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34 Netzflügler i. w. S. (Neuropterida)

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547 34 Netzflügler i. w. S. (Neuropterida)

Bearbeitet von Wieland röhricht* und Daniel rolke

(2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung und Datengrundlagen

Von der relativ kleinen Überordnung Neuropterida sind in Deutschland ca. 110 Arten bekannt. Die Über- ordnung umfaßt die drei Ordnungen Raphidioptera (Kamelhalsfliegen), Megaloptera (Schlammfliegen) und Neuroptera (Netzflügler i. e. S.). In Sachsen-An- halt wurden 63 Arten nachgewiesen: davon sind 6 Raphidiidae (Raphidioptera), 1 Inocelliidae (Raphidi- optera), 2 Sialidae (Megaloptera), 7 Coniopterygidae (Neuroptera), 1 Osmylidae (Neuroptera), 2 Sisyridae (Neuroptera), 1 Mantispidae (Neuroptera), 20 Heme- robiidae (Neuroptera), 20 Chrysopidae (Neuroptera) und 3 Myrmeleontidae (Neuroptera).

Seit der letzten Bearbeitung der Roten Liste für das Landesgebiet (röhricht 1995) haben intensive fau- nistische Aufsammlungen stattgefunden. Ein erster Überblick über die Netzflüglerfauna Mitteldeutsch- lands konnte inzwischen gewonnen werden (röhricht

1996, 2001). Trotzdem muß besonders das nördliche Sachsen-Anhalt weiterhin als äußerst unzureichend erforscht gelten. Die Nomenklatur der Neuropterida folgt asPöck et al. (2001).

Bemerkungen zu ausgewählten Arten Gemeine Florfliege (Artenkomplex) – Chryosperla carnea s.l. auct.

Verstärkt in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts be- gann die Untersuchung des Artenkomplexes um die Ge- meine Florfliege. Verschiedene Schwesterarten wurden inzwischen entdeckt. Doch ist bislang die Bearbeitung des C. carnea- Komplexs für das Land Sachsen-Anhalt noch nicht beendet. Wenige Arbeiten berücksichtigen überhaupt bislang die einzelnen Arten des Komplexes.

Sicher kommt allerdings C. carnea s. str. (vgl. duelli 1999, henry et al. 2002 u.a.) im Lande vor, und ist nicht gefähr- det. Über das Vorkommen von C. pallida, C. agilis und C.

lucasina besteht weiterhin Unklarheit.

Gelbfühlerige Schwammfliege – Sisyra terminalis curtis, 1854

Seit der letzten Bearbeitung der Roten Liste (röhricht

1995) ist die Gelbfühlerige Schwammfliege mehrfach im Lande gefunden worden und kann daher sicher zur Fauna Sachsen-Anhalts gerechnet werden. Gleich- wohl muß sie weiterhin als gefährdet gelten.

Großköpfige Florfliege – Nothochrysa capitata (Fabricius, 1793)

Überraschenderweise wurde N. capitata im Juni 2003 anläßlich des „5. GEO- Tag der Artenvielfalt“ durch Herrn M. hohMann (Wittenberg) im Nationalpark Hochharz wieder gefunden. Es ist dies der bislang ein- zige rezente Nachweis einer Nothochrysa im Lande.

Das Vorkommen im Hochharz scheint zwar klein, aber nicht akut bedroht zu sein, weswegen N. capitata als extrem seltene Art mit der Gefährdungskategorie „R“

bewertet wird.

Fliegen-Taghaft – Psectra diptera (burMeister, 1839) Im Rahmen des German-Barcode-of-Life-(GBOL)-Pro- jektes gelang im Juni 2014 der Zweitfund der Art für Sachsen-Anhalt nach 1927 im Naturschutzgebiet

„Salzstellen bei Sülldorf“. Ein mikropteres Männchen wurde beim Abstreifen der Vegetation gekeschert (schWeizer et al. 2016). Für den bundesweit gefährde- ten Fliegen-Taghaft wird auch in Sachsen-Anhalt von einer Gefährdung ausgegangen, welche aufgrund der wenigen Funddaten nicht näher spezifiziert wird (Kategorie „G“).

Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen

Insgesamt sind von den 63 nachgewiesenen Netzflüg- lern 26 Arten (ca. 41 %) in die Rote Liste aufgenommen worden. Fünf Arten (ca. 8 %) müssen als ausgestorben bzw. verschollen betrachtet werden, keine Art ist nach heutigem Wissen vom Aussterben bedroht. Eine Art (ca. 2 %) muß als extrem selten eingeschätzt werden und eine Art ist stark gefährdet. Viele, zum Teil bisher als häufig eingestufte Sippen (19 Arten, also ca. 30 %), müssen wegen ihres schon zu verzeichnenden Be- standsrückgangs trotz teilweise noch hoher Nachweis- zahlen als gefährdet eingeschätzt werden.

Dankenswerterweise erschien in Vorbereitung der Gefährdungseinschätzung der Netzflügler im Land Sachsen-Anhalt ein Abschätzung der Bestandsent- wicklung (röhricht 1999). Folgende Aussagen können und müssen darauf basierend mit großem Nachdruck wiederholt werden: Stark gefährdet sind die meisten stenöken Bewohner der mediterran bzw. kontinental getönten trockenwarmen Lebensräume (Magerra- sen, Binnendünen, Trockenwälder usw.). Auch werden noch immer durch die starke Veränderung unserer Gewässer (wasserbaulicher Art und durch fortschrei- tende Eutrophierung) die Lebensräume der meisten aquatisch und amphibisch lebenden Neuropteren vernichtet, so daß in Sachsen-Anhalt gegenwärtig nur drei dieser Arten in ihrem Bestand als nicht gefährdet eingestuft werden können.

Berichte des Landesamtes

für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Halle, Heft 1/2020: 547–550

Rote Listen Sachsen-Anhalt

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Netzflügler

Tab. 1: Übersicht zum Gefährdungsgrad der Netzflügler i.w.S. Sachsen-Anhalts.

Taxa Gefährdungskategorie Rote Liste Gesamt

0 R 1 2 3

Megaloptera - - - - 1 1 2

Raphidioptera - - - 1 2 3 7

Neuroptera 5 1 - - 16 22 54

Artenzahl (absolut) 5 1 - 1 19 26 63

Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 7,9 1,6 - 1,6 30,1 41,2

Intensiver Erholungsbetrieb (besonders durch Wege- bau und Trittbelastung), ertragssteigernde Maß- nahmen in der Forstwirtschaft (zum Beispiel Mono- kulturen), Intensivierungen von ehemals extensiv bewirtschafteten Flächen, Verbauung und Versiege- lung in der offenen Landschaft, Flurbereinigungen, sowie der dauernde Nährstoffeintrag sind für die Netzflügler die bedeutendsten Gefährdungsfaktoren.

Eine Sicherung bzw. Wiederherstellung dieser Le- bensräume ist für das Überleben der gefährdeten Ar- ten unabdingbar: im Einzelfall auch der Rückbau von Gewässereinfassungen und von Versiegelungen im weitesten Sinne, die aktive Offenhaltung von Binnen- dünen sowie anderer Trockenstandorte und Wiesen.

Auch eine striktere Besucherlenkung in Erholungsge- bieten mit gefährdeten Arten und Ordnung von Frei- zeitaktivitäten (z.B. „wilde“ Motorrad- Rennstrecken u.

ä.), unnachgiebige Regulierung von Baumaßnahmen im Außenbereich u. ä. sollten bei akuter Gefährdung einzelner Habitate konsequent durchgesetzt werden.

Oftmals müssten allerdings schon bestehende Rege-

lungen nur umgesetzt bzw. vorausschauender ausge- legt werden, um bedrohte Vorkommen wirkungsvoll zu schützen.

Danksagung

Mit großem Vergnügen wird für die prompte und großzügige Bereitstellung von Material oder Fun- dortangaben wiederum den Herren Dr. T. karisch

(Dessau), W. bäse (Reinsdorf), D. böhMe (Erfurt), Dr. M.

hohMann (Wittenberg), T. Pietsch (Halle/S.), Prof. Dr. M.

Jentzsch (Dresden), Dr. P. sacher (Abbenrode) und Dr.

E. stolle (Halle/S.) gedankt. Darüberhinaus ist ganz herzlich für die Ermöglichung und geduldige Unter- stützung bei der Sammlungseinsicht Frau I. böttcher

und Herrn Dr. H. PellMann (Magdeburg) zu danken.

Ohne ihre Hilfe würde ein bedeutender Teil der schon gefundenen Arten nicht berücksichtigt worden sein.

Nichtsdestotrotz seien wiederum all jene ermutigt, welche vorhandene Lücken aufspüren, diese auch mitzuteilen.

Art (wiss.) Art (deutsch) Kat. Bem.

Megaloptera Großflügler

Sialis fuliginosa Pictet, 1836 Fluß-Schlammfliege 3

Raphidioptera Kamelhalsfliegen

Inocellia crassicornis (schuMMel, 1832) Dickhörnige Kamelhalsfliege 3

Phaeostigma major (burMeister, 1839) Große Kamelhalsfliege 2

Puncha ratzeburgi (brauer, 1876) Ratzeburgs Kamelhalsfliege 3

Neuroptera Echte Netzflügler

Aleuropteryx loewii klaPálek, 1894 Löws Staubhaft 3

Chrysopa abbreviata curtis, 1834 Dünen-Florfliege 3

Chrysopa dorsalis burMeister, 1839 Kiefernwald-Florfliege 3

Chrysopa walkeri Mclachlan, 1893 Walkers Florfliege 0

Chrysopidia ciliata (WesMael, 1841) Bewimperte Florfliege 3

Hemerobius atrifrons Mclachlan, 1868 Schwarzstirniger Taghaft 3

Hemerobius lutescens Fabricius, 1793 Gelblicher Taghaft 3

Hemerobius marginatus stePhens, 1836 Grüner Taghaft 3

Helicoconis lutea (WallenGren, 1871) Gelblicher Staubhaft 3

Hypochrysa elegans (burMeister, 1839) Buchen-Florfliege 3

Mantispa styriaca (Poda, 1761) Steirischer Fanghaft 0

Megalomus hirtus (linnaeus, 1761) Behaarter Taghaft 0

Micromus angulatus stePhens, 1836 Brauner Taghaft 3

Myrmeleon bore (tJeder, 1941) Dünen-Ameisenjungfer 3 § BA

Myrmeleon formicarius linnaeus, 1767 Gewöhnliche Ameisenjungfer 3 § BA

Nineta pallida (schneider, 1846) Braungestreifte Florfliege 3

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549 Netzflügler

Art (wiss.) Art (deutsch) Kat. Bem.

Nineta vittata (WesMael, 1841) Weißliche Florfliege 3

Nothochrysa capitata (Fabricius, 1793) Großköpfige Florfliege R

Nothochrysa fulviceps (stePhens, 1836) Rotköpfige Florfliege 0

Psectra diptera (burMeister, 1839) Fliegen-Taghaft G

Sisyra terminalis curtis, 1854 Gelbfühlerige Schwammfliege 3

Sympherobius pellucidus (Walker, 1853) Durchscheinender Taghaft 0

Wesmaelius malladai (naVás, 1925) Malladas Taghaft 3

Nomenklatur nach asPöck et al. (2001).

Abkürzungen und Erläuterungen, letzter Nachweis/Quelle (Spalte „Bem.)

§ - Gesetzlicher Schutz nach § 10 (2) Nr. 10 u. 11 Bun- desnaturschutzgesetz bezüglich Anhang A und B der EG-VO Nr. 338/97, FFH-Richtlinie Anhang IV, Vogelschutz-Richtlinie (Europäische Vogelarten) und

Bundesartenschutzverordnung Anlage 1: § – besonders geschützte Art: EG-VO Anhang A und B, FFH Anhang IV, Europäische Vogelarten (VR) und BA Anlage 1; § – (fett) streng geschützte Art: EG-VO Anhang A, FFH Anhang IV und BA Anlage 1, Kreuz in Spalte 3

BA - Bundesartenschutzverordnung

Abb. 1: Die Larven von Florfliegen der Gattung Chrysoperla werden auch als Blattlauslöwen bezeichnet. Da sie im Laufe ihres Lebens Dut- zende bis mehrere Hundert Blattläuse fressen, werden sie in der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt (Foto: A. stark). Abb. 2:

Imago einer Art aus dem Komplex der Gemeinen Florfliege (Chrysoperla carnea). Die Arten unterscheiden sich morphologisch kaum, produzie- ren jedoch verschiedene Vibrationsmuster beim Paarungsablauf (Foto: A. stark). Abb. 3: Die Fluss-Schlammfliege (Sialis fuliginosa) entwickelt sich in fließenden, dicht mit Vegetation umgebenen Gewässern (Foto: B. duPont, Wikimedia commons). Abb. 4: Die Große Kamelhalsfliege (Phaeostigma major) stellt im Blattwerk Milben und Blattläusen nach (R. Müller, www.rm-naturbildershop.de).

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Netzflügler

Literatur

asPöck, H., hölzel, H. & U. asPöck (2001): Kommentier- ter Katalog der Neuropterida (Insecta: Raphidiop- tera, Megaloptera, Neuroptera) der Westpaläark- tis. – Denisi 2. 606 S.

duelli, P. (1999): Honigtau und stumme Gesänge:

Habitat- und Partnersuche bei Florfliegen.- In: bio-

loGiezentruMdes oö. landesMuseuMs (Hrsg.): Neurop- terida: Raphidioptera, Megaloptera, Neuroptera.

Kamelhälse, Schlammfliegen, Ameisenlöwen. – Stapfia 60, zugleich Katalog des OÖ. Landesmu- seums, N.F., 138: 35 – 48.

henry, c. s., brooks, s.J., duelli, P. & J. b. Johnson (2002):

Discovering the true Chrysoperla carnea (Insecta:

Neuroptera: Chrysopidae) using song analysis, morphology, and ecology. – Ann. Entomol. Soc.

Am. 95: 172–191.

röhricht, W. (1995): Rote Liste der Netzflügler i. w. S.

des Landes Sachsen-Anhalt. – Berichte des Lan- desamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 18:

25 –28.

röhricht, W. (1996): Netzflügler und Schnabelfliegen aus Mitteldeutschland. – Naturwissenschaftliche Beiträge des Museums Dessau 9: 44, 135 –156.

röhricht, W. (1999): Bestandsentwicklung der Netz- flügler i. w. S. (Neuropterida). – In: Frank, d. & V.

neuMann (Hrsg.) (1999): Bestandssituation der Pflanzen und Tiere Sachsen-Anhalts. – Verlag Eu- gen Ulmer, Stuttgart: 419 – 421.

röhricht, W. (2000): Netzflügler und Schnabelfliegen aus Mitteldeutschland (1. Nachtrag). – Naturwis- senschaftliche Beiträge des Museums Dessau 12:

82–92.

schWeizer, T., berGMann, P., MonJe, J. C. & L. kroGMann (2016): Pscetra diptera (burMeister, 1839) (Neurop- tera, Hemerobiidae) ein bemerkenswerter Netz- flüglerfund aus Sachsen-Anhalt im Rahmen des German Barcode of Life Projekts (GBOL). – Entomo- logische Nachrichten und Berichte 60: 219 –221.

Anschriften der Autoren Wieland Röhricht Eckardthaus

Neue Promenade 05

15377 Buckow (Märk. Schweiz) Dr. Daniel Rolke

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Reideburger Straße 47

06116 Halle (Saale)

E-Mail: daniel.Rolke@lau.mlu.sachsen-anhalt.de

* Der Erstautor stand für eine grundlegende Aktuali- sierung nicht mehr zu Verfügung. Die hier vorgenom- mene Überarbeitung und Anpassung erfolgte somit ausschließlich bzgl. der verwendeten Nomenklatur und augenscheinlicher Erfordernisse. Es bestehen weiter Kenntnislücken zu diesem wenig beachteten Taxon.

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