em neugewählten Deutschen Bundestag werden 669 Abge- ordnete angehören, drei we- niger als 1994 (672 Abgeordnete). In allen Fraktionen gab es ein kräftiges Revirement: 198 Abgeordnete (1994:
218) schafften den Sprung in den Bun- destag neu. 74 (56) Abgeordnete des 13. (12.) Deutschen Bundestages, die wieder kandidiert hatten, wurden nicht mehr gewählt. 197 (151) Abge- ordnete waren nicht mehr zur Wahl angetreten. Dem neuen Bundestag gehören eine Ärztin und vier Ärzte (1994: sieben) und drei (1994: vier) Apotheker an. – Am 23. Oktober be- raten die Bündnisgrünen über die am 2. Oktober begonnenen Koalitions- verhandlungen, die SPD abschließend am 25. Oktober. Die konstituierende Sitzung des neuen Bundestages ist am 26., die Wahl des Bundeskanzlers am 27. Oktober.
Änderungen bei den Ressorts
Infolge des Regierungswechsels und der stärker gewordenen SPD- Fraktion im Bundestag wird es auch im Bereich der Sozial- und Gesund- heitspolitik sowie in den für die „We- hen und Geschicke“ auch der freien Berufe und der Selbständigen in er- ster Linie zuständigen Wirtschafts- und Finanzressorts in einem neu for- mierten Kabinett Schröder gravieren- de Änderungen und Verschiebungen geben. Noch offen bis sehr fraglich ist es, ob das unter der früheren Re- gierungskoalition 1991 eingerichtete Bundesministerium für Gesundheit in seinem bisherigen Ressortzuschnitt bleibt und die fünf Abteilungen des Ministeriums einem Bundesgesund- heitsminister unterstellt bleiben. Bis- herige Wunschvorstellungen seitens der Politiker aus den Reihen der Sozi-
aldemokraten lassen eher erwarten, daß die Abteilung 2 „Gesundheitsver- sorgung, Krankenversicherung“ des Bundesministeriums für Gesundheit (bisheriger Abteilungsleiter: Ministe- rialdirektor Dr. jur. utr. Manfred Zip- perer, 60) einem mit erweiterten Res- sortkompetenzen ausgestatteten und neu formierten Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung unter einem neuen Bundesarbeitsminister Walter Riester (56), SPD, bisher stell-
vertretender Vorsitzender der Indu- striegewerkschaft Metall, einverleibt wird. Riester gehört nicht dem Bun- destag an. Bezeichnenderweise hatte der Kanzlerkandidat der SPD, Ger- hard Schröder, keinen „Schattenmini- ster“ für das Ressort Gesundheit in ei- ner SPD-geführten Bundesregierung auserkoren. Auch ein ausschließlich für die Gesundheitsversorgung und die Krankenversicherung zuständiges Bundesministerium ist eine in Bonn gehandelte Alternative.
Ergebnis der Koalitionsverhand- lungen könnte auch ein neu formier- tes Bundesgesundheitsministerium
mit geänderter Ressortzuständigkeit sein, das sich auf die bisher schon vom Gesundheitsministerium abgedeck- ten Fachfragen wie des Arzneimittel- und Sozialrechtes, der Gesundheits- vorsorge, der Krankheitsbekämp- fung, des Verbraucherschutzes, der Veterinärmedizin und auf Sucht- und Drogenfragen konzentriert. In dieser Konstellation wäre es denkbar, daß das geänderte Bundesressort einer Abgeordneten der Fraktion der Bündnisgrünen zugesprochen wird.
Andrea Fischer MdB, erneut gewählt über die Landesliste Berlin von Bünd- nis 90/Die Grünen, die sich bereits in der vergangenen Legislaturperiode als Sachkennerin für Fragen der Sozi- alpolitik im zuständigen Bundestags- ausschuß ausgewiesen hatte, wird schon länger als Ministerin gehandelt (nicht dagegen die wiedergewählte gesundheitspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Monika Knoche).
Auch eine Zusammenlegung des Ge- sundheitsressorts mit dem bisherigen Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird diskutiert.
SPD: Bekannte Gesichter
Der SPD-Fraktion gehören 14 Abgeordnete an, die sich bereits in den früheren Legislaturperioden in Fragen der Sozial- und Gesundheits- politik engagiert hatten, Positionen innerhalb der SPD, der Bundestags- fraktion und in Fachausschüssen in- nehatten und dem Bundestagsaus- schuß für Arbeit und Sozialordnung und/oder für Gesundheit angehörten.
Mit 53,1 Prozent der Stimmen ist Rudolf Dreßler (58), Schriftsetzer, stellvertretender Fraktionsvorsitzen- der und Mitglied des Präsidiums, im Wahlkreis Wuppertal I gewählt wor- den. Klaus Kirschner (56), Mecha- nikermeister aus Oberndorf/Baden- Württemberg, bisher gesundheitspoli- tischer Sprecher der SPD, zog über die Landesliste Baden-Württemberg erneut ein, ebenfalls Prof. Dr. rer. pol.
Martin Pfaff (59), Ordinarius für Na- tionalökonomie an der Universität Augsburg, Stadtbergen, im Juni wie- dergewählter Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemo- kratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG). In seinem A-2606 (26) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 42, 16. Oktober 1998
P O L I T I K AKTUELL
Nach der Wahl zum 14. Deutschen Bundestag
Gedrängel der Experten
Personalrotation unter den Sozial- und
Gesundheitspolitikern; aber viele wurden wiedergewählt.
D
Wahlkreis direkt wiedergewählt (52,2 Prozent) wurde Apotheker Karl Her- mann Haack (59), Extertal. Ebenfalls in seinem Wahlkreis direkt wiederge- wählt wurde der Internist Dr. med.
Wolfgang Wodarg (57), Ministerialdi- rektor a. D., Nieby/Schleswig-Hol- stein. Ein Direktmandat (41,7 Pro- zent) errang Gudrun Schaich-Walch (52), physikalisch-technische Assi- stentin aus Frankfurt am Main. Di- rekt gewählt wurde SPD-Gesund- heitspolitiker Horst Schmidtbauer (58), Industriekaufmann aus Nürn- berg. In Ratingen errang
mit 46,8 Prozent der Stim- men erneut die Sozialarbei- terin Regina Schmidt-Zadel (61) ein Mandat. Weitere SPD-Abgeordnete, die sich auf Fragen der Sozial- und Gesundheitspolitik speziali- siert haben oder dies tun wollen: Petra Ernstberger (43), Lehrerin aus Walders- hof/Bayern; Eike Anna Hovermann (52), Lehrer aus Lippstadt; Brigitte Lan- ge (59), Germanistin in Marburg; Waltraud Lehn (51), Sozialwissenschaftle- rin aus Marl/Nordrhein- Westfalen; Ottmar Schrei- ner (52), Jurist aus Saar- louis; Antje-Marie Steen (61), Apothekenhelferin, Drogistin in Grömitz. Dr.
med. Hans-Hinrich Knaape (64), Facharzt für Neurolo- gie und Psychiatrie in Bran-
denburg, hatte nicht wieder kandi- diert. Dr. med. Werner Schuster (59), Arzt, Medizinischer Informatiker aus Idstein, bisher entwicklungshilfe- und bildungspolitischer Experte der SPD- Fraktion, kam über die Landesliste Hessen der SPD in das Parlament.
Gesundheitsministerium für „Juniorpartner“?
In der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen repräsentie- ren die Gesundheitspolitik vor allem Andrea Fischer (38), Druckerin, Volkswirtin, MdB aus Berlin, und Mo- nika Knoche (44), Verwaltungsange- stellte aus Karlsruhe, bisher eine der beiden gesundheitspolitischen Spre-
cherinnen der Bündnisgrünen im Bundestag. Marina Steindor (40), Ärztin aus Marburg, im letzten Bun- destag eine der gesundheitspoliti- schen Sprecherinnen von Bündnis 90/Die Grünen, ist nicht wiederge- wählt worden.
Die neu formierte CDU/CSU- Bundestagsfraktion geht mit zwölf Sozial- und Gesundheitspolitikern ins Rennen. Der bisherige Bundesge- sundheitsminister Horst Seehofer (49) errang erneut ein Direktmandat in seinem Wahlkreis Ingolstadt (55
Prozent der Erststimmen; 52,2 Pro- zent der Zweitstimmen). Auch der gesundheitspolitische Obmann der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Dipl.-Ing. Wolfgang Zöller (56), Obernburg, errang erneut ein Direkt- mandat im Wahlkreis Main-Spes- sart/Bayern; ferner der CSU-Sozial- politiker Johannes Singhammer (45), Ministerialrat a. D., München.
Für die CDU zieht erneut Dr.
med. Sabine Bergmann-Pohl (52), bisher Parlamentarische Staatsse- kretärin im Bundesministerium für Gesundheit, in den Bundestag ein.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Dipl.-Kfm. Wolfgang Lohmann (63), Lüdenscheid, wurde wiedergewählt.
Ebenfalls im Bundestag vertreten
sind: Dr. phil. Norbert Blüm (63), seit 1982 Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Kabinett Kohl, Bonn; Rainer Eppelmann (55), Pfar- rer, Vorsitzender der Sozialausschüs- se der CDU (CDA), gewählt über die Landesliste Brandenburg; Apo- theker Dr. rer. nat. Wolf Bauer (59), Dipl.-Volksw. Ulf Fink (56), Senator a. D. (über die Landesliste Branden- burg); Dr. jur. Heiner Geißler (68), Gleisweiler/Pfalz, ehemaliger Bun- desminister für Gesundheit, früherer Generalsekretär der CDU; ferner:
Hubert Wilhelm Hüppe (41), Stadtoberinspektor a. D., Werne; Dipl.-Chemi- ker Dr. rer. nat. Harald Kahl (57), Braunichswal- de; Eva-Maria Kors (56), Redakteurin in Vechta;
Beatrix Philipp (43), Schul- leiterin in Düsseldorf, und Hans-Otto Wilhelm (58), ehemaliger rheinland-pfäl- zischer Staatsminister für Arbeit, Soziales und Ge- sundheit, Mainz. Nicht mehr kandidiert hatte An- neliese Augustin (68), Apothekerin in Kassel.
Für die FDP rücken in den Bundestag erneut ein:
Jürgen Möllemann (53), Lehrer a. D., Münster, bis- her gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bun- destag, und Dipl.-Kfm. Dr.
rer. pol. Dieter Thomae (58), Oberstudiendirektor a. D. aus Sinzig-Bad Bodendorf;
Thomae war in der 12. und 13. Legis- laturperiode Vorsitzender des Bun- destagsausschusses für Gesundheit.
Nicht wiedergewählt wurde die FDP-Abgeordnete Dr. jur. Gisela Babel (60), Marburg, die in der vergangenen Legislaturperiode so- zialpolitische Sprecherin der Libe- ralen war. Ausgeschieden ist der FDP-Abgeordnete Dr. rer. nat. Wolf- gang Weng (56), Apotheker aus Gerlingen.
Dr. Ruth Fuchs (52), Dipl.-Sport- lehrerin aus Jena, wurde erneut für die PDS in den Bundestag gewählt;
sie war bisher gesundheitspolitische Sprecherin der PDS und gehörte dem zuständigen Bundestagsausschuß als Mitglied an. Dr. Harald Clade A-2608
P O L I T I K AKTUELL
(28) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 42, 16. Oktober 1998 Tabelle
Die Mehrheiten der Bundesregierungen seit 1949
Zeitraum Kabinett Koalition aus Mandats- mehrheit 1949–53 Konrad Adenauer CDU/CSU, FDP, DP 16 1953–57 Konrad Adenauer CDU/CSU, FDP, DP,
GB/BHE 181
1957–61 Konrad Adenauer CDU/CSU, FDP, DP 77 1961–65 Konrad Adenauer CDU/CSU, FDP 119 1965–66 Ludwig Erhard CDU/CSU, FDP 92 1966–69 Kurt G. Kiesinger CDU/CSU, SPD 398
1969–72 Willy Brandt SPD, FDP 12
1972–74 Willy Brandt SPD, FDP 46
1974–76 Helmut Schmidt SPD, FDP 46 1976–80 Helmut Schmidt SPD, FDP 10 1980–82 Helmut Schmidt SPD, FDP 45 1982–83 Helmut Kohl CDU/CSU, FDP 61 1983–87 Helmut Kohl CDU/CSU, FDP 58 1987–90 Helmut Kohl CDU/CSU, FDP 41 1990–94 Helmut Kohl CDU/CSU, FDP 134
1994 Helmut Kohl CDU/CSU, FDP 10
1998 Gerhard Schröder SPD/Bündnis 90/
(voraussichtlich) Die Grünen 21