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Archiv "Medikamentenmissbrauch im Freizeitsport: Muskeln auf Pump" (23.01.2009)

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A124 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 4⏐⏐23. Januar 2009

P O L I T I K

W

eil ich ein breiteres Kreuz haben will, nehme ich sie, und weil die Mädels drauf stehen“, sagt ein 14-Jähriger. Ein 15-Jähriger zuckt in dem Kurzfilm von Michael Sauer, Manfred-Donike-Institut für Dopinganalytik der Deutschen Sport- hochschule Köln, nur die Achseln:

„Nee, ich mache es nur für mich selbst – und für die Ausstrahlung.“

Die Jungen sprechen über die Ein- nahme von Anabolika durch Jugend- liche in Fitnessstudios.

Sauers Film über einen Kölner Ju- gendclub, in dem nach Aussagen der dort Trainierenden mehr als 90 Pro- zent der männlichen Jugendlichen Wachstumshormone einnehmen, zeigt zwar ein Extrembeispiel. Doch er markiert gleichzeitig einen alar- mierenden Trend: Es gibt Doping nicht nur im Spitzensport, sondern auch zunehmend im Freizeit- und Breitensport. Mehr und mehr Men- schen sehnen sich nach Bewunde- rung und Respekt, die sie für wach- sende Muskelberge zu bekommen meinen. Nach Schätzungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung greifen mittlerweile zwischen drei und fünf Prozent der Jugendlichen zu medizinisch nicht notwendigen Medikamenten, um den eigenen Körper vermeintlich attraktiver und leistungsfähiger zu machen. Gravierende Nebenwirkun- gen sind die Folge.

„Die Selbstzerstörung von Jugendlichen“

Das Bundesgesundheitsministerium will nun eine öffentliche Debatte über den Medikamentenmissbrauch Ju- gendlicher im Freizeit- und Breiten- sport anstoßen. Ende November 2008 lud Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt deshalb zu einer Dis- kussionsveranstaltung über diese Form des Medikamentenmissbrauchs durch Jugendliche in ihr Ministerium ein. „Sport soll guttun. Durch die Ein- nahme leistungsfördernder Substan- zen wird jedoch das Gegenteil er- reicht“, sagte Schmidt. Die Thematik sei zwar noch nicht im Bewusstsein der Gesamtbevölkerung angekom- men, in den Kommunen werde sie durch den Deutschen Olympischen Sportbund jedoch bereits diskutiert.

Besonders gefährlich sei es, dass be-

reits Heranwachsende diese Substan- zen konsumierten. „Wir können das nicht hinnehmen“, betonte Schmidt.

„Kein Schönheitsideal, kein äußer- liches Image rechtfertigt die Selbst- zerstörung von Jugendlichen.“

Dr. med. Carsten Boos, Facharzt für Orthopädische Chirurgie im

schweizerischen St. Gallen, schätzt, dass rund 200 000 Jugendliche Ana- bolika im Freizeitsport konsumieren.

„Sie nennen es ,Kur‘ und nehmen verschiedene Präparate kombiniert über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen ein“, erklärt er. Durch- schnittlich würden sich die Jugend- lichen zwei Einnahmezyklen unter- ziehen – meist bestehend aus Anabo- lika einerseits und Diuretika ande- rerseits, die den Körper entwässern und die Muskeln deutlich unter der Haut abzeichnen lassen.

Schwarzmarkt in Form der organisierten Kriminalität

Boos befragte über Jahre hinweg in mehreren deutschen Bundesländern mehr als 450 Frauen und Männer in 58 kommerziellen Sportstudios zu Dopingmitteln. 22 Prozent der Män- ner und acht Prozent der Frauen ga- ben an, anabolwirkende Substanzen zu nehmen. Die Folgen: Akne, Haut- risse, übermäßiges Schwitzen, Ge- lenkschmerzen, erhöhte Reizbarkeit.

Davon berichteten auch die Jugend- lichen in Sauers Film ganz offen.

Aber bereits schon eine einmalige

„Kur“ kann zu einer verminderten Spermienproduktion des Hodens und zu Herzmuskelschäden bis hin zum Herzversagen führen.

In der Vergangenheit deckten oft- mals Krankenkassen den illegalen Handel mit Dopingmitteln auf. So wurde beispielsweise ein Fall durch die DAK bekannt, bei dem auf den Vordrucken eines Zahnarztes Ge- notropin, ein Wachstumshormon für Kinder, mehrfach im Wert von je- weils 5 500 Euro verschrieben wor- den war. Obwohl die Patienten kei- ne Kinder waren und dieses Medi- kament sonst nie von Zahnärzten verordnet wird, hatten es die Apo- theken herausgegeben.

Heutzutage suchten Jugendliche jedoch meist keine Apotheke mehr auf, um an Anabolika zu gelangen.

Der Schwarzmarkt in Form der or- ganisierten Kriminalität blühe, be- stätigte Boos. Zahlreiche Internet- seiten bieten die verbotenen Mittel an. Die Bezahlung läuft über Kredit- karte, der Versand per Post. Eine

„Kur“ ist für etwa 400 Euro zu

haben. n

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

MEDIKAMENTENMISSBRAUCH IM FREIZEITSPORT

Muskeln auf Pump

Die Einnahme von Anabolika im Fitnessbereich ist mittlerweile

kein Randphänomen mehr.

Das Bundesgesundheitsministerium will nun die Öffentlichkeit für die Gefahren

sensibilisieren.

Foto:Keystone

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