A1638 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 23⏐⏐8. Juni 2007
M E D I Z I N R E P O R T
P
ro Jahr werden etwa 100 pä- diatrische Lebertransplanta- tionen (pLTx) in Deutschland durch- geführt. Die spezifischen Charakte- ristika und Anforderungen an die Organtransplantation in dieser Le- bensphase unterscheiden sich aller- dings deutlich von der bei Erwach- senen (Grunderkrankungen, Termi- nierung etc.), deshalb hat es sich be- währt, dass circa 80 bis 90 Prozent der kleinen Patienten in drei pädia- trischen Lebertransplantationszen- tren versorgt werden.In diesen werden Kinder vor, während, aber auch langfristig nach der Lebertransplantation am- bulant und stationär von hoch spe- zialisierten, interdisziplinären „Kin- derteams“ unter der Leitung eines Kinder-Gastroenterologen in einer mit allen Möglichkeiten ausgestat- teten Institution altersgerecht (vom Säugling bis zum Adoleszenten) betreut. Die unter diesen Kaute- len stattgefundene Zentrumsbildung mit entsprechender, nicht nur chir- urgischer, sondern auch pädiatrisch- hepatologischer Erfahrungsgene- rierung, ist der entscheidende Fak- tor der Prognose nach pLTx, sodass jetzt Langzeitüberlebensraten von circa 90 Prozent erreicht werden.
Allerdings wurden in den letz- ten Jahren in einigen chirurgischen Universitätsabteilungen pädiatri- sche Lebertransplantationen durch- geführt, ohne dass hierauf spezia- lisierte interdisziplinäre „Kinder- teams“ mit entsprechender Erfah- rung existierten. Die Qualifikation dieser „Zentren“ definierte sich aus- schließlich über die Einschätzung (beziehungsweise Selbsteinschät- zung) einer ausreichenden individu- ellen chirurgisch-technischen Qua- lifikation zur Durchführung von pä-
diatrischen Lebertransplantationen.
Minimalanforderungen an eine pä- diatrisch ausgerichtete personelle und strukturelle Infrastruktur wur- den in diesen Fällen nicht erbracht.
Standardisierte Therapieschemata und -abläufe waren nicht definiert.
Teilweise wurden etablierte pädia- trische Zentren noch während oder nach einer pädiatrischen Lebertrans- plantation um telefonische Mitbe- treuung und Therapiesteuerung ge- beten (persönliche Erfahrung und Mitteilung aus einem anderen eta- blierten Zentrum). Eine qualifizierte Indikationsstellung und Terminie- rung sowie Vor- und Nachsorge von pädiatrischen Lebertransplantations- patienten ist in diesen Kliniken nicht möglich.
Intentionen einzelner chirurgi- scher Universitätskliniken, pädia- trische Lebertransplantationspro- gramme als „Anhängsel“ eines chir- urgischen Programms zu starten, werden den besonderen Bedürf- nissen von Kindern in keiner Weise gerecht und müssen zu Qualitäts- einbußen in der Versorgung dieser Kinder führen. Es ist heute ethisch nicht mehr zu verantworten, dass einzelne Zentren ohne Rücksicht auf ihre Patienten eine eigene
„learning curve“ in Kauf nehmen.
Qualitätssicherung
Die pLTx ist heute in spezialisierten pädiatrischen Zentren eine etablier- te und standardisierte Routinemaß- nahme mit hervorragenden Ergeb- nissen. Daher sind nach unserer Auffassung solche auf Partikular- interessen basierenden Individual- pioniertaten inakzeptabel.
Als weiterer Aspekt der Quali- tätssicherung ist die Entwicklung einheitlicher Standards durch die
zertifzierten/lizenzierten pädiatri- schen Lebertransplantationszentren notwendig. Diesbezüglich wird durch die Arbeitsgruppe Pädiatri- sche Lebertransplantation in der Ge- sellschaft für Pädiatrische Gastro- enterologie und Ernährung (GPGE) kurzfristig die Generierung von S-1-Leitlinien, mittelfristig auch von S-2- bis S-3-Leitlinien ange- strebt. Um den gesetzlichen Forde- rungen nach Qualitätssicherung in Gänze zu genügen, ist darüber hin- aus geplant, noch in diesem Jahr ein Deutsches Register für pädiatrische LebertrANsplantation (DRAN) zu etablieren.
Nur mit den hier dargestellten Maßnahmen kann – analog zu den bei der „adulten“ Lebertransplanta- tion bereits umgesetzten Qualitäts- sicherungsmaßnahmen – auch für lebertransplantierte pädiatrische Pa- tienten die ihnen zustehende höchst- mögliche Qualität der medizini- schen Versorgung gesichert und den
„Therapie-Anbietern“ die Möglich- keit der Generierung und Umset- zung von ausreichendem Know- how ermöglicht werden.
Vereinbarung wird angestrebt
Zur praktischen Umsetzung strebt die Arbeitsgemeinschaft für pädia- trische Lebertransplantation in der Gesellschaft für Pädiatrische Gas- troenterologie und Ernährung eine entsprechende Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen nach Lebertransplan- tation an, die sich an der Vereinba- rung des Gemeinsamen Bundesaus- schusses zur Kinderonkologie vom 16. Mai 2006 orientiert.Für die Arbeitsgruppe Pädiatrische Lebertransplan- tation in der Gesellschaft für Pädiatrische Gastro- enterologie und Ernährung (GPGE):
Univ.-Prof. Dr. med. Michael Melter Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugend- medizin, Klinikum der Universität Regensburg 93042 Regensburg
E-Mail: Michael.Melter@Barmherzige-Regens burg.de
PÄDIATRISCHE LEBERTRANSPLANTATIONEN
Eingriffe auf spezielle Zentren beschränken
Pädiater mahnen, dass nur hoch spezialisierte, inter- disziplinäre „Kinderteams“ die Qualitätsstandards einer Transplantation in dieser Altersklasse gewährleisten.
Eine Langfassung des Beitrags und der Vorschlag einer Vereinbarung zur Qualitätssicherung im Internet:
www.aerzteblatt.de/plus2307