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Die berufliche Situation aus der Sicht der Lehrpersonen - Zufriedenheit, Belastung, Wohlbefinden und Kündigungen im Lehrberuf

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Academic year: 2022

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Thomas Bieri

Die berufliche Situation aus der Sicht der Lehrpersonen

Zufriedenheit, Belastung, Wohlbefinden und Kündigungen im Lehrberuf

Dissertation zur

Erlangung des akademischen Grades Doktor der Sozialwissenschaften

in der Fakultät

für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen

2002

(2)
(3)

Inhalt

Einleitung

Teil A Theoretischer Teil Teil B Empirischer Teil

Teil C Zusammenfassung und Diskussion Anhang

1. Einleitung 11

Das Problem 11

Forschungsleitende Annahmen 13

Übersicht über das Bildungssystem Schweiz 15

Gliederung der Studie 17

Teil A: Theoretischer Teil 23

2. Zufriedenheit, Stress und Belastung 23

2.1 Arbeitszufriedenheit 23

2.1.1 Begriffe, Definitionen 23

Der wissenschaftliche Begriff der Arbeitszufriedenheit 25

Zum normativen Aspekt von Zufriedenheit und Unzufriedenheit 30

2.1.2 Forschungsperspektiven 32

Klassische Forschungsperspektiven 33

Zur Differenzierung von Arbeitszufriedenheit: Klassifikationsansätze 35 2.1.3 Ansätze zu einer Theorie der Arbeitszufriedenheit 41

Arbeits(un)zufriedenheitsformen von Bruggemann 42

Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg 45

Das Grundmodell der Berufszufriedenheit von Merz 48

Die hierarchische Motivationstheorie von Maslow 48

Das dynamisch-interaktive Tätigkeitsmodell der Zufriedenheitsformen von Büssing 50

Weitere Konzepte zur Arbeitszufriedenheit 51

2.1.4 Dimensionen der Arbeitszufriedenheit 54

Allgemeine Arbeitszufriedenheit 55

Spezifische Arbeitszufriedenheiten 57

Persönlichkeitsmerkmale 58

Determinanten der Arbeitszufriedenheit 60

2.1.5 Ergebnisse der Arbeitszufriedenheitsforschung 62

Konkrete Determinanten 67

Determinanten subjektiver Standards 68

(4)

2.1.6 Zur Kritik am Konzept der Arbeitszufriedenheit 73

2.1.7 Zusammenfassung 79

2.2 Berufszufriedenheit von Lehrerinnen und Lehrern 83

2.2.1 Zum aktuellen Stand der Berufszufriedenheits-Forschung im Lehrberuf 83

2.2.2 Determinanten der Berufszufriedenheit 86

2.2.3 Empirische Ergebnisse zur Berufszufriedenheit 89

2.3 Belastungen und Belastungsverarbeitung 115

2.3.1 Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer 115

2.3.2 Stress 120

Stress als Person-Umwelt-Interaktion 125

Stress und Emotionen 128

Attribution 131

Kontrolle 134

Kontrollmeinung 138

Gelernte Hilflosigkeit 141

Zusammenfassung: Stress im Lehrberuf - ein Modell 143

2.3.3 Modelle der Belastungs- bzw. Beanspruchungsanalyse im Lehrberuf 145

Reizorientierte Konzepte 146

Reaktionsorientierte Konzepte 148

Inter- und transaktionsorientierte (bzw. relationale) Konzepte 149

Handlungsorientierte Konzepte 150

Tätigkeitsorientierte Konzepte 150

2.3.4 Belastungen von Lehrerinnen und Lehrern 152

Belastung und Beanspruchung 154

Belastung und Tätigkeit 159

2.3.5 Empirische Ergebnisse der Belastungsforschung im Lehrberuf 161

2.3.6 Bewältigungsstrategien 182

Stressbewertung 182

Globalstrategien 184

Kategorisierung der Bewältigungsstrategien - Messinstrumente 185

Geschlechtsspezifische Präferenzen 191

Situationsspezifische Präferenzen 192

Intervenierende und moderierende Variablen 194

2.3.7 Belastungen und Zufriedenheit 200

(5)

3. Theoretische und empirische Hinweise zu ausgewählten Variablen 207

3.1 Zufriedenheit und Belastung 207

3.1.1 Bildungspolitik und Schulreform 207

Lehrerinnen- und Lehrerbildungsreform 226

3.1.2 Klassengrösse 229

3.1.3 Schulleitung und Schulaufsichtsbehörden 233

3.1.4 Notengebung und Selektionsaufgaben 238

3.2 Korrelate der Berufszufriedenheit 239

3.2.1 Seelische und körperliche Gesundheit 239

Gesundheitliche Reaktionen auf Belastungen und Stress im Lehrberuf 242

Reaktionen auf psychische Belastungen 246

3.2.2 Burnout 250

Skalenbildung Burnout 258

Empirische Befunde zum Thema Burnout bei Lehrpersonen 260

3.2.3 Fluktuation 265

3.2.4 Wiederwahl 275

Teil B: Empirischer Teil 279

4. Die Befragung der Aargauer Lehrpersonen 279

4.1 Ausgangslage und Ziele 279

4.2 Durchführung der Untersuchungen 281

5. Beschreibung des Fragebogens 283

5.1 Fragebogen für bleibende Lehrkräfte (Fragebogen Bleibende) 284 5.2 Fragebogen für kündigende Lehrkräfte (Fragebogen Kündigende) 287

5.3 Erhobene Sachverhalte 288

5.4 Zusammenfassung, 292

6. Verwendete Konstrukte und Analyseeinheiten 295 6.1 Skalenbildung und Reliabilitätsanalysen der Skalen 295

6.2 Weitere Konstrukte 296

6.3 Teilstichproben , Gegensatzpaarvergleiche und 'Schlüsselvariablen' 298

6.4 Zusammenfassende Übersicht 300

(6)

7. Häufigkeiten 303

7.1 Beschreibung der Stichproben 303

7.2 Zufriedenheit und Belastungen 307

7.2.1 Zufriedenheit 307

7.2.1.1 Zufriedenheit mit einzelnen Aspekten der Arbeit 307

7.2.1.2 Skalenbildung Zufriedenheitsdeterminanten (mit Einzelzufriedenheiten) 317

7.2.1.3 Zufriedenheit mit dem Beruf als Ganzem 320

7.2.1.4 Allgemeine Berufszufriedenheit 321

7.2.1.5 Zufriedenheitsdynamik 323

7.2.2 Zufriedenheitsformen 324

7.2.2.1. Skalenbildung Zufriedenheitsformen 326

7.2.3 Berufliche Belastungen 331

7.2.3.1 Belastungen durch einzelne Aspekte der Arbeit 331

7.2.3.2 Skalenbildung Belastungen 337

7.2.3.3 Allgemeine Berufsbelastung 339

7.2.4 Belastungsverarbeitung 341

7.2.4.1 Güte der Belastungsverarbeitung 341

7.2.4.2 Skalenbildung Coping-Strategien 343

7.3 Weitere Variablen 349

7.3.1 Wiederwahl des Lehrberufes 349

7.3.2 Körperliche Beschwerden und Reaktionen 351

7.3.2.1 Skalenbildung Körperliche Beschwerden und Reaktionen 352 7.3.3 Kantonale Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung (LLFB) 354

7.3.4 Fluktuation 362

7.3.4.1 Fluktuationsrelevante Merkmale bei Lehrkräften 362

a) Arbeitsmarktchancen 362

b) Weiterbildungs- und Umschulungsabsichten 364

c) Fluktuationsgedanken 365

d) Verbleibenswahrscheinlichkeit 366

7.3.4.2 Skalenbildung 'Fluktuationsabsicht' 367

7.3.4.3 Fluktuationspotenzial 368

7.3.4.4 Fluktuationspotenzialtypen der bleibenden Lehrerinnen und Lehrer 369

(7)

7.4 Kündigende 373 7.4.1 Nächste Aktivität der kündigenden Lehrpersonen 373

7.4.1.1 Besonderheiten der Berufswechselnden 375

7.4.2 Kündigungsgründe 381

7.4.2.1 Skalenbildung Kündigungsgründe 392

7.4.3 Geschlechts-, alters- und schultypenspezifische Kündigungsgründe 394

7.4.3.1 Geschlechtsspezifische Kündigungsgründe 394

7.4.3.2 Altersspezifische Kündigungsgründe 395

7.4.3.3 Schultypenspezifische Kündigungsgründe 399

7.4.4 Fluktuationsmotivation 403

7.4.5 Fluktuationsmotivationstypen der kündigenden Lehrerinnen und Lehrer 405 8. Der Einfluss soziodemografischer und beruflicher Merkmale 409

8.1 Geschlechtsspezifische Effekte 409

8.2 Altersspezifische Effekte 417

8.3 Einflüsse des Schultypus 423

8.4 Unterschiede in Abhängigkeit von der Klassengrösse 431

Primarschule 434

Realschule 436

Sekundarschule 437

Bezirksschule 438

8.5 Unterschiede in Abhängigkeit des Anteils fremdkultureller Schülerinnen und Schüler in der Klasse

441

Kindergarten 443

Primarschule 444

Realschule 445

Sekundarschule 446

Bezirksschule 446

8.6 Unterschiede in Abhängigkeit von der erteilten Anzahl Lektionen 449 8.7 Unterschiede in Abhängigkeit von der Schulgrösse (Grösse des Kollegiums) 455 8.8 Unterschiede in Abhängigkeit von unterschiedlich stark ausgeprägten Gedanken an

eine Weiterbildung (im Lehrberuf)

459 8.9 Unterschiede in Abhängigkeit von unterschiedlich stark ausgeprägten Gedanken an

eine Umschulung (ausserhalb des Lehrberufs)

461

(8)

8.10 Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung (LLFB) 466 8.10.1 Unterschiede in der Beurteilung der beruflichen Situation in Abhängigkeit von der

Nutzung (Besuch) der schulinternen Angebote

466 8.10.2 Unterschiede in Abhängigkeit der Nutzung der Kursangebote 468 8.10.3 Unterschiede in Abhängigkeit von der Bewertung der schulinternen Angebote und

der Kursangebote

472

9. Korrelationen und Regressionen 475

Korrelationen 475

Regressionsanalysen 475

9.1 Allgemeine Zufriedenheit und Resignation 476

9.1.1 Korrelationen der Allgemeinen Zufriedenheit 476

9.1.2 Zur Vorhersagbarkeit der Allgemeinen Zufriedenheit 479

9.1.3 Regressionsanalyse der Resignation 480

9.2 Allgemeine Berufsbelastung 481

9.2.1 Korrelationen der Allgemeinen Berufsbelastung 481

9.2.2 Zur Vorhersagbarkeit der Allgemeinen Berufsbelastung 484

9.3 Wiederwahl des Lehrberufs 485

9.3.1 Korrelationen der Wiederwahl des Lehrberufes 485

9.3.2 Zur Vorhersagbarkeit einer allfälligen Wiederwahl des Lehrberufes 487

9.4 Fluktuationsabsicht 489

9.4.1 Korrelationen der Fluktuationsabsicht 489

9.4.2 Zur Vorhersagbarkeit der Fluktuationsabsicht 492

9.5 Fazit zu den Korrealtions- und Regressionsanalysen 494

10. Stichprobenvergleiche 497

10.1 Signifikante Differenzen zwischen kündigenden und bleibenden Lehrkräften 497 10.2 'Schlüsselvariablen' für verschiedene Teilstichproben 502

10.2.1 Zur speziellen Situation im Lehrberuf 502

10.2.2 'Schlüsselvariablen' der bleibenden Lehrkräfte 504 10.2.2.1 Alters-, geschlechts- und schulstrukturelle Einflüsse 504 10.2.2.2 Einflüsse des Schultyps, der unterrichteten Fächer und der durchlaufenen

Ausbildung

509

10.2.2.3 Die Effekte psychologischer Konstrukte 513

10.2.3 'Schlüsselvariablen' der kündigenden Lehrkräfte 520

10.2.4 Fazit zu den 'Schlüsselvariablen' 524

(9)

Teil C: Fazit 537

11. Zusamenfassung und Folgerungen 537

11.1 Zusammenfassung 537

11.2 Empfehlungen 557

12. Literatur 569

13. Anhänge 589

Verzeichnisse 589

Abbildungen 589 Grafiken 583 Tabellen 590

Grafiken 595

Grafik 8 595

Grafiken 12 - 14 596

Fragebogen mit Häufigkeitsverteilungen und statistischen Kennwerten 599

Bleibende: 5-Jahres-Datensatz 601

Kündigende: 5-Jahres-Datensatz 611

Bleibende: Einzelbefragungen 1994 - 1998 621

Kündigende: Einzelbefragungen 1994 - 1998 659

(10)
(11)

1. Einleitung

Dieser Band stellt die Ergebnisse eines Forschungsprojektes vor, welches der Verfasser an der Universität Bern durchgeführt hat. Anlass der Arbeit bildete der Auftrag des Erziehungsde- partements des Kantons Aargau1 (Schweiz), mittels einer Erhebung bei den im Jahr 1994 kün- digenden aargauischen Lehrkräften nach Motiven für Stellenwechsel, berufliche Abwande- rung und Fluktuation zu suchen. Die Studie sollte Daten bereitstellen, um die ständige Pen- delbewegung von Lehrkräftemangel und –überfluss zu analysieren und ihr wenn möglich wirksam zu begegnen. Im Hintergrund stand die Frage nach Arbeitszufriedenheit und insbe- sondere beruflicher Zufriedenheit von Lehrpersonen. Neben den kündigenden Lehrpersonen wurde auch eine gleich grosse Kontrollgruppe von an ihrer Stelle bleibenden Lehrpersonen nach ihrer beruflichen Zufriedenheit befragt.

Nach der Präsentation des Berichts mit den Ergebnissen beschloss der Auftraggeber, die Be- fragung während insgesamt fünf Jahren durchzuführen. Die Befragungsinstrumente wurden aufgrund der Erfahrungen und erweiterter Fragestellung revidiert.2 Aargauer Lehrerinnen und Lehrer sind somit während fünf Jahren mit gut zwei Dutzend offenen und geschlossenen Fra- gestellungen zu ihrer beruflichen Zufriedenheit, zum Ausmass an empfundenen Belastungen, zur Belastungsverarbeitung, zu ihrem körperlichen Wohlbefinden und zur Tätigkeit der Lehre- rinnen- und Lehrerfortbildung konfrontiert worden. Die ihre Stelle verlassenden Lehrpersonen wurden nach den Ursachen dieses Schritts befragt, Bleibende nach allfällig vorhandenen Kün- digungsabsichten. In die Untersuchung wurden Lehrpersonen aller Stufen, vom Kindergarten bis zur Bezirksschule (siehe Tabelle 1) einbezogen.

Das Problem

Gesellschaftliche Veränderungen generieren Reformbedarf. Zu erwähnen ist der ungebrochene Trend, der Schule - bei gleichzeitigen Sparbemühungen - Erziehungs- und Therapieaufgaben zu überantworten: Drogenprävention, Gewalt, Gesundheitserziehung, Integrationsaufgaben.

Eltern überlassen die Erziehung ihrer Kinder der Schule. Sich wandelnde Berufsfelder wirken sich auf die Ausbildung aus: die (berufliche) Erstausbildung verliert an Bedeutung und wird wohl in Zukunft kürzer werden. Die 'Wirtschaft' definiert (diktiert) die erforderlichen Qualifi-

1Die Bezeichnung lautet aktuell: Departement Bildung, Kultur und Sport.

2Siehe dazu Kp. 5.

(12)

kationen. Die zunehmende gesellschaftliche Mobilität erfordert Koordinationsmassnahmen (Rahmenlehrpläne, Koordination der Lehrmittel) bei gleichzeitig föderalistischem Schulsy- stem. Die Bedeutung der Fremdsprachen nimmt zu (durch Zuwanderung, Deutsch und Franzö- sisch verlieren gegenüber Englisch an Bedeutung, wachsender Anteil fremdsprachiger Kin- der). Veränderte Familienstrukturen wirken sich auf die Schule aus (mehr erwerbstätige Müt- ter, Wandel der klassischen Kleinfamilie und Wandel in der Berufswelt, 'Patchwork-Bio- grafien') ebenso wie Informatiktechnologien (PC's in 83% der Schweizer Haushalte mit Kin- dern, steigende Anzahl von Internet-Anschlüssen, Alltag im Berufsleben, Informatikunterricht wird in der Schule obligatorisch) oder Gewalt in der Schule.

"Die Schweiz ist eine grosse Baustelle von Reformen, die alle Teile der Bildung betreffen."3 In allen 26 Kantonen sind Reformprojekte in Gang, insgesamt über 200, weitreichende und weniger weitreichende. Sie betreffen teilautonome Schulen, Fremdsprachen (Englisch) in der Unterstufe, stärkerer oder gesetzlicher (z.B. im Kanton Zürich) Einbezug der Eltern, Frühun- terricht, Frühenglisch, Ausbau der Informatik, computergestütze Lernformen, Integration fremdsprachiger Kinder, interkantonale Koordinationsbestrebungen (in Bezug auf Schulsy- steme, Lehrmittel, Lehrpläne, Schulferien).

Zu diskutieren geben insbesondere die Projekte Teilautonome Schule im Kanton Zürich oder Schulen mit Profil im Kanton Luzern. Mehrheitlich überbürden Reformprojekte den Lehrerin- nen und Lehrern nicht nur zusätzliche, sondern auch neuartige Aufgaben, für die sie unzurei- chend ausgebildet sind.

In dieser Situation klagen Lehrkräfte über sinkende Löhne und Anerkennung bei steigenden Belastungen und Anforderungen. Sie beklagen schwierige Kinder, ehrgeizige Eltern, Eltern, welche die Erziehung ihrer Kinder an die Schule delegieren, Zusatzaufgaben, ständiges Her- umwerkeln an der Schule. Andererseits haben es die Lehrpersonen aus der Sicht gewisser Tei- le der Öffentlichkeit gut: viel Lohn und lange Ferien. Demgegenüber berichten Medien über ausgebrannte Lehrkräfte und steigende Frühpensionierungen. Es gibt Lehrkräfte, die am Be- rufsalltag leiden oder gar zerbrechen. Beratungsstellen für Lehrerinnen und Lehrer sind mit dramatischen Fällen konfrontiert. Autorinnen und Autoren etlicher Studien berichten über hoch belastete, über ausgebrannte und physisch angeschlagene Lehrkräfte; das zu einem Zeit- punkt, in dem die Schule und die in ihr Tätigen nicht nur hohen Ansprüchen genügen müssen, sondern auch mit vielen Veränderungen konfrontiert sind. Und tatsächlich: Die Öffentlichkeit muss zur Kenntnis nehmen, dass vor Beginn des neuen Schuljahrs 2001/2002 etliche Kantone

3Pressemitteilung der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) vom 25.01.99.

(13)

Schwierigkeiten bekunden, vor jede Schulklasse eine Lehrperson zu stellen. Lehrerinnen und Lehrer können problemlos, zumindest wenn es der Arbeitsmarkt zulässt, den Lehrberuf verlas- sen und in eine andere Tätigkeit wechseln – aber umgekehrt ... ?

Daraus wird gelegentlich der Schluss gezogen, dass es schlecht um die Schule stehe. Sind die- se Urteile über die Lehrerinnen und Lehrer wahr?

Forschungsleitende Annahmen

Das Erziehungsdepartement des Kantons Aargau interessierte sich, wie einleitend erwähnt, für die Gründe, die Lehrpersonen veranlassen, ihre Stelle zu verlassen. Im Hintergrund stand die Frage nach der beruflichen Zufriedenheit der Unterrichtenden. Verlassen sie ihren Beruf, weil sie damit unzufrieden sind? Um das Ergebnis nicht durch etwaige Besonderheiten der Kündi- genden zu verfälschen, wurden auch bleibende Lehrpersonen einbezogen. Denn, so die An- nahme, Lehrkräfte, die in ihrem Beruf und ihrer Arbeit zufrieden sind, würden den Schuldienst nicht verlassen. Andererseits zählen die Unzufriedenen, mit Kindern, Unterricht, Kolleginnen und Kollegen, Behörden und Eltern Hadernden, durch Reformen Entnervte, die Überlasteten und Überforderten zur Risikogruppe der kündigenden Lehrerinnen und Lehrer. Diese Annah- me widerspiegelt sich in der Bemerkung eines nicht kündigenden Lehrers, der - in Unkenntnis der Untersuchungsanlage - vorschlug, auch kündigende Lehrkräfte zu befragen. Wenn nur bleibende Lehrkräfte befragt würden, resultierte ein zu positives Bild des Lehrberufs. Würde diese Annahme gestützt, so eröffnete sich eine Richtschnur als Chance für bildungspolitische Reformprozesse, die in der Verbesserung der beruflichen Situation der Unterrichtenden läge.

Und: Mit ihrer Arbeit zufriedene Lehrkräfte bleiben ihrem Beruf treu, engagieren sich in Schulreformprozessen und sind motivierte Unterrichtende. Mit den ersten Befragungen wurde aus diesem Grund auch das Ziel verfolgt, über die Erhebung der Kündigungsgründe zu Mass- nahmen zu gelangen, welche Lehrkräfte davon abhalten könnten, ihre Anstellung aufzugeben.

Viele Studien zum Lehrberuf betonen die hohen Belastungen, denen Lehrkräfte tagtäglich ausgesetzt sind. Vermutet wird, dass diese zu Kündigungen führen. Bildungspolitisch interes- santer ist es zu wissen, was bleibende Lehrkräfte veranlasst, eine Kündigung überhaupt zu erwägen oder warum sie an ihrer Stelle bleiben. Deshalb werden alle erhobenen Variablen auf ihre statistisch relevanten Zusammenhänge mit der Absicht, die Stelle aufgeben zu wollen, ge- prüft. Für Bleibende gelten vorderhand dieselben Vermutungen, die für Kündigende angespro- chen worden sind, etwa, dass hohe Belastung und geringe Zufriedenheit Kündigungsabsichten nähren.

(14)

Damit sind einige für die vorliegende Arbeit relevante Hypthesen umrissen:

Die an ihrer Stelle bleibenden Lehrpersonen sind zufriedener als kündigende.

Kündigende verlassen ihren Beruf, weil sich ihre beruflichen Erwartungen nicht erfüllen.

Kündigende bewerten ihren Beruf im Vergleich zu bleibenden Lehrpersonen als belasten- der.

Diese grundsätzlichen Überlegungen erlauben weitere Ableitungen und implizieren Annah- men über die an ihrer Stelle bleibenden Lehrpersonen zu. Die nachfolgende Liste, ergänzt um einige soziodemografische und berufsstrukturelle Implikationen, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

♦ Wenig zufriedene Lehrpersonen denken häufig an Kündigungen.

♦ Die Aussicht, dass wenige Zufriedene im Lehrberuf zu bleiben, ist gegenüber Zufriedenen geringer.

♦ Je höher das Ausmass der empfundenen Belastung, desto höher ist die Kündigungsabsicht und desto tiefer ist die Verbleibenswahrscheinlichkeit.

♦ Unzufriedene und hoch belastete Lehrerinnen und Lehrer würden ihren Beruf, stünde die Berufswahlentscheidung nochmals an, in weniger starkem Ausmass wieder wählen als Zu- friedene und weniger Belastete.

♦ Zufriedene und wenig Belastete denken weniger häufig an eine Umschulung, um eine über den Lehrberuf hinausführende Qualifikation zu erwerben.

♦ Lehrpersonen mit günstigen Zufriedenheits- und Belastungswerten sind durch ebenfalls günstigere Werte im körperlichen Wohlbefinden charakterisiert.

♦ Jene Lehrpersonen, die aus privaten Motiven kündigten, sollte es dazu kommen, sind durch günstigere Berufswerte gekennzeichnet als Lehrpersonen, die kündigen würden, weil sie sich durch eine neue Stelle angezogen fühlen.

♦ Das Ausmass der empfundenen Belastungen korrespondiert mit der Güte der Belastungs- verarbeitung (Coping-Strategien).

♦ Lehrerinnen sind zufriedener als Lehrer.

♦ Jüngere Lehrpersonen nehmen gegenüber älteren weniger Belastungen wahr.

♦ Je höher das Alter der zu unterrichtenden Schülerinnen und Schüler, desto ungünstiger wird die Berufssituation bewertet.

♦ Lehrpersonen der Realschule sind im Vergleich zu Lehrkräften an anderen Schultypen weniger zufrieden und höher belastet.

Hinsichtlich beruflicher Einzelmerkmale sind folgende Annahmen untersuchungsleitend:

(15)

• Wer grosse Klassen zu unterrichten hat, denkt häufiger an Kündigungen.

• In grossen Klassen ist die Zufriedenheit geringer und die empfundenen Belastungen sind höher.

• Arbeitsinhaltliche Gesichtspunkte werden von Lehrkräften mit grossen Klassen bezüglich Zufriedenheit überdurchschnittlich kritisch bewertet.

• Wer vor allem mit arbeitsinhaltlichen Berufsmerkmalen zufrieden ist, ist mit dem Beruf als Ganzem zufriedener als Lehrpersonen, die arbeitsinhaltliche Gesichtspunkte ver- gleichsweise kritisch beurteilen.

• Je mehr Lektionen erteilt werden, desto höher die wahrgenommene Belastung.

• Die in grossen Kollegien eingebundenen Lehrkräfte bewerten ihre berufliche Situation kri- tischer als Lehrkräfte, die an kleinen Schulen arbeiten.

• Wer viele Schülerinnen und Schüler unterrichtet, die aus einem anderen Kulturraum stammen, ist durch die Lehrtätigkeit stärker belastet.

Diese bisher aufgelisteten Annahmen lassen sich auch kombinieren, etwa in der folgenden Art und Weise:

Je zufriedener eine Lehrkraft ist, je weniger Belastungen sie wahrnimmt und je eher sie den Lehrberuf im Fall einer erneuten Entscheidung wieder ergreifen würde, desto geringer ist ihre Kündigungsabsicht im Vergleich zu anderen Lehrkräftegruppen. In ihrer Zufriedenheit schwingen weniger resignative Anteile mit. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie an der aktuellen Stelle bleibt, ist gross. Ihr körperliches Wohlbefinden ist höher, sie verarbeitet Belastungen effizienter, denkt häufig an den Lehrberuf betreffende Weiterbildung und erwägt weniger oft eine Umschulung, um neben dem Lehrberuf eine zusätzliche Qualifikation anzustreben.

Diese Hypothesen leiten die nachfolgende Arbeit. Sie beeinflussen die Auswertungen inso- fern, als versucht wird, diese zu bestätigen oder zu widerlegen. Darum bezeichne ich sie als forschungsleitende Annahmen. Andererseits beeinflussen sie die Diktion, da die Ergebnisse im Hinblick auf sie kommentiert werden. Das gilt vornehmlich für den zusammenfassenden Ab- schnitt (Kp. 11.1).

Übersicht über das Bildungssystem Schweiz

Ähnliche Befragungen wie im Kanton Aargau hat der Verfasser der vorliegenden Arbeit auch in den Kantonen Solothurn (Bieri 1996a) und Luzern (Bieri 1997e, 1997f, 1997g, 1998d, 1998e, 1999b) durchgeführt. Gelegentlich werden die Ergebnisse der drei Kantone einander gegenüber gestellt. Die Schulsysteme dieser drei Kantone sind vergleichbar. Befragt wurden

(16)

Lehrerinnen und Lehrer, die im Kindergarten, in der Primarschule und auf der Sekundarstufe I arbeiten (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Grafische Übersicht Bildungssystem Schweiz4

4Abbildung aus Webseite der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK): www.edk.ch/d/Bildungs- wesenCH/euri-Grafisch.html

(17)

Die obligatorische Schulzeit in der Schweiz dauert neun Jahre. Zehn Jahre Unterricht sind üblich, die Vorschule (Kindergarten) nicht mit gerechnet. Je nach Kanton dauert die Primar- schule vier bis sechs Jahre. Im Kanton Aargau sind es fünf, in den Kantonen Luzern und Solo- thurn sechs. Auf der Sekundarstufe I sind die Bezeichnungen unterschiedlich (siehe Tab. 1).

Tabelle 1: Befragte Lehrkräftekategorien

Typ Aargau Luzern Solothurn

Vorschule Kindergarten Kindergarten keine Befragung

Unterstufe

(1. und 2. Schuljahr)

Unterstufe

(1. bis 3. Schuljahr)

Unterstufe

(1. bis 3. Schuljahr)

Primarschule

Mittelstufe

(3. bis 5. Schuljahr)

Mittelstufe

(4. bis 6. Schuljahr)

Mittelstufe

(4. bis 6. Schuljahr)

Schule mit Grundansprüchen

Realschule Realschule Oberschule Schule mit erweiterten Ansprüchen

Sekundarschule Sekundarschule Sekundarschule Schule mit höheren Ansprüchen

Sekundarstufe I

Bezirksschule Gymnasium Bezirksschule

Gliederung der Studie

Wer ist mit seiner Arbeit zufrieden? Wer ist es mit seinem Beruf? Unter welchen Bedingungen ist berufliche Erfüllung möglich? In Kapitel 2 wird versucht, diese Fragen zu beantworten.

Zunächst werden die Modelle diskutiert, welche die Arbeitszufriedenheit im Allgemeinen (Kp.

2.1) erörtern, dann jene spezifisch auf die Unterrichtenden bezogenen (Kp. 2.2). Zunächst ist jedoch die Begrifflichkeit zu klären. Definitorischen Klärungen ist Kapitel 2.1.1 gewidmet.

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Arbeit sind die traditionellen arbeitspsychologischen Konzepte zur Arbeitszufriedenheit einzubeziehen, welche diese Thematik bis heute prägen.

Dies gilt besonders für jene Herzbergs, Bruggemanns und Merz'. Diese werden entsprechend ausführlich behandelt (Kp. 2.1.2 bis Kp. 2.1.4).5 Kapitel 2.1.5 ist empirischen Ergebnissen der

5Siehe auch Grunder & Bieri 1995, 29ff.

(18)

Arbeitszufriedenheit gewidmet. Die Bewertung der Arbeitssituation durch die in eine Befra- gung einbezogenen Personen hängt einerseits von der konkreten Arbeitssituation selber ab, dann aber auch von den Bedürfnissen und Erwartungen, welche die Personen an die Arbeitssi- tuation richten. Die Darstellung empirischer Befunde berücksichtigt diesen Sachverhalt, indem zwischen konkreten Determinanten und Determinanten subjektiver Standards differenziert wird.

Seit Arbeitszufriedenheits-Forschung betrieben wird, sind kritische Einwände gegen die Art und Weise der Forschung und der ihnen zugrundeliegenden Konzepte – sofern solche über- haupt vorliegen – auf dem Plan. In Kapitel 2.1.6 beschreibe ich geäusserte Bedenken und er- wäge, wie kritischen Einwänden Rechnung getragen werden kann.

In Kapitel 2.2 steht eine bestimmte Berufsgruppe im Zentrum, die Lehrkräfte. Wiederum stelle ich die Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Forschung dar - nun jedoch ausschliesslich auf den Lehrberuf bezogen. Die Ergebnisse der empirischen Sozialforschung zum Thema Arbeits- und Berufszufriedenheit sind nicht eindeutig. Sie widersprechen sich gar. Diese Feststellung gilt gleichermassen für die auf die Lehrerprofession bezogenen Arbeiten. Hier tut gründliche Sich- tung von Forschungsresultaten insbesondere arbeitspsychologischer Provenienz not. Kapitel 2.2.3 soll diesem Anspruch gerecht werden. Vorerst berichte ich über den aktuellen Stand der Zufriedenheits-Forschung im Lehrberuf (Kp. 2.2.1) und spezifiziere Einflussgrössen der Be- rufszufriedenheit von Lehrpersonen.

Gestützt auf die Ergebnisse der ersten Befragung wurde das Erhebungsinstrument revidiert.

Insbesondere ist dem Aspekt der Belastung von Lehrkräften mehr Aufmerksamkeit gewidmet worden. Die Anpassungen der Fragebogen sind beschrieben (insbesondere in Kp. 5). Die stär- kere Gewichtung der Belastungsthematik spiegelt der theoretische Teil: Kapitel 2.3 beschäftigt sich ausführlich mit dieser Fragestellung. Nach einem einleitenden Teil über zusätzliche Be- gehrlichkeiten an die Adresse der Schule und (gestiegene) Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer (Kp. 2.3.1) werden Stress (Kp. 2.3.2) und Modelle der Belastungsanalysen im Lehrbe- ruf (Kp. 2.3.3) erörtert, bevor spezifisch Belastungen im Lehrberuf (Kp. 2.3.4 und Kp. 2.3.5) dargestellt und Möglichkeiten derer Bewältigung (Kp. 2.3.7) gezeigt werden. Kapitel 2.3.7 widmet sich dem bisweilen überraschungsreichen Verhältnis von Zufriedenheit und Belastung.

In Kapitel 3 beschreibe ich einige in die Untersuchung einbezogene ausgewählte Themen- komplexe detaillierter. Sachverhalte, welche die befragten Lehrpersonen im Hinblick auf die wahrgenommene Zufriedenheit und dem Ausmass der durch sie verursachten Belastung zu beurteilten hatten, sind in Kapitel 3.1 dargestellt. Es geht um Schulreformen (Kp. 3.1.1), Klas-

(19)

sengrösse (Kp. 3.1.2), Schulleitung und Schulaufsichtsbehörden (Kp. 3.1.3) sowie um Noten- gebung und Selektionsaufgaben (Kp. 3.1.4). Im zweiten Unterabschnitt (Kp. 3.2) sind Sach- verhalte beschrieben, die in engem Zusammenhang mit der vorliegenden Thematik stehen.

Eingehender behandelt werden gesundheitsrelevante Aspekte (Kp. 3.2.1), Burnout (Kp. 3.2.2), Fluktuation (Kp. 3.2.3) und Wiederwahl des Lehrberufs im Fall einer erneuten Berufswahlent- scheidung (Kp. 3.2.4).

Teil B referiert die Untersuchung an Lehrkräften aus dem Kanton Aargau (Schweiz). Vorerst (Kp. 4) wird über die Ausgangslage der vom Kanton in Auftrag gegebenen Befragung, deren Zielsetzung (Kp. 4.1) und praktische Durchführung (Kp. 4.2) informiert.

Der nachfolgende Abschnitt (Kp. 5) beschreibt detailliert das eingesetzte Befragungsinstru- ment. Nachgezeichnet werden überdies die im Verlauf der fünf Jahre dauernden Untersuchung vorgenommen Erweiterungen und Modifikationen. Sämtliche auf der Basis des Untersu- chungsinstruments gerechneten und erstellten Konstrukte, Analyseeinheiten und Teilstichpro- ben sind im nächsten Kapitel (Kp. 6) aufgeführt.

Ab Kapitel 7 berichte ich über die Ergebnisse der Erhebung. Der Beschreibung der Stichpro- ben (Kp. 7.1) folgen die Resultate über die berufliche Zufriedenheit und das Ausmass der empfundenen Belastungen (Kp. 7.2) von den an ihrer Stelle bleibenden Lehrpersonen. Die nicht nach Zufriedenheit und Belastung untersuchten Variablen – Wiederwahl, körperliche Beschwerden und Reaktionen, kantonale Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung fluktuationsbe- zogene Ergebnisse - sind Gegenstand von Kapitel 7.3. Auch dieser Abschnitt stützt sich ledig- lich auf die Zahlen der bleibenden Lehrerinnen und Lehrer. Den kündigenden Lehrpersonen ist Kapitel 7.4 reserviert. In Kapitel 7 werden überdies sämtliche Skalenbildungen nachge- zeichnet.

Nachfolgend (Kp. 8) bilde ich verschiedene Teilstichproben nach soziodemografischen (Ge- schlecht, Alter) und berufsstrukturellen Merkmalen (Schultyp, Anzahl der zu unterrichtenden Schülerinnen und Schüler, Pensenumfang, Schulgrösse, unterschiedlich stark ausgeprägte Kündigungsabsichten und mehr) und diskutiere deren differente Wahrnehmung der berufli- chen Situation.

Regressions- und Korrelationsanalysen zur Allgemeinen Zufriedenheit und zu allenfalls resi- gnativen Anteilen an der Zufriedenheit (Kp. 9.1), zur Allgemeinen Berufsbelastung (Kp. 9.2), zu einer allfälligen Wiederwahl des Lehrberufs im Fall einer erneuten Entscheidung (Kp. 9.3) und zu Kündigungsgedanken (Kp. 9.4) sind Gegenstand des nächsten Abschnitts.

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Darauf arbeite ich signifikante Differenzen zwischen kündigenden und bleibenden Lehrkräften auf (Kp. 10.1). Die vorliegende Studie fördert einige erstaunliche Ergebnisse zutage. Kp. 10.2 soll den produktiven Umgang mit überraschenden empirischen Erkenntnissen erleichtern, in- dem mit Hilfe von sogenannten Schlüsselvariablen einige den Lehrberuf charakterisierende Besonderheiten erschlossen werden.

Die Arbeit schliesst in Teil C mit einer zusammenfassenden Diskussion der Ergebnisse, die als Grundlage für zu ziehende Folgerungen dienen. Die Empfehlungen stützen sich auf die Be- funde der Studie und orientieren sich weder an pädagogisch wünschenswerten Idealen noch an politschen Machbarkeitserwägungen.

Die Ergebnisse der ersten Befragung der Aargauer Lehrpersonen von 1994 und die in diesem Zusammenhang erarbeiteten theoretischen Positionen sind in Buchform erschienen: Grunder

& Bieri (1995). Auf diese Publikation wird in der vorliegenden Arbeit gelegentlich verwiesen.

Grundlegende, für das Gebiet der Arbeitszufriedenheit (nach wie vor) relevante theoretische Konzepte werden in der vorliegenden Schrift in überarbeiteter und allenfalls aktualisierter Form dargestellt, teilweise auch solche, die in der erwähnten Publikation schon beschrieben worden sind. Dasselbe gilt für richtungsweisende empirische Befunde, die dem Verständnis im vorliegenden Zusammenhang dienlich sind. Gegebenenfalls werden somit dieselben empi- rischen Studien wie in Grunder & Bieri (1995) herangezogen.

In der vorliegenden Schrift behandle ich die Stichprobe der bleibenden Lehrkräfte privilegiert.

Etliche Analysen, auch Darstellungen und Grafiken, werden lediglich für Bleibende vorge- nommen, so in Kapitel 8, wo signifikante Differenzen in Abhängigkeit des Geschlechts, des Alters, des unterrichteten Schultyps usw. beschrieben werden. Davon abhängiges, unter- schiedliches Kündigungsverhalten wird dagegen für Kündigende dargestellt (Kp. 7.4). Die Korrelations- und Regressionsanalysen in Kapitel 9 beschränken sich wiederum auf die Blei- benden. Die in Kapitel 10.2 vorgenommenen Analysen diverser ‚Schlüsselvariablen‘ sind für die bleibenden Lehrkräfte umfangreicher.6

Ich bevorzuge die Bleibenden aus folgenden Gründen: Die Einzelbefragungen deckten auf, dass sich Kündigende nur in wenigen Gesichtspunkten von Bleibenden unterscheiden. Kündi- gende nehmen sogar weniger Belastungen als Bleibende wahr. Insofern hat sich eine der fünf-

6Wenn im vorliegenden Bericht im Titel von Tabellen und Grafiken ein Verweis auf die Stichprobe (Bleibende oder Kündigende) fehlt, handelt es sich um bleibende Lehrkräfte. Bei denjenigen Fragen, die bleibenden und kündigenden Lehrkräften in gleicher Weise vorgelegt wurden, verweise ich jeweils auf die Fragebogennummer im Fragebogen für bleibenden Lehrkräfte.

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jährigen Untersuchung zu Grunde gelegte Annahme nicht bestätigt, wonach Kündigende mit ihrer Stelle unzufrieden und hoch belastet seien und sie deshalb verlassen wollten.

Wenn die Kündigenden den Fragebogen bearbeiteten, haben sie die Kündigung ausgespro- chen, sind aber noch an der Stelle tätig, die sie bald verlassen werden. Der Befragungszeit- punkt beeinflusst die Einstellung der Lehrpersonen gegenüber ihrer beruflichen Situation. Die Zeit der Entscheidungsarbeit – kündigen oder nicht kündigen – ist vorbei und verändert in der Rückschau die Bewertung der die vergangenen Zeit.

Die Lesbarkeit des Berichts erhöht sich durch eine Reduktion der Tabellen. Die Werte der Kündigenden werden über eine Analyse der signifikanten Differenzen zwischen Kündigenden und Bleibenden erschlossen (Kp. 10.1). Die eingehendere Behandlung der Stichprobe der Bleibenden erfolgt zudem nur in jenen Fragen, die beiden Stichproben in gleichermassen vor- gelegt wurden. Diejenigen Fragen, welche nur Kündigende betreffen, werden ausführlich dar- gestellt (Kündigungsgründe, nächste Aktivität der kündigenden Lehrpersonen, Fluktuations- motivation). Im Anhang sind die Häufigkeiten und statistischen Kennwerte für Bleibende und Kündigende aufgeführt.

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TEIL A: THEORETISCHER TEIL

2. Zufriedenheit und Belastung

2.1 Arbeitszufriedenheit 2.1.1 Begriffe, Definitionen

Was heisst es, mit seiner Arbeit zufrieden zu sein? Was bedeutet Zufriedenheit im Zusam- menhang mit beruflicher Tätigkeit? Mit Recht wird die Forderung erhoben, empirische So- zialwissenschaft habe ihre Begriffe in weitmöglichster Nähe zur Umgangssprache zu for- mulieren. "Ansonsten dürfte es schwerfallen, ihre Aussagen an der sozialen Wirklichkeit zu überprüfen und die gewonnenen Ergebnisse als Hilfe für die konkrete Praxis zu ver- wenden" (Merz 1979, 19). Demzufolge muss sich sozialwissenschaftliche Forschung dem Problem stellen - mithin wenn sie mit Befragungen arbeitet -, dass wissenschaftliche Be- griffe nicht dem umgangssprachlichen Wortgebrauch entsprechen. Zufriedenheit stellt ein häufig und fraglos verwendetes Wort dar. Der Terminus ist indessen bereits um- gangssprachlich mit verschiedenen, darunter widersprüchlichen Inhalten belegt.

Nach Ipfling et al. (1995, 24) ist der wissenschaftliche Begriffsgebrauch von Arbeitszu- friedenheit und Berufszufriedenheit uneinheitlich, da die Begriffe unterschieden als auch synonym verwendet werden, wobei die synonyme Verwendung dominiere. Insgesamt zei- ge sich die Tendenz, Berufszufriedenheit als umfassender und längerfristig zu definieren als Arbeitszufriedenheit.

Mit Allgemeiner Arbeitszufriedenheit bzw. Allgemeiner Berufszufriedenheit ist die Zufrie- denheit mit der beruflichen Situation im Ganzen, insgesamt, gemeint.1 Die beiden Begrif- fe werden zumeist synonym verwendet. Der Terminus Arbeitszufriedenheit tritt indessen häufiger auf und meint die wörtliche Übersetzung des englischsprachigen job satisfaction.

Diese Fügung stammt aus den USA, wo diesbezüglich eine fast sechzigjährige For- schungstradition herrscht.2 Der englische Begriff für Berufszufriedenheit lautet vocational satisfaction. In der angelsächsischen Literatur findet man gelegentlich ebenfalls den Be- griff job attitude/s (Arbeitseinstellung/en), der zumeist – analog dem deutschen Sprach- raum - gleichbedeutend mit job satisfaction verwendet wird. Nicht so von Vroom (1964) und einigen wenigen anderen Autoren: Sie begreifen job attitude(s) als Bezeichnung für

1Und somit nicht differenziert nach spezifischen Einzelzufriedenheiten (mit bestimmten Aspekten der beruf- lichen Tätigkeit und beruflichen Arbeitsbedingungen).

2Die Zufriedenheit mit der Arbeit wird im deutschsprachigen Raum seit Beginn der Siebzigerjahre wissen- schaftlich erforscht.

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eine Reaktion auf eng umschriebene Einzelaspekte der Arbeit, also nicht generalisierend, während job satisfaction als umfassenderes Konzept, als Konglomerat verschiedener Ein- zeleinstellungen anzusehen sei.

Bruggemann3 definiert Arbeitszufriedenheit als Einstellung zum Arbeitsverhältnis. Eine Übernahme des Begriffs job attitude (Singular) im generalisierten Sinn scheint ihr al- lerdings nicht "empfehlenswert" (Bruggemann et al. 1975, 19), da Arbeitseinstellung im deutschen "auch im Sinne von Leistungsbereitschaft, ähnlich wie Arbeitsmoral, verstan- den wird" (ebd., 19).

Benützen die konsultierten Autorinnen und Autoren die Begriffe unterschiedlich, wird doch mit dem Begriff Berufszufriedenheit der Langzeitbezug der Zufriedenheit in einem Arbeitsverhältnis betont. So verstehen Bruggemann et al. (1975, 19) Berufszufriedenheit allgemein als "Zufriedenheit mit der eigenen Erwerbstätigkeit", genauer als "durchschnitt- liche Arbeitszufriedenheit über einen längeren Zeitraum, gegebenenfalls unter Bezug auf mehrere Arbeitsverhältnisse und/oder verschiedene Arten von Erwerbstätigkeit". In seiner ersten Publikation zu dieser Thematik hält Fischer (1970, 4) Berufszufriedenheit für das

"umfassendere Konzept". Es schliesse die Zufriedenheit mit dem Image sowie die Mög- lichkeit ein, der Gesellschaft dienlich zu sein. Zwanzig Jahre später (Fischer 1989; 1991) verwendet er nur noch die Bezeichnung Arbeitszufriedenheit.

In der Regel verwendet die Fachliteratur aktuellerweise die Begriffe Arbeitszufriedenheit und Berufszufriedenheit synonym.

In der vorliegenden Studie spreche ich im Zusammenhang mit Lehrkräften von Be- rufszufriedenheit. Mit Arbeitszufriedenheit meine ich die Zufriedenheit in einem nicht nach Berufsbranche spezifizierten Arbeitsverhältnis, etabliere also eine ledig-

lich pragmatisch begründete Differenzierung.

In einigen älteren amerikanischen Definitionen wird der Begriff job satisfaction von vorn- herein positiv wertend verstanden. So spricht Locke (1969, 316) von einem "angenehmen emotionalen Zustand", der aus einer Beurteilung des Arbeitsverhältnisses resultiere. Eine ältere Definition (Hoppock 1935, 47f.) beschreibt job satisfaction als "eine Kombination psychologischer, physiologischer und situativer Bedingungen, die die Person zu der ehrli-

3Im deutschsprachigen Raum dürfen die Arbeiten von Agnes Bruggemann und Jürgen Merz als wegweisend zur Thematik der Arbeitszufriedenheit bewertet werden, zumal in später publizierten Beiträgen immer wie- der auf diese beiden verwiesen wird: Bruggemann, A., Groskurth, P. & Ulich, E. (1975) Arbeitszufrieden- heit. Bern: Huber; Bruggemann, A. (1974) Zur Unterscheidung verschiedener Formen von "Arbeitszufrie- denheit". Arbeit und Leistung, 28, 281-284; Merz, J. (1979) Berufszufriedenheit von Lehrern. Eine empiri- sche Untersuchung. Weinheim und Basel: Beltz.

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chen Äusserung veranlassen: Ich bin mit meiner Arbeit zufrieden" (zit. nach Six & Klein- beck 1989, 372). Mittlerweile wird diese Wertung kaum noch vorgenommen, auch nicht meinerseits.

Arbeitszufriedenheit fasse ich neutral als allgemeine Einstellung zum Arbeits- verhältnis auf der Dimension zufrieden - unzufrieden.

Eine etymologische Betrachtung (vgl. Paul 1966, 835; nach Merz 1979, 19) zeigt, dass das Adjektiv zufrieden im 16. Jahrhundert aus einer Verschmelzung der Wörter zu und Frie- den entstand. Damit ist der Zustand gemeint, der auf die Beendigung eines Streites folgt oder dem Streit entgegengesetzt ist. Im Verlauf der Zeit erfuhr das Wort eine Bedeutungs- erweiterung und beschrieb - etwas allgemeiner - den Zustand der äusseren Ruhe. Heute ist mit Zufriedenheit ausschliesslich ein innerer Zustand gemeint. Die Präposition mit drückt aber aus, dass wir mit Personen, Zuständen oder Dingen zufrieden sind. Das können wir aber nur mit solchen Begebenheiten, zu denen wir eine persönliche Beziehung haben oder aus unmittelbarer Erfahrung kennen, ansonsten gefallen sie uns. Zufriedenheit ist demnach nicht gleichzusetzen mit Wohlbefinden oder Wonnegefühlen.

Als Ergebnis seiner umgangssprachlichen Bedeutungsanalyse vermerkt Merz (1979, 20), Zufriedenheit drücke eine konkret erfahrene Subjekt-Objekt-Beziehung aus, welche durch die subjektive Hinnahme (freudig oder zähneknirschend) dieser Beziehung gekennzeichnet sei.

Der wissenschaftliche Begriff der Arbeitszufriedenheit

In der Umgangssprache ist der Zufriedenheitsbegriff vieldeutig. Die Ambivalenz des Zu- friedenheitsbegriffs ist bei der Interpretation von umgangssprachlichen Zufriedenheitsäus- serungen jedenfalls zu berücksichtigen, ebenso wie in wissenschaftlichen Bestimmungen von Zufriedenheit. Wissenschaftliches Arbeiten strebt nach eindeutigen, abgrenzbaren und trennscharfen Konstrukten. Vermutlich infolge der Vielzahl der Publikationen auf dem Gebiet der Arbeitszufriedenheit existiert keine allgemein anerkannte Begriffsdefinition.

Abhängig vom theoretischen Standort und Forschungsinteresse, wird Arbeitszufriedenheit als emotionaler Zustand, als Einstellung, als Motiv oder als Persönlichkeitsmerkmal ver- standen.

Der Begriff der Arbeitszufriedenheit erfährt somit differente Ausprägungen, die sich leicht einmal überschneiden oder gar gegenseitig ausschliessen. Trotz aller Unterschiedlichkeit der Begriffsbestimmung handelt es sich weniger um widersprüchliche oder gegensätzliche Konzeptionen, sondern um sich ergänzende Betrachtungssaspekte desselben Phänomens

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mit unterschiedlich gewählten Akzenten. Kategorisierungsversuche bieten zum einen eine wichtige Orientierungshilfe über eine Begebenheit. Sie ermöglichen, sich eine Übersicht über die Vielfalt des Phänomens der Arbeitszufriedenheit zu verschaffen. Zum anderen sind sie in vielerlei Hinsicht relativierbar, da eine Zuordnung zu einer Konzeption bzw.

Definitionskategorie mit Schwierigkeiten behaftet oder gar unmöglich ist. Das belegt etwa der Umstand, dass die meisten Konzeptionen zur Arbeitszufriedenheit der Kategorie der Motivationstheorien zugeordnet werden können. Andererseits wird Arbeitszufriedenheit in der Fachliteratur überwiegend als Einstellung behandelt.

Die beiden Positionen schliessen sich indessen nicht aus. Zu beachten bleibt, dass der Ein- stellungsbegriff die oben beschriebene Gefühls- und Verhaltenskomponente enthält und überdies mit diesem Begriff auch die rationale Komponente betont werden kann; dann nämlich, wenn die Arbeitszufriedenheit die Beurteilung der Arbeits- und Berufssituation widerspiegelt. Ferner werden Motive häufig als Gefühle, Affekte, Triebe, Angst oder Hoffnung erlebt.

Einige Autorinnen und Autoren (z.B. Neuberger 1976; Bruggemann 1974; Bruggemann et al. 1975; Merz 1979, Six & Kleinbeck 1989) haben Systematiken entwickelt, um damit die Vielfalt der vorfindbaren Definitionen zu kategorisieren.

So unterscheidet Merz (vgl. 1979, 21-25) vier Begriffsvarianten von Arbeitszufriedenheit, nämlich Arbeitszufriedenheit als emotionaler Zustand, als Motiv, als Einstellung und als Werthaltung. Eine Durchsicht aktueller Arbeiten zur Arbeitszufriedenheit (Stand 2001) be- stätigt eine Entwicklung, welche Rudow 1988 vorausgenommen hat, als er schrieb:

"Durchzusetzen scheint sich in den letzten Jahren die Auffassung über die Arbeitszufrie- denheit als Einstellungsvariable zur Arbeitssituation" (Rudow 1988, 330). Nachstehend werden die erwähnten vier Formen skizziert und um weitere, in der Literatur vorfindbare Begriffsformen ergänzt. Wichtig ist mir folgender Hinweis: Die nun aufzuzeigenden Be- stimmungsmerkmale der Arbeitszufriedenheit dürfen keinesfalls widersprüchlich aufge- fasst werden, sondern sie stellen sich ergänzende Beschreibungen dar.

Arbeitszufriedenheit als emotionaler Zustand

Dieser Blickwinkel deutet Arbeitszufriedenheit als Frage nach der subjektiven Befindlich- keit in Arbeit und Beruf (Hoppock 1935, 47f., Locke 1969, 315). Mit Arbeitszufriedenheit wird gemäss dieser Ansicht primär ein nicht-kognitiver Aspekt unseres Verhaltens aufge- zeigt. Positiv gewertet ist Arbeitszufriedenheit als "pleasure emotional state" (Locke), als angenehmer emotionaler Zustand, als gutes Gefühl oder affektiv gefärbtes Verhältnis, das jemand zu seiner Arbeit hat, verstanden und vorwiegend als Erlebnisqualität gewertet.

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Arbeitszufriedenheit als Motiv

Diese Position hebt hervor, Arbeitszufriedenheit sei selbst Ziel und/oder Ursache berufli- cher Tätigkeit, somit also nicht lediglich als erlebnismässiges Korrelat der Motiv- befriedigung zu betrachten. Hervorgehoben wird die Verhaltensrelevanz des Konstrukts Arbeitszufriedenheit, die dann zum Motiv wird, wenn, ausgehend von einem (unbefriedi- genden) Ist-Zustand, ein als ideal angesehener Soll-Zustand angestrebt ist. Neuberger (1976) unterscheidet vier motivationstheoretische Ansätze:

- Bei bedürfnisorientierten Ansätzen dominiert die Annahme, eine Person habe verschie- dene Motive, die nach Befriedigung drängen, damit ein inneres Gleichgewicht wieder hergestellt werde (Homöostase-Prinzip). Als Verhaltensziel gilt ein befriedigender Zu- stand, während Unlust vermieden und Lust vermehrt werden (Hedonismus) soll. In der bedürfnisorientierten Sichtweise aktiviert Unzufriedenheit den Organismus, während Zufriedenheit Bedürfnislosigkeit, also Passivität gleichkommt.

- Anreizorientierte Ansätze nennen als Verhaltensziel die Lustmaximierung. Es geht weniger darum, einen befriedigenden Zustand herzustellen, als Reizsituationen aufzu- suchen, die möglichst viel Lust versprechen. Im Gegensatz zum obgenannten Ansatz, der innerseelische Bedürfnisse unterstellt, wird Arbeitszufriedenheit hier als von der äusseren Arbeitssituation abhängig interpretiert. Der Aufforderungscharakter der Um- weltgegebenheit (Arbeitssituation) ist zentral. Hohe Arbeitszufriedenheit aktiviert das nach Lustmaximierung strebende Verhalten. Betrachtet man sie dagegen von den Be- dürfnissen her, löst Unzufriedenheit Aktivität aus.

- Kognitive Ansätze sehen in der Person ein rationales Wesen. Es orientiert sich an der Umwelt, beurteilt sie aufgrund vergangener Erfahrungen, antizipiert gedanklich zu- künftige Entwicklungen und stellt sich darauf ein. Unzufriedenheit entsteht erst, wenn das kognitive System Widersprüchlichkeiten und Unvereinbarkeiten erfährt. Disso- nanzen und Unverträglichkeiten stimulieren schliesslich Veränderung.

- Humanistische Ansätze akzentuieren das Streben des Menschen nach Sinnerfüllung und Selbstverwirklichung. Zufriedenheit bedeutet weniger Bedürfnislosigkeit oder Passivität, als das Bewusstsein eines aktiven, schöpferischen und sinnerfüllten Lebens.

Hohe Arbeitszufriedenheit kommt erlebter Selbstverwirklichung gleich, verursacht ge- steigertes Engagement und eine Differenzierung der Interessen und Bedürfnisse. Dies deshalb, weil - zumindest gemäss Maslows Motivationstheorie - hier keine Sätti- gungsprozesse eintreten und somit eine fortlaufende Entwicklung denkbar ist. Als ty- pischer Vertreter neben Maslow (1954) ist Herzberg (1959) zu nennen (Kapitel 2.2.3).

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Arbeitszufriedenheit als Einstellung

Wie schon erwähnt, dominieren jene Ansätze, welche Arbeitszufriedenheit als Einstellung behandeln. Damit ist gemeint, dass Bedürfnisse oder Motive bzw. deren Realisierungsgrad für die Arbeitszufriedenheit gewichtet werden. Die bekanntesten Vertreter sind Brugge- mann et al. (1975) und Neuberger & Allerbeck (1978): "Die Arbeitszufriedenheit wird hier als kognitiv-evaluative Einstellung zum eigenen, die Arbeit umfassenden Tä- tigkeitsbereich verstanden. In ihr manifestiert sich eine spezifische emotionale Reflexion der Arbeitsaufgaben und -bedingungen" (Rudow 1988, 330). Auch wenn Bruggemann Zufriedenheit primär als Einstellung behandelt, spielt auch die Zufriedenheit - verstanden als emotionaler Zustand, als subjektive Befindlichkeit - und die Zufriedenheit - verstanden als motivationale Grösse - bei ihrer Konzeption eine Rolle. Wie angedeutet, handelt es sich um eine Frage der Optik oder der Schwerpunktbildung:

"Arbeitszufriedenheit als generalisierte Einstellung zum Arbeitsverhältnis bedeutet ein Urteil darüber, ob und inwiefern das Arbeitsverhältnis und die Konsequenzen daraus mit den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Erwartungen im Einklang ste-

hen. Das Ergebnis hängt sowohl von kognitiv-rationalen als auch von emotionalen Bewertungs- und Beurteilungsprozessen ab. Die positive Beurteilung - Arbeitszu- friedenheit - lässt die Situation als problemlos erscheinen und entbindet von Kon- flikt und Spannung. Dieser Effekt tritt nicht nur bei der auf Befriedigung beruhen- den Arbeitszufriedenheit, sondern auch bei jenen Formen ein, die wir als Schutzat-

titüden bezeichnen könnten - bei der resignativen wie bei der Pseudo-

Arbeitszufriedenheit. Mit den Formen der Arbeitsunzufriedenheit ist Spannung ge- geben"

(Bruggemann et al. 1975, 150).4

Damit unterscheidet Bruggemann nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Formen der Arbeitszufriedenheit.

Auch Merz definiert Arbeitszufriedenheit als Einstellung. Die geschilderten Bedeutungen sind in seiner Definition berücksichtigt:

"Arbeitszufriedenheit ist ein innerseelischer Zustand, der aus der emotional- affektiven und rationalen Beurteilung des Arbeitsverhältnisses resultiert und mit

dem Verhalten in einem gewissen Zusammenhang steht"

(Merz 1979, 29).

4Zu den Formen der Arbeitszufriedenheit nach Bruggemann et al. (1975) siehe Kp. 2.1.3.

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Rudow (1994) urteilt genauso. Auch ihm zufolge überwiegt die Betrachtung der Arbeits- zufriedenheit als Einstellung zur Arbeitssituation. Die Arbeitszufriedenheit wird als eine durch die Arbeitstätigkeit auftretende Befindlichkeit verstanden, "die auf der Grundlage des (Soll-Ist-) Vergleichs von individuellen Erwartungen und dem Inhalt bzw. Bedingun- gen der Tätigkeit und bei ihrer Ausübung arbeitsregulatorisch als Einstellung wirksam wird" (Rudow 1994, 157). Seines Erachtens ist es jedoch nicht gerechtfertigt, die Arbeits- zufriedenheit nur als Einstellung zu definieren, da deren Funktionalität im Arbeitsverhal- ten nicht nachgewiesen sei. Es scheine eher so zu sein, dass die auf der Grundlage des Soll-Ist-Vergleichs von individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Erwartungen mit den Arbeitsressourcen entstehende Arbeitszufriedenheit einstellungs- und motivbildend wirke.

So könne die Zufriedenheit mit den Beziehungen zu den Schülerinnen und Schülern die Lehrperson zu einem überwiegend schülerorientierten Unterricht anregen (vgl. ebd.).

Bei der Erforschung von Arbeitszufriedenheit soll nicht nur die generalisierte Arbeitszu- friedenheit berücksichtigt werden. Etliche Forschende streichen den Umstand heraus, Ar- beitszufriedenheit stelle eine Summe bzw. eine Funktion verschiedener Teileinstellungen dar. Merz (1979, 23) zitiert amerikanische Forscher, um diesen Sachverhalt zu verdeutli- chen: "Job satisfaction is a general attitude which is the result of many specific attitudes in three areas, namely, specific job factors, individual characteristics, and group relationships outside the job."

Arbeitszufriedenheit wird als innere Einstellung angesehen, die weder positiv noch negativ gewertet ist.

Arbeitszufriedenheit als Werthaltung

Anstelle von Einstellungen werden häufig Wertvorstellungen oder Werthaltungen als De- finitionsbestandteile verwendet. Nach Locke (1976, 1307, zit. nach Six & Kleinbeck 1989, 373) resultiert Arbeitszufriedenheit "aus der Wahrnehmung, dass die eigene Arbeit die für wichtig gehaltenen arbeitsbezogenen Werte erfüllt oder ihre Erfüllung erlaubt, vor- ausgesetzt, dass diese Werte nach Art und Ausmass mit den eigenen Bedürfnissen verein- bar sind". Locke konzentriert sich auf individuelle Adaptions- und Bewältigungsprozesse.

Je nachdem, wie die individuelle Person-Umwelt-Beziehung bewertet und bewältigt wird, unterscheidet er entsprechende Klassen von Arbeitszufriedenheit.

Arbeitszufriedenheit als Persönlichkeitsmerkmal

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Sieht man Arbeitszufriedenheit als Subfaktor allgemeiner Zufriedenheit an, kann sie als Persönlichkeitsmerkmal betrachtet werden. Ist eine Person ständig und überall zufrieden, scheinen die Ursachen der Zufriedenheit in das Innerpsychische verlegt, Arbeitszufrieden- heit gleicht demzufolge einem Persönlichkeitsmerkmal. In der empirischen Forschung wird Arbeitszufriedenheit allerdings kaum ausdrücklich als Persönlichkeitsmerkmal be- stimmt. Hingegen weist Merz (1979, 25) darauf hin, dass Zufriedenheitsäusserungen sehr häufig dementsprechend interpretiert werden.

Arbeitszufriedenheit als Person-Umwelt-Phänomen

Hierbei handelt es sich um eine die bisher angesprochenen ergänzende und erweiternde Betrachtungsweise. Wird Arbeitszufriedenheit als Person-Umwelt-Phänomen gehandhabt, räumt man Persönlichkeitsmerkmalen bei der Beurteilung und Bewältigung der Ar- beitssituation bzw. der Berufsumwelt eine entscheidende Rolle ein. Subjektive Variablen sind dann sicher bedeutender als situative und demografische.

Dieser Sichtweise wird in der vorliegenden Schrift eine prominente Stellung eingeräumt.

Das äussert sich unter anderem im Umstand, als Bewältigungsstrategien mit in die Unter- suchung einbezogen werden. Der Umgang mit Belastung wird in den Kapiteln 2.3.5 und 2.3.6 ausführlich beschrieben.

Zum normativen Aspekt von Zufriedenheit und Unzufriedenheit Schliesslich stellt sich auch die Frage nach dem Wozu der Zufriedenheit.

Gegenwärtig wird in den Medien ungewohnt umfangreich und prominent über die Situati- on im Lehrberuf berichtet. Die Zufriedenheit der Lehrenden ist zum öffentlichen Thema geworden; auch deshalb, weil verhältnismässig kurz vor Schuljahresbeginn5 unklar ist, ob vor jeder Schulklasse auch eine Lehrperson stehen wird. Zufriedene Lehrkräfte bleiben ihrem Beruf treu, so lautet ein implizite bildungspolitische Annahme. Mittels zufriedener Lehrpersonen soll sichergestellt werden, dass sich die Fluktuation aus dem Beruf im Rah- men hält. Lehrkräfteknappheit war schlussendlich auch der Ausgangspunkt der vorliegen- den Aargauer Befragung (siehe Kapitel 4.1).

Auf den ersten Blick mag Zufriedenheit als generell wünschbarer Zustand erscheinen. Be- rufszufriedenheit scheint gerade bei Lehrkräften eine unbestritten wichtige Voraussetzung zu sein: Unzufriedene Lehrpersonen unterrichten unzufriedene Schülerinnen und Schüler.

Sie prägen damit denkbar schlechte Lernbedingungen. Zufriedenheit beinhaltet jedoch auch Geduld, Passivität, Resignation. Sie kann sich in einer Hinnahme der Umstände im

5Vor Beginn des Schuljahres 2001/2002 im Sommer 2001.

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Sinn von Sich-Fügen, keine Ansprüche stellen, mit etwas vorliebnehmen, äussern. Der Zustand der Zufriedenheit kann zu einer unheilvollen Duldung eines Zustandes pervertie- ren, mag zur Selbstzufriedenheit mutieren. Ist eine Lehrkraft beispielsweise mit der mate- riellen Ausstattung ihrer Schule zufrieden, kann das heissen, dass sie sie den Verhältnissen entsprechend angemessen findet, dass sie sich verglichen mit anderen Schulhäusern nicht beklagen will, dass sie sich damit abgefunden hat oder dass sie diesen Umstand als will- kommene Entschuldigung begrüsst, nicht damit arbeiten zu müssen. Unzufriedenheit kann andererseits Antrieb zu neuen Taten sein. In der bedürfnisorientierten Sichtweise aktiviert Unzufriedenheit den Organismus, während Zufriedenheit Bedürfnislosigkeit, also Passivi- tät gleichkommt. So wird in der Fachliteratur gelegentlich die Frage aufgeworfen, ob Ar- beitszufriedenheit überhaupt anzustreben sei oder ob nicht vielmehr eine schöpferische Unzufriedenheit die Kräfte der arbeitenden Menschen angemessen zur Entfaltung bringe.

Jede Form von Fortschritt wäre demzufolge nicht das Ergebnis von Zufriedenheit, sondern von aktiver Unzufriedenheit. In diesem Zusammenhang ist ein Ergebnis von Merz (vgl.

1979, 302) interessant. Er stellt fest, dass der Typ des zufriedenen Lehrers u.a. konservativ, reformfeindlich und religiös sei. Er befürworte Druck und Zwang als Erziehungsmittel.

Damit stellt sich die Frage nach der normativen Betrachtung von Berufszufriedenheit und Berufsunzufriedenheit.

Oben wurde im Zusammenhang mit der schöpferischen Unzufriedenheit die normative Seite der Arbeitszufriedenheit angesprochen. Unzufriedenheit mag also durchaus positive Facetten aufweisen, indem sie - resultierend aus einem hohen Anspruchnsniveau (hohe Berufsansprüche, Wunsch nach anspruchsvoller Tätigkeit) - das Anvisieren neuer höherer Zielsetzungen begünstigt und infolgedessen die kreativen Energien des Menschen entfal- tet. Andererseits dürfte Zufriedenheit auch bei nicht idealen Arbeitsbedingungen und bei einem relativ niedrigen Anspruchsniveau (Interesselosigkeit, Trägheit, Wunsch nach kon- fliktfreiem Arbeitserleben) entstehen. Zufriedenheitsäusserungen beruhen dann darauf, dass sich die entsprechende Person mit Berufsmängeln abgefunden hat bzw. dass sie trotz vieler Probleme ihren Beruf mag. Schliesslich suchen viele Arbeitende auch die Her- ausforderung anspruchsvoller Tätigkeit und nehmen dabei hohe Belastungen in Kauf, die andere als unerträglich ablehnen würden. Aus wie auch immer gearteten Zufriedenheits- aussagen Indikatoren zur Qualität der Arbeitssituation oder Vorhersage von Arbeitslei- stung abzuleiten, ist deshalb nicht unproblematisch.

Wie Arbeitszufriedenheit eingestuft wird, hängt also von der bevorzugten Beurteilungs- norm ab. Einerseits kann man Arbeitszufriedenheit instrumentell betrachten: Zufriedene Arbeitende würden demnach als Mittel zur Produktivitätssteigerung eingesetzt. Sie wei- sen, so wird postuliert, eine höhere Leistungsbereitschaft, geringere Fluktuation und weni-

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ger Absentismus auf. Nicht die Zufriedenheit selbst, sondern die Effekte der Zufriedenheit sind in dieser Sichtweise bedeutsam. Im Human-Relations-Konzept stand dieser Aspekt (Oekonomieziel) im Vordergrund. Er machte die grosse Attraktivität verständlich, die das Konstrukt Arbeitszufriedenheit insbesondere auf Industriemanager und –managerinnen ausgeübt hat.

Zum anderen kann Zufriedenheit selbst anzustrebender Wert sein. Entscheidend ist, dass sich der einzelne in seiner Arbeit wohl fühlt und sich in seinem Beruf selbst verwirklichen kann. Diese Optik beherrscht die humanistische Sichtweise. Es dürfte einen entscheiden- den Unterschied ergeben, ob der Erweiterung des Handlungsspielraums in der betriebli- chen Praxis lediglich Kosten-Nutzen-Analysen zugrunde liegen oder aber bestimmte Vor- stellungen von menschenwürdiger Qualität der Arbeit.

Im Zusammenhang mit den Arbeitszufriedenheits-Modellen nimmt der Terminus der Fluk- tuation einen besonderen Stellenwert ein. Wird doch oft unterstellt, wer zufrieden ist, bleibt seinem Beruf treu.

2.1.2 Forschungsperspektiven

Seit über fünfzig Jahren wird auf dem Gebiet der Arbeitszufriedenheit geforscht. Seither liegt es im Hauptinteresse der Praktiker, von der Wissenschaft einen brauchbaren Indikator für Arbeitsleistung, Fluktuationsverhalten, Krankheitsstand oder Absentismus zu erhalten (vgl. Six & Eckes 1991, 21). Arbeitszufriedenheit ist mittlerweile zu einem der zentralen Konstrukte der Arbeits- und Organisationspsychologie und der Fluktuationsforschung (siehe Kp. 3.2.3) geworden. Ein breitgefächertes Angebot an Theorien, Masseinheiten, Messinstrumenten und Daten ist verfügbar. Die begriffliche und operationale Fassung die- ses Konstrukts wie auch seine Ergebnisse sind äusserst vielfältig.

Arbeitszufriedenheit gilt nicht nur als zentrale Anzeige für die Qualität der Arbeitslei- stung, sondern ebenso für die allgemeine Lebensqualität (vgl. Bruggemann et al. 1975, Merz 1979). Psychische Lebensqualität ist ein Ziel, das sowohl Interessen von Arbeitge- benden als auch Arbeitnehmenden abdecken soll. Damit wird Arbeitszufriedenheit, als psychische Gesundheit betrachtet, zum wichtigen, weithin akzeptierten gesell- schaftspolitischen Desideratum.

Bestimmte Formen der Arbeitszufriedenheit scheinen mit körperlicher Gesundheit zu kor- respondieren, denn Unzufriedenheit und Stresspotenziale fördern Somatisierungstenden- zen (Kapitel 2.3.2 und Kapitel 3.2). Über seine gesellschaftspolitische Relevanz hinaus

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harmonisiert das Konzept sowohl mit den betrieblichen Interessen als auch mit den indivi- duellen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Praktikerinnen und Praktiker interessiert infolgedessen die Prädiktorleistung der Variablen Arbeitszufriedenheit bezogen auf die Arbeitsleistung. Angesichts der Tatsache, dass Mit- arbeitende ein immer wichtigeres unternehmerisches Erfolgspotenzial konstituieren, ist deren subjektive Bewertung der Arbeitssituation bedeutsam. Die Auffassung, Arbeitszu- friedenheit als Einstellungsvariable zur Arbeitssituation - "als kognitiv-evaluative Einstel- lung zum eigenen, die Arbeit umfassenden Tätigkeitsbereich" (Rudow 1988) - zu definie- ren, hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt. Mit Bruggemann et al. (1975, 19) soll Ar- beitszufriedenheit als "Zufriedenheit mit einem (betrieblichen) Arbeitsverhältnis" bezeich- net werden, die als (subjektive) innere Einstellung das Arbeitsverhältnis hinsichtlich aller Aspekte der Beurteilungsdimensionen zufrieden - unzufrieden bewertet, und die von vorn- herein keine positive Wertung im Sinne der Zufriedenheit beinhaltet.

Klassische Forschungsperspektiven

Ein umfassendes historisches Verständnis der Forschungen auf dem Gebiet der Arbeitszu- friedenheit bedingt Kenntnisse der Sozialgeschichte der Arbeit und der Industrialisierung.

In der Regel setzt die "Kurz-Geschichte" (Six & Kleinbeck 1989, 368) der Arbeitszufrie- denheitsforschung jedoch da ein, wo erstmalig empirische Untersuchungen über Art und Ausmass der Arbeitszufriedenheit vorgelegt worden sind. Six und Kleinbeck (1989, 368) fixieren den eigentlichen Beginn der Forschungen zum Problem der Arbeitszufriedenheit auf das Ende der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts, als über einen Zeitraum von etwa zwölf Jahren in den Hawthorne-Werken der Western Electric Company in Cicero, Illinois, unter anderem die Arbeitszufriedenheit untersucht wurde. 1935 erschien die erste Studie, die sich ausschliesslich mit Arbeitszufriedenheit beschäftigte (Hoppock 1935). Der Autor befragte an die 500 Lehrkräfte zu ihrer Arbeitszufriedenheit und kombinierte die Ergeb- nisse der Zufriedenheitsscores mit soziografischen und psychografischen Merkmalen. Vor- läufer der eigentlichen Arbeitszufriedenheits-Forschung sind jedoch sozialpolitisch moti- vierte Berichterstattungen (Babbage 1832, Ure 1835) über die Folgen der Indu- strialisierung bzw. der Fremdsteuerung des Arbeitsablaufs auf die Arbeitenden (vgl. Fi- scher 1991, 2f.). Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die mit dem in- dustriellen Produktionsprozess verbundenen Zwänge als Problem erkannt. In der Zeit der Industrialisierung hatte eine umfassende Sozialisation der Arbeiterschaft eingesetzt, die zentrale Arbeitstugenden wie Gehorsam, Regelmässigkeit und Anstrengungsbereitschaft der Arbeitenden fördern sollte.

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