer passiven
Gmndquahtät vorherrscht. Als ein wesentliches Argument in dieser
Richtung dient das aristotelische Schema von Stoff und Form. Dieses
Schema wird hier so angewendet, daß der vorherrschenden aktiven
Gmndquahtät als Form eine vorherrschende passive Gmndquahtät als
Stoff entspricht. Dabei wird davon ausgegangen, daß normalerweise
jeder spezifischen Form ein spezifischer Stoff zukommt, so daß eine
innere Korrespondenz zwischen der betroffenen aktiven und der betrof¬
fenen passiven Gmndquahtät besteht. In diesem Sirme müßten iden¬
tische Formen unter gleichen Voraussetzungen identische Stoffe
besitzen, wobei man das Verhältnis naturgemäß auch umgekehrt formu¬
lieren karm. Das innere Verhältnis von Stoff und Form ist im ersten und
dritten der behandelten Zusätze unmittelbar angesprochen. Werm
Galen und die medizinische Tradition einschließlieh der Gmndfassung
des Colliget für das Kind ein Vorherrschen der Wärme und der Feuch¬
tigkeit und für den Herangewachsenen ein Vorherrschen der Wärme
und der Trockenheit angenommen haben, so kann dies nach dem ersten
Zusatz nicht bedeuten, daß beide in der Wärme gleich, hinsichtlich der
Feuchtigkeit und der Trockenheit aber verschieden sind; denn bei zwei
gleich warmen Körpem kann der eine nicht trockener als der andere
sein. Dies ließe sich darm vielleicht so verstehen, daß die in Betracht
kommende Wärme je nach der Paamng mit der Feuchtigkeit und der
Trockenheit verschiedene Grade aufweist, und das könnte man sich
wiederum so vorstellen, daß beim Kind die Wärme stärker ist als beim
Herangewachsenen, obgleich auch im letzteren die Wärme immer noch
gegenüber der Kälte überwiegt. Das ergäbe dann ein komplexeres
Modell als bei der bloßen Kombination von nicht weiter differenzierten
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 265
Grundquahtäten. Freilich ist auch das Schema von neun oder fiinf
Mischungen nur ein allgemeines Modell, das im Einzelfalle rücht
einfach isoliert angewendet werden kaim. So stehen etwa die gleichar¬
tigen und die orgaiüschen Körper zumeist in einem Geflecht verschie¬
dener Qualitäten und Wirksamkeiten, so daß man im Bereich der
Grundqualitäten und ihrer Aktivitäten eine Reihe von weiteren Unter¬
scheidungen getroffen hat. In diesem Siime wird beispielsweise von
einer natürlichen oder inneren und einer fremden oder äußeren Wärme
oder auch von wesenhaflen und akzidentiellen Wirksamkeiten
gesprochen. Für die gleichartigen Körper kann man solche Phänomene
unter anderem an den Ausführungen des Averroes zu dem mehrfach
zitierten vierten Buch der (aristotelischen) Meteorologie studieren.
Eine andere Frage ist die nach der ausgeglichenen Mischung. Im
ersten Zusatz, nämlich dem zu Colliget II 1, steht diese Mischung
explizit neben den summarisch auf vier festgelegten unausgeglichenen
Mischungen, so daß neben dem Viererschema der letzteren zumindest
formal das Fünferschema gewahrt bleibt. Im zweiten Zusatz, also dem
zu Colliget II 4, geht es um die Reduktion der acht unausgeglichenen
Mischungen auf vier, ohne daß die ausgeglichene Mischung als solche in
Frage gestellt würde. Nach dem dritten Zusatz, nämlich dem zu Colliget
II 22, kann man zwar auf verschiedenen Ebenen durchaus von einer
ausgeglichenen Mischung sprechen; doch darf man das nicht im Sinne
einer absoluten Mitte zwischen den vier Grundqualitäten tun. Nach dem
Kontext köimte man denken, daß sich dies deshalb verbietet, weil sich
entgegengesetzte Grundqualitäten aufheben und dadurch bestimmte
Formen des Wirkens und Erleidens entfallen. Wenn man trotzdem
spezifische, aber nicht absolut ausgewogene Zustände als ausgeglichen
bezeichnet, so liegt, wie Averroes an anderer Stelle im Colliget aus¬
drücklich betont hat*', eine Aquivokation vor. Wie immer man die
Dinge im einzelnen beurteilen mag, es ist jedenfalls im Rahmen der
unausgeglichenen Mischungen durch die Zusätze zum Colliget ein
Viererschema gegeben, dessen Grundmischungen den vier bekarmten
Temperamenten entsprechen, wie sie zur Zeit des Averroes im Abend¬
land geprägt wurden.
Auf weitere Einzelheiten soll an dieser Stelle nicht eingegangen
werden. Damit bleibt die Frage offen, ob eine systematische Untersu¬
chung des Colliget und anderer Schriften des Averroes zusätzliches
Material ergibt und ob sich daraus eine abgeschlossene, in sich einheit¬
liche Auffassung von der Humoralpathologie bei Averroes gewinnen
^' VI II. Juntina Suppl. I fol. 139 H-K; Culiat 178.
266 Helmut Gätje
läßt. Im Zusammenhang damit kann man auch die Frage aufwerfen, wie
es bei Averroes um die Lehre von den Mischungen der Elemente und der
Grundqualitäten steht und wie weit er darin tatsächlich mit Aristoteles
und anderen griechischen oder arabischen Vorgängern übereinstimmt.
Auch zu diesem Komplex, der schon bei Aristoteles selbst in
bestimmten Einzelheiten nicht ganz unproblematisch ist, sei hier nichts
weiter gesagt. Andererseits kann man angesichts der langen histo¬
rischen Entwicklung und der Einbettung der Humoralpathologie in die
Gedankenwelt verschiedenartiger Gelehrter erwägen, ob es sich über¬
haupt lohnt, diese Lehre in jedem Einzelfalle bis in die Details zu
verfolgen. Als konkrete Konsequenz aus den vorangehenden Ausfüh¬
rungen bleibt die Frage, ob Averroes wirklich der Autor der hier
referierten Zusätze gewesen ist. Auf Grund der historischen Bedin¬
gungen lag eine Reduktion der dreizehn oder neun Mischungen auf fünf
oder gar vier gewissermaßen in der Luft, und es hätte dazu wohl nicht
unbedingt der besonderen Denkweise eines Averroes bedurft. Darüber
hinaus könnte ein Glossator aus bestimmten, hier nicht näher defi¬
nierten Ansätzen bei Averroes entsprechende Schlüsse gezogen und
diese von sich aus an den Colliget herangetragen haben, so daß sie dann
in der hebräischen und lateinischen Überlieferung zum festen Bestand¬
teil dieser Schrift geworden sind. Dies müßte allerdings angesichts des
teilweise recht hohen Alters der einschlägigen arabischen Hand¬
schriften sowie auch der außerarabischen Überlieferung"" sehr früh,
also noch zu Lebzeiten des Averroes oder kurz danach geschehen sein.
Sieht man das Ganze auf einem breiteren Hintergrund, wie er sich im
Zusammenhang mit anderen im Colliget behandelten Themenbereichen
darstellt"", so scheint Averroes selbst durchaus als Autor der Zusätze in
Betracht zu kommen, zumal da diese sich offenbar ohne Probleme in die
aristotelisierende Tendenz des Averroes eingliedern lassen. Überdies
hat man ähnliche Erscheinungen im Schriftenkorpus des Averroes auch
an anderer Stelle beobachtet"". Geht man auf Grund solcher inneren und
äußeren Indizien von einer Urheberschaft des Averroes aus, so könnte
man diesen Vorgang als einen Beleg fiir eine fortschreitende Rückkehr
zu Aristoteles bewerten, wie sie Averroes, wenn auch zum Teil nur
formal, im Laufe seiner Gelehrtentätigkeit vollzogen hat oder voll¬
ziehen wollte.
*" Vgl. oben S. 252-,3.
*' Oät.ik (l!ts(n L".):iir.
"" So Alonso 62 f Ahwäni hat im Vorwort zu seiner Ausgabe dor
EpiliifiK des Averroes /.u ü< uiiiiiKt (15 ff.) dai'aus lalsehe Schlüsse gezogen. Vgl.
Gätje (1971) 67.
Zur Lehre von den Temperamenten bei Averroes 267 Literatur
Ackerknecht, Erwin H.: Kurze Geschichte der Medizin. 3. Aufl. Stuttgart
1977.
'All ihn Rabban at-Tabari: Firdaus al-hikma. Hrsg. Muhammad Zubair
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