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Archiv "Magnetresonanz-Verfahren in der Herzdiagnostik: Eine Zukunftsperspektive aus kardiologischer und radiologischer Sicht" (09.10.1998)

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Academic year: 2022

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A-2540 (48) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998 ine Vision für die MR-Unter-

suchung des Herzens hat der amerikanische Kardiologe G.

Pohost formuliert (61): Ein „One- Stop-Shop“, der es erlaubt, in einem Untersuchungsgang die dreidimen- sionale Anatomie des Herzens, die Funktion, Durchblutung, Koronar- arterien-Anatomie, Myokardvita- lität und den Herzstoffwechsel zu registrieren. Die Verwirklichung ei- nes solchen umfassenden Untersu- chungsverfahrens zeichnet sich durch die technologischen Fortschritte der letzten Jahre zwar ab, bis zu einem routinemäßigen klinischen Einsatz sind allerdings noch erhebliche me- thodische und klinische Vorarbeiten zu leisten. Ziel der folgenden Dar- stellung ist es nicht, die aktuell ak- zeptierten Indikationen für MR-Un- tersuchungen von Herz und großen Gefäßen systematisch darzustellen, hierfür stehen exzellente Textbücher der Radiologie und Kardiologie zur Verfügung. Vielmehr soll eine Per- spektive für die augenblicklich noch

nicht, in Zukunft aber möglich er- scheinenden Anwendungen am Her- zen gegeben werden.

Myokardiale Anatomie

In der klinischen Routine akzep- tierte Indikationen für MR-Untersu- chungen am Herzen beziehen sich gegenwärtig ausschließlich auf die anatomische Darstellung des Organs.

Hierzu gehören angeborene Herz- fehler (26, 28, 71), bei denen die MR- Bildgebung die Darstellung der oft komplexen dreidimensionalen ana- tomischen Verhältnisse besser als je- de andere Technik ermöglicht. Dies gilt insbesondere im Erwachsenenal- ter, während im Kindesalter die Echokardiographie aufgrund besse- rer Schallbedingungen in den mei-

sten Fällen zur Diagnosestellung an- geborener Vitien ausreicht. Verfah- ren erster Wahl ist das MR weiterhin bei Erkrankungen der thorakalen Aorta (8, 24, 53) wie Aneurysma, akute Dissektion oder intramurale Hämorrhagie (Einblutung in die Aortenwand ohne Kommunikation mit dem wahren Lumen [54]). Für die Diagnose einer Aortendissektion hat das MR eine Sensitivität von 98 Pro- zent und im Vergleich zu allen ande- ren Verfahren die höchste Spezifität (98 Prozent) (53), kann allerdings trotz mittlerweile sehr kurzer Unter- suchungsdauer wegen der begrenz- ten Überwachungsmöglichkeiten nur bei hämodynamisch stabilen Pa- tienten eingesetzt werden. Hier er- laubt die Methode dann aber auch, die Folgen der Dissektion wie Thrombus, Aorteninsuffizienz und Perikarderguß zu erfassen (Abbil- dung 1).

Im konventionellen Röntgen- bild des Thorax oder in der Echokar- diographie aufgefallene intra- oder

Magnetresonanz-Verfahren in der Herzdiagnostik

Eine Zukunftsperspektive aus

kardiologischer und radiologischer Sicht Stefan Neubauer

1

Kurt Kochsiek

1

Dietbert Hahn

2

1 Medizinische Universitätsklinik (Direktor:

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Kurt Kochsiek) und

2 Institut für Röntgendiagnostik (Direktor: Prof.

Dr. med. Dietbert Hahn), Universität Würzburg Das physikalische Phänomen „Nuclear Magnetic Reso-

nance“, abgekürzt „NMR“ oder „MR“, ist die Signalgrund- lage für die Magnetresonanz-Bildgebung. Diese Methode hat es in den letzten eineinhalb Jahrzehnten ermöglicht, Schnittbilder aus vielen verschiedenen Körperregionen auf- zuzeichnen, welche normale und pathologische Anatomie mit höchster Detailgenauigkeit darstellen. Dabei spielten Anwendungen am Herzen bisher keine wesentliche Rolle.

Grund dafür ist, daß das Herz, anders als beispielsweise das

Gehirn oder die Leber, etwa siebzig- mal in der Minute seine Position än-

dert. Mit den neuesten Fortschritten der MR-Technologie, insbesondere der Entwicklung schneller Bildgebungsse- quenzen, ist eine klinisch relevante breitere Anwendung am Herzen in greifbare Nähe gerückt.

Schlüsselwörter: Magnetresonanz-Tomographie, Spektro- skopie, Kardiale Bildgebung, Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Herzklappenfehler

ZUSAMMENFASSUNG

Magnetic Resonance Methods in Cardiac Diagnosis – New Prospects From a Cardiologic and Radiologic Viewpoint Presently, Magnetic resonance imaging (MRI) methods do not play a major role in the diagnostic work-up of cardiac patients and are confined to congenital heart disease, aortic dissection and cardiac tumours. Recent advances in technolo- gy, in particular fast MRI methods, however, may allow the de- velopment of widespread MRI applications in coronary artery disease, heart failure and acquired valvular heart dis- ease. Cardiac function, volumes and mass can be accurately

quantified, myocardial perfusion can be deter- mined with high spatial resolution. Non-invasive

MRI coronary angiography is promising, although improved resolution is required for clinical acceptance. With MR spec- troscopy, cardiac metabolism can be analysed. Further techni- cal advances will be neccessary, but MRI methods may change diagnostic strategies in cardiology in the future.

Key words: Magnetic resonance tomography/spectroscopy, cardiac imaging, coronary disease, heart failure, valvular heart disease

SUMMARY

E

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parakardiale Raumforderungen stel- len ebenfalls eine Indikation zur MR- Untersuchung dar (23, 37). Ob eine Artdiagnose von Raumforderungen über MR-Parameter (beispielsweise T1, T2) möglich sein wird, ist mo- mentan noch unklar (68). Für das Krankheitsbild der rechtsventriku- lären Dysplasie („arrhythmogener rechter Ventrikel“) ist die MR-Bild- gebung wahrscheinlich die zur Zeit genaueste Untersuchungsmethode, mit der regionale Funktionsstörung, Wandverdünnung und Infiltration durch Fettgewebe exakt dargestellt werden können (2, 10, 14).

Myokardfunktion und -Masse

Die MR-Bildgebung ist das ge- naueste Verfahren zur Quantifizie- rung der Myokardmasse (1, 22, 32, 84) und wahrscheinlich auch der Myokardfunktion (13, 44, 45, 67, 69, 72). Mittels Gradientenecho-Se- quenzen können doppelt angulierte Kurzachsenschnitte in den verschie- denen Phasen des Herzzyklus auf- gezeichnet werden, deren Planime- trie die exakte Bestimmung von sy- stolischen und diastolischen links- und rechtsventrikulären Ventrikel- volumina, Schlagvolumen, Ejekti- onsfraktion und Wanddicken mit ho- her Reproduzierbarkeit ermöglicht (13, 44, 45, 67, 69, 72) (Abbildung 2).

Nachteilig ist im Vergleich zur Echo- kardiographie, daß das Verfahren Bilder nicht in Echtzeit liefert, vor- teilhaft ist jedoch die Unabhängig- keit von einem adäquaten Schallfen- ster sowie die überlegene dreidimen- sionale Darstellung bei deformierten Herzen, zum Beispiel nach Infarkt (70), was die Methode insbesondere für klinische Verlaufsuntersuchun- gen attraktiv macht.

Ähnlich wie bei der Echokardio- graphie (56) ist auch eine Funktions- analyse unter pharmakologischen Streßbedingungen mit Dobutamin- gabe möglich (5, 6, 58, 60, 73, 74). Die Aussagen der beiden Methoden sind prinzipiell vergleichbar: Verlust der systolischen Wandverdickung bei streßinduzierter Ischämie in von ste- nosierten Herzkranzgefäßen ver- sorgten Arealen („High-dose-Dobu-

tamin“) beziehungsweise Induktion einer systolischen Wandverdickung in vorher akinetischen Arealen als Ausdruck der Vitalität („Low-dose- Dobutamin“). Aufgrund der besse- ren Bildqualität könnte die MR-Me- thode aber genauere Messungen er- lauben. Dies muß allerdings erst durch direkte Vergleichsstudien ge- prüft werden.

Eine neuartige Methode zur kardialen Funktionsanalyse stellt das sogenannte Tagging-Verfahren dar. Mittels spezieller Pulssequenzen (zum Beispiel „SPAMM“) werden kleinste Myokardvolumina ( 1 cm3) (Tags) markiert (4, 11, 36, 38, 43, 46). Ein Beispiel zeigt Abbildung 3. Es gelingt dann, die dreidimensio- nale Bewegung jedes einzelnen Tag mit dem Herzzyklus zu verfolgen. So läßt sich beispielsweise zeigen, daß das gesunde Herz an der Basis eine Rotation im Uhrzeigersinn durch- führt, im Bereich der Herzspitze da-

gegen eine Rotation gegen den Uhr- zeigersinn (43).

Laufende Studien untersuchen zur Zeit, ob mit diesem Verfahren für die klinische Routine relevante Zu- satzinformation gewonnen werden kann, wie die Änderung des Kon- traktionsablaufs nach Infarkt („Re- modeling“) (46) oder bei einem Schenkelblock. Aufgrund der fehlen-

den Strahlenexposition bietet sich diese Methode besonders für Ver- laufsuntersuchungen an.

Myokardperfusion

Eine vielversprechende MR- Anwendung am Herzen ist die Mög- lichkeit einer quantitativen Beurtei- lung der Myokardperfusion (40, 79, 81, 82). Die vor allem von Wilke et al. (80–82) entwickelte Methode ba- siert auf dem Prinzip der „First- Pass“-Bildgebung mittels extrem A-2541 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998 (49)

Abbildung 1: Thrombosiertes Aortenaneurysma, beginnend im Aortenbogen distal der A. subclavia sinistra.

MR-angiographische Darstellung des perfundierten (o ->) und des thrombosierten (à->) Lumens.

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schneller Magnetresonanz-Bildge- bung, das heißt, nach niedrig dosier- ter i.-v.-Bolusinjektion von MR-Kon- trastmittel wird die dynamische Kontrastmittelpassage im Myokard- und Blutpool registriert. Man erhält Perfusionsbilder und Zeitintensitäts- kurven, die mittels modellkineti- scher Verfahren (35, 80) eine quanti- tative Analyse der regionalen Myo-

karddurchblutung erlauben (Abbil- dung 4). Ausdruck einer regio- nalen Minderperfusion ist dann ei- ne verzögerte und/oder verminderte Signalintensitätszunahme ischämi- scher Myokardareale. Hiermit kön- nen Perfusionsbilder erstellt werden, welche mit bisher unbekannter De- tailgenauigkeit sowohl transmurale als auch intramurale Ischämiezonen aufzeigen, insbesondere unter Bela- stung (82). Ein Problem ist die Not- wendigkeit einer ultraschnellen Bildgebung, weshalb bisher meist nur eine Bildebene pro Bolusgabe

untersucht werden konnte. Speziel- le, stark T1-gewichtete Vielschicht- bildtechniken dürften aber in abseh- barer Zeit zur Verfügung stehen. Ein weiteres Problem der Perfusions- messung ist, daß MR-Kontrastmittel (Gd-DTPA) sich nicht ausschließlich intravasal verteilen, sondern ins In- terstitium diffundieren und somit ei- ne Verfälschung der Messung bewir-

ken. Neue, streng intravasale MR- Kontrastmittel sind aber in Sicht (75). Von Bauer et al. (9) wurde eine Methode vorgestellt, welche es in Zukunft erlauben könnte, die Myo- kardperfusion auch ohne Anwen- dung von Kontrastmitteln zu mes- sen. Hierbei wird über eine schicht- selektive Spin-Inversionssequenz er- reicht, daß die T1-Zeiten im Herzen umgekehrt proportional zur regiona- len Durchblutung sind. Dieses zur Zeit noch experimentelle Verfahren erscheint äußerst vielversprechend für eine klinische Anwendung. Al-

lerdings sind hierfür noch erheb- liche technische Weiterentwicklun- gen notwendig.

Koronarangiographie

Von größter klinischer Bedeu- tung, von einer routinemäßigen An- wendung am Patienten aber noch entfernt, ist die MR-Koronarangio- graphie. Mit sogenannten Phasen- kontrast- oder Time-of-flight-Me- thoden erreicht man die Aufzeich- nung von MR-Bildern, die lediglich Strukturen zeigen, in denen Fluß vor- liegt (MR-Angiogramme). Während die Angiographie der Extremitäten-, abdominellen und hirnversorgenden Arterien bereits eine exzellente, kli- nisch einsetzbare Bildqualität er- reicht hat, stellt die MR-Darstel- lung der Koronargefäße durch deren geringen Durchmesser (bis zirka 4 Millimeter) und kontinuierliche drei- dimensionale Bewegung aufgrund von Atmung und Herzmuskelkon- traktion eine erhebliche technische Herausforderung dar. Schnelle, „fluß- sensitive“ Gradientenecho-Sequen- zen erlauben in Atemanhaltetechnik die Darstellung der proximalen Herzkranzgefäße mit einer Auflö- sung von zirka 1 mm (41). Nach dem augenblicklichen technischen Stand ist die MR-Koronarangiographie zur Diagnostik von Koronaranomalien einsetzbar (62). Die Sensitivität für die Detektion von Koronarstenosen liegt aber nur bei 60 bis 90 Prozent (19, 20, 41, 42, 59, 63), im eigenen Pa- tientenkollektiv bei 81 Prozent (65).

Einen technischen Fortschritt stellt die sogenannte „Navigator-Technik“

dar, bei der retrospektiv nur die bei einer definierten Zwerchfellposition akquirierten Daten zur Bilderzeu- gung verwendet werden (Abbildung 5), so daß die Methode Messungen ohne die Notwendigkeit des Atem- anhaltens erlaubt (76). Weiterent- wicklungen von Pulssequenzen, Gra- dientensystemen und MR-Spulen so- wie der zusätzliche Einsatz von intra- vasalen MR-Kontrastmitteln könn- ten es in Zukunft möglich machen, eine nicht invasive hochaufgelöste Koronarangiographie zu verwirkli- chen. Dies hätte dann tatsächlich er- hebliche Konsequenzen für das dia- A-2542 (50) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998

Abbildung 2: Funktionsanalyse beider Herzventrikel im Kurzachsenschnitt in Höhe der Papillarmuskeln (-> vorderer Papillarmuskel) in Diastole und Systole. Schnelle Gradientenecho-Sequenzen. Oben Normalbe- fund, unten linksventrikuläre Hypertrophie bei Aortenklappenstenose.

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gnostische Vorgehen bei der korona- ren Herzerkrankung.

Eine vielversprechende neue Anwendung, ermöglicht durch spezi- elle Pulssequenzen („velocity map- ping“), ist die Bestimmung von Blut- fluß und Flußgeschwindigkeiten in Koronargefäßen (15, 21, 27, 31). So kann die Koronarreserve nach Gabe von Adenosin in guter Korrelation mit invasiv gemessenen Werten be- stimmt werden (29). Eine klinisch re- levante Zusatzinformation könnte erhoben werden, wenn es gelänge, solche funktionellen Messungen mit der MR-Koronarangiographie zu kombinieren, um damit nicht nur die Stenosemorphologie, sondern gleich- zeitig auch deren pathophysiologi- sche Relevanz zu beurteilen.

Herzklappenfehler

MR-Methoden erlauben es, Klappeninsuffizienzen (3, 55, 66) ebenso wie Klappenstenosen (33, 34, 57) zu quantifizieren. Allerdings ist die Vitiendiagnostik eine Domäne der kostengünstigeren, ausgereiften dopplerechokardiographischen Ver- fahren, so daß die teurere MR-Tech- nik bei der Beurteilung von Herz- klappenfehlern in absehbarer Zeit keine klinische Bedeutung erlangen wird. Eine Ausnahme stellen Patien- ten dar, bei denen aufgrund ungün- stiger Schallverhältnisse die Echo- kardiographie limitiert ist. Im Rah- men der Entwicklung einer kardia- len „One-stop-shop“-Untersuchung könnte die Möglichkeit der Beurtei- lung von Herzvitien mittels MR al- lerdings an Bedeutung gewinnen.

Myokardstoffwechsel

Die MR-Spektroskopie (12, 47) ist die einzige Methode, die am Pati- enten eine Analyse des Myokard- stoffwechsels ohne den Einsatz ex- terner radioaktiver „Tracer“ (wie bei der Positronenemissions-Tomogra- phie) erlaubt. Während für die MR- Bildgebung ausschließlich 1H-Kerne der Wasser- und Fettmoleküle als Si- gnalquelle dienen, erlaubt die MR- Spektroskopie, eine Vielzahl von Atomkernen (wie 31P, 23Na, 39K, 19F

oder 89Rb) zu untersuchen, wenn diese die Eigenschaft eines Kern- spins haben. Das schwierigste tech- nische Problem der MR-Spektrosko- pie ist die relativ geringe Sensitivität, da diese Kerne in sehr viel niedrige-

ren Konzentrationen im Gewebe vorkommen und deren spezifische MR-Sensitivität geringer als die von

1H ist. Während das Verfahren sich zu einer Standardmethode in der experimentellen Kardiologie ent-

A-2544 (52) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998

Abbildung 4: Myokardperfusion. Untere Reihe: Koronarangiographische Darstellung eines Verschlusses (Pfeile) des Ramus circumflexus vor (links) und nach PTCA (rechts). Obere Reihe: MR parametrische Perfusionsbilder 1 h nach Angioplastie des gleichen Patienten. MR-Bilder zeigen basisnahe und mittventrikuläre Schichten, „First- pass“-Technik. Die Grauwerte entsprechen validierten Perfusionsparametern, die direkt mit Blutflußänderungen korrelieren. Trotz erfolgreicher PTCA zwei Stunden nach Infarktereignis verbleibt ein Perfusionsdefizit im infar- zierten Areal. Die Perfusionsbilder erlauben die Beurteilung einer zentralen Infarktzone (Pfeile) mit Blutflußre- duzierung und einem endoepikardialen Perfusionsgradienten.

Die Abbildung stammt von N. Wilke et al., University of Minnesota, Minneapolis, USA.

Abbildung 3: Myokardiales Tagging. Myokardnarbe nach Septuminfarkt, erkennbar durch die Wandausdün- nung und die fehlende Beweglichkeit des Septums (->). Die normale Kontraktion der übrigen linksventri- kulären Wandabschnitte führt zu einer konzentrischen Verformung des Streifenmusters.

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wickelt hat (7, 18, 30, 39, 48, 64, 78, 85), gibt es bisher nur wenige klini- sche Erfahrungen, die darüber hin- aus fast ausschießlich auf den 31P- Kern beschränkt sind. Die 31P-Spek- troskopie ermöglicht die Untersu-

chung des Stoffwechsels der energie- reichen Phosphate. Grafik 1zeigt ein

31P-Spektrum eines herzgesunden Probanden. Es werden Resonanzen für ATP (drei Phosphoratome, da- her drei Resonanzen), Phospho- kreatin, Phosphodiester (Membranphospholipide) und 2,3-Diphosphoglyze- rat (Blutkontamination) registriert. Die Fläche je- der Resonanz ist propor- tional der Konzentration des jeweiligen Metaboli- ten, Absolutkonzentratio- nen können durch Ver- gleich mit einem 31P-Stan- dard (wie Phenylphos- phonat) berechnet wer- den. Das Verhältnis von Phosphokreatin zu ATP (PCr/ATP) gilt dabei als Index für den energeti- schen Status des Myo- kards (47). Probleme der klinischen Anwendung be- stehen in der langen Un- tersuchungszeit (45 bis 60 min), den erforderlichen großen Meßvolumina (20 bis 30 cm3) und der noch in Entwicklung befindlichen Messung von Absolut- konzentrationen. Techni- sche Fortschritte bei Puls- sequenzen, Lokalisations- verfahren, Gradientensy- stemen, Oberflächenspulen und möglicherweise Feld-

stärken (4 Tesla) könnten eine meta- bolische Bildgebung am Herzen mit Voxelgrößen von unter 5 cm3 ermög- lichen.

Klinische Studien zur 31P-Spek- troskopie konzentrieren sich bisher im wesentlichen auf drei Themen- komplexe: Herzinsuffizienz, Herz- klappenfehler und koronare Herz- krankheit. Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie (DCM) zeigen eine Reduktion des PCr/ATP-Verhältnis- ses als Ausdruck eines gestörten myo- kardialen Energiestoffwechsels ([25, 52] Grafik 1). Diese Reduktion korre- liert mit dem klinischen Schweregrad und der Ejektionsfraktion. Unter me- dikamentöser Therapie mit klinischer Rekompensation kommt es zu einer Normalisierung des Energiestoff- wechsels (52). Darüber hinaus konn- ten wir kürzlich zeigen, daß ein redu- ziertes PCr/ATP-Verhältnis bei DCM auch ein unabhängiger prognostischer Parameter ist (49) (Grafik 2). Klini- sche Bedeutung könnte die Methode zur Prognosebeurteilung und zur Ver- laufsbeobachtung der Herzinsuffizi- enz unter medikamentöser Therapie gewinnen.

Patienten mit höhergradigen Aorten- und Mitralklappenfehlern zeigen ebenfalls eine Reduktion des PCr/ATP-Verhältnisses (16, 17), wo- bei diese Abnahme bei Druckhyper- trophie (zum Beispiel Aortenstenose) ausgeprägter als bei Volumenhyper- trophie (zum Beispiel Aorteninsuffi- zienz) zu sein scheint (51). Prospekti- ve klinische Studien müssen zeigen, ob das PCr/ATP-Verhältnis bei der Wahl des optimalen Zeitpunktes für einen Herzklappenersatz eine rele- vante klinische Zusatzinformation lie- fern kann.

Die größte Bedeutung könnte die Herzspektroskopie bei der funktio- nellen Diagnostik der koronaren Herzkrankheit gewinnen. Weiss et al.

(77) stellten das Konzept einer „bio- chemischen Ergometrie“ vor: Bei Pa- tienten mit hochgradiger RIVA-Ste- nose zeigt sich unter Belastung ein Abfall des PCr/ATP-Verhältnisses der Herzvorderwand, nicht dagegen bei herzgesunden Probanden. Damit konnten erstmals die direkten bio- chemischen Folgen streßinduzier- ter Myokardischämie bei koronarer Herzkrankheit demonstriert werden.

A-2545 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998 (53)

Abbildung 5: Vergleich von MR-Koronarangiographie (links) und konventioneller invasiver Koronarangiogra- phie (rechts). Stenose der rechten Herzkranzarterie (->) im proximalen Drittel nach dem Abgang aus der Aor- tenwurzel (o->).

DCM, Patient verstarb 7 Tage nach der MR-Untersuchung

DCM, PCr/ATP reduziert

Proband

α β

γ 2,3-DPG

PDE PCr

10 0 -10 -20 ppm

Grafik 1

31P-MR Herzspektren, von unten nach oben: Proband, dilatative Kar- diomyopathie (DCM) mit erniedrigtem PCr/ATP-Verhältnis, dieser Pa- tient verstarb sieben Tage nach der MR-Untersuchung am plötzlichen Herztod. 2,3-DPG = 2,3-Diphosphoglycerat; PDE = Phosphodiester;

PCr = Phosphocreatin;g-, a- und b-P-Atom des ATP. Aus: Neubauer et al.: Circulation 1997; 96: 2190–2196. Reproduziert mit Erlaubnis der American Heart Association.

(6)

Wenn es gelingt, die räumliche Auflö- sung dieser Methode zu verbessern, ist ein klinischer Einsatz wahrschein- lich. Neben einer Anwendung in der Primärdiagnostik der KHK könnte beispielsweise die antian-

ginöse Effektivität ver- schiedener medikamentö- ser Behandlungsformen di- rekt objektiviert werden.

Auch für die Differenzie- rung von vitalem und ver- narbtem Myokard könnte die Spektroskopie klini- sche Bedeutung erlangen.

Intakte Kardiomyozyten enthalten hohe, myokar- diales Narbengewebe dage- gen sehr niedrige Konzen- trationen an ATP (50). Ya- be et al. (83) konnten zei- gen, daß es nur in avitalem, nicht aber in vitalem Myo- kard zu einer signifikan- ten Abnahme myokardia- ler ATP-Spiegel kommt.

Klinische Studien, welche den Stellenwert der MR- Spektroskopie bei der Vita- litätsdiagnostik mit dem der Dobutamin-Streß-Ver-

fahren, Positronenemissions-Tomo- graphie und Thallium-Szintigraphie vergleichen, liegen allerdings noch nicht vor.

Schlußfolgerung

Bei der Anwendung von MR-Me- thoden in der kardialen Diagnostik ste- hen wir erst am Anfang einer vielver- sprechenden Entwicklung, die durch aktuelle Fortschritte in der MR-Tech- nologie möglich wurde. Während es zur Zeit nur wenige akzeptierte Indika- tionen in der Herzdiagnostik gibt und ein routinemäßiger Einsatz dieser Ver- fahren zur Diagnostik von Koronarste- nosen noch mehrjähriger Entwick- lungsarbeit bedarf, ist langfristig mit ei- ner Verbreitung von MR-Verfahren, insbesondere bei der koronaren Her- zerkrankung, zu rechnen. In Zeiten der Kostendämpfung werden MR-Metho- den zeigen müssen, daß sie gegenüber den alternativen nichtinvasiven bildge- benden Verfahren klinisch relevante und überlegene Informationen liefern.

Auch für diese anderen Verfahren ist

A-2546 (54) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998

Normierende Texte

Normierende Texte (Empfehlungen, Richtlinien, Leitlinien usw.) können im Deutschen Ärzteblatt nur dann publiziert werden, wenn sie im Auftrag von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung als Her- ausgeber oder gemeinsam mit diesen erarbeitet und von den Herausgebern als Bekanntgabe klassifiziert und der Redaktion zugeleitet wurden.

mit erheblichen Weiterentwicklungen zu rechnen, für die kostengünstige Echokardiographie beispielsweise der Einsatz des „harmonic imaging“ oder neuer Ultraschallkontrastmittel. Auch

bei nuklearmedizinischen Verfahren sowie der Computer- und Elektronen- strahl-Tomographie sind technische Fortschritte zu erwarten, letztere Me- thode könnte ebenfalls in Zukunft ei- ne nichtinvasive Darstellung der Koro- nararterien mit klinisch relevanter Auf- lösung erlauben. Da die technische Entwicklung in vollem Gang ist und für wesentliche Fragestellungen wie Perfu- sion und Koronararteriendarstellung bisher methodenvergleichende größe- re klinische Studien fehlen, kann mo- mentan nicht sicher abgeschätzt wer- den, welches Verfahren sich langfristig durchsetzen wird. Der multiparame-

trische Ansatz des MR-Verfahrens (Funktion, Perfusion, Koronaranato- mie und -Fluß, Herzstoffwechsel) und die Perspektive einer hochaufgelösten nichtinvasiven Darstellung der Koro- nararterien ohne Strahlenbelastung le- gen aber nahe, daß mit MR eine umfas- sende Charakterisierung des Herzens möglich sein wird. Damit könnten MR- Methoden langfristig in der kardiologi- schen Diagnostik einen festen Stellen- wert erlangen. Die hierfür benötigte weitere technische Entwicklung und klinische Anwendung erfordern eine enge, vertrauensvolle Zusammenar- beit von Physik, Kardiologie und Ra- diologie.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1998; 95: A-2540–2546 [Heft 41]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser Priv.-Doz. Dr. med.

Stefan Neubauer

Medizinische Universitätsklinik Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg

50 40 30 20 10 0

Sterblichkeit %

0 500 1 000 1 500 Tage

PCr/ATP < 1.60 PCr/ATP > 1.60 P = 0.036 Grafik 2

Kaplan-Meier-Analyse der Sterblichkeit von Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie, eingeteilt in zwei Gruppen entsprechend einem in- itial hohen (> 1,6) oder niedrigen (< 1,6) PCr/ATP-Verhältnis (1,6 = Median der Stichprobe). Ein reduziertes PCr/ATP-Verhältnis war ein signifikanter Prädiktor der Sterblichkeit. Die Multivarianzanalyse zeigte, daß dieser energetische Parameter von der linksventrikulären Ejektionsfraktion unabhängige prognostische Information beinhalte- te. Aus: Neubauer et al.: Ciculation 1997; 96: 2190–2196. Reprodu- ziert mit Erlaubnis der American Heart Association.

Danksagung

Der Dank der Autoren geht an ihre Mitar- beiter, ohne die die eigenen klinischen Untersuchungen nicht möglich gewesen wären: Dr. Michael Horn, Dr. Gerald Bertsch, Medizinische Klinik. Dr. Jörn Sandstede, Dr. Thomas Pabst, Dr. Meinrad Beer, Institut für Röntgendiagnostik. Dr.

Norbert Wilke, Department of Radiology, Center for MR Research, Minneapolis MN, USA, danken wir für die Abbildung zur Myokardperfusion. Die Arbeit wurde vom BMBF und der DFG unterstützt.

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