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Archiv "Wirtschaftsgutachten: Blumen für Seehofer" (08.11.1996)

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A-2893

Seite eins

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 45, 8. November 1996 (1) tandards zur Diagnostik

und Therapie variieren zwischen Klinikzentren er- heblich, obwohl die zugrundelie- gende Datenbasis für alle identisch ist. Ursache dieser Variation kann demnach nur eine unterschiedliche Datenselektion und/oder eine un- terschiedliche Interpretation der selektierten Daten sein. Eine Ul- mer Studie zur Qualität von Stan- dards, die zusammen mit 15 Tu- morzentren durchgeführt wurde, zeigte, daß die von einem Zentrum zur Begründung ihrer Standards verwendete Literatur von mehr als der Hälfte der anderen Zentren als

„nicht relevant“ abgelehnt wurde.

Schlimmer noch: Wenn zehn Ärzte die Qualität der gleichen publizier- ten klinischen Studie auf einer Skala von 0 bis 100 Punkte ein- schätzten, waren Streuungen von 10 bis 90 Punkten keine Ausnah- me. Alle der zur Bewertung der wissenschaftlichen Qualität vorge- legten publizierten Studien erziel- ten – auch wenn sie keine Daten, nur Ansichten, enthielten – im Me- dian mindestens 40 Punkte. Ein Tribut an die Fairneß gegenüber Kolleginnen und Kollegen?

Eine vorsichtige Interpretati- on dieser Ergebnisse läßt vermu-

ten, daß die von Expertengremien erstellten Standards möglicherwei- se mehr die gemeinsame Erwar- tung der Experten als die wissen- schaftliche Evidenz der Studien re- flektieren – aber eben nur mögli- cherweise.

Was könnten wir tun, um bes- ser zu werden? Vor etwa zehn Jah- ren wurde in angelsächsischen Län- dern eine in der Medizin neue Stra- tegie etabliert: Evidence Based Medicine. Dieser Ansatz fordert, Entscheidungen durch systema- tisch erstellte wissenschaftliche Evidenz zu belegen. Die auf diesem Weg erzielten Entscheidungen stimmen bei weitem nicht immer mit konventionell erarbeiteten Entscheidungen überein. Damit Hand in Hand geht die Bemühung der weltweiten Organisation der Cochrane Centres, die sich die Auf- gabe gestellt haben, das Problem der großen Informationsmenge in der Medizin zu lösen. Um beispiels- weise im Gebiet der allgemeinen Inneren Medizin auf dem laufen- den zu bleiben, müßte eine Ärz- tin/ein Arzt täglich 19 Artikel lesen – und das 365mal im Jahr. Die Cochrane Collaboration wählt ver- läßliche medizinische Information aus und faßt diese in strukturier-

ten Übersichtsarbeiten zusammen.

Deutschland ist eines der wenigen Industrieländer, die dieser Collabo- ration noch nicht beigetreten sind.

Zur Verbesserung der mangelhaf- ten und wenig professionellen Kommunikation zwischen Arzt und Patient wurden bei den Angel- sachsen systematische Trainings- Programme für Ärzte entwickelt, die großes Interesse finden. Die wissenschaftlich fundierte Messung der gesundheitsbezogenen Lebens- qualität ist in vielen europäischen Ländern ein gutes Stück weiterent- wickelt. Auch dort gibt es nur zwei Gründe, zum Arzt zu gehen: ent- weder um länger oder um besser le- ben zu können als ohne die Hilfe des Arztes. Deshalb sollte der Wert der medizinischen Maßnahmen in diesen beiden Dimensionen, der gewonnenen Lebenszeit und Le- bensqualität, beschrieben werden.

Ohne Unterstützung können diese Ziele, Evidence Based Medi- cine, Cochrane Centre, Kommuni- kation und Messung der Lebens- qualität, kaum erreicht werden.

Diese vier Ziele sind anzustreben, wenn die Standards nachhaltig ver- bessert werden sollen. Dies geht nur mit vereinten Kräften.

Prof. Dr. med. Franz Prozsolt, Ulm

Steiniger Weg

S

Klinische Standards

as Herbstgutachten der führenden wirtschaftswis- senschaftlichen Institute zur Lage der deutschen Wirtschaft bietet wenig Anlaß zur Freude.

Vor allem nicht für die Bundesre- gierung. Deren Wirtschafts- und Finanzpolitik schneidet im Urteil der „Wirtschaftsweisen“ allenfalls bescheiden ab. Einziger Lichtblick – wer hätte das gedacht – ist Horst Seehofer. Ausgerechnet dem viel- gescholtenen Bundesgesundheits- minister bescheinigen die Gutach- ter, mit seinen GKV-Neuord- nungsgesetzen auf dem richtigen

Weg zu sein. Sie finden gut, wie Seehofer die Krankenkassen zu ei- nem wirtschaftlichen Umgang mit den Beitragseinnahmen veranlas- sen will. Sie begrüßen den größe- ren Gestaltungsspielraum der Kas- sen beim Leistungsangebot und die Steuerung über mehr Eigenbe- teiligung der Versicherten.

Richtige Marktwirtschaft sei dies noch nicht, heißt es in dem Gutachten. Aber immerhin zeig- ten die vorgesehenen Maßnah- men, daß sich der Staat (schritt- weise) aus „den bisher besetzten Feldern zurückziehen kann, wenn

der Wille dazu vorhanden ist“. Die

„Wirtschaftsweisen“ ermuntern Seehofer schließlich indirekt, den Wechsel zur Marktwirtschaft im Gesundheitswesen noch mutiger zu betreiben.

In allen hochentwickelten Ländern expandiere die Nachfra- ge nach Gesundheitsleistungen, und es mache keinen Sinn, die Ausgaben dafür zu begrenzen, wenn die Zahlungsbereitschaft da sei. Soll wohl heißen: Gebt den Versicherten, was sie wollen – so- lange sie selbst dafür zahlen.

Marktwirtschaft eben. Josef Maus

D

Blumen für Seehofer

Wirtschaftsgutachten

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