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Trükise digitaalkoopia ehk e-raamatu tellimine (eBooks on Demand (EOD)) –miljonid raamatud vaid hiireklõpsu kaugusel rohkem kui kümnes Eu- roopa riigis!

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(1)

Nikolai Stange

Zwei Beiträge zur Kenntnis Alt-Dorpats

Dorpat

1930

(2)

Trükise digitaalkoopia ehk e-raamatu tellimine (eBooks on Demand (EOD)) –miljonid raamatud vaid hiireklõpsu kaugusel rohkem kui kümnes Eu- roopa riigis!

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(3)

Z W E I

B E I T R Ä G E ZUR K ENN TN I S ALT-DORPATS.

1. DER DOM- ODER PULYERKELLER.

2. GAB ES IM MITTELALTERLICHEN DORPAT EINE SCHEIDEMAUER ZWISCHEN DOM UND STADT ?

VON

N. S T A N G E .

Mi t 3 T a f e l n .

D o r p a t

1930.

(4)

.

K . M attiesens B uchdruckerei Ant.-Ges., D orpat, 1930.

(5)

Der Dom- oder Pulverkeller in Dorpat.

Über Bestimmung und A lter des Pulverkellers h at man im Laufe der Zeit, zuletzt noch 1926 in den Spalten der „D orpater Zeitung“, die verschiedensten Vermutungen angestellt, ohne je ­ doch der Lösung der Frage ernstlich nähergetreten zu sein.

F ast einstimm ig kam man immer zum Schlüsse, dass der Bau in A nbetracht seiner m ächtigen Ausmasse und des verwendeten altertüm lichen Baum aterials n u r dem M ittelalter entstamm en könne, ja sehr wahrscheinlich sogar m it dem alten Bischofs­

schlosse von D orpat in irgendeinem Zusammenhänge gestanden haben müsse.

Doch über die sonderbare innere Anlage des Kellers wurden nicht ein mal einigermassen plausible Vermutungen laut. Dass er seinen Namen „Pulverkeller“ vielleicht doch zu Recht tragen könnte, dieser Gedanke schien allgemein als zu unwahrscheinlich g ar nicht diskutabel zu sein.

Allerdings brachte in N r. 196 die „D orpater Zeitung“ vom Jah re 1926 ein m it R. v. E. gezeichnetes Eingesandt, in welchem m it grösser Bestim m theit erk lä rt wird, der Keller sei w ährend des russischen Festungsbaues in D orpat im 18. Jahrh. als Pulverkeller angelegt worden, und zw ar zwischen den alten Stützm auern in der Schlucht, die die beiden Domhügel von einander trennte. Da die­

ser Behauptung aber die Begründung fehlte, so blieb sie auch leere V erm utung gleich den ändern.

Und doch trifft sie den Nagel au f den K o p f: der Keller ist tatsächlich w ährend des Festungsbaues in dem alten Graben, der die Burg von der V orburg trennte, erbaut worden. Die Belege d afü r finden sich in den A kten der Kaiserlichen U niversität Dor­

pat, speziell des Konseils und D irektoriums, wo in Vol. I, foi. 201b in einer von Prof. Johann Wilhelm Krause dem Konseil „am M itt­

woch d. 20. November 1818“ eingereichten längeren D enkschrift über die Vorgeschichte des der U niversität Allerhöchst donirten M arienkirchenplatzes folgende Stelle sich au f den Pulverkeller bezieht: „Die M arienkirche w urde abgebrochen; das bessere Ma­

terial zu einem Pulverkeller unter dem Hauptwalle verwendet, der

sich bald genug wegen seiner Feuchtigkeit als unbrauchbar er-

(6)

w iess: m it den R esten b auten sich m eh rere B ü rg e rh ä u se r, doch n ich t um sonst aus.“

In d er D en k sch rift sa g t K rause ausdrücklich, dass e r den

„geschichtl. H e rg a n g nach d er E rz äh lu n g des verstorbenen Oeconomie D irectors H o fra th v. F ro h s t“ berichte. K rau ses Ge­

w äh rsm an n F rie d ric h Gottlieb F ro h st, geb. 1744, gest. 1808, kann als durchaus glau b w ü rd ig gelten. Den F estungsbau h a tte e r in allen seinen P hasen persönlich m iterlebt, und k an n te als lang­

jä h r ig e r Ö konom iedirektor des D o rp a te r K reises, dem alle K rons­

im m obilien in S ta d t und Land u n te rste llt w aren, so zu sagen, wohl jeden Stein in D orpat. D ass e r einer so gew ichtigen P e rsö n ­ lichkeit, wie es P ro f. K rau se w ar, M ärchen e rz ä h lt haben könnte, is t wohl n ic h t anzunehm en.

E ine zweite sich a u f den P u lverkeller beziehende Stelle findet sich im selben A ktenbande a u f einem von P ro f. K rau se am 4. Ju li 1819 entw orfenen Plane

1),

d er den Z ustand des T e rrito riu m s der S te rn w a rte und des P ulverkellers vor dem B au der S te rn w a rte , also vor dem J a h re 1810 d arstellt. In den E rk lä ru n g e n zu diesem Plane h eisst e r w ö rtlich :

„D er ganze Theil des W alles, u n te r welchem d er P ulverkeller liegt, w a r ehedem Schlossgraben. F eldm arschall V illeb o is2) riss, die M arienkirche ab, und baute vom M ateriale derselben den P u l­

verkeller. 1768— 1778 a rb eitete m an an den F estungsw erken.

D er S ch u tt vom Schlosse füllte den G raben n ich t a u s; dah er die N ied rig u n g i i i 3), welche die U n iv e rsitä t 1812— 1815 nach voll­

endetem Baue 4) ap p lan irte.

Bei g. h. s) liegen noch sta rk e M auern.

bey g. 6) ste h t noch ein w ohlerh alten er Gewölbebogen; e r scheint zum Thore d er V o r b u r g 7) g e h ö rt zu haben.“

1) Siehe beiliegende T a fel I.

2) V illebois w ar nicht F eldm arschall sondern G eneralfeldzeugm eister.

3) A u f dem P lane befindet sich i i i am W allgrabenende der H aupt­

allee zw ischen dem H ause des A stronom ieprofessors und dem P oternenein- g an ge an der H auptailee.

4) G em eint is t die S tern w arte, die 1810— 1812 erbaut w urde. N ach

P rof. Petuchow HMnepaTopcKift JOpbeBcidfi, ßbiBinifi HepnTCKifl VHHBepcHTeTi.

3a cto jrferB ero cymecTBOBania 1802— 1902) p. 215, is t sie 1809— 1810 erbaut.

5) D ie punktirte Linie g. h. a u f dem P lane v e r lä u ft p arallel der öst­

lichen Seitenm auer des P u lverk ellers und fä llt f a s t zusam m en m it dem w e st­

lichen G artenzaune beim H ause des A stronom ieprofessors.

6) g. befindet sich a u f dem P lane am N ordende der punktirten Linie, g . h. zw ischen der niedrigen Südböschung des H au p tw alles und der N W - E cke des steinernen W irtsch aftsgeb äu d es des A stronom ieprofessors.

‘) B edeutet w ohl nicht „der V orburg“, sondern „zur V orburg“.

(7)

D urch die beiden hier angezogenen Beweisstücke w äre wohl das Rätsel des Pulverkellers restlos gelöst. Alles, was bisher an seinem Baue jeder E rk läru ng spottete, ist nun vollkommen ver­

ständlich :

Die gigantischen Seitenmauern stammen zweifellos aus dem M ittelalter. A uf sie stützte sich die von Arvid Möller in seiner F ata D orpati 8) erw ähnte „hohe gewölbte Brücke m it au f beiden Seiten derselben in Manneshöhe auf getragenen M auern“’ (ge­

deckter G ang?), die sich über den Schlossgraben spannte, und Schloss und V orburg verband.

D er von Prof. K rause auf obenerwähntem Plane angegebene Gewölbebogen würde seiner Lage nach genau an das Ostende der Brücke zu stehen kommen, und könnte daher wohl als Torbogen des Schlosses angesprochen werden. Die A ltertüm lichkeit des zum Keller verwendeten Ziegelm aterials erk lä rt sich zwanglos durch seine H erk un ft von der m ittelalterlichen Marienkirche.

Das R ätselhafte der sonderbaren Innenanlage des Kellers lässt sich je tz t ohne W eiteres deuten, näm lich: Der rings um den Innenkeller laufende K orridor, die drei Türen und die hochge­

legenen kleinen Lukenöffnungen über den Türen, vor Allem aber der mächtige Luftschacht dienten in höchst sinnreicher Weise als Lüftungsanlagen zur Trockenhaltung des im Innenkeller lagern­

den Pulvers. Bei geöffneten Luken drang durch sie die Aussen- lu ft herein, w ährend die K ellerluft durch den Luftschacht nach Aussen entwich. Öffnete man aber auch gleichzeitig die Türen, so entstand in allen Räumen des Kellers ein gew altiger Luftzug, ähnlich dem Zuge in unseren modernen Fabrikschloten. Ausser- dem trenn te der K orridor den Innenkeller von den Aussenwänden, so dass auch im Falle einer D urchsickerung des W assers aus dem umgebenden Erdreiche durch die A ussenm auern der Innenkeller davon in keiner Weise b erü h rt wurde. Dass der Keller „sich bald genug wegen seiner Feuchtigkeit als unbrauchbar erw ies“, wie es im obenangeführten Aktenstücke heisst, entspricht nicht den T at­

sachen. Im W eitern w ird bewiesen werden, dass Pulver die ganze Zeit über im Keller gelagert hatte.

Zu bewundern ist die U m sicht und Sachkenntnis, m it der der Platz fü r den Keller vom Ingenieur Kommando, das den Festungs­

bau betrieb, gewählt, und der Bau selbst ausgeführt worden ist.

Die N ordhälfte des alten Schlossgrabens bot im ganzen Festungs­

rayon zur Anlage des Pulverkellers die grössten Vorzüge, sowohl

8) N euer D orpater K alender (Sehnackenburg) 1876.

(8)

in Bezug auf E rsparn is an Baum itteln, als auch Sicherheit vor feindlichen Bomben. Die kostspieligen E rdarbeiten zur Aus­

hebung des Kellerraumes fielen fo rt; die alten, soliden, faden­

dicken Stützm auern des Schlossgrabens konnten ohne W eiteres als Seitenwände benutzt werden, und die ungeheuren Schutt- und Trüm mermassen, die seit der Sprengung des Schlosses im Juli 1708 9) oben an der Ostseite des Grabens lagerten, w aren das denkbar bequemst gelegene M aterial zur V erschüttung der Süd­

hälfte des Grabens wie auch des Kellers selbst; die zum A bbruch bestimmte M arienkirche lieferte das erprobteste Ziegelmaterial umsonst.

W ären uns die Archive des russischen Generalstabes in Pe­

tersb urg zugänglich, so Hesse sich die Baugeschichte der Festung und dam it auch des Pulverkellers in allen ihren Phasen lückenlos erforschen.

Als durch Kaiserliche Schenkung die U niversität nach Im ­ mission durch die Ökonomieverwaltung am 21. u. 28. Juli 1800 in den Besitz des gesammten Festungsbezirkes m it allen dazu gehöri­

gen A ppertinentien gelangte, kam dam it auch der Pulverkeller an die U n iversität; vorläufig jedoch n u r juridice, faktisch aber fast ein Jahrzehnt später, wie aus nachfolgender D arstellung der wei­

teren Schicksale des Kellers zu ersehen sein wird. Diese gründet sich auf A ktenm aterial, das in einem gesonderten Faszikel m it der A ufschrift „Der Pulverkeller 1805— 1896“ sich unter den Akten der Kaiserl. U niversität D orpat findet.

In der Zeit zwischen der Einstellung des Festungsbaues und der Übergabe des Festungsbezirks an die U niversität, also zwi­

schen 1778 und 1800 muss der D orpater R at das Verfügungs- resp.

Besitzrecht über alle vom M ilitär auf dem Dome benutzten K rons­

baulichkeiten erhalten haben, denn bei der Übergabe des Domes und der anderen Plätze an die U niversität am 21. Juli 1800 machen die V ertreter des Rates in der Person des Syndikus Meyer und R atsherrn Linde folgendes g elten d : „das auf dem Dohme belegene Gebäude, welches zur Kaserne und Lazareth fü r das hier stehende Regiment dient, von dem Kriegs-Collegio der S tadt D örpt zur- eigenen Behörde übergeben worden, dass die S tadt seit mehreren Jahren dies Gebäude m it vielen Kosten unterhalten und re p a rirt habe, und dass nunm ehr die S tadt fü r das Eigenthum srecht an der Kaserne sowohl als zwei gleichfalls auf dem Dohme belegenen

9) Fr. Bienemann jun.: Die Katastrophe der Stadt Dorpat, p. 170.

(9)

Nebengebäude, welche von der S tadt erbaut worden, müsse ihr zur V erfügung gestellt w erden.“

Die Urkunde, auf die sich die S tadt in dieser Sache stützte, ist weder in den Akten der U niversität, noch des Rates vorhanden.

Trotzdem ist aber an dem von der Stadt vindizirtem Recht nicht zu zweifeln, da es noch mehrere Jahre nach Übergabe des Domes an die U niversität von der S tadt ausgeübt wurde, d. h. so lange es nicht auf dem Prozesswege durch alle Instanzen zu Gunsten der U niversität annullirt wurde. Dieses scheint im Jah re 1805 ge­

schehen zu sein, denn m ittelst Schreiben vom 11. Oktober dieses Jahres sub. Nr, 50 ersucht der Rektor P a rro t den R at: „zu­

gleich m it der von der S tadt auf dem Domberge gekauften Scheune, die um Michaelis bereits der U niversität abgegeben werden sollte, auch die Abgabe des Pulverkellers an die U niversität zu ver­

binden.“

W ann der Rat dieser A ufforderung nachgekommen ist, d ar­

über fehlen Hinweise. Jedoch geht aus dem Sitzungsprotokoll des Konseils vom 10. Juli 1807 hervor, dass die U niversität da­

mals schon im respektiven Besitze des Kellers war. Prof. Elsner bean trag t nämlich auf dieser K onseilssitzung: „dass die Gouvern.- Regierung req u irirt werden möge, dass die von dem Revalschen und Beloserschen Infanterie Regimentern hieselbst nachgebliebe­

nen und in dem ehemaligen, je tzt der U niversität gehörigen, unter dem Domberge befindlichen Pulverkeller niedergelegten 11— 18 Tonnen Pulver von da heraus und an einen ändern en tfern tem O rt zur w eitern A ufbew ahrung gebracht werden mögen, weil die in der Nähe dieses Gewölbes beginnenden U niversitätsgebäude um so leichter dadurch in G efahr gesetzt sind, da das gedachte Ge­

wölbe bis je tzt weder von einer m ilitärischen Wache, noch sonst einer speciellen und beständigen A ufsicht an v ertrau t zu sein scheint.“

Nach langwierigem Schriftwechsel zwischen U niversitäts- konseil, Livl. Gouvern. Regierung, K riegsgouverneur von Riga, D orpater R at und dem K urator Klinger w ird das Pulver endlich auf Befehl keines G eringem , als des Generalinspektors der

ge­

summ ten A rtillerie, G rafen A raktschejew Mitte November 1809

durch den aus der N arvaschen A rtilleriegarnison zu diesem Zwecke nach D orpat abkom m andirten U nterlieutenant S artori weggeführt.

* Unterdessen aber sind der U niversität neue Schwierigkeiten in der wirklichen Inbesitznahme des Kellers erwachsen.

Den um fangreichen, m it Schutt und Trüm m ern bedeckten,

(10)

wiüsten Platz vor dem P u lv erk eller10), der noch w ährend des Festungsbaues unzw eifelhaft der Krone gehört haben musste, hatte die Stadt auf eine rätselhafte Weise an sich gebracht, und nach längerem Wüstliegen nun an den K aufm ann Brock vergeben.

Brock Hess den Platz im Sommer 1803 an der Schlossstrasse einzäunen, von der Domseite aber nicht; wesshalb das Vieh, das er au f diesem Platze hielt, ungehindert die Domwälle abtreten und ruiniren konnte. E rs t nachdem die U niversität beim Rate da­

gegen P rotest eingelegt hatte, errichtete Brock auch am Fusse des Walles einen Zaun.

In einem Berichte ans Konseil vom 3. April 1804 weist Prof. Krause als Vorsitzender der U niversitäts Baukommission auf das Kuriosum der Tatsache hin, dass durch Vergebung des Platzes vor dem Pulverkeller in Privatbesitz die U niversität weder einen Zugang zum Pulverkeller, noch auch zur projektirten S tern­

w arte habe.

Damit beginnt nun zwischen U niversität und D orpater Rat ein jahrelanges zähes Ringen um den Zugang zum Pulverkeller und zur S ternw arte durch den Brockschen Platz, dem nach acht­

jä h rig e r D auer erst ein K aiserlicher M achtspruch zu Gunsten der U niversität ein Ende machte. M ittelst Schreiben vom 11. No­

vember 1811 sub. Nr. 354 teilt nämlich der K urator Klinger dem Konseil mit, dass der K aiser geruht habe, den Weg zum Observa­

torium in der Breite von 6 Faden durch den Brockschen Platz der U niversität kostenlos zu überlassen.

D arüber spie der damalige Ratssyndikus Ackerm ann wohl Feuer und Flammen in seinem verbissenen Groll gegen die U ni­

v ersität; doch es half alles nichts. Am 4. Mai 1812 w ird der Weg durch Delegierte des Rates und der Polizei den Delegierten der U niversität eingewiesen, ebenso auch der Weg zum Pulverkeller und ein Platz vor demselben in einer Breite von 4 Faden rh ein l.;

der Schutz der A bsteckungsmarken w ird dem Domvogte über­

tragen.

Dieser chikanöse Prozess um einige Faden völlig wertlosen Grund und Bodens, dessen eigentlicher spiritus rektor Ackermann w ar, bildet ein trau rig es C harakteristikum fü r die klägliche Zopfigkeit und alte eingefleischte Querellensucht des D orpater Rates.

10) W urde beg ren zt: im N. von der Schlossstr., im W. und S. vom Dom­

w alle und im O. von d er W estgrenze des jetzig en M eyerschen Immobils (Polizei N r. 20) an der Schlossstr.

(11)

Trotz der reichen Segnungen, die die U niversität vor Allem der Stadt D orpat brachte, stellte sich der Rat unerklärlicher Weise gleich von vornherein ablehnend ja feindlich gegen diese. Der geringfügigste Umstand musste herhalten, um die U niversität in endlose Schreibereien zu verwickeln und ih r die Existenz des R a­

tes möglichst empfindlich ins Gedächtnis zu rufen. Man w ird wohl nicht allzufehl gehen, diese Feindseligkeit auf die Prestige­

frage zurückzuführen.

F ü r den so schwer erkäm pften Keller scheint die U niversi­

tä t vor der Hand keine Verwendung gefunden zu haben, dehn aus dem Konseilprotokoll vom 3. Mai 1816 sub. Nr. 102 ist zu ersehen, dass der U niversitätssyndikus Hezel dem Konseil die Bitte ein­

gereicht h a tte : „ihm den grossen Pulverkeller sowie den Abhang vom Domberge auf Grundzins zu verleihen.“

Die Sache w ird dem Plantationskom mitee 11) überwiesen, das vorschlägt: „Das ehemalige Pulvergebäude zu einem allgemeinen Magazin der U niversität einzurichten, in welchem die Equipagen, die Feuerlöschgeräthe, Baum aterialien und Heu aufbew ahrt w er­

den könnten.“ A uf Grund dieses Gutachtens beschliesst das Kon­

seil laut Protokoll vom 6. Mai 1817, die Bitte Hezels, „ihm den der U niversität gehörigen, gänzlich unbrauchbaren sog. Pulverkeller auf Grundzins oder E rbpacht zu überlassen,“ abzuschlagen.

Ob der Keller wirklich als „allgemeines Magazin der Universi­

tä t “ benutzt worden ist, geht aus den Akten nicht hervor. Doch spricht der U niversitätssyndikus U ngern-Sternberg in seinem Be­

richt an den Rektor vom 26. Okt. 1822 von dem „nunm ehr restau rirten Pulverkeller“.

Dass der Keller trotz seiner Remonte keinen besonderen Zwecken diente, lässt sich aus einem Schreiben Baron Bruiningks zu Forbushof und Hellenorm vom 8. Nov. 1825 schliessen, in dem er das Konseil ersucht, „ihm den von der U niversität gänz­

lich ungebrauchten Pulverkeller unter dem Walle zur Aufbewah­

run g von Bier auf ein J a h r zu überlassen“, wogegen er sich ver­

pflichtet, den von der Strasse zum Keller führenden Weg in Stand zu setzen. D araufhin teilt ihm der Rektor G. Ew ers m ittelst Schreiben vom 28. Nov. 1825 sub. Nr. 367 mit, dass sein Gesuch bewilligt sei, er sich aber des Weges wegen m it dem P rä ­ ses des Plantationskom mitee Prof. P a rro t in Verbindung zu setzen habe.

1:L) E rrich tet im J. 1804 aus Gliedern des Lehrkörpers der U n iv ersitä t m it P rof. G eorg F riedrich P arrot als P rä ses zur U m w andlung des w üsten D om berges in einen U n iversitätsp ark .

2 9

(12)

Im Jan u ar 1826 lässt Bruiningk Eis in den Keller führen.

Des Weges wegen dringt nun aber P arro t darauf, dass derselbe nicht von Bruiningkschen Leuten, sondern von den D omarbeitern gemacht werden soll, w ofür Bruiningk 150 Rbl. B. an das Plan- tationskommitee zu zahlen habe. Dieses scheint letzterer abge­

lehnt und auch selbst nichts fü r die Instandsetzung des Weges getan zu haben.

Doch bereits h at das D irektorium der U niversität laut Proto­

koll vom 26. Mai 1826, ,sub. Nr, 334 verfügt, den Keller dem Dor- pater Kaufm ann III. Gilde Justus Schramm auf dessen diesbezüg­

liches Gesuch vom 23. A pril hin als Bierkeller auf 12 Jah re fü r 250 Rbl. B, jährlich zu verpachten^ angefangen vom 1. Jan. 1827.

Von diesem Zeitpunkte an h at der Keller 69 Jah re hindurch ununterbrochen der F irm a Schramm und ihrem Nachfolger F ried­

rich als Bierkeller gedient, indem der K ontrakt immer wieder unter zeitgemässer Steigerung der Pachtsumme und Auferlegung der nötigen Remonten erneuert wird. Die Geschichte dieser Re- monten muss hier in Kürze behandelt werden, da sie Vieles an dem jetzigen Zustande des Kellers erklärt, was sonst zu falschen Schlüssen führen könnte.

Nach 18-jähriger Benutzung des Kellers teilt Schramm am 9. März 1844 dem D irektorium mit, dass die Lage desselben dem Einsturz drohe, und dass er vor m ehreren Jahren gegen die vom Gewölbe herabfallenden Steinsbrocken eine Zwischenlage aus B rettern habe anbringen lassen. Eine daraufhin am 18, März erfolgte Besichtigung des Kellers durch den U niversitäts-Bau- kondukteur Königsmann und den Exekutor Daue ergiebt, dass keinerlei G efahr des Einsturzes vorhanden sei, wohl aber die Bretterzwischenlage einer gründlichen R ep aratur bedürfe.

Nichts destoweniger hält diese aber ohne R ep aratur noch drei weitere Jah re vor, bis das D irektorium laut Protokoll vom 28. August 1847, Nr. 419, verfügt, Schramm den Keller auf wei­

tere 6 Jahre fü r 86 Rbl. 20 Kop. S. jährlich zu verpachten, wenn er auf seine Kosten eine neue Holzzwischenlage machen lässt, die Königsmann auf 60 Rbl. S. veranschlagt hat. Schramm behält den Keller, und m acht die ausbedungene Zwischenlage.

Diese erw eist sich aber schon nach 7 Jahren soweit morsch, dass Schramm in seinem Gesuch vom 28. Oktober 1855 dem Di­

rektorium das Anerbieten macht, die alte B retterlage durch „eine

neue Lage aus starken Balken m it den gehörigen Stützen“ auf

eigene Kosten, die er auf 1200 Rbl. S. schätzt, zu ersetzen, wenn

man ihm den Keller auf weitere 12 Jahre ohne Torg belässt.

(13)

Dieses w ird ihm bewilligt bei einer Jahresm iete von 200 Rbl. S.

und Übernahme aller nötigwerdenden Reparaturen.

In gewordener V eranlassung w ird auf V erfügung des D irek­

torium s vom 6. November 1853, sub. Nr. 815 der Pulverkeller, auf seinen W ert hin vom U niversitätsarchitekten R athhaus ab tax irt und befunden, dass derselbe sich auf ca. 40 000 Rbl. S. beläuft.

Mittlerweile h at der Zahn der Zeit an der F rontm auer des Kellers sein Zerstörungsw erk so arg betrieben, dass der Rektor der U niversität sich veranlasst sieht, m ittelst Schreiben vom.

16. Juli 1856, sub. Nr. 685 R athhaus und Königsmann zu beauf­

tragen, „das schadhafte M auerwerk des Pulverkellers“ zu unter suchen, und ihr Gutachten darüber abzugeben. Bereits am nächsten Tage berichtet ihm Rathhaus, dass die von oben aus der E rdauffüllung allmählig ins M auerwerk eindringende Feuchtig­

keit durch G efrieren einen Teil der oberen Region der Frontm auer abgelöst habe, und dadurch eine Ausbauchung derselben von ca.

6 □ -Faden und ein Fuss vorstehend verursacht worden sei; man könne aber der grossen Höhe wegen nicht genau untersuchen, da dazu hohe Rüstungen erforderlich wären.

Später ist von ihm eine zweite genaue U ntersuchung ausge­

fü h rt worden, über die er in seinem Bericht vom 27. September 1856, sub. Nr. 52 folgendes m itteilt: ,,1) Durch Abgraben der E rde oberhalb der Frontw and des Kellers hat es sich bestätigt, was im ersten Bericht gesagt w ar; 2) ist nun ersichtlich, dass diese Trennung da erfolgt ist, wo die deckende Steinschicht (der G ranitkarnies) au fhört und das Ziegelmauerwerk an fän g t; diese Fuge muss also beim W iederherstellen sorgfältigst gedeckt w er­

den; 3) wird aber die untere Kante des zu erneuernden M auer­

werks nach unten zu sehr schm al; es muss also von dem gesunden Theile so viel ausgebrochen werden, dass dieses fest genug gela­

g ert sei und muss ausserdem m it einigen Ankern festgehalten werden.“

Die hier angegebenen Remontearbeiten werden zur schleuni­

gen A usführung auf V erfügung des Direktorium s vom 4. Oktober 1856 sub. Nr. 951 Rathhaus übertragen.

In einer Eingabe ans D irektorium vom 13. F ebruar 1859 weist Schramm auf den Übelstand hin, dass durch das Fehlen einer Pflasterung in den Seitenkellern (K orridor) das Arbeiten in denselben in Folge des aufgeweichten Bodens fa st zur Unmög­

lichkeit werde, und b ittet daher, diese nach dem M uster des

Hauptkellers m it Ziegelpflasterung versehen zu lassen. Dieses

Ansinnen w eist das D irektorium m it dem Hinweise zurück, dass

(14)

Schramm laut P achtkontrakt selbst fü r die nötige Pflasterung zu sorgen habe.

Da der um den M ittelkeller laufende K orridor gegenw ärtig K opfsteinpflasterung aufweist, so w ird wohl Schramm gleich­

zeitig m it dem Wege zum Pulverkeller, den er, wie aus seiner E in­

gabe ans D irektorium vom 28. Oktober 1868 ersichtlich ist, auf eigene Kosten mit gewöhnlichen Kopfsteinen hatte pflastern las­

sen, auch dieses haben legen lassen.

Trotz der im Jah re 1857 durch Rathhaus ausgeführten gründ­

lichen Remonte der Frontm auer w ar sie m it der Zeit wiederum in einen so gefahrdrohenden Zustand geraten, dass das Direk­

torium es fü r geboten findet, darüber das Gutachten des U niversi­

tätsarchitekten v. Sengbusch einzufordern. Über den Befund be­

richtet dieser am 29. Mai 1878 folgendes: „Die Aussenwand des Kellers, die gleichzeitig als Stützm auer der einen Terasse in der Nähe der S ternw arte dient, ist mindestens einen Fuss aus der Linie herausgegangen, und drohen bereits einzelne Steine den in der Nähe des Kellers befindlichen Personen auf den Kopf zu stürzen. Die Ursache des Ausweichens der Mauer ist einerseits durch das Eindringen des Regenwassers, welches den Mörtel von den Steinen ablöst, wodurch der Steinverband gelockert worden ist, andererseits durch den E rddruck hervorgerufen.“

Durch die gegebene Sachlage glaubt das D irektorium nun auch die Sternw arte gefährdet, und ordnet daher eine sofortige eingehende U ntersuchung des gesamten Kellers durch den Profes­

sor der Astronomie Schwarz m it Zuziehung von Sengbusch an.

Ü ber die Resultate derselben berichten beide am 20. Juni 1878 wie folgt:

„Der Domkeller besteht aus zwei Theilen, I dem eigentlichen Keller und II den den ersten umgebenden Gang.

Der eigentliche Keller h at im Innern eine Länge von 14 Faden und eine Breite von 36 F uss; zwei Faden über der gepflasterten Sohle desselben setzt ein Spitzbogengewölbe an, das sich bis zu 36 Fuss über der Sohle erhebt. Dieser K ellerraum w ird durch eine 6 Fuss dicke M auer der ganzen Höhe nach in einen innern oder H auptkeller von l l 1/^ Faden Länge und einen Vorkeller von

iy2 Faden Länge getheilt; aus dem Vorkeller fü h rt eine über­

wölbte T hür in den Hauptkeller.

Den eigentlichen Keller, umgiebt von den drei im Innern des

Domberges liegenden Seiten, durch fadendicke Mauern getrennt,

ein ununterbrochener überwölbter Gang von 6% Fuss Breite und

17 Fuss Höhe. Die beiden Langseiten machen 117 F uss; die

(15)

Schm alseite m isst 63 Fuss. In der M itte der Schm alseite ist das Gewölbe des Ganges durch einen 6y2 F uss b reiten und

6

V

2

Fuss langen Schornstein durchbrochen, der ca. 30 Fuss an steigt, dann ein Knie von etw a einem F aden Länge m acht, nach dem In n ern des D om berges zu, und h ie ra u f w ieder sen krecht a u fste ig t und in d er N ähe des S ternw artenw ohngebäudes m it seinen M auern 10 F uss aus dem Boden h e r v o r r a g t12). In diesen Schornstein m ünden, in einer Höhe von 3 F uss über dem gewölbten Gange., von 2 entgegengesetzten Seiten, die T hüröffnungen zw eier ge­

w ölbter ü ber dem Gange liegenden Zim m er, von denen jedes 9 F uss lang, 9 Fuss b re it und 10 Fuss hoch ist. F e rn e r m ündet in diesen Schornstein eine F ensteröffnung aus dem in n ern oder H auptkeller, w elcher ab er von den M iethern des Dom kellers v e r­

m a u e rt w orden ist, um die L u ftcircu latio n m öglichst zu v erh in ­ dern, welche in d er w ä rm e rn Ja h re sz e it ein rascheres Schmelzen des im Keller au fg eh äu ften Eises v eru rsach en w ürde.

D urch die B esichtigung der in n ern W ände und d er Gewölbe des K ellers sowohl wie des Ganges, haben w ir die Ü berzeugung gewonnen, dass diese Theile sich noch in gutem Z ustande befin­

den und dass eine G efah r des E in stu rzes des K ellers durchaus n ich t vorhanden ist. W ohl aber m üssen w ir d a ra u f hinw eisen, dass in Folge des so g u t wie völligen M angels an L uftcircu latio n die W ände, besonders die des in nern Kellers, m it ein er l 1/^ Zoll dicken schlüpfrigen M asse sich bedeckt haben, welche der E r ­ h a ltu n g des K ellers in gutem Z ustande seh r nachtheilig sein m uss.

Die äussere W and befindet sich nicht in so gutem Z ustande, D er Dom keller s itz t ganz im Dom berge und t r i t t n u r m it einer W and zu Tage. Dieselbe erh eb t sich senkrecht, ist 70 F uss b re it und h a t am F uss 3 T h ü re n ; die beiden S eiten th ü ren fü h re n in den gew ölbten G ang; die m ittle re f ü h rt in den V orkeller; über je d e r T h ü r ist in einer Höhe von 2 F aden ein gewölbtes F e n ste r an g ebracht, um dem L ichte Z u tr itt in die in n ern R äum e zu g e b e n ; das m ittle re F e n ste r a b e r ist zug em au ert; die Höhe d er W and be­

t r ä g t ca. 10 Faden und ist dieselbe von einem K arnies von G ra n it­

blöcken gekrönt. Ü ber dem K arnies e rh e b t sich das E rd re ic h des D om berges in ein er M ächtigkeit von 1— 2 Faden. An der W and tre te n in 3 verschiedenen H orizontallinien eiserne A nker h e r­

v o r 13), 4 in d er Höhe des Gewölbes des Ganges,

8

A nker

1 — 2

12) D er oberirdische Teil is t je tz t schon lä n g st abgebrochen und die Ö ffnung m it einem starken E isen g itter und einer Holzluke darüber versehen.

13) E s sind die bei der R em onte der W and im Jahre 1857 eingesetzten Anker.

(16)

Faden höher und gleich unter dem K arnies scheinen 4 A nker ge­

wesen zu sein, von denen die 2 östlichen noch erhalten sind, die beiden westlichen aber fehlen. Bis zur Mitte der Höhe ist die Wand noch ziemlich wohlerhalten, höher hinauf und besonders in der Nähe des Karnieses, sind aber m ehrfach M auersteine ausge­

fallen und andere scheinen nicht mehr festzusitzen. Die östliche H älfte des obersten Theiles der Wand ist aber noch ziemlich eben, hingegen hat sich die westliche sehr stark ausgebaucht vom K ar­

nies anfangend nach unten in einer Ausdehnung von 1—2 Faden- Länge und Breite. Wenn man am Fusse des Kellers steht und hinauf sieht, so hängt dieser Theil der Wand stark über. Da nach der Aussage der M iether des Kellers dieser Buckel im letzten Jah re merklich hervorgetreten ist, so liegt die G efahr vor, dass ein Theil dieser Wand in nächster Zeit einstürzen könnte. Es scheint uns daher dringend geboten, dieser G efahr durch eine schleunige und gründliche R eparatur vorzubeugen.“

Vorliegende Beschreibung ist die einzige, die w ir vom Pulver- keller besitzen. Trotz einiger Mängel dürfte sie in A nbetracht der A utoren einer N achprüfung nicht benötigen. Bezüglich der an­

gewandten M asseinheit kann hier selbstverständlich doch n u r die Rede sein vom russ. Fuss zu 12 Zoll rss. oder englisch, und vom siebenfüssigen russ. Faden.

Bereits am 30. Mai desselben 1878 Jahres hatte sich Schramm erboten, die Kosten der Remonte der Frontmauer, zu übernehmen, wenn ihm der Keller nach A blauf seiner Pachtzeit am 1. Jan u ar 1880 auf weitere 5 Jahre belassen würde. Dazu findet sich das D irektorium bereit unter der Bedingung einer gründlichen Repa­

ra tu r der Stirnw and, Reinigung der Innenwände vom dicken Schleimbelag und W iederherstellung der durch V erm auern der F enster sistirten Lufzirkulation im Keller.

Das alles muss Schramm wohl sehr gew issenhaft ausgeführt haben, da auf sein Gesuch vom 20. F ebruar 1884, ihm der Keller w eiter bis zum 1. Jan u ar 1896 zu verpachten, das Direktorium laut Journal vom 17. Mai 1884 sub. Nr. 5 v erfü g t: „In A nbetracht der grossen Kosten der Remonte des Kellers, welche von der F irm a Schramm übernommen worden und ohne welche der Keller völlig werthlos ist, den M iethcontract auf weitere 10 Jah re zu ver­

längern,“ d. h. bis zum 1. Ja n u a r 1896.

Durch diese letzte von Schramm und die erste von R athhaus im Jahre 1857 ausgeführten Remonten der Stirnw and ist nun das gefleckte Aussehen derselben und der rätselhafte Zweck der Eisen­

anker in ih r vollständig erklärt.

(17)

Bevor noch Schramms K ontraktzeit ablief, hatte sich die physiko-mathematische F ak ultät an die U niversitätsverw altung m it einem Schreiben vom 10. November 1894, sub. Nr. 186 ge­

wandt, das in deutscher Übersetzung folgendermassen lautet:

„A uf dem Domberge zwischen dem astronomischen Observatorium und dem Gebäude des anatomischen Theaters befindet sich ein um fangreicher unterirdischer Keller und eine unterirdische Galle- rie. Nach dem Zeugnis Prof. Lewitzkys w ären diese u nterirdi­

schen Räumlichkeiten sehr geeignet zur Anstellung von Beobach­

tungen m it dem Horizontalpendel, zur U ntersuchung der Schwer­

kraft, seismischer und m agnetischer Erscheinungen, der Boden­

tem p eratu r und überhaupt aller Untersuchungen, die eine bestän­

dige Tem peratur oder Schutz der Instrum ente vor E rschütterun­

gen erfordern. Einstim m ig schliesst sich die F akultät dem Vor­

schläge Prof. Lewitzkys an, die U niversitätsverw altung zu er­

suchen, obenbenannte Räumlichkeiten ihr zu überlassen. Gegen­

w ärtig h at die F irm a Schramm und Ko. diesen Raum als Bier­

keller in Pacht, und die U niversität hat von ihm keinerlei E in­

nahmen, da die A rrende in die Reichsrentei eingezahlt wird. Der P achtkontrakt läu ft nach einem Jah re ab, und es müsste daher dem P ächter schon je tzt erk lärt werden, ob der K ontrakt noch erneuert werden wird. Die physiko-mathematische F akultät schmeichelt sich der Hoffnung, dass die U niversitätsverw altung es fü r möglich findet, dieses Gesuch zu bewilligen und dam it die O rganisation von Beobachtungen zu ermöglichen, die aus Mangel an geeigneten Räumlichkeiten fast an keiner U niversität mög­

lich sind.“

Die U niversitätsverw altung ist dam it einverstanden, und am 1. Jan u ar 1896 übernim m t die F aku ltät den Keller um daselbst die obenangeführten Beobachtungen vorzunehmen.

Zu den nötigen V orrichtungen dazu werden nach einem vom U niversitätsarchitekten Guleke am 28. März desselben Jahres aufgestellten Kostenanschläge 526 Rbl. 72 Kop. gefordert und aus den Spezialmitteln der U niversität bewilligt. Aus diesen werden zur Remonte des Kellers Prof. Lewitzky auf sein Gesuch hin vor­

läufig 300 Rbl. ausgefolgt; und bereits am 26. April kann er der U niversitätsverw altung mitteilen, dass die beim Mechaniker S tückrat in Deutschland bestellten Horizontalpendel Reber- Flaschwitz bald in D orpat sein werden.

So w urde denn der alte Pulverkeller, nachdem er 70 Jahre

hindurch dem profanen Zwecke eines „Bierkanals“ fü r die Dor-

p ater Musensöhne gedient hatte, zu einem edleren Dasein er-

(18)

weckt, um nun den Musen selbst zu dienen. Die letzte Spur dieses profanen Zweckes verschwand, als die UniversitätsVerwaltung m ittelst Schreiben vom 27. September 1896, sub. Nr. 1097 den Kaufm ann F riedrich ersucht, sein Flaschenwaschhäuschen beim Keller wegzuräumen. Damit schliessen die Akten über den Pul­

verkeller; — und verflogen sind Romantik und Rätsel, die ihn so lange geheimnisvoll umgaben.

N achher h at der Keller 20 Jahre obigen wissenschaftlichen Zwecken gedient, bis dann 1915 bei der Evakuation der U niversi­

tä t auch die daselbst aufgestellten Instrum ente w eggeführt w ur­

den und der Keller selbst ohne Zweck und A ufsicht allmählig zum Tummelplatz der umwohnenden Knaben wurde. E rs t seit ein p aar Jahren ist er durch Einsetzen von neuen Türen wieder ver­

schlossen worden. Ob er aber irgendwelche Verwendung gefun­

den hat, ist nicht bekannt.

Selbstredend sind w ährend der herrenlosen Zeit die kostspie­

ligen Einrichtungen zur Aufstellung und zum Schutze der feinen physikalischen Instrum ente, die 1896 geschaffen wurden, vollstän­

dig zerstört w orden; ihre Trüm m er liegen daselbst umher.

W as den gegenwärtigen Zustand des Kellers betrifft, so ist das Innere desselben trotz seines 70-jährigen Gebrauchs als Bier­

keller noch ganz vorzüglich erhalten, und ausserordentlich tro ck en ; die äussere Schicht der F rontm auer aber hat sich abgelöst, ist teilweise schon abgestürzt, teilweise hängt sie aber gefahrtrohend über. Wenn nicht bald Massnahmen gegen w eiteren Verfall er­

griffen werden, so w ird in absehbarer Zeit auch dieser felsenfeste

Bau zur Ruine werden.

(19)

Grab es im mittelalterlichen Dorpat eine Scheide­

mauer zwischen Dom und Stadt?

Diese Frage h at unsere Lokalhistoriker m ehr oder weniger interessirt, ohne jedoch von Jemandem bearbeitet worden zu sein.

Th. Beise stre ift diesen Gegenstand ganz beiläufig in seinen beiden, übrigens recht kritiklosen A ufsätzen über D orpat im

„Inland“ 1860, p. 6 und in Schnackenburgs „N euer D orpater Ka­

lender“ 1876, p. 141 u. 163, wobei er die M auer als eine allbekannte von Niemandem angefochtene Tatsache hinstellt.

Richard Otto, wohl der beste Kenner der Topographie Alt- Dorpats, dagegen h at die F rage in seiner S chrift „Über die Dor­

p ater Klöster und ihre K irchen“ 14) auf p. 5 mangels von Quellen in negativem Sinne entschieden. A uf Grund eines D orpater R ats­

protokolls vom Jah re 1547 und des von Franz Friesen im Jah re 1683 angefertigten Fortifikationsplanes von D orpat nimmt Otto an, dass zwischen „Dom- und Schlossfreiheit“ und „H errlichkeit und F reiheit dieser guten S tadt“ n u r eine ideelle Grenze bestan­

den habe. Und auch diese sei s trittig gewesen, wie aus einem konkreten Falle aus dem Jah re 1547 erw eisbar wäre. Nach Otto verlief diese Scheidelinie in gerader Richtung, wobei ihre beiden Endpunkte einerseits neben der Sternw arte und andererseits au f dem Grundstücke Nr. 6 (Polizei N r.) an der B reitstr. zu liegen kamen.

Dieser Fortifikationsplan, auf dem Otto hauptsächlich seine Hypothese gründet, ist die teilweise Kopie eines älteren Planes aus dem Jahre 1667 oder spätestens 1668, der nach dem grossen Brande von D orpat vom 28. Mai 1667 in E rfüllung der Resolution des Königs vom 9. Oktober desselben Jahres, dass „die Gassen sollen berichtiget und alle H äuser nach diesem von Stein ge- bauet“ 15), angefertigt worden war. Die königliche Sentenz ist vom Zeichner ohne Rücksicht auf ihre D urchführbarkeit buch­

stäblich befolgt worden, indem die alten Strassenzüge einfach durch schnurgerade Linien überzeichnet sind, einerlei ob dabei ganze Häuserblocks durchschnitten und lange H äuserfronten ab-

14) Verhandl. d. Gel. Estn. Ges. XXII. Bd., 2. Heft.

15) Gadebusch’s Jahrb., p. 58.

(20)

geschnitten werden. Die auf diese summarische Weise gleich den übrigen Strassen rektifizirte alte Jakobstr. ist von Franz Friesen als einzige von allen D orpater Strassen in seinen Forti- likationsplan aufgenommen und m it der Bezeichnung „die Schei­

dungsgasse zwischen der S tadt und dem Duhm“ versehen wor­

den. Höchst wahrscheinlich sollte sie bei D urchführung der pro- jek tirten Fortifikationsarbeiten die Grenze zwischen Dom und S tadt bilden. Diese 1667/68 (?) völlig willkürlich auf dem P a­

pier entstandene, und 1683 m it der Bezeichnung „Scheidungs- Gasse“ belegte Grenze h at Otto als die alte Grenzscheide ange­

sprochen, und m it allen Mitteln zu stützen gesucht. Jedoch m it Unrecht, denn die schwedische „Scheidungs-Gasse“ vom J. 1683 h at m it der Grenzscheide, wie sie seit dem M ittelalter zwischen Dom und S tadt zweifellos bestanden hatte, nichts gemein.

W ar diese Grenzscheide eine nur ideelle, wie sie Otto auf­

fa sst; oder w ar sie fü r alle Zeiten durch eine Mauer festgelegt, und wie verlief sie in W irklichkeit? Die Lösung dieser Fragen schien hoffnungslos, da die bisher bekannt gewordenen Quellen keinerlei M aterial dazu bieten, und auch die auf uns überkommenen Pläne von D orpat nichts hierauf Bezügliches enthalten. Aber ganz u nerw artet stiess ich beim Studium der Akten der K aiser­

lichen U niversität D orpat in den Aktenbänden I u. III des Kon- seils und Direktorium s au f Schriftstücke, Pläne und G rundkarten, die nicht nu r das einstige Vorhandensein einer Scheidemauer zwi­

schen Dom und S tadt bewiesen, sondern auch ihren V erlauf zum grösseren Teil m it Genauigkeit feststellen lassen.

Das hierauf bezügliche A ktenm aterial um fasst zwei Berichte und zwei Pläne an das Konseil von Prof. Joh. Wilh. Krause 16) aus den Jahren 1810 und 1819; und dann sieben G rundkarten von dem Revisior Carl Christian Anders aus d. J. 1802.

Prof. Krause, seit 1803 Vorsitzender des Universitäts-Bau- komite und treibende K ra ft in jener grossartigen Bauperiode Dorpats, als die U niversitätsbaulichkeiten erstanden, hatte den durch Allerhöchsten Gnadenukas der U niversität geschenkten Festungsrayon sammt den daranstossenden Grenzgebieten der S tadt aufs eingehendste untersucht und wie seine Handfläche ken­

nengelernt. Hierbei w ar ihm der Umstand au f gef allen, dass die ses sonst auf allen Seiten gut arrondirte Areal gegen die Alti-

ie) Jo h an n W ilhelm K rause, geb. 19. Ju n i 1757 bei Schweidnitz in Schlesien; w urde 1803 zum P ro f. d. L an d w irtsc h aft, Technologie und b ü rg e r­

lichen Baukunde an die D o rp a te r U n iv e rsitä t b eru fen ; sta rb in D orpat am 10. A ugust 1828.

(21)

stadt hin

zu beiden Seiten der oberen H älfte der Schlossstrasse

eine sonderbare Konfiguration der Grenzlinie aufwies. Diese, sta tt eine direkte Fortsetzung der in der Mitte zwischen Jakob­

strasse und Domwall verlaufenden Grenze zu bilden und am nörd­

lichsten Vorsprunge des Schlosshügels zu enden, schnitt hier aus dem D om territorium ein umfangreiches Rechteck zu Gunsten des Stadtgebietes heraus. Diese so augenfällige Anomalie in der Grenzziehung veranlasste Prof. Krause sowohl aus eigenem An­

triebe wie auch im Interesse der U niversität, den w ahren Sach­

verhalt nach Möglichkeit zu klären. Hierbei scheinen ihm aus wohl begreiflichen Ursachen weder der R at noch die Ökonomie­

verw altung von D orpat ihre Archive geöffnet zu haben, und er hat sich n ur aufs Sammeln von mündlichen Überlieferungen und eigene Lokaluntersuchungen beschränken müssen. Nichtsdesto­

weniger hatten seine Nachforschungen die allerdings nicht doku­

m entarisch bewiesene Tatsache ergeben, dass das besagte Recht­

eck schon seit den ältesten Zeiten immer zum landesherrlichen D om territorium gehört hatte, und erst in aller jü ngster Zeit, näm ­ lich nach Einstellung des Festungsbaues, also nach dem Jah re 1778 auf eine rätselhafte Weise an die Stadt gekommen war. Als schlagendsten, nicht wegzuleugnenden Beweis dieser Tatsache fü h rt Prof. Krause die alte Scheidemauer zwischen S tadt und Dom an, die in ihren Resten noch längs der ganzen Grenze sicht­

b ar sei.

Die Resultate seiner Untersuchungen teilt er dem Konseil, wie oben erw ähnt, in zwei Berichten mit, aus denen folgende Stellen sich direkt auf die alte Scheidemauer beziehen. Im- Be­

richt vom 7. A ugust 1810 heisst es w ö rtlich : es ist augenscheinlich:

„dass nicht allein der ganze Platz vor dem P u lv erk eller17), son­

dern auch das gegenüberliegende Revier, wo Jellachich 18) und W ilb ra n d t19) wohnen, und G ärten haben, zum Dom oder vielmehr zum Schlosse gehört. Die Spuren der alten Stadtm auer welche die Stadt von der Vorburg trennte, ist längs der ganzen Linie hin sichtbar. Ich bemerkte diesen Umstand gleich, und erfu h r neben- bey, dass Jellachich und W ilbrandt diese Grundstücke von Mili- tairofficianten gekauft hätten, welche nach A ufhebung der Forti- ficationsarbeiten (zuletzt noch der M ajor v. N etteihorst) ab-

17) J etzt die P olizei N r. N r. 22—-34 an der Schlossstr.

1S) J etzt die P olizei N r. N r. 15 u. 15a an der Schlossstr.

19) J etzt die P olizei N r. N r. 5— 13a an der S ch lossstr.; w ird auch F il- brand, W ilbrand und H ildebrand genannt.

(22)

zogen.“ Im Bericht vom 20. November 1818 20) schreibt e r: „auf der Stadtseite, wo die Fundamente der Grenzmauer bei aller ge­

flissentlichen Z erstörung dennoch den Platz vor dem Pulverkeller, wie das Revier, w orauf W ilbrand und Kircheisen 21) Häuschen und Gärten besitzen 22). W eiterhin ist diese Grenzmauer in den Hintergebäuden von M a jo r23) bis R osenberger24) noch faden­

hoch sichtbar.“

Die beiden obenerwähnten Pläne, die von Prof. Krause dem Konseil eingereicht sind, stammen beide aus dem Jah re 1819.

Der eine vom 4, Juli 25) stellt das Territorium der Sternw arte und des Pulverkellers dar, und enthält in seinem Schlüssel folgende die Scheidemauer betreffende E rk läru n g : „Die Reste der alten Grenzmauer zwischen Dom — Schloss — und S tadt sind itzt noch auf der Linie a. b. 26) unter einer Terasse bemerkbar. 1803 be- nuzte man sie als Magazin oder Fundgrube von Baum aterial.“

Im anderen P lane27) vom 7./8. Juli,d er das engere D om territorium m it dem östlich vorgelagerten Stadtteile an der Jakobstrasse um­

fasst, ist die Scheidemauer in ihrem ganzen Verlaufe in einer punktirten Linie eingezeichnet. Sie zieht sich in gerade Linie fa st längs der W estgrenze des an der Schlossstr. sub. Polizei Nr. 20 belegenen Immobils, und in derselben Richtung w eiter quer über die Schlossstr. und die Domanlagen gegenüber dem lin­

ken Anbau der U niversität bis zur Südgrenze des an der Jakob- str. sub. Polizei Nr. Nr. 8— 12 belegenen Immobils. Von hier wendet sie sich u nter einem Winkel von ca. 158° stadtw ärts, und stösst nach geradlinigem Verlaufe auf die blindendende F o rt­

setzung der Mönchstr. zum Dom zwischen den an der Jakob- str. belegenen H äusern Nr. 18 und 20 um sich dann unter einem Winkel von ca. 137° domwärts wendend nach geradlinigem

20) A cta des Cofiseils und D irektorium s, vol. I, fol. 201a.

21) F rü h er Jellachich.

22) H ier fe h lt das Zeitw ort.

23) F rü h er Buchdrucker G renzius, je tz t Poliz. N r. N r. 8— 12 an der J akobstr.

24) F rü h er B atsverw an d tin Sch eff ler, je tz t Poliz. N r. N r. 34— 36 an der Jakobstr.

25) T a fel I.

26) D iese Linie fä llt annähernd m it der W estgrenze des an der Schloss­

str. sub. Polizei N r. N r. 10 u. 20 belegenen Im mobils zusam m en, das bis 1820 der R atsverw andtin Peucker gehörte, und darau f dem Buchhändler S ticin sk y v erk a u ft wurde.

27) T a fel II.

(23)

Verlaufe fa st parallel der Jakobstr. an der Domfortsetzung der B reitstr. zu enden.

U nter dem ersten Teile der Mauerlinie bis zur Abbiegung stadtw ärts steht die E rk läru n g : „Reste der alten Grenzmauer zwischen Dom und S tadt,“ unter dem übrigen aber: „Die alte Grenzmauer steht hier durchweg zu Tage.“ Diesem Plane, der als flüchtige Situationsskizze keinen A usspruch auf Genauigkeit e r­

hebt, ist kein M aßstab beigegeben.

Die oben angeführten, vom Revisor Anders im Jah re 1802 angefertigten 7 G rundkarten stellen die G artenplätze dar, die den zwischen dem Domaufgange von der U niversitätskirche, früher

„Thum bstr.“ genannt, und der Domfortsetzung der B reitstr. an­

der Jakobstr. belegenen Hausplätzen auf Domgrund einge­

messen worden waren. Sie gehörten im Jah re 1802 folgenden Besitzern, angefangen von dem Eckplatze gegenüber dem Portale der U niversitätskirche:

1. Erbplatz des Buchdruckers Grenzius; trä g t gegenw ärtig die Polizei Nr. Nr. 8, 10 u. 12.

2. Erbplatz des M aurerm eisters K rannhals sen .; tr ä g t gegenw ärtig die Polizei Nr. 14.

3. Erbplatz des Tischlermeisters Eisenschm idt; trä g t gegenwär­

tig die Polizei Nr. Nr. 16 u. 18.

4. Erbplatz des Kreis-Kom misariats N otar P etersen; trä g t ge­

genw ärtig die Polizei Nr. Nr. 20 u. 22.

5. Erbplatz des Sattlerm eisters H am m erm eister; tr ä g t gegen­

w ärtig die Polizei Nr. Nr. 24 u. 26.

6. Erbplatz der Sattlerm eisters W ittwe Schuhm ann; trä g t gegen­

w ärtig die Polizei Nr. Nr. 28 u. 30.

7. Kronsplatz des Schneidermeisters Gehewe; trä g t gegenwärtig die Polizei Nr. 32.

An der anderen Seite der Domfortsetzung der B reitstr.

w ar der Hausplatz der Ratsverw andtin Scheffler unter der gegen­

w ärtigen Polizei N r. Nr. 34 u. 36.

Als im Jahre 1800 der gesammte D orpater Festungsbezirk, dessen H auptbestandteil der Dom bildete, dem adligen Universi­

tätskuratorium übergeben worden war, w andten sich viele Dorpa­

te r B ürger an das K uratorium m it der Bitte, ihnen Haus- oder G artenplätze auf U niversitätsgrunde gegen Grundzins zu über­

lassen. Die Bitten wurden nach Möglichkeit befriedigt, wobei als

Bedingung gestellt wurde, dass die Grundzinsler die von einem

am tlichen Revisor anzufertigenden G rundkarten der ihnen ange-

(24)

wiesenen Plätze in k ü rze ster F r is t dem K u rato riu m einliefern sollten. 1802 b itten auch die obenaufgezählten 7 G rundbesitzer

„um G ärten a u f den Dom berge, der an ihren E rb plätzen liegt“ ; und zw ar G renzius, K rannhals, E isenschm idt, P etersen und H am ­ m erm eister in einem K ollektivgesuch vom 18. A pril Schuhm ann und Gehewe aber je d e r gesondert. Des L e tzte m B ittgesuch sei h ie r im W o rtlau t w ied erg eg eb en :

„ F r. Hoch Wohl geborenen und V ero rtn etten C oradorium der K eiserligen U n n efersid et zu D o rp at G ehorsam ste B ütte.

Da ich zwischen der W ütw e S atler Schum ann und der W ütw e R ath s V erw anden Schefler E inen G arten habe, So W olte ich E in Hoch V ero rtn ettes C oradorium Gebeten H aben dem d a ra n G ren- senden P latz a u f G rundzünsen zu über Lassen.

G ehorsam ster diener Johannes Gehewe.

D o rp at d. 15-ten May 1802.“

Die gew ünschten G artenplätze w urden ihnen h in te r ihren H ausplätzen a u f dem D om abhange (noch bis zur M itte des v o ri­

gen Ja h rh u n d e rts allgem ein „Glagis“ gen an n t) bis fa s t zum Fusse des Domwalles gleich eingew iesen; und b ereits im Mai h a tte A n­

ders dieselben verm essen und die G ru n d k arten au sg efe rtig t. Diese h a tte e r ausserdem noch alle zusam m en m it den dazugehörigen H ausplätzen a u f einer E x tra p lan c h e tte 28) vereinigt. Das bei der V erm essung gebrauchte M ass ist die schwedische Elle zu 2 Fuss engl.

Jede einzelne dieser 7 G ru n d k arten wie auch die P lanchette sind f ü r den N achw eis der alten Scheidem auer von durchschlagen­

der B e w eisk ra ft: A u f allen 7 K a rte n ist in der A u fs c h rift ge­

sagt, dass die zugem essenen G artenplätze „ h in te r der alten S ta d ts­

m au er am W all“ belegen sind.

A uf 4 von ihnen, und z w a r: G renzius, K rannhals, E isen­

schm idt und Schuhm ann ist die Scheidem auer in e in e r Dicke von

1

Y

2

schwed. Ellen lückenlos ein g etrag en m it b eig efü g ter E rk lä ­ ru n g : „R udera von der alten S ta d tsm au e r.“ A u f den 3 übrigen K arten , sowie auch bei der D om fortsetzung der M önchstrasse feh lt sie, trotzdem es in ihren A u fsc h rifte n h e isst: „G arten P latz des H e rrn K reis-C om m issariats N otaire C hristian F rie d ric h P e­

tersen, belegen h in te r seinem H ause und an der alten S ta d tsm au e r am W all“ ; „G arten P latz des S attlerm eisters H am m erm eister, be-

28) T afel III.

(25)

legen h in te r seinem H ause und der alten S tad tsm au er am W all“ , und „G arten P latz des Schneiderm eisters Gehewe, belegen h in te r dem K ronsplatze N r. 141 und der alten S tad tsm au er am W all“ . Auch am G renziusschen Platze feh lt die M auer an seiner linken oberen Ecke auf einer Strecke von 18 schwed. Ellen.

E s ist schw er einzusehen, w aru m die M auer an obigen Stellen Lücken hat. Dass sie aber auch an jenen Stellen vorhanden w ar, beweisen die K a rte n a u fsc h rifte n und ih r durch eine Linie ange­

gebener V erlauf. Zudem bezeugt P ro f. K rause noch 16 J a h re sp äter, dass die M auer von G renzius bis Scheffler fadenhoch in den H intergebäuden sic h tb a r sei (p. 20).

Sie bildete som it h ier die Grenze der 7 G rundstücke gegen den Dom, stand selbst aber, wie' aus den K a rte n ersichtlich, in ih re r ganzen Dicke a u f Dom grund.

N ach der P lanchette v e rlä u ft sie von S. S. E. nach N. N. W.

q uer über die alte Thum b S tr., t r i t t h ie r an die linke obere Ecke des G renziusschen G rundstückes, 66i/2 schwed. Ellen von der Jakob S tr. F ro n t e n tfe rn t, und zieht sich nun längs der h in te rn Grenze aller 7 G rundstücke, wie schon oben gesagt, hin, indem sie bis z u r M itte des G renziusschen P latzes ihre anfängliche N. N. W.

R ichtung beibehält, sich dann a b e r u n te r einem W inkel von 155°

s ta d tw ä rts wiendet, und in einer langgestreckten K urve fa s t p a ­ rallel der Jakob-S tr. verlaufend, schliesslich an dem N. W. E ck­

punkte des Geheweschen H ausplatzes an der D om fortsetzung der B re it S tr. in einer E n tfe rn u n g von 56 schwed. Ellen von der Jakob S tr. endet. D er S cheitelpunkt der K urve befindet sich an der rechten Seite der D om fortsetzung der Mönch S tr. in einer E n tfe rn u n g von 52 schwed. Ellen von d er Jakob S tr. F ro n t.

Wie a u f Taf. II zu sehen, h a t P ro f. K rause die K urve als stum pfen W inkel dargestellt.

Dass die M auer sich noch w eiter auch am Schefflerschen G rundstücke fo rtg e se tzt haben könnte, um oberhalb der Jakobs- P fo rte schliesslich an der S ta d tm au e r zu enden, ist nich t g u t m ög­

lich, w enn m an die in der eingangs a n g e fü h rte n A bhandlung O tto’s a u f Taf. I fixirte Lage der alten Jakobs K irche berücksich­

tig t. Diese nim m t m ehr wie die H älfte des Schefflerschen P latzes ein,, und ra g t m it ih re r W e stfro n t 2 F aden über die Scheidem auer­

linie hinaus a u f Domgr-und. Die Scheidem auer konnte h ier also n u r an d er südlichen L ängsseite der K irche 2 Faden von der S. W.

Ecke derselben enden, und fiel dann, w enn die von Otto en tw o rfe­

nen G rundrisse ric h tig sind, m it der W estm auer des K a th arin en -

klcsters, die an derselben Stelle an die K irche stösst, zusammen..

(26)

Die Westwand des Klosters ist nach Otto von der an der Jakob Str. liegenden N. E. Ecke desselben in senkrechter Richtung 112 engl. Fuss en tfern t; die Scheidemauer nach der A nders’schen Planchette von der nämlichen Ecke ebenso 112 engl. Fuss weit.

Damit die W estm auer des Klosters in ihrer ganzen Länge m it der Scheidemauer zusammenfiele, müsste ih r südlicher E ndpunkt um 2 Faden domwärts verschoben werden. Dass die beiden Mauern um einen so geringen B etrag nach Süden divergirend neben ein­

ander verlaufen sein könnten, ist wohl ausgeschlossen.

Nach der Andersschen Planchette ist die Scheidemauer von der Südgrenze des Grenziusschen bis zur Nordgrenze des Gehewe- schen Platzes gerechnet 295 schwed. Ellen oder 590 engl. Fuss lang; auf den neuesten Plan voil D orpat (1 Zoll engl. = 50 Fuss engl.) übertragen aber 600 Fuss engl. Dieser unbedeutende Un­

terschied von 10 Fuss ist leicht erklärlich durch die bei allen Ver­

messungsarbeiten unvermeidlichen minimalen Fehler. Setzt man aber die Mauer bis zu ihrem Anschluss an die einstige Jakobs­

kirche fort, so kämen noch 35 Fuss zu ihrer Länge hinzu. Auf­

fallend ist an diesem Abschnitte der M auer ihre K urvatur. Diese lässt sich jedoch ganz zwanglos durch das Relief des Domhügels erklären, der hier in einem hohen und sehr steilen Vorsprunge sich gegen die A lt-Stadt vorschiebt. Um diesem unüberwindlichen Hindernisse auszuweichen, musste sich die Scheidemauer am Fusse des V orsprunges hinziehen, und dam it auch seiner K rüm ­ mung sich anpassen. K ongruent dieser mussten sich ihrerseits wiederum die vorgelagerten Hausplätze und die Jakob Str. ge­

stalten.

Die Frage, ob gegenw ärtig von diesem Teile der Mauer noch Reste vorhanden sind, liesse sich durch eine eingehende D urch­

forschung der an der Domgrenze sich hinziehenden steinernen H interw ände und sonstiger M auerreste der hier in B etracht kom­

menden Immobilien lösen. Schon bei flüchtiger Lokalbesichtigung könnte man die H interm auern der steinernen W irtschaftsgebäude von Nr. Nr. 8— 16 sehr wohl als Teile der alten Scheidemauer an­

sprechen. Da hier die Grenze zwischen Erbhausplatz und Dom­

grund-Zinsgartenplatz überall streng gew ahrt worden ist, indem die G artenplätze auf Domgrund ih rer Bestimmung gemäss nur als solche genutzt werden, so kann die Feststellung der Mauerlinie keine Schwierigkeiten bereiten; sie fällt m it der Domgrenze ge­

nau zusammen.

Was nun den ändern, den geraden Teil der Scheidemauer be­

trifft, so liegt uns darüber n u r die auf Taf. II wiedergegebene

(27)

K artenskizze von P ro f. K rause vor. Zu ih re r B eurteilung feh lt uns jegliches K rite riu m , da geg en w ärtig keinerlei Spuren oder an d e re A nhaltsp u n k te m eh r vorhanden sind, die ih ren V erlauf m it G enauigkeit feststellen Hessen. Z ieht m an ab er in E rw äg u n g , dass P ro f. K rause die S puren d er M auer längs der ganzen Linie hin noch selbst gesehen h a t, so liegt kein G rund vor, an der R ich­

tig k e it seiner D arstellu n g im W esentlichen zu zweifeln.

Im A nschluss h iera n w äre zu erw ähnen, dass im G arten des Im m obils Schloss S tr. 18— 20 nahe seiner W estgrenze sich eine T erasse hinzieht, die identisch sein könnte m it derjenigen, die P ro f.

K rau se in seiner K a rte vom 4. Ju li 1819 (T af. I) a n fü h r t und u n te r der 1803 noch die R este der alten G renzm auer als F u n d ­ g ru b e f ü r B austeine b en u tzt w urden. F e rn e r sei noch a u f eine E in g ab e des B uchhändlers Sticinsky an die U n iv e rsitä t vom 31. Aug. 1820 hingew iesen, in d er e r bei derselben a n fra g te , ob sie nich ts dagegen h a b e 29), w enn e r eine steinerne M auer „längs seinem G runde 30) a u ffü h re n lasse, wo viel S ch u tt und altes Ge­

m äu e r w eg zu räum en w ä re “ . E s ersch ein t höchst w ahrscheinlich, dass w ir es h ier m it dem „ S c h u tt und G em äuer“ d er alten Scheide­

m au e r zu tu n haben.

D ieser A b sch n itt der M auer, gerechnet von d er N ordseite d er

„T hum b S tr.“ bis z u r Dom grenze des Im m obils Schloss S tr.

N r. 18— 20, b e trä g t a u f dem neuesten S tad tp lan e von D o rp at (1 Zoll. engl. = 50 F uss engl.) gemessen, 537 F u ss engl. Setzte sich die Scheidem auer a b e r von h ier in derselben R ichtung bis zur S chlossm auer fo rt, so käm en ca. 100 F u ss noch hinzu. W andte sie sich jedoch s ta d tw ä rts , um sich am F usse des Schlosshügels hinziehend, Dom- und S tad tg eb iet am u n te rn Teile der Schloss S tr. und an d er Jo h an n is S tr. von ein an d er zu scheiden, so käm en s ta tt der 100 F u ss a n n ä h ern d 450 F u ss hinzu. Welche von die­

sen beiden V a ria n ten die grössere W ahrscheinlichkeit f ü r sich h a t, Hesse sich schw erlich m it S icherheit feststellen.

B edenkt m an, dass w eder P ro f. K rause, den die Scheide­

m au e r doch so leb h a ft in te ressirte, noch auch d er R evisor A nders, d e r auch h ie r am Schlosshügel die den anliegenden P riv a tg ru n d ­ stücken vom D om grunde zugeteilten G artenplätze verm ass ir- gend-etw as von d er „alten S ta d tsm a u e r“ oder Scheidem auer a u f

29) D er P la tz w estlich neben S ticin sk y w ar der U n iv e r sitä t zur Durch- leg u n g einer S tra sse von der S chlossstr. zur Stern w arte am 4. M ai 1812 vom D orpater E a t ein gew iesen worden.

30) G em eint is t die m ehrfach hier erw ähnte W estgrenze des Im mobils S ch lossstr. N r. N r. 18— 20.

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