• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Entschließungen zum Tagesordnungspunkt IV: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer" (27.05.1994)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Entschließungen zum Tagesordnungspunkt IV: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer" (27.05.1994)"

Copied!
10
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

•.•.•.•...

97. DEUTSCHER ÄRZTETAG

, .•...•.• ,.

Entschließungen zum Tagesordnungspunkt I

Gesundheits- und Sozialpolitik

Arbeitslosigkeit von Arztinnen und Ärzten bekämpfen

"Die deutsche Ärzteschaft betrachtet die Entwick- lung des Arbeitsmarktes für Ärztinnen und Ärzte mit ständig wachsender Sorge. Einer großen Zahl von Neu- approbationen wird in der Zukunft kein entsprechendes Angebot an Arbeitsplätzen gegenüberstehen.

Die deutsche Ärzteschaft erkennt an, daß es kein individuelles Recht auf Arbeit gibt. Sie weist gleichwohl auf die hohen volkswirtschaftlichen Kosten der Ausbil- dung junger Ärztinnen und Ärzte hin.

ln den vergangenen Jahren wurden durch neue Stellen und stark vermehrte Niederlassungen - auch unter Budgetdeckeln - viele neue Arbeitsmöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte geschaffen. Diese solidarischen Kompensationsmechanismen sind jedoch durch Nieder- lassungsbegrenzungen und stringente Budgetierung in Krankenhaus und Proxis erschöpft. Die deutsche Ärzte- schaft geht daher davon aus, daß im Jahr 2000 etwa 60 000 aus- und weitergebildete Ärztinnen und Ärzte arbeitslos sein werden.

Die Erfahrungen der Vergangenheit belegen aber, daß einige Jahre der Arbeitslosigkeit angesichtsschneller Veränderungen in der Medizin und der großen Zahl nachdrängender junger Kolleginnen und Kollegen in die endgültige Berufslosigkeit münden. Aus- und Weiterbil- dung dieser Kolleginnen und Kollegen sind vertan - so- wohl ideell für den einzelnen wie materiell für die Volks- wirtschaft."

Der Deutsche Ärztetag fordert daher:

~ als langfristig wirkende Maßnahme die Politi- ker in Bund und Ländern auf, die Studienanfängerzahlen schnellstens an die qualitativen Möglichkeiten einer hochwertigen Ausbildung anzupassen; nur so kann der Verschwendung von Ressourcen und der Vergeudung wichtiger Lebensjahre bei jungen Menschen Einhalt ge- boten werden;

~ als mittelfristig wirkende Maßnahme die Krankenhausträger, Tarifpartner und Krankenhausärzte auf, durch die tarifgerechte Gewährung von Freizeitaus- gleich nach Bereitschaftsdiensten und den Abbau von Überstunden neue Stellen im Krankenhausbereich zu- schaffen und gleichzeitig un- oder unterbezahlte Be- schäftigung von Ärztinnen und Ärzten nicht zuzulassen;

~ als kurzfristig wirkende Maßnahmen

CD

den Bundesgesetzgeber auf, die ungerechtfer- tigte Budgetierung des GSG 1993 in Krankenhaus und Proxis sofort aufzuheben sowie die Regelung zur Nieder- lassungssteuerung außer Kraft zu setzen;

@

den Bundesgesetzgeber auf, durch Änderun- gen im Zulassungsrecht für Vertrogsärzte zu ermöglichen, daß Vertragsarztsitze im "Job- und Time-Sharing" be- setzt werden können, um mehr Ärztinnen und Ärzten ei- ne berufliche Perspektive zu eröffnen, ohne Abstriche an der Qualität der vertrogsärztlichen Versorgung befürchten zu müssen;

@die Krankenhausträger auf, keine Wiederbe- setzungssperren oder Vakanzenraten anzuwenden;

@)die Zulassungsausschüsse bei den Kassenärzt- lichen Vereinigungen auf, Sonderbedarfszulassungen großzügig auszusprechen;

Entschließungen zum Tagesordnungspunkt IV

®den Bundesgesetzgeber und die Bundesan- stalt für Arbeit auf, Mittel bereitzustellen,

- um Förderungsmaßnahmen für bereits ar- beitslose Kolleginnen und Kollegen in Form von Zusatz- qualifikationen zu ermöglichen, damit die ärztliche Kom- petenz nicht durch langdauernde Arbeits-und Beschäfti- gungslosigkeit verlorengeht;

- um Wiedereingliederungsmaßnahmen für Ärz- tinnen, die einige Jahre nicht berufstätig waren, wie auch für Langzeit-Arbeitslose fördern zu können;

~ die Krankenhausträger und leitende Ärzte auf, vermehrt Teilzeitstellen entsprechend dem Bedarf zu

schaffen. D

Fachbezogenes Aufbaustudium

"Der Vorstand der BÄK fordert die Bildungspoliti- ker auf, für Ärzte nach ihrer Approbation Möglichkeiten für ein fachbezogenes Aufbaustudium in Betriebswirt- schaft, Pädagogik und Publizistik zu schaffen."

Begründung

Ärzte haben zunehmende Schwierigkeiten, eine Weiterbildungsstelle in einem Krankenhaus zu bekom- men. Andererseits fehlen Ärzte mit betriebswirtschaftli- ehen Kenntnissen zum Beispiel in den Krankenhausver- waltungen, in der ärztlichen Selbstverwaltung, bei den Krankenkassen, in der Pharmaindustrie und vielen ande- ren mehr. Pädagogisch weitergebildete Ärzte werden in dem großen Bereich der Ausbildung medizinischer Fach- berufe, an Schulen und Volkshochschulen und in zukünf- tigen Präventionseinrichtungen gebraucht.

Ärzte mit Kenntnissen in Publizistik wären für die immer wieder geforderte Tätigkeit in der Politik und in

den Medien qualifiziert. D

Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

Reform der ärztlichen Ausbildung

"Der 97. Deutsche Ärztetag begrüßt grundsätzlich die Vorschläge zur inhaltlichen Verbesserung und zur strukturellen Neugestaltung des Studiums der Medizin im Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bun- desärzteordnung und zur Änderung der Approbationsord- nung für Ärzte.

Mit der Änderung der Ausbildungsdefinition in der ärztlichen Approbationsordnung wird erheblichen Beden- ken der Bundesärztekammer Rechnung getrogen.

Nunmehr ist klargestellt, daß mit dem erfolgrei- chen Abschluß der Ausbildung der Arzt eigenverantwort- lich und selbständig tätig wird und in eigener Verantwor-

tung weitere ärztliche Qualifizierungen erlangen kann.

Die mit der Neuordnung des Prüfungswesens und der Reduktion auf 3 Examina verbundene stärkere Be- deutung der mündlichen Prüfung gegenüber der schriftli- chen wird vom Deutschen Ärztetag begrüßt.

Die im Diskussionsentwurf vorgenommene Ge- wichtung der einzelnen Gebiete der Medizin im Studium muß allerdings nochmals kritisch überprüft werden. Be- denklich erscheint insbesondere, daß Grundlagenfächer wie Anatomie, Biochemie und auch Pathologie mögli- cherweise unzureichend berücksichtigt sind. Es muß der- zeit offenbleiben, ob sich dieser Mangel in allen Fällen durch die beabsichtigten gegenstandsbezogenen Vorle- sungen korrigieren läßt.

Mit dem schrittweisen Vorgehen bei der Änderung A-1532 (58) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994

der Bundesärzteordnung und der darin kodifizierten Ziel- setzung der Ausbildungsreform hat der Bundesminister für Gesundheit die Bedenken der Bundesärztekammer berücksichtigt, Änderungen unter Zeitdruck durchzuset- zen. Dies ermöglicht die der komplexen Materie ange- messene gründliche Diskussion mit allen beteiligten Gruppen zur weiteren Vorbereitung der Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte.

Ziel einer Ausbildungsreform muß es sein, die Praxisbezogenheil der Ausbildung so zu gestalten, daß die Praktikumsphase als Arzt im Praktikum entfallen kann.

Die deutsche Ärzteschaft weist erneut darauf hin, daß sich die Auswirkungen der 7. Novelle der Approbati- onsordnung mit der beabsichtigten Neuordnung des Me-

(2)

dizinstudiums über einen großen Zeitraum überschneiden werden. Letztlich wird deshalb nicht mehr abschätzbar sein, welche Interaktionen zwischen beiden Studienrege- lungen auftreten, weil sich die Auswirkungen der beiden Novellen in der Durchführung des Medizinstudiums ver- mischen werden. Daher sollten die Auswirkungen auf die Qualität des Medizinstudiums durch die mit der 7. No- velle zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte eingeführten Kleingruppenregelung abgewartet werden.

Aus der Evaluierung der Ergebnisse dieser Novellierung können möglicherweise noch Erkenntnisse für die 8. No- velle der Approbationsordnung gewonnen werden." ❑

Gebührenordnung für Ärzte (G0Ä)

„Der 97. Deutsche Ärztetag fordert die Bundes- länder auf, die Novellierung der Amtlichen Gebührenord- nung nicht aus fiskalischen und sachfremden Gründen scheitern zu lassen. Die Anpassung des Leistungsver- zeichnisses an den medizinischen Fortschritt und die Ver- besserung der ärztlichen Grundleistungen sind überfällig.

Bei einer weiteren Verzögerung der Modernisierung des 15 Jahre alten Leistungsverzeichnisses müßte die Politik Fehlentwicklungen in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung verantworten. Die Anhebung des Punktwer- tes um 0,4 Pfennige trägt der seit 1988 eingetretenen Preis- und Kostenentwicklung nicht annähernd Rech- nung; die Ärzteschaft hat sich dennoch bereit erklärt, diese Regelung mitzutragen, um die politischen Voraus- setzungen für die Novellierung zu schaffen.

Gegenüber den grundsätzlichen Änderungswün- schen aus Nordrhein-Westfalen und anderen Bundeslän- dern weist der 97. Deutsche Ärztetag nachdrücklich auf den Rechtscharakter der Amtlichen Gebührenordnung als Gebührentaxe hin. Eine Gebührentaxe ist die gesetzliche Grundlage für die Honorarfindung zwischen Patient und Arzt, unabhängig vom Versicherungsschutz des Einzel- nen. Sie stellt deswegen nicht auf einen bestimmten Per- sonenkreis ab und kann daher weder Beihilfeordnung noch Privatversicherungstarif sein.

Besonderheiten, die sich aus dem Beihilferecht oder dem Standardtarif der privaten Krankenversicherung ergeben, müssen ausschließlich zwischen Kostenträger und Beihilfeberechtigtem/Versichertem geregelt werden, nicht jedoch in einer für alle Privatbehandlungsverhält- nisse geltenden Gebührentaxe. Der Gebührenrahmen muß beibehalten, die Gebührenspannen und Schwellen- werte dürfen nicht noch weiter reduziert werden, damit die individuellen Besonderheiten des einzelnen Behand- lungsfalles berücksichtigt werden können, sonst würde ein wesentliches Charakteristikum des bisherigen Privat- behandlungsverhältnisses beseitigt. Die persönliche Lei- stungserbringung durch liquidationsberechtigte Kranken- hausärzte muß die Delegation sowie die Vertretung um- fassen, damit der Chefarzt seiner Gesamtverantwortung für alle Patienten gerecht werden kann.

Letztlich zielen die Forderungen einiger SPD-re- gierter Bundesländer auf eine Beseitigung jeglicher lndi-

vidualität in der privaten Krankenversicherung und eine Gleichschaltung dieses Versicherungszweiges mit der ge- setzlichen Krankenversicherung ab. Der 97. Deutsche Ärztetag wendet sich entschieden gegen diese gesund- heitspolitischen Tendenzen auf Beseitigung von Indivi- dualität und Pluralität im deutschen Gesundheitswesen und sieht darin eine weitere Diskriminierung des freien Arztberufs im Vergleich zu anderen freien Berufen."

Bundespflegesatzverordnung 1995

„Der vom Bundeskabinett am 26. April 1994 ver- abschiedete Regierungsentwurf einer Verordnung zur Neuordnung des Pflegesatzrechts (Bundespflegesatzver- ordnung 1995) greift mit der Einführung leistungsorien- tierter Vergütungsformen langjährige Forderungen der Bundesärztekammer und Deutscher Ärztetage auf, den tagesgleichen, vollpauschalierten Pflegesatz weitgehend abzulösen. Der Verordnungsentwurf birgt jedoch zugleich durch einzelne Regelungselemente erhebliche Gefahren für eine auch zukünftig gesicherte, flächendeckende Ver- sorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen."

Begründung

Sonderentgelte ja — Fallpauschalen nein Der 97. Deutsche Ärztetag begrüßt grundsätzlich die vorgesehene Einführung von 160 Sonderentgelten.

Im Zusammenwirken mit den daneben zu vereinbaren- den differenzierten Abteilungspflegesätzen wird hier ein wichtiger Schritt hin zur leistungsgerechteren Vergütung unternommen. Gleichermaßen für Sonderentgelte und Fallpauschalen werden sich Probleme allerdings dadurch ergeben, daß die Vergütungsvereinbarungen nicht — wie eigentlich sachgerecht — im Rahmen der Verhand- lungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen krankenhausindividuell erfolgen, sondern die Bewer- tungsrelationen (Punktzahlen) durch die Verordnung selbst bundesweit sowie die Höhe der Entgelte (Punkt- werte) auf dem Verhandlungswege landesweit festgelegt werden sollen.

Demgegenüber stößt die ebenso ab 1. Januar 1996 für alle Krankenhäuser verbindlich vorgesehene Einführung von ca. 60 Fallpauschalen auf erhebliche Kri- tik der Ärzteschaft. Von dieser Entgeltform gehen eine Vielzahl — auch in den USA festgestellter — Negativ- Wirkungen aus, insbesondere Risikoselektionen, Lei- stungsnormierungen und Verwerfungen in der flächen- deckenden Versorgung mit Krankenhausleistungen. An- gesichts dieser für die stationäre Versorgung drohenden Gefahren kann und darf daher für Fallpauschalen allen- falls eine eng begrenzte Zahl mit klar definierbaren und abgrenzbaren Leistungen überhaupt vorgesehen werden.

Grundlage für die Einführung dieser Entgeltform müssen ausreichend repräsentative bzw. exemplarische Kalkulati- onsvorgaben sein. Die von der Ärzteschaft seit langem vorgetragenen Bedenken, daß es nur in sehr wenigen

Fällen gelingen kann, aus ärztlich-medizinischer Sicht ausreichend abgrenzbare Patientenkollektive zu bilden, bei denen die gesamten Krankenhausleistungen über ei- ne Fallpauschale abgegolten werden können, haben sich durch die vom Verordnungsentwurf vorgelegten Definitio- nen und Kalkulationsergebnisse bestätigt.

Bei den Kostenerhebungen in den in die Untersu- chung einbezogenen Krankenhäusern haben die beteilig- ten Forschungsinstitute erhebliche, nicht begründbare Differenzen im Hinblick auf die Kalkulation der Sonder- entgelte festgestellt. Diese Kritik verstärkt sich bei den Fallpauschalen noch dadurch, daß der unterschiedliche Bauzustand (Alter, Größe und Bettenzahl des Kranken- hauses, Krankenhausfläche sowie Anzahl und Struktur der Krankenhausgebäude/Zentralen Einrichtungen) eben- so als entscheidende Determinante auf die entstehenden Kosten einwirkt wie der Versorgungsauftrag des Kranken- hauses. Dieser bestimmt nachhaltig die Vorhaltung von Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften, die Vorhal- tung und Ausstattung von Intensiv- und Aufwachstatio- nen sowie die unterschiedlichen Vorhalteleistungen ope- rativer und nichtoperativer Fächer (z. B. Unfallversorgung einschl. Rettungshubschrauber und Notarztwagen).

Diese Faktoren bilden für die Krankenhäuser höchst unterschiedliche Ausgangsgrundlagen bei ihrer Leistungs- erbringung. Auf diese Aspekte haben die Institute zwar in ihrem Gutachten hingewiesen, sie aber in ihren Auswir- kungen nicht analysieren können. Erforderlich ist deshalb eine krankenhausindividuelle Berücksichtigung der Vor- haltekosten. Die Krankenhäuser können zur rationelleren Gestaltung ihrer Betriebsabläufe weder in eigener Regie den Bauzustand ändern, noch können sie — ohne die er- forderliche Versorgung einer Region mit Krankenhauslei- stungen zu gefährden — aus der Vorhaltung „teurer"

Leistungen ausscheiden. Angesichts dieses breitgefächer- ten Spektrums von Einflußfaktoren werden — anders als bei Sonderentgelten — auch unter der Voraussetzung langfristiger Analysen Zu- und Abschläge für Fallpauscha- len kaum zutreffend kalkuliert werden können.

Qualitätssicherung unverzichtbar

Die unter maßgeblicher Beteiligung und Mitarbeit der Ärzteschaft seit vielen Jahren in der Praxis zur Anwen- dung gelangenden Qualitätssicherungsprogramme sind eine unverzichtbare Grundlage für das durch den Verord- nungsentwurf vorgesehene neue Vergütungssystem. Durch differenzierte Qualitätssicherungsverfahren muß der mit der Leistungsvergütung durch Fallpauschalen — und ein- geschränkt auch durch Sonderentgelte — verbundenen

„Gefahr" einer Ausweitung oder auch einer Einschränkung der Zahl der erbrachten Leistungen entgegengewirkt wer- den. Ebenso müssen der von diesen Vergütungsformen ausgehende Anreiz zur Leistungsspezialisierung und die Gefahr einer Risikoselektion sowie eine hiermit ggf. ein- hergehende Konzentration von Leistungsangeboten über die Krankenhausplanung der Länder eingegrenzt werden, damit keine Nachteile in bezug auf die „räumliche Er- reichbarkeit" von Krankenhausleistungen bzw. einer bür- gernahen Versorgung durch die Ausgrenzung medizinisch Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994 (59) A-1533

(3)

DOKUMENTATION

erforderlicher, aber weniger „lukrativer" Leistungen ent- stehen können.

Ein Krankenhaus darf daher weder durch zu knapp bemessene Leistungsvergütungen gezwungen werden, noch durch „Gewinnaussichten" dazu verleitet werden, den aus ärztlich-medizinischer Sicht notwendigen Quali- tätsstandard sowohl im Sachmitteleinsatz als auch bei der Personalbesetzung zu unterschreiten. Ausgeschlossen wer- den muß, daß ein Krankenhausseine Leistung ständig mit einer geringeren Zahl von Ärzten oder Pflegekräften er- bringt, als es unter Qualitätsgesichtspunkten erforderlich ist. Zu bemängeln ist, daß unter diesen Gesichtspunkten die wissenschaftlichen Institute keine detaillierten Unter- suchungen hinsichtlich der Quantität und Qualität des Per- sonal- und Sachmitteleinsatzes (z. B. Zahl des eingesetz- ten Personals, Facharztstandard, Implantate-Beschaffen- heit usw.) vorgenommen haben. Es ist daher unabding- bar, mit der Einführung dieser neuen Entgeltformen die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung differenzierter Quali- tätssicherungsverfahren zu forcieren.

Mehrjährige Begleitforschung und Überprüfung erforderlich

Vor dem Hintergrund der zur „Qualität" der Daten- erhebung bei der Kalkulation von Sonderentgelten und Fallpauschalen angeführten Kritik ist es unbedingt erfor- derlich, die Einführung des neuen Vergütungsrechts ab 1. 1. 1995 bzw. 1. 1. 1996 mit einer breit angelegten, mehrjährigen Begleitforschung zu verbinden. Die Ergeb- nisse müssen Grundlage für eine spätere „politische Über- prüfung" sowohl der Definition als auch der Bewertung von Fallpauschalen und Sonderentgelten sein. Einzubezie- hen sind auch mögliche Elemente der Fehlsteuerung da- durch, daß der Verordnungsentwurf den Krankenhäusern in bezug auf vergleichbare Leistungen Vergütungen über Fallpauschalen und Sonderentgelte zugesteht, die z. T. beträchtlich über dem Vergütungsniveau entspre- chender Leistungen in der ambulanten Versorgung liegen.

Um Fehlsteuerungen zwischen dem ambulanten und sta- tionären Versorgungsbereich zu vermeiden, müssen hier in bezug auf sowohl ambulant als auch stationär erbringbare Leistungen entweder diese aus der gesonderten Vergü- tungsform nach der Bundespflegesatzverordnung heraus- genommen oder die entsprechenden Vergütungen im Be- reich der ambulanten Versorgung dem durch die Höhe der Fallpauschalen und Sonderentgelte vorgegebenen Niveau angepaßt werden.

Festlegung des Versorgungsauftrages der Krankenhäuser nicht ohne zuständige Landesbehörden

Durch die nach dem Verordnungsentwurf vorgese- henen ergänzenden Vereinbarungen der Vertragsparteien über Leistungsstrukturen und deren Entwicklung zur Fest- legung des zukünftig erhebliche Bedeutung gewinnenden Versorgungsauftrages darf die gesetzlich nach wie vor ver- ankerte Letztverantwortung der Länder für die Kranken- hausplanung nicht ausgehöhlt werden. Derartige ergän-

97. DEUTSCHER ÄRZTETAG

zende Vereinbarungen müssen daher unter den Genehmi- gungsvorbehalt der zuständigen Landesbehörde gestellt werden.

Grundsatz der Beitragssatzstabilität beachten Der Verordnungsentwurf zielt in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 17 Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz auf die Beach- tung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität bei der Vereinbarung der Höhe des Budgets sowie der Höhe der Fallpauschalen und Sonderentgelte ab. Der Entwurf stellt klar, daß dieser Grundsatz keine starre Begrenzung der Leistungsvergütungen darstellt, sondern vielmehr Über- schreitungen dann möglich sein sollen, „wenn sonst die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung nicht gewährleistet wäre" (Fallpauschalen — Sonder- entgelte) bzw. „wenn sonst die Vereinbarung eines medi- zinisch leistungsgerechten Budgets ... für die zur Erfül- lung des Versorgungsauftrags ausreichenden und zweck- mäßigen Leistungen nicht möglich wäre" (Budget). Die an diese Überschreitungsmöglichkeiten geknüpften Bedin- gungen dürfen sich jedoch in der Praxis nicht als leerlau- fende Ausnahmebestimmungen insoweit erweisen, als hier dem einzelnen Krankenhaus die Pflicht kaum erbringbarer

Beweise auferlegt wird.

Regierungsentwurf zur Bundespflegesatzverordnung

„Der vom Bundeskabinett nunmehr verabschiede- te Entwurf einer Verordnung zur Neuordnung des Pflege- satzrechts (Bundespflegesatzverordnung 1995) soll we- sentliche Vorgaben des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) zur Veränderung des Entgeltsystems der Kranken- häuser umsetzen. Anzuerkennen ist, daß einige Kritik- punkte der Beteiligten im Krankenhauswesen berücksich- tigt wurden und der Regierungsentwurf im Vergleich zum Referentenentwurf entsprechende Änderungen aufweist.

Dies gilt insbesondere für die Regelungen

— zum landesweit angelegten Krankenhausver- gleich,

— zum Weiterbestand der sog. Wahlleistungs- kette sowie

— zur Begründungspflicht bei Zuschlägen für Sonderentgelte und Fallpauschalen.

Die bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfah- rens zum GSG geäußerten grundsätzlichen Bedenken ge- genüber der Einführung von Fallpauschalen, die in einer gemeinsamen Stellungnahme mit der Bundesärztekam- mer und den übrigen Verbänden des Krankenhauswesens konkretisiert wurden, bleiben dagegen unverändert be- stehen. Im einzelnen richtet sich die Kritik auch auf die Kalkulationsgrundlagen. Aus ärztlicher Sicht nach wie vor völlig unbefriedigend ist das Faktum einer völlig unkorri- gierten Übernahme von Ist-Kosten für ärztliches Perso- nal. Damit werden die bereits seit Jahren beklagten un- zureichenden Stellenpläne bzw. das erhebliche Maß an unbezahlter Mehrarbeit auch zukünftig fortgeschrieben.

Angesichts der weitreichenden Bedeutung dieser Verordnung sowie ihres einmaligen Experimentiercharak- ters hält der 97. Deutsche Ärztetag eine mehrjährige qualifizierte wissenschaftliche Begleitforschung für unab- dingbar. Dabei sind auch die Auswirkungen von Fallpau- schalen und Sonderentgelten auf Qualität und Praktika- bilität der Aus- und Weiterbildung von Ärzten zu unter- suchen.

Darüber hinaus fordert der 97. Deutsche Ärztetag, Qualitätssicherungsprogramme zu entwickeln bzw. wei- terzuentwickeln, die sicherstellen, daß Krankenhäuser den aus ärztlich-medizinischer Sicht notwendigen Quali- tätsstandard aus ökonomischen Gründen nicht unter- schreiten. Dies betrifft sowohl den Sachkosten- als auch den Personalbereich. Die bislang vorgelegten Kalkulatio- nen der Fallpauschalen und Sonderentgelte lassen de- taillierte Aussagen zur Quantität und Qualität des Perso- nal- und Sachmitteleinsatzes (z.B. Zahl des eingesetzten Personals, Facharztstandard, Implantate-Beschaffenheit) vermissen. Werden im Krankenhaus Bildungsaufgaben wahrgenommen, beeinflußt dies notwendigerweise die Zahl der bei den einzelnen Leistungen eingesetzten Per- sonen — auch dies ist zu berücksichtigen."

Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus

„Der Deutsche Ärztetag stellt fest, daß die Verein- barungen zwischen den Krankenkassen und der Deut- schen Krankenhausgesellschaft über vor- und nachstatio- näre Behandlungen im Krankenhaus nach § 115 a SGB V Wettbewerbsverzerrungen zwischen dem stationären und ambulanten Versorgungsbereich verursachen, den Leistungsbezug dieser Behandlungsformen minimieren und Unwirtschaftlichkeit fördern. Eine fallbezogene Pau- schale in Höhe des 1,8-fachen Pflegesatzes für die vor- stationäre Behandlung und eine tagesbezogene Pau- schale in Höhe des 0,6-fachen Pflegesatzes für die nach- stationäre Behandlung sind mit dem geforderten Wirt- schaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversiche- rung unvereinbar.

Der Deutsche Ärztetag fordert die Vertragspartner auf, Vergütungen zu vereinbaren, die finanzielle Un- gleichgewichte zwischen dem ambulanten und stationä- ren Bereich vermeiden und Wirtschaftlichkeit unterstüt-

zen."

GKV-Anpassungsgesetz

„Der Deutsche Ärztetag fordert den Deutschen Bundestag auf, im gegenwärtigen Gesetzesverfahren zum GKV-Anpassungsgesetz für Krankenhäuser, die als Schwerpunkte für AIDS-Kranke ausgewiesen sind, für die nachgewiesenen Kosten die Möglichkeit der Erstattung zu schaffen. Diese Regelung soll während der Dauer einer generellen Budgetierung gelten.

Für an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligte Ärzte, die AIDS-Kranke behandeln, ist zum Ausgleich der A-1534 (60) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994

(4)

besonderen zeitlichen, personellen und wirtschaftlichen Belastungen eine zusätzliche Vergütung vorzusehen."

Begründung

Die ambulante Versorgung HIV-Infizierter und AIDS-Kranker hat sich in den letzten Jahren verbessert, so daß in den Krankenhäusern zunehmend schwerkranke Patienten mit einer Vielzahl behandelbarer Komplikatio- nen wie zentralnervöser Befall, Augenbeteiligung mit oft konsekutiver Erblindung, Mykobakteriosen, Mykosen und Neoplasien behandelt werden müssen.

Neue Therapiekonzepte und/oder Medikamente, dadurch bedingte Verbesserungen therapeutischer Mög- lichkeiten haben erfreulicherweise in vielen Krankheits- verläufen das Schicksal der betroffenen Patienten ent- scheidend verändert und lebenswertes Leben ermöglicht, sie haben aber auch zu immensen Kostensteigerungen insbesondere im Bereich Medikamente geführt. Diese Ko- stensteigerungen können in bereits seit Jahren sparsam wirtschaftenden Krankenhäusern durch nur im politischen Raum behauptete, real nicht existente Rationalisierungs- reserven nicht kompensiert werden.

Die Zahl der in Schwerpunktkrankenhäusern be- treuungspflichtigen AIDS-Kranken wird zunehmen. Die mit dieser Aufgabe betrauten Krankenhäuser haben im Rahmen ärztlich vertretbaren Handelns keine Möglich- keit, durch das Vorenthalten notwendiger Therapien ihre Kosten zu senken, so daß sie ohne zusätzliche Mittel ge- zwungen werden, die Zahl der von ihnen betreuten Pa-

tienten zu begrenzen. ❑

Belegärztliche Tätigkeit

„Belegärztliche Tätigkeit spielt, neben anderen Kooperationsformen, auch in der Zukunft eine wichtige Rolle in der Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung. Es sollen deshalb in modernen Kranken- hausstrukturen in verstärktem Maße auch Belegärzte tä- tig werden. Vor allem für Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung sowie für Organfachabteilungen bietet das kooperative Belegarztsystem eine wünschenswerte und effektive Patientenversorgung." ❑

Stationäre psychiatrische Versorgung in den neuen

Bundesländern

„Die Psychiatrie-Enquöte von 1975 stellte einen großen Nachholbedarf für die Modernisierung der statio- nären psychiatrischen Versorgung fest. In der Folgezeit sind gravierende bauliche Defizite verringert und der Ver- sorgungsstandard dem westeuropäischem Niveau ange- nähert worden.

Auf dem Weg mit dem Ziel der Gleichstellung psychiatrisch Kranker, Suchtkranker und psychisch Be- hinderter im Vergleich mit somatisch Kranken sind in den alten Bundesländern in den vergangenen 15 Jahren gro- ße Fortschritte erzielt worden.

Jetzt kommt es darauf an, die festgestellten schwerwiegenden baulichen Defizite in der stationären psychiatrischen Versorgung der neuen Bundesländer vor- rangig abzustellen.

Nur so kann dort eine menschenwürdige und fachlich zeitgemäße stationäre Betreuung und Versor-

gung erreicht werden." ❑

Qualitätssicherung und -management in der Medizin

„Die Qualitätssicherung in der Medizin will den hohen Stand der medizinischen Versorgung der Gesell- schaft gegenüber darlegen.

1.)Allgemein anerkannte Methoden zu Qualitäts- sicherung und -management können im Gesundheitswe- sen eingesetzt werden, wenn sie der besonderen Bezie- hung zwischen Patient und Arzt Rechnung tragen.

2.) Die Vertraulichkeit der Beziehung zwischen Patient und Arzt ist zu gewährleisten. Bei der Verarbei- tung von Informationen für Qualitätssicherung muß das Patientengeheimnis gewahrt werden.

3.)Sicherung und Fortentwicklung der Qualität in der Medizin erfordern das Mitwirken der Ärzteschaft bei der Arbeit an neuen Konzepten der Gesundheitsversor- gung und ihrer Verwirklichung. Ganz besonders gilt dies für das Entwickeln und Umsetzen von Qualitätssiche- rungssystemen.

4.) Die wissenschaftliche Analyse der ärztlichen Dokumentation und die Erkenntnisse aus den erprobten Qualitätssicherungsprojekten bilden die Grundlage der Weiterentwicklung.

5.)Das Sichern der Qualität der ärztlichen Berufs- ausübung ist eine der wesentlichen Aufgaben der Ärzte- schaft. Die ärztliche Selbstverwaltung unterstützt beim Umsetzen der Erkenntnisse aus der Qualitätssicherung alle Ärztinnen und Ärzte in Praxis und Klinik.

6.) Das Sichern der erreichten Qualität des Ge- sundheitswesens — wie auch das Verwirklichen eines Qualitätssicherungssystems — ist nur möglich, wenn die erforderlichen ausreichenden und angemessenen Mit- tel bereitgestellt werden.

7.) Qualitätssicherung ermöglicht das Bewerten der unterschiedlichen Vorstellungen und Wünsche der Bevölkerung, der Krankenkassen und der Leistungsträger im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zum Um- fang und zu den Aufwendungen für das Gesundheitssy- stem. Die Auswirkungen abgeänderter Grundlagen für das Gesundheitssystem auf die Patientenversorgung müssen zum Schutz der Patienten mit Hilfe der Quali- tätssicherung dargelegt werden.

8.) Veränderungen im Gesundheitswesen können mit Hilfe der Qualitätssicherung bewertet werden. Quali- tätssicherung ist damit ein Gradmesser des Fortschritts.

9.)Die Analyse von Qualitätssicherungs-Ergebnis- sen kann dazu beitragen, eine kostentreibende Defensiv- medizin zu verhindern, und erlaubt ein realistisches Ein- schätzen der Möglichkeiten der Medizin.

10.)Qualitätssicherung ist nicht alles — aber ohne Qualitätssicherung ist eine verantwortungsvolle Fortentwicklung des Gesundheitswesens nicht denkbar."

Qualitätssicherung

„Mit Nachdruck werden Maßnahmen zur Quali- tätssicherung begrüßt. Insbesondere auf dem Gebiet der Struktur-, Prozeß- und Ergebnisqualität sollen durch ge- eignete Maßnahmen die Aus-, Weiter- und Fortbildung verbessert und ausgebaut werden.

Der Vorstand der Bundesärztekammer wird aufge- fordert, Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Quali- tätssicherung zu unterstützen (ideell und materiell).

Durch Maßnahmen zur Verbesserung ärztlicher Qualität wird eine kritische, das Wohl des Patienten be- rücksichtigende, seine Lebens- und Arbeitsbedingungen einbeziehende Behandlung zu erreichen sein."

Zertifikate

„Der Vorstand und die Geschäftsführung der Bun- desärztekammer werden beauftragt, zum 98. Deutschen Ärztetag ein Konzept vorzubereiten, welches die kontinu- ierliche Teilnahme an Qualitätssicherungs- und Manage- mentprojekten unter Beteiligung der Ärztekammern (ge- mäß EN 29.004, der Vorgaben des SGB V sowie der entsprechenden Gesetze der Bundesländer) durch Zertifi- kate anerkannt, die entsprechend der Muster-Berufsord-

nung geführt werden."

Qualitätssicherung beim ambulanten Operieren

„Der 97. Deutsche Ärztetag fordert die Spitzenver- bände der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausge- sellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf, nunmehr zügig die ergänzenden Vereinbarungen zum Vertrag nach § 115 b (1) SGB V — Qualitätssi- cherung ambulanter Operationen — abzuschließen.

Der 97. Deutsche Ärztetag fordert die o.g. Ver- tragspartner weiterhin auf, bereits bei den Ärztekammern existierende Organisationsstrukturen und Verfahren auch bei der ergänzenden Vereinbarung nach § 115 b SGB V zu berücksichtigen. Die auf berufsrechtlicher Grundlage und gemäß § 137 SGB V für die Qualitätssicherung im stationären Bereich bei den Ärztekammern etablierten Strukturen können den technischen, organisatorischen und personellen Aufwand auf das notwendige Maß be- schränken. Auch hinkünftig ist darauf zu dringen, bereits existierende Strukturen entsprechend dem Bedarf auszu- bauen und dort, wo diese noch nicht existieren, sie auf berufsrechtlicher Grundlage bei den Ärztekammern um- gehend einzurichten.

Ferner sollte auch eine Konvergenz zwischen den auf dem Berufsrecht basierenden und von der Bundes- A-1536 (62) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994

(5)

DOKUMENTATION

ärztekammer beschlossenen „Richtlinien der Bundesärz- tekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operatio- nen bzw. endoskopischer Eingriffe" und der ergänzenden Vereinbarung zum Vertrag nach § 115 (b) SGB V ge-

sucht werden."

Keine privaten

Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung

„Der Deutsche Ärztetag fordert den Deutschen Bundestag auf, im Rahmen der Beratungen zur 5. No- velle des Arzneimittelgesetzes Vorschläge aus den Reihen der Koalitions-Fraktionen im Ausschuß für Gesundheit des Deutschen Bundestages abzulehnen, für die rechtli- che und ethische Prüfung der klinischen Erprobung von Arzneimitteln am Menschen auch Ethikkommissionen in beliebiger Trägerschaft zuzulassen und von den öffent- lich-rechtlichen Ethikkommissionen der Landesärztekam- mern und der Medizinischen Fakultäten eine Registrie- rung beim Bundesgesundheitsamt aufgrund von gesetzli- chen Vorgaben im AMG als Bedingung für eine Anrufung zu verlangen."

Begründung

Die Koalitions-Fraktionen im Deutschen Bundes- tag haben im Ausschuß für Gesundheit des Deutschen Bundestags einen Antrag zur Diskussion gestellt, der die klinische Prüfung von Arzneimitteln am Menschen an ein vorausgehendes Votum einer bei der zuständigen Bun- desoberbehörde — dies ist das Bundesgesundheitsamt oder seine Nachfolgebehörde — registrierten unabhän- gigen Ethikkommission binden soll, welche die rechtli- chen und ethischen Voraussetzungen zu prüfen hat. Der Vorschlag schließt ein, daß auch private Ethikkommissio- nen, die in der Rechtsträgerschaft von Unternehmen oder Privatpersonen stehen, zu registrieren sind.

Jeder Arzt hat die Berufspflicht, sich vor der Durchführung klinischer Versuche am Menschen durch ei- ne von der Landesärztekammer gebildete oder bei den Medizinischen Fakultäten eingerichtete Ethikkommission über die damit verbundenen berufsrechtlichen und be- rufsethischen Fragen beraten zu lassen. Dies ist Bestand- teil der Berufsordnung. Die von den Landesärztekam- mern und Medizinischen Fakultäten auf der Grundlage der Helsinki-Deklaration des Weltärztebundes gebildeten öffentlich-rechtlich organisierten und unabhängigen Ethikkommissionen erfüllen effektiv die notwendigen Schutzfunktionen, nämlich den Patienten oder Proban- den, aber auch die Ärzteschaft und Öffentlichkeit vor den Folgen ethisch und rechtlich bedenklicher Forschungen zu bewahren. Auch die klinische Prüfung von Arzneimitteln am Menschen ist medizinische Forschung, deren ethische Beurteilung in die Zuständigkeit dieser Ethikkommissio- nen fällt.

In dieses bewährte Sytem öffentlich-rechtlich or- ganisierter Ethikkommissionen greift der Voschlag der

97. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Koalitions-Fraktionen ein. Die Zulassung von ohne Zu- ständigkeitsbezug bundesweit tätigen oder auch auslän- dischen privaten Ethikkommissionen durch eine Regi- strierung bei dem ohnehin überlasteten Bundesgesund- heitsamt (oder seiner Nachfolgebehörde) führt zu einem

„Ethik-Shopping" welches die öffentlich-rechtliche Schutzpflicht der Landesärztekammern und der Universi- täten im Bereich der medizinischen Forschung tangiert.

Die Berufspflicht der Ärzte zur Anrufung der Ethikkom- missionen wird bundesrechtlich ausgehebelt. Die Unter- werfung der landesrechtlich gebildeten öffentlich-rechtli- chen Ethikkommissionen der Landesärztekammern und der Medizinischen Fakultäten unter eine Registrierungs- pflicht beim Bundesgesundheitsamt mit entsprechender Prüfung ihrer aufgrund der verliehenen Rechtsautonomie gebildeten Statuten ist ein Affront gegen die jahrelang bewährte Erfüllung ihrer Aufgaben. Darüber hinaus sind diese Regelungen verfassungswidrig, weil sie Eingriffe in die aufgrund der Länderzuständigkeit verliehene Sat- zungsautonomie der Landesärztekammern und in die Autonomie der Universitäten darstellen. Sie sind in der Sache völlig verfehlt.

Der gleichsam handstreichartige Versuch, der von interessierter Seite schon seit Jahren ins Spiel gebrachten

„Privatisierung" der ethischen Beratung zum Durchbruch zu verhelfen, wird von der Ärzteschaft entschieden zu- rückgewiesen.

Der Deutsche Ärztetag steht einer Regelung, wel- che im Arzneimittelgesetz die Durchführung der klini- schen Prüfung von Arzneimitteln am Menschen von dem vorherigen Votum einer Ethikkommission abhängig macht, aufgeschlossen gegenüber. Er verlangt jedoch, daß insoweit auf die ethische Beratung der nach Landes- recht gebildeten öffentlich-rechtlichen Ethikkommissionen bei den Landesärztekammern und Medizinischen Fakul-

täten Bezug genommen wird.

AMG-Informationsbeauftragter

„Der Deutsche Ärztetag wiederholt seine Entschlie- ßung vom 96. Deutschen Ärztetag in Dresden (V-45), daß die wissenschaftliche Information über die Grundla- gen der Anwendung von Arzneimitteln in die Hände da- für qualifizierter Ärzte gehört."

Begründung

Im Entwurf der 5. Novelle zum Arzneimittelgesetz vom 21.12.1993 können die Aufgaben eines Informati- onsbeauftragten bei der pharmazeutischen Industrie auch weiterhin neben Ärzten auch Veterinärmediziner, Phar- mazeuten, Chemiker und Biologen wahrnehmen.

Einschränkung der ärztlichen Dosierungsempfehlungen

„Der Zusatz ,soweit nicht anders verordnet" in den Dosierungsanleitungen der Packungsbeilage (11 AMG alt, geändert im Entwurf der 5. Arzneimittelgesetz- Novelle vom 21.12.1993) muß wieder in die Gesetzno- velle aufgenommen werden, um auch in Zukunft ärztli- ches Verordnen praxis- und patientengerecht zu ermögli- chen."

Begründung

Der Zusatz „soweit nicht anders verordnet" hat in der Vergangenheit den Ärzten situationsgerechtes Han- deln ermöglicht: die Dosierungsempfehlungen der Her- steller waren oft zu hoch (z.B. bei ACE-Hemmern, bei Thiazid-Diuretika) und entsprachen nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Auf der anderen Seite waren Ärzte in besonderen Situationen gezwungen, die empfohlenen Dosierungen der Hersteller zu überschreiten.

Der Wegfall des Zusatzes führt zu unnötigen Dis- kussionen mit Patienten und entläßt die Hersteller aus ihrer Verantwortung für ihr Präparat, wenn der Arzt die starren Dosierungsanleitungen aus medizinischen Grün- den überschreitet. 111

AMG-Sachverständige beim BGA

„Wie vom Bundesrat gefordert, sollen die in die Gremien des Bundesgesundheitsamtes berufenen Sach- verständigen alle indirekten Interessen offenlegen, die mit der pharmazeutischen Industrie in Zusammenhang stehen können."

Begründung

Die vom Bundesminister für Gesundheit geplante Aufwertung der Tätigkeit von Sachverständigen in den Aufbereitungskommissionen und die anderer unabhängi- ger Sachverständiger bei der Nachzulassung von sog.

„Altarzneimitteln" machen die vom Bundesrat erhobene Forderung nötiger als zuvor. Die Bundesregierung will diese Forderung des Bundesrates zwar „prüfen", Vertre- ter der pharmazeutischen Industrie haben aber auf der öffentlichen Sachverständigen-Anhörung vom 2. 3. 1994 bereits lautstark dagegen protestiert und von einer „Dis- kriminierung" gesprochen. Dies ist nicht nachzuvollzie- hen, denn in anderen Ländern ist die Praxis eines „glä- sernen Sachverständigen" bereits seit langem üblich. ❑

Fortsetzung >

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994 (63) A-1537

(6)

AMG-Packungsbeilage

„Der Gesetzgeber soll endlich der in der Vergan- genheit wiederholt vorgetragenen Forderung der Ärzte Rechnung tragen und durch eine Gesetzesänderung die Packungsbeilage patientengerechter gestalten. Dazu ge- hören nicht nur verständlichere Texte und eine gut lesba- re Schriftgröße, sondern auch übereinstimmende Texte wirkstoffidentischer Präparate und ständige Aktualisie- rungen."

Begründung

Die Einführung einer einfacheren patienten- freundlicheren Gestaltung der Packungsbeilage und ei- ner entsprechend detaillierten Fachinformation scheitern z. Zt. an einer rechtlichen „Rangordnung": Die Fachin- formation (§ 11 a AMG) ist der Packungsbeilage (§ 11 AMG) nachgeordnet. Die Packungsbeilage muß daher alle gesetzlichen Zulassungsbedingungen und Pflichtan- gaben enthalten.

Unterschiedliche Angaben in der Packungsbeilage verschiedener wirkstoffidentischer Präparate haben in der Vergangenheit zu Irritationen bei Arzt und Patient ge- führt.

Die Fristen zur Aktualisierung der Texte von Pak- kungsbeilagen müssen so kurz wie möglich sein, um mit dem sich ständig ändernden Stand der medizinischen Er- kenntnisse Schritt zu halten. Zur Zeit können Packungs- beilagen bis zu 5 Jahre alt sein. ❑

Fachinformationen der Pharmaberater

„Der Pharmaberater soll auch weiterhin dem Arzt automatisch eine Fachinformation der von ihm beworbe- nen Arzneimittel zur Verfügung stellen."

Begründung

Im Entwurf zur 5. Novelle zum Arzneimittelgesetz vom 21.12.1993 wird der Ausdruck „zur Verfügung stel- len" ersetzt durch „vorzulegen". Die kurze „Vorlage" der Fachinformation ermöglicht es dem Arzt nicht mehr, zu einem späteren Zeitpunkt die Aussagen des Beraters noch einmal nachzulesen. Auch bei einer Verordnung des Präparates hat er keinen schnellen Zugriff zu relevanten Informationen über dieses Arzneimittel und muß gegebe- nenfalls die Fachinformation über den „Fachinformati- onsservice" zeitaufwendig abrufen. ❑

Pharmaceutical Care

„Die Frage eines etwaigen Dispensierrechtes für Ärzte nahm breiten Raum bei der Debatte um das Blaue Papier der Deutschen Ärzteschaft ein.

Bewußt wurde von einer Annahme eines entspre- chenden Antrags mit großer Mehrheit Abstand genom- men.

Mit großem Nachdruck lehnt der Deutsche Ärzte- tag die Versuche von Teilen der Apothekerschaft ab, durch Aktionen wie z.B. Optimierung der Arzneitherapie durch „Pharmaceutical Care" in eindeutig ärztliche Be-

rufsfelder einzudringen." ❑

Berufsbild Apotheker

„Die Deutsche Ärzteschaft fordert die Apotheker nachdrücklich auf, bei Neudefinierung und Weiterent- wicklung ihres Berufsbildes ihre Tätigkeit nicht in Rich- tung ärztlicher Berufsfelder auszuweiten. Dies muß die traditionell gewachsene Kooperation beider Berufsstände belasten und kann von der Ärzteschaft nicht reaktionslos hingenommen werden.

Prävention und sogenannte Bagatellmedizin, aber auch ärztlich zu leistende Medikationsberatung (z.B.

„Pharmaceutical Care") gehören zu diesen dem Ärzte- stand zugehörigen Berufsfeldern."

Begründung

Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung, die Nicht-Teilbarkeit der Verantwortung in der Medikati- onsberatung, aber auch zunehmende Arbeitslosigkeit be- sonders der nachrückenden Ärztegeneration machen es erforderlich, diese Forderung mit aller Deutlichkeit zu er-

heben. ❑

Arbeitszeitrechtsgesetz

„Der 97. Deutsche Ärztetag kritisiert, daß die Krankenhäuser aus dem Arbeitszeitrechtsgesetz bis ein- schließlich 1996 ausgenommen sind, und fordert den Gesetzgeber auf, den Arbeitszeitschutz auch für Ärzte und Pflegepersonal an den Krankenhäusern mit sofortiger Wirkung einzuführen und als Voraussetzung für ein Wei- terarbeiten am nächsten Tag eine zusammenhängende Zeit von mindestens sechs Stunden ohne Heranziehung zur Arbeit während des Bereitschaftsdienstes oder der Rufbereitschaft festzulegen." ❑

Liquidationsverhalten

„Der Deutsche Ärztetag appelliert an die Kollegen- schaft, bei der Privatliquidation bei Kolleginnen und Kol- legen den Grundsatz der Angemessenheit besonders zu

beachten." ❑

Aufhebung des Ortsabschlages von 75 Prozent bei der

Honorierung ärztlicher Leistungen nach GOA

„Der 97. Deutsche Ärztetag fordert den Vorstand der BÄK auf, sich dafür einzusetzen, daß zum baldmögli- chen Zeitpunkt die Minderbewertung ärztlicher Leistun-

gen für Ärzte in den neuen Bundesländern aufgeho- ben wird. Zur Zeit erfolgt eine Vergütung von 75 Pro- zent gegenüber den alten Bundesländern bei der An-

wendung der GOÄ."

Medizinischer Dienst

„Der Deutsche Ärztetag fordert, daß die Funktion des Leiters eines Medizinischen Dienstes der Krankenkas- sen stets von einem berufserfahrenen, weitergebildeten Arzt wahrgenommen werden muß. Der leitende Arzt soll- te vom Verwaltungsrat berufen und den Mitgliedern der Geschäftsführung gleichgestellt sein. Die entsprechenden Bestimmungen des SGB V bedürfen einer Änderung."❑

Arbeitszeitrechtsgesetz

„Das neue Arbeitszeitrechtsgesetz (ArbZRG) setzt die Diskriminierung angestellter Ärztinnen und Ärzte fort.

Bis in das Jahr 1996 sind Krankenhausärztinnen und -ärzte weiterhin von „menschenwürdigen und der menschlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeits- bedingungen" (BAG-Urteil vom 24.2.1982) ausge- schlossen.

Formulierungen wie „der Bereitschaftsdienst ist grundsätzlich frei von Arbeit" oder die prinzipielle Wer- tung von Bereitschafts- und Rufdienst als Ruhezeit offen- baren ein erschreckendes Maß an Unkenntnis über den Alltag in den Krankenhäusern.

Unter den gestiegenen Belastungen führt dies zu einem schrittweisen Qualitätsverlust in der medizinischen Versorgung.

Der 97. Deutsche Ärztetag fordert die Bundesre- gierung auf,

— das neue Arbeitszeitrechtsgesetz unverzüglich zu novellieren. Die deutsche Ärzteschaft ist dafür sinnvol- len und flexiblen Arbeitszeitregelungen aufgeschlossen, sofern sie patienten- und mitarbeitergerecht sind.

— unverzüglich für eine ausreichende quantitati- ve und qualitative Personalausstattung im ärztlichen Be- reich in Krankenhäusern zu sorgen, um einen Qualitäts-

verlust zu vermeiden." ❑

Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt gemäß § 4

Asylbewerberleistungsgesetz

„Der Deutsche Ärztetag lehnt die Einschränkung der Behandlungsmöglichkeiten für Asylsuchende gemäß

§ 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes (Bundesgesetz- blatt Nr. 33, Seite 1 075) ab.

Bereits im § 120 des Bundessozialhilfegesetzes wurde die Krankenhilfe für Ausländer stark eingeschränkt (nur zur Behebung eines akut lebensbedrohlichen Zu- standes oder für eine unaufschiebbare und unabweisbar gebotene Behandlung einer schweren oder ansteckenden Erkrankung).

A-1538 (64) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994

(7)

DOKUMENTATION

Nunmehr wird die Zweiteilung der über die Sozi- alhilfe vergütungsfähigen Leistungen dahingehend fort- geschrieben, daß nur zur Behandlung akuter Erkrankun- gen und Schmerzzustände Leistungen zu gewähren sind.

Diese rechtlichen Vorgaben sind mit der ärztlichen Berufsethik nicht vereinbar. Der Deutsche Ärztetag fordert den Bundestag und die Bundesregierung auf, den recht- lichen Rahmen für die Gesundheitssicherung von Migran- tinnen und Migranten zeitgemäß zu gestalten." III

Asylbewerberleistungsgesetz

„Der 97. Deutsche Ärztetag lehnt den § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbIG) entschieden ab und fordert das zuständige Innenministerium auf, die darin festgelegte Einschränkung des medizinischen Lei- stungsumfangs für Asylbewerber zurückzunehmen, da dieser Paragraph eindeutig gegen unsere Berufsordnung verstößt."

Begründung

— In diesem Paragraphen wird festgelegt, daß die den Asylbewerbern zu gewährenden Leistungen nur die Behandlung akuter Erkrankungen, die eine sofortige Behandlung erfordern, oder die akute Verschlechterung einer chronischen Erkrankung bzw. deren Eintritt in ein kritisches Stadium umfassen. Bestehende chronische Er- krankungen dürfen somit nicht mehr behandelt werden.

— Das AsylbIG verpflichtet die Ärztinnen und Ärzte zum Verstoß gegen die Berufsordnung und gegen das Gelöbnis, alle Menschen gleich nach ausschließlich medizinischen Gesichtspunkten zu behandeln.

Das Gesetz fordert von uns, Patienten zu selektie- ren in solche, die wir nicht behandeln oder bei denen wir Flickschusterei betreiben sollen. Statt zu Verbündeten unserer Patienten bei der Erhaltung und Wiederherstel- lung ihrer Gesundheit sollen wir zu Verbündeten bei der Abschreckung von in Not geratenen Menschen werden.

Außerdem sollen wir unsere Kompetenz und fachliche Entscheidungsfähigkeit an Behörden abtreten.

— Wenn wir dieses Gesetz so akzeptieren, öffnen wir der Ausgrenzung immer neuer Patientengruppen aus der medizinischen Versorgung Tür und Tor. ❑

Psychotherapeutengesetz

„Der 97. Deutsche Ärztetag unterstützt grundsätz- lich das Gesetzgebungsverfahren zur Einführung eines Berufes „Psychologischer Psychotherapeut". Die Ärzte- schaft fordert von den politisch Verantwortlichen, den Ge- setzestext dort zu präzisieren, wo unmittelbar die Sicher- heit und die Interessen der Patienten betroffen sind:

— Nach ärztlicher Diagnosestellung ist die Indi- kation zur psychotherapeutischen Behandlung durch ei- nen entsprechend weitergebildeten Arzt zu stellen. Dies ist um so dringlicher, da ein nach dem augenblicklichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis erstellter Indika- tionskatalog nicht mehr vorgesehen ist.

97. DEUTSCHER ÄRZTETAG

— Die Qualifikationsanforderungen an den Psy- chologischen Psychotherapeuten sind dahingehend zu er- weitern, daß zu der Schwerpunktausbildung in einem wissenschaftlich anerkannten Verfahren Grundkenntnisse in dem jeweils anderen festgeschrieben werden, wie dies analog in der ärztlichen Weiterbildungsordnung geregelt ist.

— Grundlage der Übergangsregelung müssen die Psychotherapie-Richtlinien des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen sein.

— Aus Gründen der Qualitätssicherung und der Verantwortung gegenüber dem und zum Schutze des Pa- tienten ist eine dreijährige, ganztägige Ausbildung mit Curriculum für dieses Berufsbild zu fordern. Davon ist ei- ne einjährige Ausbildung an einer psychiatrischen Klinik oder Abteilung ausdrücklich festzuschreiben.

— Eine Kostenbeteiligung des Patienten an der psychotherapeutischen Behandlung wird abgelehnt.

Eine solche würde nach jahrelangen Bemühungen um die Gleichstellung psychisch und somatisch Erkrankter eine Diskriminierung der betroffenen Patienten bedeu- ten.

— Dem im Gesetz vorgesehenen Konsiliarverfah- ren kann aus ärztlicher Sicht nicht zugestimmt werden, da die Behandlungsverantwortung bei dem ein Konsil Anfordernden liegt, der darüber entscheiden kann, ob er der Empfehlung des Konsiliars folgen will oder nicht. Die Folgen für den Patienten und für die dringend zu for- dernde und zu fördernde Kooperation zwischen Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten sind unabseh- bar.

Das Bundesministerium für Gesundheit und der Deutsche Bundestag werden aufgefordert, in ihren Bera- tungen und Entscheidungen im Sinne und zum Wohle der Patienten zu handeln und die Gesetzesvorlage inhalt- lich entsprechend zu korrigieren."

Begutachtung der Pflegebedürftigkeit

„Der 97. Deutsche Ärztetag fordert den Gesetzge- ber, die Spitzenverbände der Pflegeversicherung — die Träger der Pflegekassen — auf, bei den durch den Me- dizinischen Dienst der Krankenkassen wahrzunehmenden Begutachtungsaufgaben auf die Sach- und Fachkunde insbesondere der niedergelassenen Ärzte, die den Patien- ten und seine Lebensverhältnisse kennen, zurückzugrei- fen und entsprechend Begutachtungsaufgaben durch die- se wahrnehmen zu lassen. Interessenkonflikte können, wie die Modellerprobung in Hessen gezeigt hat, vermie- den werden."

Begründung

Im § 16 des Pflegeversicherungsgesetzes wird die Zuständigkeit des Medizinischen Dienstes der Kranken- kassen für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit veran- kert. Bisher ist allerdings noch nicht festgelegt, ob für die Begutachtung ausschließlich auf hauptamtlich beschäf-

tigtes Personal zurückgegriffen werden muß oder ob analog zu den Bestimmungen des § 279 (5) SGB V auch externe Gutachter vom Medizinischen Dienst mit der Feststellung der Pflegebedürftigkeit beauftragt werden können. Zu letzteren sind Empfehlungen des Medizini- schen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen beschlossen und vertragliche Regelungen, z.B. in Hessen, in Kraft gesetzt worden, die unter Wahrung der Zustän- digkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen für die förmliche Feststellung der Pflegebedürftigkeit die gutachterliche Tätigkeit auf viele, für diesen Zweck ei- gens geschulte Ärzte verteilen. Dieses Verfahren hat sich bewährt und sollte für das Pflegeversicherungsgesetz ebenfalls realisiert werden, zumal mit einer erheblichen Antragsflut nach Inkraftsetzen des Gesetzes zu rechnen ist. Angesichts einer niedrigen Budgetierung mit dem Ziel der Kostenbegrenzung ist eine Vergrößerung des Medizi- nischen Dienstes nicht zu vertreten. ❑

Rechtsschutz für

biotechnologische Erfindungen

„Der 97. Deutsche Ärztetag begrüßt den Bericht des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte des Europäi- schen Parlamentes, den Richtlinienentwurf des Rates über den Rechtsschutz für biotechnologische Erfindungen der EG-Kommission dahingehend zu präzisieren, daß weder der menschliche Körper noch Teile des menschli- chen Körpers — Gene und DNA-Sequenzen — paten- tierbar sind.

Der Deutsche Ärztetag fordert die politisch Verant- wortlichen auf, in den Beratungen und bei Beschlußfas- sung der Kommission des Rates darauf hinzuwirken, daß nicht nur die Patentierbarkeit von menschlichen Genen und Genabschnitten (Gen-Sequenzen) abgelehnt wird, sondern auch diejenigen Erfindungen auszuschließen, die gegen die Menschenwürde, die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoßen.

Die deutsche Ärzteschaft fordert die Bundesregie- rung auf, das nationale Patentrecht in diesem Bereich zu

präzisieren."

Finanzierung von Prävention und Gesundheitsförderung

„Im Rahmen des verstärkten Wettbewerbs zwi- schen Anbietern und Kostenträgern im Gesundheitssystem werden gerade präventive und gesundheitsförderliche Maßnahmen zunehmend zu Wettbewerbszwecken miß- braucht. Hierdurch wird die Versichertengemeinschaft auch vermehrt mit Kosten für Maßnahmen belastet, die nicht dem Gesundheitszustand, sondern ausschließlich dem persönlichen Wohlbefinden dienen.

Der 97. Deutsche Ärztetag fordert aus diesem Grunde die Ärzteschaft und die Kostenträger auf, nur sol- che Maßnahmen zur Gesundheitsförderung durchzufüh- ren, zu verordnen, zu fördern und zu finanzieren, die nachweislich zur Verbesserung der Qualität der gesund- Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994 (65) A-1539

(8)

heitlichen Versorgung beitragen können. Dies bedeutet auch, daß gesundheitsfördernde Maßnahmen ohne wis- senschaftlichen Wirkungsnachweis von der Förderung und Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen

auszuschließen sind."

Vorsorge Mamma-Carcinom

„Der Deutsche Ärztetag fordert den Bundesmini- ster für Gesundheit auf, der steigenden Brustkrebsrate in unserer Bevölkerung Rechnung zu tragen und über die bestehenden Vorsorgeuntersuchungen hinaus durch Auf- klärungsaktionen und regelmäßige Reihenuntersuchun- gen aller Frauen ab 50 Jahren die Früherkennung und damit die sekundäre Prävention des Mamma-Carcinoms zu einer vordringlichen Maßnahme der Gesundheitsfür- sorge zu machen."

Begründung

Eine von 10 Frauen erkrankt in ihrem Leben an einem Mamma-Carcinom. Die Rate der Neuerkran- kungen steigt und betrifft zunehmend jüngere Frauen.

Kleine Carcinome oder prämaligne Brustdrüsenverände- rungen sind nicht palpierbar und damit auch durch Selbstuntersuchung nicht zu erfassen. Die von den Krankenkassen getragenen mammographischen Vorsor- geuntersuchungen werden nur von etwa 30 Prozent der Frauen in Anspruch genommen. Reihenuntersu- chungen durch mammographisches Screening breiter Bevölkerungsgruppen und die Befundauswertung durch Röntgenologen, die auf die Mammadiagnostik spezia- lisiert sind, können die Tumorerfassung im präinvasi- ven Stadium verbessern und die Mortalitätsrate um

mindestens 50 Prozent senken.

Vorsorge Mamma-Carcinom

„Der Deutsche Ärztetag fordert den Bundesmini- ster für Gesundheit auf, der steigenden Brustkrebsrate in unserer Bevölkerung Rechnung zu tragen

1. durch eine bundesweite Mamma-Carcinom- Studie, vergleichbar den vom BMFT und der Mildred- Scheel-Stiftung getragenen Leukämie-, Lymphom- und kindlichen Knochen- und Weichteiltumorstudien;

2. durch ein bundesweites Mamma-Carcinom-Re- gister und

3. durch die Einrichtung tumorgenetischer Bera- tungs- und Untersuchungsstellen für Krebsfamilien und Krebspatientinnen."

Begründung

Eine von 10 bundesdeutschen Frauen erkrankt in ihrem Leben an einem Mamma-Carcinom. Die Rate der Neuerkrankungen steigt und betrifft zunehmend jüngere Frauen. In 5-10 Prozent der Fälle beruht das Mamma-

Carcinom auf einer ererbten genetischen Prädisposition.

Dieses führt zu einer Risikoerhöhung von ca. 2 Prozent auf 59 Prozent im Alter von 50 Jahren. Präsymptomati- sche Gendiagnostik könnte präsymptomatische therapeu- tische Maßnahmen ermöglichen und damit die Erkran- kung verhindern.

Eine Senkung der Mortalitätsrate von Frauen mit Mamma-Carcinom ist über tumorgenetische Untersu- chungen zu erwarten, die über eine Zuordnung der un- terschiedlichen tumorinduzierenden und die Tumorag- gressivität fördernden Genveränderungen zu morphologi- schen Tumortypen und klinischen Verlaufsformen zuver- lässige prognostische und therapierelevante Daten liefert, wie sie bereits für die Leukämie- und Lymphomerkran-

kungen bestehen. ❑

Rettungsdienst

„Der Deutsche Ärztetag warnt eindringlich vor den Folgen der Budgetierung der Kostenentgelte im Ret- tungsdienst durch das Gesundheitsstrukturgesetz. Dem als Modell weltweit anerkannten deutschen Rettungs- dienst wird auf der Grundlage des Zahlenmaterials von 1981 durch das Bundesministerium für Gesundheit Un- wirtschaftlichkeit vorgeworfen, ohne daß hierfür nach ei- ner Analyse der Behauptungen Beweise greifbar sind.

Die durch den Bundesgesundheitsminister vorgelegten Zahlen zur angeblichen Unwirtschaftlichkeit des Ret- tungsdienstes beziehen sich auf einen Zeitpunkt, als der Rettungsdienst noch in der Aufbauphase war und staatlich gewollte und initiierte Verbesserungen des Rettungsdienstes, wie Ausbau von Rettungswachen und Notarztstützpunkten zur Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Hilfsfristen, sowie Verbesserungen der Qualifizierung des eingesetzten Personals durch das Rettungsassistentengesetz in ihren Kostenfolgen noch gar nicht in Erscheinung treten konnten. Da, wie in anderen Bereichen des Gesundheitswesens auch, im Rettungsdienst etwa 70 Prozent der Kosten unbeein- flußbare Personalkosten sind, ist der pauschale Vor- wurf der Unwirtschaftlichkeit durch das Bundesministe- rium für Gesundheit nicht haltbar.

Auch die für den Rettungsdienst organisatorisch verantwortlichen Länder versuchen angesichts der Budge- tierung der Beförderungsentgelte, überzogene Kostenre- duktionen durchzusetzen. So haben einige Länder, ent- gegen ihrer eigenen Gesetzeslage aus den Rettungs- dienstgesetzen, dem Rettungsdienst die dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Ausstattung mit Rettungsfahrzeugen verweigert.

Alle diese Entwicklungen werden dazu führen, daß die Überlebens- und Wiederherstellungschancen nach plötzlicher Erkrankung oder einem Unfall für betrof- fene Mitbürgerinnen und Mitbürger zukünftig schlechter werden. Dieser nicht begründbare Eingriff in den Ret- tungsdienst geschieht zu einem Zeitpunkt, da die Not- fallmedizin wissenschaftlich und statistisch exakt ihren Nutzen und ihr ökonomisches Benefit für die Gesamtheit der Gesundheitskosten darlegen kann.

Dem Bundesminister für Gesundheit aus dem Jah- resgutachten 1991 des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen vorliegende Verbesserungsvorschläge für den Rettungsdienst, wie Vereinheitlichung der Leitstellen und der Fahrzeugaus- stattung, die einen ökonomisch günstigen Effekt haben könnten, bleiben unbeachtet.

Es ist unklar, welchen Zusammenhang der Bun- desminister für Gesundheit zwischen dem budgetbestim- menden Anstieg der Grundlohnsummenentwicklung und dem damit zur Verfügung stehenden Ausgabenspielraum für den Rettungsdienst und den Versorgungsnotwendig- keiten für akut Erkrankte oder Verunfallte durch den Ret-

tungsdienst sieht."

Ärztliche Tätigkeit im Rettungsdienst

„Der 97. Deutsche Ärztetag begrüßt die Forderung in der Notfallmedizin tätiger Ärztinnen und Ärzte sowie notfallmedizinischer Verbände, einen „Ärztlichen Leiter Rettungsdienst" einzuführen.

Die deutsche Notfallmedizin besitzt weltweit aner- kannt hohes Niveau, das sich im wesentlichen dadurch begründet, daß nicht medizinische Fachberufe, wie na- hezu weltweit in anderen Versorgungssystemen der Not- fallmedizin, sondern der Arzt zentrale Verantwortung für die im Rettungsdienst durchzuführenden notfallmedizini- schen Maßnahmen trägt.

Diese zentrale Verantwortung macht es unabding- bar, daß angesichts der ständig komplexer werdenden Notfallmedizin und der drängenden Strukturprobleme der Notfallmedizin die Rolle des Arztes zukünftig nicht mehr alleine auf Aufgaben der unmittelbaren notfallmedizini- schen Patientenversorgung beschränkt bleibt. Es ist zwin- gend notwendig, den Arzt auch in Planung, Struktur- überwachung und Zukunftsorientierung der Notfallmedi- zin in verantwortlicher Position einzubeziehen. Der Ärztli- che Leiter Rettungsdienst kann insbesondere im Rahmen der Delegation medizinischer Aufgaben der Notfallmedi- zin an Angehörige medizinischer Fachberufe und der Überwachung der Inanspruchnahme der Notkompetenz durch Rettungsdienstpersonal steuernde und überwa- chende Aufgaben übernehmen.

Hierzu ist es unabdingbar, den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst mit der notwendigen Weisungs- und Ver- antwortungskompetenz auszustatten, was seine ange- messene Vertretung in allen Planungs- und Steuerungs- gremien der Notfallmedizin erfordert. Der 97. Deutsche Ärztetag appelliert an die für den Rettungsdienst verant- wortlichen Länder und Kommunen, diese Neuorientierung im Rettungsdienst schnell in die Tat umzusetzen, um die Qualität der deutschen Notfallmedizin in die Zukunft hin-

ein zu sichern." ❑

Weiterbildungsordnung

„Der 97. Deutsche Ärztetag fordert die einzel- nen Landesärztekammern auf, die neue Weiterbil- A-1540 (66) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994

(9)

DOKUMENTATION

dungsordnung in ihrem gesamten Inhalt schnell zu voll- ziehen.

Die neue Weiterbildungsordnung wurde vor zwei Jahren vom 95. Deutschen Ärztetag beschlossen. Jetzt liegen auch die Richtlinien zur Weiterbildungsordnung der Landesärztekammern vor. Im Interesse der jungen Kollegen, die eine Weiterbildung anstreben, besteht drin- gender Handlungsbedarf. Auch die zur Weiterbildung Be- fugten sollten möglichst bald von ihren Landesärztekam- mern eine klare Vorgabe erhalten."

Hochschulen — Thema für den

„Arztetag"

„Der 97. Deutsche Ärztetag fordert die Bundesärz- tekammer auf, an einem der nächsten deutschen Ärzte- tage als Hauptthema zu wählen:

Die Medizinischen Hochschulen im Wandel des Gesundheitswesen".

Begründung

Die Änderung in der Struktur des Gesundheitswe- sens wirkten sich direkt auf die Arbeit der Medizinischen Hochschulen aus. Die Novellierung der Approbationsord- nung wird eine wesentliche Umplanung erzwingen.

Überlegungen zur organisatorischen Trennung von For- schung, Lehre und Krankenversorgung sind in ihrer Aus- wirkung auf die Qualität zu diskutieren. Nicht zuletzt ist die Privatisierung der Hochschulmedizin angesprochen.

Alle diese Fragen sollten nicht an den Deutschen Ärztetagen vorbei entschieden werden. Die Mediziner der Zukunft werden nur so gut sein wie die Ausbildung, die sie an unseren Universitäten erhalten haben.

Arbeitsschutzrahmengesetz

„Der 97. Deutsche Ärztetag fordert Bundestag und Bundesrat auf, bei den derzeit stattfindenden Beratun- gen des „Gesetzes über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (Arbeitsschutzrahmengesetz)" die Vorschrift des § 22 über die „Durchführung von Vorsorgeuntersu- chungen" dahingehend zu präzisieren, daß

— es primär Aufgabe der medizinischen Wissen- schaft und der ärztlichen Selbstverwaltung bleibt, Regeln und Erkenntnisse über die Durchführung arbeitsmedizini- scher Vorsorgeuntersuchungen zu erarbeiten und festzu- legen;

— bei „Untersuchungen, durch die bestimmte ererbte Veranlagungen ... zu ermitteln sind", alle her- kömmlichen Untersuchungen und Untersuchungsverfah- ren im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersu- chungen auch weiterhin möglich sind und nicht unter dem Aspekt des Eingriffs in die Gensphäre in Frage ge- stellt werden.

Im Gesetzestext muß im Interesse einer präzisen und einheitlichen Terminologie eindeutig zwischen den verschiedenen Methoden - Ebenen in Anlehnung an die

97. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der Bun- desärztekammer zur sog. „Genomanalyse an Arbeitneh- mern" unterschieden werden. Ein gesetzlicher Regelungs- vorbehalt kann nur für die Ebene der molekulargeneti- schen Diagnostik am Gen (DNA-Analyse) akzeptiert wer-

den."

Risikosportarten

„Abweichend von der Formulierung des Be- schlusses 1-37 des Deutschen Ärztetages 1993 in Dresden ist bei der Aufzählung der Risikosportarten der Freizeitsport herauszunehmen und der Beschluß wie folgt zu fassen:

„Das Gesundheitsschadenrisiko aus den Bereichen Leistungssport, Extremsport und Berufssport ist außerhalb der GKV abzusichern. Wie bei Arbeitsunfällen werden diese Kosten nicht in der Versicherten-Solidargemein- schaft übernommen.

Die Risikoabsicherung kann erfolgen über die Mit- gliedschaft in einem Sportverein/Sportverband und der damit verbundenen Beitragszahlung (Modell ,Sport-BG`

oder durch eine private Sport-Unfallversicherung für Nichtmitglieder)."

Begründung

Der Gesetzgeber sieht bewußt Leistungen zur För- derung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankhei- ten vor (§ 20 SGB V) und hat hiermit Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung beauftragt.

Wenn der Deutsche Ärztetag 1993 in Dresden for- derte, die Risiken des Freizeitsports außerhalb der GKV abzusichern, steht dieser Beschluß gegen alle gesetzli- chen und ärztlichen Bemühungen, gerade sportliche Frei- zeitaktivitäten zu fördern. Die Kosten für die Versorgung von Sportverletzungen sind im Vergleich zum präventiven Wert von Freizeitsport von untergeordneter Bedeutung. ❑

Honorierung der ärztlichen Leistungen in den neuen Bundesländern

„Die deutsche Ärzteschaft mißbilligt das Verhalten besonders der Ortskrankenkassen in den neuen Bundes- ländern, die Leistung für (ambulante) ärztliche Behand- lung nicht gemäß der Steigerung der Grundlohnsumme zu honorieren."

Begründung

Bei Steigerung der beitragspflichtigen Einnahmen vom 1.-3. Quartal (Quelle: Arbeits- und Sozialstatistik BMG) auf 71,89 Prozent im Verhältnis zu den entspre- chenden Werten im Westen der Bundesrepublik wurden die ärztlichen Leistungen der ambulant tätigen Ärzte nur mit 60,48 Prozent honoriert (bei Netto-Verwaltungsko- sten der GKV-ORT von 90,05 Prozent).

Aufhebung der Zulassungssperre für Kassenärztinnen und Kassenärzte

„Der Deutsche Ärztetag möge sich nachdrücklich dafür einsetzen, daß die Zulassungsbeschränkungen für Kassenärzte und -ärztinnen, wie sie im GSG seit 1993 in Kraft getreten sind, ersatzlos aufgehoben werden und von der für 1999 geplanten Einführung von Verhältnis- zahlen Abstand genommen wird."

Begründung

Für eine optimale patientenzentrierte Krankenver- sorgung gibt es nicht zuviele, sondern zuwenig Ärztinnen und Ärzte! Angesichts überfüllter Wartezimmer in der ambulanten Versorgung, während in den Krankenhäu- sern nach 36 Stunden Dienst von den übermüdeten Kol- leginnen und Kollegen noch verantwortliche Arbeit erwar- tet wird, während Ärztinnen und Ärzte keine Zeit mehr finden für Patientinnen und Patienten, für Weiterbildung oder für ihre Familien, entbehrt das seit Jahrzehnten im- mer wieder ins Feld geführte Phantom der „Ärzte- schwemme" jeglicher Grundlage und hat mit der Realität der medizinischen Versorgung nichts zu tun! Vor dem Hintergrund steigender struktureller Arbeitslosigkeit, die lange schon auch die akademischen Bevölkerungsschich- ten erreicht hat, geht die Ausschlußpolitik des Gesund- heitsministers in die falsche Richtung. Gerade Ärztinnen und Ärzte haben wegen ihrer überlangen Arbeitszeiten allen Grund, dem Beispiel der Gewerkschaften zu folgen und über Arbeitszeitverkürzung Arbeitsplätze zu schaffen und damit die Sozialversicherungen zu entlasten. Teil- zeitarbeit zu fördern, ist ein Beitrag zum Abbau von Ar- beitslosigkeit, bekämpft die Diskriminierung von Frauen auch im ärztlichen Beruf und fördert die Familien.

Das Argument, die Kostensteigerung würde durch die steigende Niederlassung verursacht werden, verkürzt die Realität. Tatsächlich ist die Gesundheitsquote (der Anteil des Bruttosozialprodukts, der in der BRD für Ge- sundheit aufgebraucht wird) nicht gestiegen, trotz des demographischen Wandels und der Fortschritte im medi- zinisch-technisch Machbaren. Die Beiträge steigen auch nicht aufgrund eines steigenden „Mißbrauchs" der GKV (das Gegenteil ist der Fall), sondern aufgrund der struk- turellen Arbeitslosigkeit, bei der immer weniger Men- schen, die noch Arbeit haben, für immer mehr Menschen mit aufkommen müssen.

Dennoch können Kosten gespart werden, nicht zu- letzt durch eine grundlegende Reform des Honorierungs- modus in der ambulanten Versorgung. Das Einzellei- stungsprinzip, das nach wie vor die Grundlage ärztlicher Honorierung bildet, fördert technische Leistungen und bestraft diejenigen, die sich Zeit für ihre Patienten und Patientinnen nehmen und durch ausführliche Anamnesen überflüssige Diagnostik einsparen und so die Kosten sen- ken helfen. Wir weisen die Niederlassungssperre als ei- nen unsozialen dirigistischen Akt zurück, der die medizi- nische Versorgung nicht verbessert, sondern die Probleme Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 21, 27. Mai 1994 (67) A-1541

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der 108. Deutsche Ärztetag begrüßt die Möglich- keiten, die die Einführung einer sicheren und einheit- lichen elektronischen Kommunikationsinfrastruktur für das

Ziel der Zusatz-Weiterbildung ist die Erlangung der fachlichen Kompetenz in Betriebsmedizin nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbil- dungszeit und Weiterbildungsinhalte sowie

Der Deutsche Ärztetag fordert die Arbeitsgemein- schaft berufsständischer Versorgungswerke (ABV) auf, offensiv die Bestrebungen fortzusetzen und zu intensivieren, dass Beiträge

Inzwischen ist der Gebührenabschlag Ost für Rechtsanwälte durch das Bundesverfassungsge- richtsurteil vom 7. 2002 als nicht verfassungs- gemäß aufgehoben worden. Bereits mit dem

Deutsche Ärztetag 2002 in Rostock fordert die Bundesregierung auf, ihre Verantwortung für eine Weiterentwicklung des privatärztlichen Gebühren- rechtes endlich wahrzunehmen;

Solche Regelungen diskriminieren insbesondere die Personen, die aufgrund unterschiedlicher Erzie- hungsanforderungen ihre Weiterbildung in Teilzeit er- bringen müssen oder sogar

Es sei neu und bedenklich, dass Medikamente, die Ärzte außerhalb der zugelassenen Indi- kation verordnen, nicht mehr von der Gesetzlichen Krankenversicherung er- stattet

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Mittel für die ambulante Versorgung in den neuen Bundesländern auf 100 Prozent aufge- stockt werden. Die