DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Leserdienst
Man mache sich einen Plan und fange an. Auf dieses simple Rezept laufen letzten Endes alle Ratgeber hinaus, die Rat suchenden Zeitge- nossen zu Berufserfolg und Lebensglück verhelfen wol- len. Die Ratgeber haben Kon- junktur. Sie bieten ihre Dien- ste in teuren Seminaren und preiswerten Volkshochschul- kursen an und schreiben Bü- cher.
Zu den erfolgreichsten zählt der österreichische Journa- list Josef Kirschner. Seinen bekannten Büchern wie „Die Kunst, ein Egoist zu sein"
oder „Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner" ließ er jetzt eine vierteilige Reihe kleiner Bücher zu ansehnlichem Preis folgen, die das alte Thema variieren. Kirschner fällt ärztlichen Lesern auch deshalb auf, weil er in seinen Büchern nicht nur, lobens- wert, zur Selbstverantwor- tung anleitet, sondern eifrig Aversionen gegen die Schul- medizin vermittelt. Den letz- ten Büchern Kirschners hat der Verlag jeweils einen Blan- koschreibblock beigegeben.
Das ist ein Gag, aber nicht nur das, denn Kirschner — und so machen es alle ande- ren auch — gibt seinen Lesern immer wieder den Rat, neu- geschöpfte Erkenntnisse schriftlich zu fixieren. Denn das ist das größte Problem aller Erfolgshelfer, den Leser vom passiven Lesen zum ak- tiven Handeln zu ermuntern.
Voraussetzung jedes Lebens- erfolges, im privaten und im beruflichen Leben, ist zu- nächst die Analyse der eige- nen Situation, dann die Su- che nach den eigenen per- sönlichen und nicht fremdbe- stimmten Zielen. Um die ei- genen Überlegungen kommt kein Leser herum, selbst wenn die Erfolgshelfer in der ihnen eigenen professionell- optimistischen Art Erfolg auf leichte Weise verheißen. Der eigentliche Effekt der Erfolgs- ratgeber ist denn auch die Anleitung, sich mit der eige- nen Lebenslage zu beschäfti- gen. Insofern ist es ziemlich gleichgültig, welche der vie- len teils sehr teueren Ratge- ber, die im Handel sind, der erfolgstrebende Zeitgenosse sich vornimmt. Sei es Kirschner, sei es Jean-Louis Servan-Schreiber (einem französischen Verleger, der seinen Lesern weniger hand- feste Ratschläge, sondern vielmehr eine Anleitung zum Nachdenken über sich und die Zeit gibt) oder Manfred Helfrecht, ein mittelständi- scher Praktiker und Seminar- Veranstalter, der das Schwergewicht auf penible Planungsmethoden legt.
Erfolg mit Erfolgsratgebern haben nur die, die es nicht bei der Buchlektüre oder ei- nem anfeuernden Seminar belassen, sondern selbst analysieren, Ziele definieren und kleine Schritte zur Rea- lisierung kurz-, mittel und
langfristiger Lebensziele tun.
Möglicherweise sind aber das genau die Menschen, die gar keine Erfolgshelfer benö- tigen, sondern sich selbst schon die guten Ratschläge gegeben haben. NJ Ein Beispiel für Erfolgsre- geln, wie sie ähnlich in ande- ren Erfolgsbüchern entwik- kelt werden, sind die „Zehn Regeln für erfolgreiches Pla- nen", in die Manfred Helf- rechts Ratgeber münden:
Denken Sie beim Planen stets an Bleistift und Papier
Das menschliche Gehirn ist ein hervorragendes Werkzeug — zum Denken, aber nicht zum Merken und Planen! Ein Beispiel:
kaum jemand kann im Kopf zwei fünfstellige Zah- len miteinander multipli- zieren. Nimmt er aber Blei- stift und Papier zu Hilfe, dann ist die Multiplika- tionsaufgabe kein Problem mehr.
Ähnlich ist es beim Planen:
Sind Sie in der Lage, alle Details und Schritte, alle Mittel und Maßnahmen, die Sie zum erwünschten Ziel bringen sollen, im Kopf zu behalten? Sind Sie sicher, nichts Wichtiges zu vergessen? Deshalb: Pla- nen und grübeln Sie stets schriftlich, dann ist Ihr Ge- hirn entlastet und frei für kreative Problemlösungen.
Analysieren Sie Ihre Begabungen und Wün- sche, Ihre Stärken und Schwächen
Grundlage und Beginn des Planens ist stets eine aus- führliche Analyse. Sie zeigt Ihnen, was in Ihnen
„steckt", welche Begabun- gen und Wünsche Sie ha- ben. (Schon Goethe sagte:
„Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähig- keiten, die in uns liegen, die Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstan- de sein werden.")
Diese Analyse deckt aber nicht nur Ihre Stärken, son- dern auch Ihre Schwächen auf. Und das ist wichtig.
Denn gäbe es keine Schwächen und Mängel, könnten wir nichts mehr verbessern (und wären kei- ne Menschen mehr). Ihre Schwächen sollen Ihnen also lediglich zeigen, auf welchen Gebieten Sie nicht begabt sind.
Die Stärken und Neigun- gen hingegen weisen Sie auf Begabungen hin. Diese zu verwirklichen, schafft der eine durch großen Fleiß, der andere mit Intel- ligenz oder auch durch Einsatz seiner Kontaktfä- higkeit. Mit welchen per- sönlichen Stärken gehen Sie Ihre Ziele an?
Bestimmen Sie Ihr Lebensziel
Wissen Sie, wohin Sie wol- len? — Wenn Sie auf Rei- sen gehen, dann gewiß.
Aber wissen Sie auf An- hieb, wohin Sie Ihr Le- bensschiff bringen soll?
Kennen Sie Ihr Lebens-
Erfolg mit Erfolgshelfern
Wie man Lebensziele am besten plant — und erreicht
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 40 vom 2. Oktober 1985 (79) 2919
Erfolgshelfer
ziel? Wenn nicht, dann ver- setzen Sie sich einfach geistig in ein Alter von - beispielsweise - 80 Jahren und machen Sie einen (ge- dachten) Rückblick auf Ihr Leben. Was haben Sie er- reicht, worauf können Sie mit Stolz zurückblicken?
Schreiben Sie dabei ruhig hemmungslos Ihre Wün- sche auf, die Sie am Ende Ihres Lebens gern verwirk- licht sehen wollen.
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Teilen Sie Ihr Lebensziel aufSie wissen es: Dieses gro- ße, umfassende Lebens- ziel können Sie nicht in ei- nem Wurf erreichen. Viel- mehr sind viele kleine und auch größere Schritte not- wendig, um den ange- strebten Lebenserfolg zu realisieren. So ist es nun notwendig, Teilziele aufzu- stellen. Leiten Sie aus dem Lebensziel mittelfristige Ziele (Periodenziele), dar- aus wieder kurzfristige Zie- le (Jahresziele) ab. Sie werden sehen, in den Jah- reszielen können Sie rea- lisierbare Schritte planen und so Ihrem Lebenserfolg Jahr für Jahr näher kom- men.
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Legen Sie Ihr Vorgehen detailliert festAber kein Ziel verwirklicht sich von selbst. Sie per- sönlich müssen etwas un- ternehmen, damit Sie Ihre Ziele auch erreichen. For- mulieren Sie deshalb Ihr Ziel (sei es ein Jahresziel oder auch eines, das Sie schon bald verwirklicht se- hen möchten) so, als ob der erwünschte Zustand bereits eingetreten sei.
Machen Sie eine "Zielfo- tografie mit Worten" (da- mit programmieren Sie Ihr Unterbewußtsein auf die Erreichung des Zieles). Be- schreiben Sie aber auch
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das, was Sie nicht anstre- ben, was nicht eintreten soll. Danach Iisten Sie alle Mittel und Maßnahmen auf, die Sie zur Zielerrei- chung benötigen. Fragen Sie sich: "Wen oder was brauche ich, um mein Ziel zu erreichen?" und "Was muß ich selbst dazu tun?"
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Setzen Sie Ihre Pläne umDamit die einzelnen Schrit- te aus den Vorgehansplä- nen in das Tagesgesche- hen umgesetzt werden können, benötigen Sie schließlich noch eine Zeit- planung. Die aus den Zie- len oder Vergehensplänen abgeleiteten Einzelschritte
fließen in diese Zeitpla-
nung ein, die selbstver- ständlich auch Ihre sonsti- gen beruflichen und per- sönlichen Aufgaben auf- nimmt.
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Formulieren Sie TagespläneErstellen Sie nicht nur Mo- nats-, sondern auch Tages- pläne. Alle Aufgaben und Einzelschritte aus den Vor- gehensplänen kommen in diese Tagespläne. So ha- ben Sie jeden Tag die Ge- wißheit, an Ihrem Erfolg zu arbeiten und ein kleines Stück Ihres Lebenszieles zu realisieren.
(l) Bereiten Sie Ihre Tagespläne nach Das Befolgen dieser Re- gel hat eine große Wirkung auf Ihr Unterbewußtsein!
Wenn Sie abends den Ta- gesplan durchgehen und unerledigte Aufgaben auf spätere Tage übertragen, dann haben Sie die Gewiß- heit, nichts vergessen zu haben, und können ent-
Sparfähigkeit der privaten Haushalte
Trotz Arbeitslosigkeit und bescheiden wachsendem Realein- kommen legten die Bundesbürger 1984 im Durchschnitt 12,80 DM von je 100 DM ihres verfügbaren Einkommens auf die "ho- he Kante". Im Jahre 1981 waren es allerdings noch 14,80 DM, 1975 sogar 16,20 DM, die nicht für den sofortigen privaten Ver-
brauch eingesetzt wurden imu-Grafik
spannt Ihren Feierabend genießen. Fragen Sie sich bei der Nachbereitung des Tagesplanes auch, warum Sie manche Aufgaben gut und andere weniger gut er- ledigt haben. So können Sie aus Ihren Fehlern ler- nen und Ihre Stärken för- dern.
f) Setzen Sie Prioritäten
Sie werden sich gewiß ei- ner Fülle von Aufgaben konfrontiert sehen. Wenn Sie hier den Überblick be- halten wollen, müssen Sie Prioritäten setzen - dies gilt selbstverständlich auch für die eigenen ZielE;!
und Vorhaben. Oberste Priorität bekommt dabei immer das, was Sie Ihren persönlichen Zielen fühl- bar näher bringt.
Ci) Feiern Sie Ihre Erfolge
Nehmen Sie Ihre durch konsequente Planung er- zielten Erfolge nicht ein- fach hin, sondern feiern Sie sie und machen Sie
sich bewußt, warum Sie diese Erfolge erreicht ha- ben. Erfüllen Sie sich ei- nen langgehegten Wunsch, machen Sie sich eine Freu- de. So prägen Sie Ihr Un- terbewußtsein auf höchst angenehme Weise und steigern Ihre Erfolgsfähig- keit
Literatur:
Manfred Helfrecht: "Planen, damit's leichter geht", Teil 1:
"Sie können Ihr Leben selbst
bestimmen", Teil II: "Wie Sie Ihre Ziele erreichen und Pro- bleme lösen". Überarbeitet von Ernst-Walter Wehner, Bad Alexandersbad: HelfRecht Verlag GmbH 1984: Teil 1: 152 Seiten, 45 DM, Teil II: 81 Sei- ten, 60 DM. Beide Teile zu- sammen: 98 DM.
Josef Kirschner: "Die Kunst, ein Egoist zu sein", und ,.Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir kei- ner", Droemer-Knauer-Ta- schenbuch, jeweils 6,80 DM.
Josef Kirschner: "So lernt man sich selbst zu lenken", 91 Seiten, 16,80 DM (sowie drei weitere Büchlein in gleicher Aufmachung, alle drei Droe- mer-Knauer).
Jean-Louis Servan-Schreiber:
"Die 90-Minuten-Stunde",
Econ-Verlag, 173 Seiten, 24,80 DM.
2920 (80) Heft 40 vom 2. Oktober 1985 82. Jahrgang Ausgabe A