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Archiv "Hartmannbund: Neuer Vorsitzender will mehr Themen angehen" (04.11.2011)

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A 2314 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 44

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4. November 2011 dele. Im Rahmen des Modellpro-

jekts zur Patientenquittung können die Versicherten der AOK NordWest über ein Internetportal nachvollzie- hen, welche Leistungen der eigene Arzt erbracht hat und wie viel diese gekostet haben. Damit, so Schillin- ger, wolle die AOK in erster Linie den vernünftigen Umgang mit den Ressourcen im Gesundheitswesen fördern und bei den Versicherten Kostenbewusstsein und Verantwor- tungsgefühl wecken – denn nirgend- wo gingen die Menschen häufiger zum Arzt als in Deutschland. „Mit Einsparungen rechnen wir kaum.“

Keine Tabus in der Diskussion

„Warum reden wir eigentlich immer über Selbstbestimmung, aber nicht über Selbstbeteiligung?“, fragte KBV-Chef Köhler im zweiten Teil der Diskussionsrunde. Wenn es um eine nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens gehe, müsse man diese Frage stellen. Angesichts der demografischen Entwicklung mit immer mehr älteren, chronisch kranken Menschen dürfe es in der Diskussion keine Tabus geben.

„Müssen Ältere sich mehr an den Gesundheitskosten beteiligen? Wel- chen Vorteil haben Prämienmodelle, eine Kapitaldeckung oder die höhere Eigenbeteiligung der Patienten? Das sind Fragen, die wir diskutieren müssen“, sagte Köhler.

Gegen eine höhere Eigenbeteili- gung sprach sich der Leiter der For- schungsgruppe Public Health am Wissenschaftszentrum Berlin, Prof.

Dr. Rolf Rosenbrock, aus. Studien belegten, dass höhere Zuzahlungen keine steuernde Wirkung entfalte- ten. „Solange Direktzahlungen nicht spürbar sind, nützen sie nichts. Wenn sie spürbar sind, hal- ten sie die falschen vom Gang zum Arzt ab“, meinte Rosenbrock. „Wir müssen mehr Kosten- und Gesund- heitsbewusstsein schaffen, aber nicht über Zuzahlung.“ Stattdessen plädierte er für bessere Patientenin- formationen und eine bessere Bera- tung sowie rationalere Therapieent- scheidungen der Ärzte. „Wenn die Ärzte evidenzbasierte Medizin be- trieben, wäre das System nachhaltig

finanzierbar.“

Heike Korzilius

HARTMANNBUND

Neuer Vorsitzender will mehr Themen angehen

Die Delegierten wählen – und bejahen den geplanten neuen sektorübergreifenden Versorgungsbereich.

Aber sie verlangen zugleich Korrekturen.

D

er Hartmannbund hat sich bei seiner jährlichen Haupt- versammlung in Potsdam dafür aus- gesprochen, Patienten einen „sektor- verbindenden Zugang“ zu spezial- ärztlichen Leistungen zu ermögli- chen. „Dies ist im Sinne der freien Arztwahl und kann zugleich einer effektiven Nutzung vorhandener Ressourcen dienen“, heißt es zur Be- gründung. Die von der Bundesregie- rung geplante ambulante spezialärzt- liche Versorgung, die Krankenhäu- sern und Niedergelassenen offenste- hen soll, dürfe deshalb nicht, wie ur- sprünglich von den Ländern gefor- dert, verschoben werden. Sie sei ein- zuführen, allerdings in modifizierter Form, heißt es im einstimmig ange- nommenen Leitantrag.

Der Hartmannbund verlangt fol- gende Korrekturen: eine Eingren- zung auf tatsächlich hochspeziali- sierte Leistungen für Patienten mit schweren oder komplexen Krank- heiten, eine einheitliche Vergütung auf Basis der ärztlichen Leistung so- wie identische Qualitätsanforderun- gen in Klinik und Praxis. Neben Dis- kussion und Beschlussfassung zu

Aspekten sowohl des Versorgungs- strukturgesetzes (VStG) als auch anderer gesundheitspolitischer The- men standen Personalwechsel im Vordergrund der Versammlung. Dr.

med. Klaus Reinhardt (51), Hausarzt aus Bielefeld, wurde mit großer Mehrheit zum neuen Vorsitzenden des Hartmannbunds gewählt. Er löst Hon.-Prof. Dr. med. Kuno Winn (66) ab, der nicht wieder kandidiert hatte und zum Ehrenmitglied des neuen Vorstands ernannt wurde.

VStG: Vieles ist noch offen Reinhardt ist langjähriger Landes- verbandsvorsitzender des Hart- mannbunds Westfalen-Lippe und seit Jahren in der ärztlichen Selbst- verwaltung engagiert: Seit 2005 ist er Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, außerdem seit 1996 Mitglied der Vertreterver- sammlung der dortigen Kassenärzt- lichen Vereinigung. Zum stellver- tretenden Vorsitzenden wählte die Versammlung Klaus Rinkel, Fach- arzt für Neurologie und Psychiatrie.

Rinkel ist Landesvorsitzender in Baden-Württemberg.

Abschied mit Helm: Klaus Rein- hardt (links), neuer

Vorsitzender des Hartmannbundes, überreicht seinem Vorgänger Kuno Winn ein Buch über Motorradtouren in den USA – und ei-

nen Helm für den

Harleyfan. Foto: Hartmannbund

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4. November 2011 A 2315 Dass für Organisationen wie den

Hartmannbund Chancen bestehen, mit Änderungsvorschlägen bei der schwarz-gelben Koalition durchzu- dringen, bestätigte indirekt Ulrike Flach, Staatssekretärin im Bundes- gesundheitsministerium. Man bera- te noch mit Hochdruck, betonte sie bei ihrem Vortrag zum Stand des Gesetzesvorhabens. Die FDP-Poli- tikerin kam aber auch auf ein The- ma zu sprechen, das der Hartmann- bund seit Jahren aufruft: die Ein- führung der Kostenerstattung. Mit Bezug auf die endende Amtszeit Winns erklärte sie: „Es wäre schön, wenn wir gemeinsam die Kostener- stattung noch durchgebracht hät- ten.“ Die FDP habe diese Forde- rung nicht vergessen, so Flach: „Ich bin weiter der Meinung, dass sie in dieses System hineingehört.“

Reinhardt ließ keinen Zweifel daran, dass er an dieser und anderen Kernforderungen des Hartmann- bunds festhalten, zugleich aber das gesundheitspolitische Themenspek- trum erweitern will. „Die Wahr- scheinlichkeit, dass gesundheitspo- litische Forderungen realisiert wer- den, steigt, wenn sie sich aus der medizinischen Notwendigkeit ab- leiten, die nur wir Ärzte beurteilen können“, sagte er. Reinhardt sieht hier den Ansatzpunkt, um gegen die Ökonomisierung der Medizin vor- zugehen. Der Verband müsse darle- gen, wie er sich die ärztliche Ver- sorgung in der Zukunft vorstelle.

Welche Entwicklung den Dele- gierten Sorge bereitet, zeigte die teilweise heftige Debatte über die geplante Ausgestaltung der am - bulanten spezialärztlichen Versor- gung. Dabei drohe eine Frage in den Hintergrund zu geraten – die nach dem Sinn des Vorhabens. In einer Diskussionsrunde wurde sie mehrfach gestellt.

Nach Ansicht des neuen Hart- mannbund-Vorsitzenden macht es einen großen Unterschied, ob der Gesetzgeber nur hochspezialisierte Leistungen im Blick hat (was Rein- hardt für vertretbar hält) oder ob er grundsätzlich mehr ambulante Be- handlung im Krankenhaus ermögli- chen will (was eine Verdrängung niedergelassener Fachärzte befürch- ten lasse). Die Verbesserung der Ver-

sorgung müsse im Mittelpunkt ste- hen, mahnte Dr. Ilona Köster-Steine- bach vom Verbraucherzentrale Bun- desverband: „Patienten haben oft er- hebliche Probleme auf dem Weg in die stationäre Versorgung hinein und später auf dem Weg heraus.“

Katalog eher eng gefasst Die heutigen Sektorengrenzen zwi- schen ambulanter und stationärer Versorgung seien nicht mehr zeitge- mäß, stimmte ihr Dr. med. Andreas Köhler zu, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung (KBV). Er kann den Geset- zesplänen durchaus vielverspre- chende Perspektiven abgewinnen.

Allerdings sei noch offen, wie weit die Grenzen der ambulanten spezi- alärztlichen Versorgung gezogen würden. Köhler rechnet mit einem gemäß einer Bund-Länder-Abspra- che eng gefassten Katalog von Leistungen entsprechend dem des heutigen Paragrafen 116b SGB V – allerdings mit der Beschränkung auf schwere Verlaufsformen der Er- krankungen. Das Vergütungsvolu- men hierfür schätzte er auf 70 bis 80 Millionen Euro.

Für einen solchen vorsichtigen Einstieg plädierte Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des Verban- des der Ersatzkassen. Es sei richtig, mit seltenen Erkrankungen und Er- krankungen mit schweren Verlaufs-

formen zu beginnen: „Alles andere könnte sehr teuer werden.“ Denn die Leistungen des neuen Sektors sollen zu festen Preisen und ohne Mengenabstaffelung direkt mit den Kassen abgerechnet werden. „Feste Preise sind angesichts der heutigen unzureichenden Regelleistungsvo- lumina für solche arbeits- und bera- tungsintensiven Leistungen mehr als wünschenswert“, hob Dr. med.

Michael Stephan-Odenthal hervor.

Der niedergelassene Urologe aus Leverkusen arbeitet in einer Ge- meinschaftspraxis bereits sektor- übergreifend: Er operiert sowohl in eigenen Räumen als auch im Klini- kum Leverkusen.

Köhler kann sich vorstellen, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Leistungen, beispielsweise die ge- samte prä- und poststationäre Ver- sorgung sowie die Behandlung psy- chiatrischer Krankheiten in die am- bulante spezialärztliche Versorgung einzubeziehen, ganz zu schweigen von den ambulanten Operationen.

Schon jetzt eröffneten Änderungs- anträge der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf des Versor- gungsstrukturgesetzes „hochspan- nende Perspektiven“. So sollten niedergelassene Vertragsärzte am Krankenhaus ohne Anstellung für die Klinik Leistungen erbringen können: „Das bietet die Chance, dass Vertragsärzte endlich ihre Pa- tienten in den stationären Bereich begleiten können – jenseits der be- legärztlichen Versorgung.“ Mit sol- chen Perspektiven kann sich auch Reinhardt anfreunden.

Unter Beifall forderte Köhler aber: „Die Etablierung einer spezi- alärztlichen Versorgung darf nicht zulasten der haus- und fachärztli- chen Grundversorgung gehen.“

Diese Sorge äußerten mehrere De- legierte. Ballast stimmte Köhler zu, gleichwohl zeichnete sich bereits Streit über eine faire Honorarberei- nigung ab. „Wir wollen keine Leis- tungen, die wir mit der Gesamtver- gütung bezahlt haben, noch einmal bezahlen“, so Ballast. Die Verhand- lungen über die Umsetzung des VStG, bemerkte Köhler lächelnd, würden quasi schon beginnen – noch bevor es verabschiedet ist.

Sabine Rieser, Heinz Stüwe Meinungsfreudig

und ergebnisori- entiert – so prä- sentierte sich Klaus Reinhardt in seiner Vorstellungsrede.

Seine Eltern hatten eine hausärztliche Gemeinschaftspra- xis. Nach einigen Wartesemestern mit Jura und Philoso- phie studierte Rein- hardt schließlich in Italien und trat 1994 in die elterli- che Praxis ein.

Foto: Jürgen Gebhardt

So wichtig und zentral Freiberuf- lichkeit und Kostenerstattung sind, so darf sich unsere Programmatik darin nicht erschöpfen.

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