DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
FÜR SIE REFERIERT
Prävalenz von AVK und KHK
Die bekanntesten epidemiologi- schen Untersuchungen der periphe- ren arteriellen Verschlußkrankheit und koronaren Herzkrankheit aus Framingham und Basel ergaben Rückschlüsse auf die Inzidenz der Erkrankungen, das heißt die Anzahl neuer Erkrankungsfälle in einem be- stimmten Zeitraum. Für den klinisch und ambulant tätigen Arzt haben je- doch Prävalenzdaten einen beson- ders hohen Stellenwert, da sie ihm Informationen über die Häufigkeit einer Erkrankung zum Zeitpunkt der Untersuchung vermitteln.
In einer randomisierten Studie an 150 AVK-Patienten mit Claudi- catio intermittens wurde thallium- szintigraphisch (mit Dipyridamol) die Prävalenz einer konkomitanten KHK ermittelt. Gleichzeitig wurde bei 150 symptomatischen Patienten mit angiographisch nachgewiesener KHK mittels hochsensitiver nichtin- vasiver angiologischer Methoden nach dem Vorliegen arterieller Durchblutungsstörungen der Beine gefahndet. Diskriminanzanalytisch erfolgte eine Untersuchung der atherogenen Risikofaktoren auf ihre prädiktive Bedeutung.
Schlußfolgerungen:
• Jeder zweite symptomatische AVK-Patient mit Claudicatio weist gleichzeitig koronare Durchblu- tungsstörungen auf.
• Das Auftreten einer KHK korre- liert nicht mit dem Lebensalter der AVK-Patienten oder der Schwere ihrer Erkrankung.
• Etwa 20 Prozent symptomati- scher KHK-Patienten haben eine AVK der Beine, die häufig asympto- matisch oder durch die einge- schränkte Belastbarkeit maskiert ist.
• Eine Kombination der drei wich- tigsten Risikofaktoren Hypertonus, Hyperlipoproteinämie und Nikotin- abusus liegt bei AVK-Patienten dreimal häufiger als bei KHK-Pa- tienten vor.
• Hypertonus, Hyperlipoprotein- ämie und Nikotinabusus unterschei- den sich in ihrer prädiktiven Bedeu-
tung. Während erhöhte LDL-Werte bei AVK-Patienten Anlaß zur Suche nach einer KHK sein sollten, stellen Nikotinabusus, aber auch erhöhte Blutdruckwerte bei KHK-Patienten Indikatoren arterieller Durchblu- tungsstörungen der Beine dar.
Fazit:
Die Häufigkeit einer gleichzeitig vorhandenen koronaren beziehungs- weise peripher-arteriellen Gefäß- krankheit hängt von der symptoma- tisch führenden Erkrankung ab. Sie
Kein erhöhtes Krebsrisiko nach Cholezystektomie
In mehreren Studien ist die Be- hauptung aufgestellt worden, daß es nach einer Cholezystektomie zu ei- nem gehäuften Auftreten von Ko- lonkarzinomen im rechtsseitigen Dickdarm komme, doch krankten alle diese Berichte am Fehler der kleinen Zahl. Die Autoren über- prüften die These an einer Gruppe von 16 439 Patienten, bei denen vor 14 bis 17 Jahren eine Cholezystekto- mie durchgeführt worden war.
Die beobachtete Zahl an kolo- rektalen Karzinomen lag mit 150 niedriger als das erwartete Risiko von 166,3 Fällen. Auch zwischen Rektum- und Kolonkarzinomen er- gab sich kein signifikanter Unter- schied. Auch eine Detailanalyse hin- sichtlich Geschlecht, Alter zum Operationszeitpunkt und Länge der Follow-up-Periode ergab keine neu- en Gesichtspunkte. Man muß wohl davon ausgehen, daß trotz vieler ge- meinsamer ätiologischer Faktoren von Gallensteinleiden und kolorek- talem Karzinom ein Kausalzusam- menhang zwischen Cholezystekto- mie und Dickdarmkrebs nicht be- steht.
Adami, H.-O., U. B. Krusemo, 0. Mei- rik: Unaltered risk of colorectal cancer within 14-17 years of cholecystectomy: up- dating of a populationbased cohort study.
Br. J. Surg. 74: 675-678, 1987
Department of Surgery, University Hospi- tal, S-751 85 Uppsala, Schweden
wird bei beiden Erkrankungen infol- ge körperlicher Leistungseinschrän- kung oft maskiert und daher leicht übersehen. Die Konstellation der Risikofaktoren besitzt einen prädik- tiven Wert und sollte Anlaß für Screeninguntersuchungen sein. Sht
Müller-Bühl, U., C. Diehm, U. Sieben, B.
Berger, G. Schuler, R. Zimmermann, W.
Scheuermann, C C Heuck, H. Mörl, W.
Kübler, G. Schettler: Prävalenz und Risi- kofaktoren von peripher-arterieller Ver- schlußkrankheit und koronarer Herz- krankheit. VASA Suppl. 21 (1987) 1-46.
Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Gotthard Schettler, Bergstraße 134a, 6900 Heidel- berg
Thrombozyten- funktion
bei Alkoholikern
Bei alkoholischer Leberschädi- gung findet sich eine gestörte Thrombozytenaggregation, eine Blutungsneigung, eine Thrombozy- topenie und ein Mangel an Gerin- nungsfaktoren; bei der Leberzirrho- se ist ein Arachidonsäuremangel und eine verminderte Thromboxan- bildung nachweisbar. Offenbar wirkt der Alkohol selbst toxisch auf die Plättchenfunktion.
Alkoholiker mit histologisch un- auffälliger Leber zeigten nach Gabe von Adenosindiphosphat eine ver- ringerte Plättchenaggregation, Pa- tienten mit einer alkoholinduzierten Fettleber darüber hinaus eine ver- längerte Blutungszeit und eine redu- zierte Thromboxanbildung. Zwi- schen der Blutungszeit und dem Ausmaß der Fettinfiltration ließ sich eine signifikante Korrelation her- stellen, während die Blutungszeit nicht mit der Thromboxanbildungs- kapazität und der Höhe der Alko- holzufuhr korrelierte. Nach Alko- holabstinenz kommt es zu einer ra- schen Normalisierung der gestörten Parameter, gleichgültig ob eine Fett- leber vorliegt oder nicht.
Hillbom, M. A., Muuronen, J. Neiman:
Liver disease and platelet function in alco- holics. Br. med. J. 295: 581, 1987 Department of Neurology, University of Helsinki, SF-00290 Helsinki
A-1938 (70) Dt. Ärztebl. 85, Heft 25/26, 27. Juni 1988