Scheibenzusammenhalt von Kochschinken Grundlagen und aktuelle Probleme aus der Praxis
G. Hugenschmidt
1,2, R. Hadorn
1, M. Scheeder
2, C. Wenk
2Kontakt: ALP, Gabriel Hugenschmidt, Schwarzenburgstrasse 161, 3003 Bern / gabriel.hugenschmidt@alp.admin.ch / +41 (0)31 325 56 16 Bild 1:Destrukturierter Stotzen
1
Eidg. Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft (ALP), Agroscope Liebefeld-Posieux, Bern
2
Institut für Nutztierwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), Zürich
Stand der Forschung
In Frankreich sind gemäss Forschungsergebnissen [1] bei einzelnen Chargen bis zu 30% der Kochschinken von einem Defekt, der als
„jambon déstructuré“ bezeichnet wird, betroffen. Die Stotzen wiesen nach dem Schlachten gräuliche, strukturlose und wässrige Stellen in der Unterspälte und im Eckstück auf (Bild 1).
Der ausreichende Zusammenhalt und die Schneidbarkeit von Koch- schinken stellen - neben den sensorischen Eigenschaften - nach wie vor eine aktuelle Herausforderung für die fleischverarbeitende Industrie dar; dies auch in Anbetracht der erfolgten Modernisierung der entsprechenden Technologie.
Der pH-Wert der betroffenen Zonen ist verglichen mit dem umliegenden Muskelgewebe si- gnifikant reduziert. Nach dem Kochen weisen die Zonen eine cremeartige, trockene Textur auf und zerreissen beim mecha- nischen Slicen oder es bilden sich Löcher (Bild 2). Zerrissene oder löchrige Schinkenscheiben sind für den Verkauf ungeeignet.
Einleitung
Bild 2:Destrukturierter Kochschinken
Auch in der Schweiz ist die Problematik der destrukturierten Kochschinken bekannt. In einer 1999 publizierten Studie [4]
wurde der Einfluss des Rohmaterials an einer Gruppe von 210 Schweinen von acht verschiedenen Rassen auf das Zer- reissen der Schinkenscheiben untersucht:
Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden keine weiteren Schweizer Publikationen über Strukturprobleme in Kochschinken publi- ziert, obwohl die bisherigen Rückmeldungen aus der Industrie auf Anfrage von Agroscope Liebefeld-Posieux (ALP) bei ge- wissen Chargen Produktionsausschüsse von 20 bis 30% er- gaben und damit wirtschaftlich von grosser Bedeutung sind.
Situation in der Schweiz
Aktuelles Forschungsprojekt
In einem Gemeinschaftsprojekt von ALP und der ETH Zürich wurde im November 2005 eine 3-jährige Dissertation lanciert, die sich mit spezifischen Variationen in der Beschaffenheit von Kochschinken befasst. Dabei werden folgende Ziele ver- folgt:
Folgende Faktoren führen gemäss [1] zu einem vermehrten Auf- treten des Defekts:
- n Allel des Hal-Gens - RN־-Allel des RN-Gens - Tiergewicht
- Schlachtcharge
Inwieweit das Geschlecht und der Magerfleischanteil oder eventuell auch witterungsbedingte Einflüsse zur Problematik beitragen, ist umstritten.
Histologische Untersuchungen [2] von Rohfleisch haben ergeben, dass die Proteine der destrukturierten Zonen zahlreiche Ähnlich- keiten mit Proteinen von PSE-Fleisch aufweisen. Allerdings werden die destrukturierten Zonen nur im Musculus semi- membranosus und im Musculus semitendinosus angetroffen, während PSE-Fleisch in allen Muskeln mit einem hohen Anteil an weissen Muskelfasern weit verbreitet ist. Dies deutet auf einen unterschiedlichen zugrunde liegenden physiologischen Mecha- nismus hin, der Gegenstand der aktuellen Forschung ist.
Gemäss Informationen aus Schweden [3] könnte es sich bei den hellen Verfärbungen in den Stotzen um sogenanntes „heat induced“ PSE-Fleisch handeln. Dieses wird durch eine langsame Kühlung nach dem Schlachten verursacht, die vor allem im Fleischinnern zusätzlich verzögert abläuft. Es kommt zu einer Denaturierung von Proteinen und dadurch bedingt zu einer Farbaufhellung der Muskeln.
Literaturverzeichnis
[1] Franck M., Monin G., Figwer P., Poirel M.T., Legault C. (2002): Strukturloses Fleisch – ein ernsthaftes Problem. Fleischwirtschaft 12, 97-100.
[2] Laville E., Sayd T., Santé-Lhoutellier V., Morzel M., Labas R., Franck M., Chambon C., Monin G. (2005): Characterisation of PSE zones in semimembranosuspig muscle. Meat Science 70, 167-172.
[3] Lundström K. (2006). Persönliche Mitteilung.
[4] Schwörer D., Maassen A., Lorenz D., Rebsamen A. (1999): Produktfehler im Modelschinken. Die Grüne 135 (2), 25.
- Abklären der Praxishäufigkeit der Thematik
- Systematische Beschreibung und Beurteilung der verschiedenen Variationen im Prozessverlauf von der Rohware zum Endprodukt
- Beurteilung der auftretenden Fehler hinsichtlich Genetik, Haltung, Umwelt und Technologie
- Ableiten von Praxisempfehlungen aus den gewonnenen Erkenntnissen
- Unabhängig von der Rasse wies ungefähr ein Drittel der Schinken ungenügende Eigenschaften beim mecha- nischen Schneiden auf.
- Vor allem verbrühte Schinken schnitten schlecht ab.
- Von den Verbrühungen waren besonders Schinken von Tieren mit einem hohen Anteil an wertvollen Fleisch- stücken und geringer Fettgewebeauflage betroffen.