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DGB Bundesvorstand 13. Oktober 2003 Abteilung Sozialpolitik

Stellungnahme des DGB zum Programm der CDU zur

„Zukunft der sozialen Sicherheitssysteme“

Die Botschaft der CDU an die Menschen in Deutschland ist:

Die soziale Sicherheit soll in Zukunft zur Privatsache werden.

Die CDU will die Grundlagen der solidarischen Sozialversicherungen – wie

Leistungsfähigkeit, Beitragsgerechtigkeit oder die Verantwortung der Arbeitgeber – durch weitreichende Privatisierungsschritte und eine Gleichmacherei ohne soziale Balance ersetzen.

Zudem setzt die CDU in der Krankenversicherung mit der ,Kopfprämie‘ auf ein monströses, steuerfinanziertes Umverteilungssystem. Doch schon die für den so genannten ,sozialen Ausgleich‘ notwendigen, geplanten 27,3 Mrd. Euro machen deutlich, dass das System zwar geändert werden soll, der solidarische Ausgleich aber auf der Kippe steht, weil er nicht zu finanzieren ist.

Die Vorschläge der CDU zur Zukunft der sozialen Sicherung insgesamt zerstören das Vertrauen und damit die Legitimationsbasis der solidarischen

Sozialversicherungen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Berufsleben hohe Beiträge zahlen, ihre Gesundheitsversorgung und Pflegeversicherung aber

zunehmend privat finanzieren müssen und am Ende eine Rente beziehen, die kaum über Sozialhilfeniveau liegt, verliert das System den nötigen Rückhalt. Die Folge wäre aber eine zunehmende Polarisierung der Gesellschaft zu Lasten der Kranken und sozial Schwachen. Die CDU wäre deshalb gut beraten, wenn sie das

ordnungspolitische Ziel einer Volkspartei – die gesellschaftliche Integration – nicht zu Gunsten kurzsichtiger Wirtschaftsinteressen aufgeben würde.

Die weitaus bessere Alternative zu den CDU-Vorschlägen ist die Weiterentwicklung der solidarischen Sicherungssysteme zu einer Bürgerversicherung.

Dies gilt vor allem für die gesetzliche Krankenversicherung: Hier müssen echte Strukturreformen für die notwendige Wirtschaftlichkeit im System sorgen, alle versicherungsfremden Leistungen über Steuern finanziert werden und die

Arbeitgeber weiterhin ihre volle Verantwortung für die Kostenentwicklung tragen.

Mit dem Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge würden aber Ineffizienzen verschleiert und die Kosten nicht gesenkt, sondern nur verschoben. Die solidarische Absicherung

(2)

Krankenversicherung

Das Konzept der CDU zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung will den Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen. Mit einer enormen Verschiebung der Beitrags- und Finanzierungslast weg von der Gesamtverantwortung von Arbeitgerben und Arbeitnehmern hin zur finanziellen Hauptverantwortung durch die Beschäftigten und Kranken soll die Finanzierung der GKV ab 2013 zukunftssicher gestaltet werden.

Diesem Konzept der Umverteilung fehlen Reformelemente zur Verbesserung der Strukturen, zur Erhöhung der Qualität medizinischer Versorgung und Anreize zu mehr Wirtschaftlichkeit.

Der DGB lehnt das Konzept der CDU ab. Die für den DGB elementaren

Reformschritte zur Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit, zur Förderung Integrierter Versorgungsformen und zur Modernisierung der Organisationsstrukturen im Gesundheitswesen sind nur sehr unzureichend formuliert.

Schon das – auch von der CDU/CSU – verabschiedete GKV-Modernisierungsgesetz blieb hinter den Erwartungen der Gewerkschaften hinsichtlich einer Strukturreform weit zurück. Wirtschaftlichkeitspotentiale und Effizienzreserven können damit auch in naher Zukunft nicht ausgeschöpft werden. Ohne diese sind grundlegende

Veränderungen in der Finanzierung der GKV für den DGB nicht machbar, da die Gefahr droht, dass weitere Kostensteigerungen in der medizinischen

Leistungserbringung allein den Beschäftigten, Versicherten und Patienten

aufgebürdet werden. Das GKV-Modernisierungsgesetz hat gegen den Widerstand der Gewerkschaften erste Weichenstellungen in Form von Leistungsausgliederungen wie beim Krankengeld und Zahnersatz, Leistungskürzungen und erhöhten

Zuzahlungen für die ärztlichen Behandlung und Medikamente vorgenommen.

Darüber hinaus will die CDU bei der Neugestaltung der Finanzierungsgrundlagen der GKV mit einem Systembruch die einkommensabhängige und damit

leistungsabhängige Beitragsfinanzierung durch ein einkommensunabhängiges Kopfprämienmodell ersetzen. Der DGB lehnt diese Form der Finanzierung der GKV ab und plädiert stattdessen für eine Weiterentwicklung der Beitragsfinanzierung. Eine solche Erwerbstätigen- oder Bürgerversicherung baut die Solidarität weiter aus und macht die GKV zukunftssicher unter der Voraussetzung, dass tiefgreifende

Strukturmaßnahmen erfolgen, die Qualität und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen erhöhen.

Das Konzept der CDU ist damit keine Alternative. Es konzentriert sich im

Wesentlichen auf die Aufhebung der paritätischen Beitragsfinanzierung, auf die Ausgrenzung von weiteren Leistungsbereichen aus der GKV sowie auf die Stärkung des privatwirtschaftlichen Versicherungssektors.

(3)

Finanzierung

Zur Sicherung der zukünftigen Finanzgrundlagen der GKV ist die Umstellung von der einkommensabhängigen Beitragsfinanzierung auf ein Kopfprämienmodell ab 2013 vorgesehen.

Geplant ist, dass je nach Eintrittsalter der Versicherten unterschiedlich hohe Prämien anfallen, die in der Höhe die jeweils im Lebenslauf zu erwartenden ansteigenden Ausgaben einkalkulieren. Die CDU geht von einer Prämie von etwa 264 Euro

monatlich für jeden Bürger aus. Mit einem bis dahin allein aus Versichertenbeiträgen zu finanzierenden Kapitalstock soll für die über 45-Jährigen die Prämie gedeckelt werden, so dass auch für Ältere die monatliche Prämie zur Krankenversicherung bei 264 Euro liegt.

Der DGB sieht in diesen Vorschlägen keine ausreichenden Maßnahmen, die

solidarische Krankenversicherung unter Gerechtigkeitsaspekten weiterzuentwickeln.

Mit der Umstellung der GKV-Finanzierung auf das Prämienmodell werden hohe Einkommen finanziell entlastet während untere und mittlere Einkommen erheblich belastet werden. Die CDU lässt darüber hinaus offen, aus welchen Mitteln der soziale Transfer für Versicherte, die im Prämienmodell überfordert sind, finanziert werden soll. Der Vorschlag der Steuerfinanzierung ist zu unpräzise, um das erhebliche Transfervolumen von 27,3 Milliarden Euro bereit zu stellen. Schon heute absehbar – und vom Vorsitzenden der Herzog-Kommission selbst als Risiko zugestanden – ist, dass die Höhe des Sozialtransfers aus Steuermitteln allein von der Haushaltslage bestimmt wird. Der Betrag für den ,sozialen Ausgleich‘ kann aus finanz- und

haushaltspolitischen Gründen auch gegen Null gehen. Das wäre soziale Sicherheit nach Kassenlage statt solidarischer Finanzierung.

Bis 2013 wird allerdings bei den Durchschnittsverdienern schon einmal zugelangt.

Bis zur Beitragsbemessungsgrundlage sollen alle Einkünfte herangezogen werden, also neben den Arbeitseinkommen zum Beispiel auch Mieteinnahmen von

Menschen, bei denen die Vermietung einer Wohnung zur Unterstützung der Kinder während der Ausbildung oder als Teil der eigenen Alterssicherung dient. Von Freibeträgen ist nicht die Rede, erst recht nicht von anderen Einkommensarten bei Großverdienern.

Aus Sicht des DGB muss die Leitlinie für eine Reform der Finanzierungsgrundlagen der GKV aus volkswirtschaftlichen und aus sozialen Gründen in der Stärkung des Solidaritätsprinzips liegen. Unter den gegebenen und zukünftigen ökonomischen wie arbeitsmarktpolitischen Bedingungen ist der Ausbau der GKV zu einer

Erwerbstätigen- oder Bürgerversicherung angemessen. Dadurch wird dem in der GKV vorherrschenden Prinzip der Beitragsbemessung nach der Leistungsfähigkeit Rechnung getragen. Die Finanzierung der GKV wird gerechter und dauerhaft stabiler.

Die Vorschläge der CDU zur Prämiengestaltung und zum Leistungsumfang werden vom DGB abgelehnt. Das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags bedeutet die Aufgabe

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werden, sondern fällt durch den Anteil von 1,1 Prozent zur Versicherung des Krankengeldes durch die Arbeitgeber noch geringer aus. Denn den Beschäftigten sollen von dem dauerhaft festgeschriebenen Arbeitgeberanteil von 6,5 Prozent nur 5,4 Prozent ausgezahlt werden. Die verbleibenden 1,1 Prozent sollen vom

Arbeitgeber zur Finanzierung der Absicherung des Krankengeldes im Rahmen einer Versicherungspflicht verwendet werden. Der DGB lehnt die Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags, die Herausnahme des Krankengeldes und der Zahnbehandlung aus der paritätischen Finanzierung ab und sieht im Prämienmodell zur zukünftigen, langfristigen Finanzierung der GKV keine Alternative zu einer Bürgerversicherung, die den Prinzipien der Solidarität und der Beitragsbemessung nach

Leistungsfähigkeit folgt.

Leistungen

Mit der Absicht, nicht nur das Krankengeld, sondern weitere Leistungsbereiche aus dem Leistungskatalog der GKV zu streichen und den Versicherten die Absicherung allein zu überlassen, soll das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen erheblich reduziert werden. Mit dieser Zielsetzung wird die GKV in ihrer

gesellschaftlichen Legitimation, nämlich alle medizinisch notwendigen Leistungen abzudecken, grundsätzlich zur Disposition gestellt. Der DGB lehnt die

Weiterentwicklung der GKV zum Versicherungsträger für sogenannte Kernleistungen ab. Darüber hinaus müssten Versicherte für alle medizinisch notwendigen Leistungen im Rahmen der Zahnbehandlung über Pauschalprämien im GKV-System oder bei privaten Krankenkassen allein abdecken. Damit droht für untere und mittlere Einkommen schnell die finanzielle Überforderung.

Daneben birgt der Vorschlag, Versicherten bei der Gestaltung des Versicherungsumfangs mehr Wahlmöglichkeiten zu gewähren, große gesundheitspolitische Gefahren. Ein einheitlicher, für alle Krankenkassen

verbindlicher Leistungskatalog ist für den DGB eine unabdingbare Voraussetzung zur Weiterentwicklung der solidarischen Gesetzlichen Krankenversicherung. Die

Definition des Versicherungsumfangs ist letztendlich keine Wahlmöglichkeit für alle, sondern eine Abwahlmöglichkeit von Leistungen zur Reduzierung des persönlichen Beitragssatzes Einzelner. Junge, gesunde Versicherte, die in absehbarer Zeit kein gesundheitliches Risiko erwarten, werden dazu neigen, Leistungen abzuwählen, die sie im späteren Krankheitsfall dringend benötigen. Notwendig ist dann die

Absicherung über Privatversicherungen oder über das aktuelle Einkommen. Der GKV werden durch diese Beitragssatzgestaltung finanzielle Mittel entzogen, die für die Versorgung Kranker dringend benötigt werden und von diesen hauptsächlich zu tragen ist. Kranke Versicherte haben hingegen überhaupt keine Wahlmöglichkeit, da sie wegen des dringenden Bedarfs an medizinischer Behandlung keine Leistungen abwählen können. Die Möglichkeit der Wahl unterschiedlicher

Versicherungsumfänge kommt einer Entsolidarisierung in der GKV gleich und wird demzufolge vom DGB abgelehnt.

(5)

Wettbewerb

Zur Erhöhung der Transparenz schlägt die CDU die Umstellung vom

Sachleistungsprinzip auf das Kostenerstattungsprinzip für alle Versicherten vor. Das Sachleistungsprinzip gehört zu den Kernelementen der solidarischen GKV und muss nach Meinung des DGB in der jetzigen Form beibehalten werden. Die Notwendigkeit, auch für Versicherte und Patienten mehr Transparenz bei der Abrechnung von Leistungen zu schaffen, bietet sich durch die elektronische Gesundheitskarte und die Patientenquittung, die zukünftig auf Verlangen der Patienten ausgestellt werden soll.

Neben diesen Vorschlägen bleibt das Reformkonzept der CDU in allen Fragen der nachhaltigen Strukturveränderungen im Gesundheitswesen hinter dem aktuellen Erkenntnisstand der Reformnotwendigkeiten zurück. Insbesondere sind zur Frage des Wettbewerbs im Gesundheitswesen zwar Zielperspektiven genannt, die aber jeder konkreten Beschreibung entbehren. So ist die geforderte Liberalisierung des Vertragsgeschehens nicht dahingehend konkretisiert, dass erkennbar würde, welchen Wettbewerb Fach- und Hausärzte im ambulanten Bereich zu erwarten hätten. Für den stationären Bereich werden Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern gefordert: Auch hier sind Fragen nach der

Krankenhausrahmenplanung und Bedarfsorientierung nicht beantwortet.

Strukturverändernde Maßnahmen wie die ‚neue Rolle der Kassenärztlichen Vereinigungen‘, die ‚neue Ausgestaltung der fachärztlichen Versorgung‘ und die Verantwortlichkeit für den Sicherstellungsauftrag sind ebenfalls nur perspektivisch genannt und bleiben eine genaue Definition schuldig.

Zusammenfassend sieht die CDU den neuen Wettbewerb im Gesundheitswesen primär in einem neuen Wettbewerb zwischen gesetzlichen und privaten

Krankenkassen, der über das Angebot an Zusatzversicherungen erfolgen soll. Da der Leistungsrahmen für beide Kassenarten lediglich eine Mindestversorgung für die Versicherten vorsieht, kann, so das Konzept, für alle anderen Leistungen, die jetzt noch zum Leistungskatalog der GKV gehören, wettbewerbliches Handeln erfolgen.

Der DGB lehnt diese Form des Wettbewerbs, der allein auf dem Rücken der Versicherten stattfindet, ab. Im Gesundheitswesen muss Wettbewerb stattdessen über die Vertragsgestaltung zu mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit führen. Ein Wettbewerb, der zum Ausschluss von Leistungen führt, weil Versicherten das Geld zur Absicherung fehlt, ist gesundheitspolitisch nicht zu verantworten.

Die Konzentration auf Maßnahmen, die Beschäftigte, Versicherte und Patienten zunehmend finanziell belastet, lässt den Schluss zu, dass die CDU einen

Paradigmenwechsel in der GKV beabsichtigt. Die Gesetzliche Krankenversicherung wird als solidarische Versicherung ausgehöhlt, während der Zweig der privaten Versicherungswirtschaft weitreichend ausgebaut werden soll.

Diesem Konzept zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens kann sich der DGB nicht anschließen.

(6)

Rentenversicherung

Ein grundsätzliches Manko der CDU-Vorschläge besteht darin, dass nicht nachvollziehbar ist, auf welchen Annahmen über die demografische,

arbeitsmarktpolitische und wirtschaftliche Entwicklung die Berechnungen der Kommission beruhen. So sind auch die Vorschläge im Wesentlichen unkonkret geblieben.

Die CDU beklagt, dass das Rentensystem zukünftig für viele Menschen kaum mehr Leistungen oberhalb der Sozialhilfe anbieten könnten, wenn die Beiträge nicht drastisch erhöht werden. Auf dieses Problem weiß sie keine andere Antwort als eine Privatisierung der Lasten für die Altersvorsorge und die zusätzliche Einführung einer bedürftigkeitsgeprüften, steuerfinanzierten Grundrente.

Grundsätzlich kritisch zu sehen ist die Fixierung auf ein sehr eng gesetztes Beitragsziel von „nicht wesentlich über 20 Prozent“. Das erzwingt erhebliche

Leistungskürzungen (auf ca. 38 Prozent Bruttorentenniveau, also noch tiefer als bei Rürup). Auch bei der Hinterbliebenenrente werden massive Einschnitte gefordert, ohne einen adäquaten Ersatz durch eigenständige Anwartschaften der Frauen anzubieten.

Die generelle Ablehnung, andere Personenkreise in die GRV einzubeziehen, findet nicht unsere Zustimmung. Wir halten sie aus Gründen der Solidarität und der Stabilisierung der Beitragsbasis für notwendig.

Die Vorschläge, die aus den grundsätzlichen Überlegungen resultieren, orientieren sich sehr eng an der Rürup-Kommission. Positiv ist allerdings, dass die

Handlungsfelder zur Erhöhung der Erwerbstätigenquote von jungen, älteren und weiblichen Arbeitnehmer für relevant erklärt werden.

Die Vorschläge im Einzelnen

§

Durch die Verkürzung der Erstausbildungszeiten und die Erhöhung des

tatsächlichen Rentenalters soll die Zahl der Erwerbstätigen gesteigert werden.

Konkrete Vorschläge werden hierzu nicht vorgelegt.

§

Personen mit 45 Versicherungsjahren sollen abschlagsfrei in Rente gehen

können, wenn sie mindestens 63 sind. Personen mit weniger Versicherungsjahren sollen erst ab 67 abschlagsfrei in Rente gehen können. Die Anhebung des

Rentenalters auf 67 soll ab 2011 bis 2023 erfolgen – also doppelt so schnell wie im Rürup-Vorschlag.

Die Regelung zu den langjährig Versicherten entspricht weitgehend unseren Forderungen. Das Rentenalter von 67 Jahren wird vom DGB abgelehnt.

Insbesondere die schnelle Anhebung ist nicht verantwortbar, wenn man die Arbeitsmarktprognosen berücksichtigt, wie sie von der Rürup-Kommission vorgenommen worden sind.

(7)

§

Die CDU schlägt einen Kürzungsfaktor vor, der in der inhaltlichen Begründung (Verhältnis Rentner-Versicherte) dem Nachhaltigkeits-Faktor der Rürup- Kommission entspricht. Dazu schlägt die CDU eine bedürftigkeitsgeprüfte

„Basisrente“ in Höhe von 15 Prozent oberhalb der Sozialhilfe vor, wenn „lange Versicherungszeiten“ nachgewiesen werden.

Der Nachhaltigkeitsfaktor wird vom DGB in dieser Form abgelehnt. Das

gesetzliche Rentenniveau selbst kennt wie bei Rürup keine Grenze nach unten.

Damit wird der Weg zu einer steuerfinanzierten Grundsicherung und zur Aufgabe einer beitragsbezogenen Rente bereitet.

Der Vorschlag einer Basisrente unterscheidet sich im Leistungsumfang nicht von der bestehenden Grundrente. Die einzige Verbesserung würde darstellen, dass die Basisrente von der Gesetzlichen Rentenversicherung und nicht von der Kommune gezahlt werden würde. Das entspricht einer Forderung des DGB

hinsichtlich der bestehenden Grundrente. Der Vorschlag leistet aber qualitativ und quantitativ keinen neuen Beitrag zur Armutsvermeidung.

§

Die Hinterbliebenenversorgung soll langfristig weiter abgeschmolzen werden. Die Kindererziehung soll künftig mit 6 statt mit 3 Entgeltpunkten bewertet werden, die steuerfinanziert werden sollen. Für Kinder, die vor dem 1.1.92 geboren wurden, werden zwei Entgeltpunkte gefordert.

Wie die Abschmelzung der Hinterbliebenenrente vor sich gehen soll, wird nicht konkretisiert. Geblieben sind die traditionellen Vorschläge: Die Entgeltpunkte für Kindererziehung sollen von drei auf sechs angehoben werden. Diese höhere Zahl von Entgeltpunkten würden die eigenständigen Rentenanwartschaften von

Erziehenden, also v.a. von Frauen, erhöhen. Allerdings würden die Arbeitsanreize von jungen Müttern dadurch verringert. Zudem gleicht dieser Vorschlag nur

Nachteile für Mütter aus. Frauen sind aber generell auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, hierfür werden keine Vorschläge gemacht.

Der Vorschlag, die Kindererziehung von Kindern vor 1992 höher zu bewerten, entspricht grundsätzlich einer Forderung des DGB.

Es fehlen aber konkrete Aussagen zur Finanzierung der dafür langfristig notwendigen 10 Mrd. Euro. Zudem werden mehr Kinder nicht wegen einer höheren Zahl von Entgeltpunkten geboren und erzogen, sondern wenn

überhaupt, dann nur, wenn die Nachteile für Erziehende auf dem Arbeitsmarkt abnehmen und Kindererziehung generell kein Armutsrisiko mehr darstellt. Die Prioritäten bei der Förderung von Kindererziehung müssen an anderer Stelle gesetzt werden.

§

Die Absenkung der Schwankungsreserve wird kritisiert. Langfristig solle sie wieder auf zwei Monatsausgaben angehoben werden.

Grundsätzlich ist der CDU zuzustimmen. Als kurzfristige Maßnahme ist die Absenkung aber kaum zu vermeiden, da sonst entweder die Beiträge deutlich

(8)

§

Bei der Besteuerung der Renten wird darauf hingewiesen, dass beim Übergang zur vollen Versteuerung der Renten auf die Vermeidung von Doppelbesteuerung geachtet werden muss. Diese Übergangsregeln müssten im Zweifelsfalle zu Lasten des Staats und nicht der Rentner gehen.

Diese Auffassung steht im Widerspruch zur Rürup-Kommission. Ihr ist von unserer Seite voll zuzustimmen.

§

Hinsichtlich der betrieblichen Altersvorsorge wird eine Verpflichtung der Arbeitgeber vorgeschlagen, den Arbeitnehmern bei Abschluss eines

Arbeitsvertrags eine Entgeltumwandlung vorzuschlagen. Der Arbeitnehmer solle aber ein „Opting Out“-Recht besitzen. Bei „Riester“ werden allgemeine

Forderungen nach der Entbürokratisierung aufgestellt. Unter anderem wird

vorgeschlagen, die Förderzuschläge erst im Nachhinein über die Steuererklärung abzuwickeln. Zudem wird gefordert, den geförderten Personenkreis auf

Selbständige und Freiberufler auszudehnen.

Die Forderung, die betriebliche Altersvorsorge zu stärken, ist zu unterstützen. Der Vorschlag des verbindlichen Angebots durch den Arbeitgeber entspricht unseren Überlegungen. Er ist aber nur die zweitbeste Lösung. Entgeltumwandlung geht voll zu Lasten der ArbeitnehmerInnen, wenn tarifvertraglich oder einzelvertraglich nichts anderes vereinbart wird. Zudem hat der Arbeitgeber immer noch die

Möglichkeit, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dahingehend zu beeinflussen, auf eine betriebliche Altersvorsorge zu verzichten.

Bei der Entbürokratisierung der Riester-Regeln muss darauf geachtet werden, dass der notwendige Verbraucherschutz nicht leidet. Von uns abgelehnt wird der Vorschlag, die Förderung erst im Nachhinein zu zahlen. Das mag

unbürokratischer sein, wird aber dazu führen, dass viele sich die private Altersvorsorge noch weniger leisten können.

Die Forderung nach einer Ausdehnung des geförderten Personenkreises ist verständlich. Angesichts der knappen Finanzmittel sollte die Förderung aber auf die Personen beschränkt bleiben, die durch die Kürzungen bei der GRV getroffen werden.

(9)

Pflegeversicherung

Die CDU spricht sich gegen eine Absenkung des Leistungsniveaus aus. Die Spreizung zwischen den Leistungen für ambulante und stationäre Pflege soll aufwandsneutral abgeflacht werden, um die häusliche Pflege zu stärken (dies entspricht einem Vorschlag der Rürup-Kommission). Die Leistungen sollen um real 1,5 Prozent dynamisiert werden.

§

Es ist eine Überführung in ein angeblich demographiefesteres

Kapitalsdeckungsverfahren geplant. In der Überführungsphase soll ein aus erhöhten Beiträgen erzielter Einnahmeüberschuss für den Aufbau eines kollektiven Kapitalstocks verwendet werden (zum Schutz vor zweckwidrigem staatlichem Zugriff ggf. angesiedelt als Fonds bei der Bundesbank).

Im Jahr 2030 kann der Kapitalstock aufgelöst und für eine

versicherungsmathematische Individualisierung der Altersrückstellungen zu Gunsten älterer Versicherter eingesetzt werden. Im Jahr 2030 zahlen 20-jährige Versicherte 52 Euro im Monat, 45-jährige und ältere 66 Euro. Die Bedingungen sind: geschlechtsneutrale, individuell versicherungsmathematisch berechnete Beiträge und Kontrahierungszwang. Kinder und Ehepartner, die Kinder erziehen oder Angehörige pflegen, sollen beitragfrei mitversichert werden.

§

Die paritätische Finanzierung soll weiter eingeschränkt werden. In der

Übergangsphase sollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber einen bezahlten Urlaubstag oder einen Feiertag opfern. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen jeweils einen Beitragssatz von 1,7 Prozent zahlen. Wegen des Urlaubstags entspricht der Beitrag der Arbeitgeber de facto jedoch nur 1,1 Prozent.

§

Die CDU spricht sich gegen einen Beitragszuschlag für Versicherte aus, die keine Kinder erziehen oder keine Angehörigen pflegen. Rentner, die von der Einführung der Pflegeversicherung dadurch profitieren, dass sie mehr Leistungen erhalten, als sie eingezahlt haben, sollen für eine begrenzte Dauer einen erhöhten Beitrag leisten.

Die geplante Überführung in ein kapitalgedecktes System ist eine ungerechtfertigte Subvention für die private Versicherungswirtschaft. Außerdem entpuppt sich die angebliche Demographieresistenz sehr schnell als ideologische Falle. Bei der Auflösung eines Kapitalstocks durch eine zahlenmäßig starke Altengeneration, der eine schwächere Inaktivengeneration folgt, ist ein Wertverlust des angesparten Kapitals in Kauf zu nehmen. Zudem sind die Risiken auf dem Kapitalmarkt nicht zu unterschätzen und können zum Totalverlust des angesparten Kapitals führen, wie Beispiele aus UK und USA zeigen. Diese Individualisierung des Risikos widerspricht dem deutschen Sozialstaatsgedanken.

Die einseitige Mehrbelastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird angelehnt.

Unsere Alternative ist, Rentenbeiträge für pflegende Familienangehörige aus Steuern zu finanzieren. Dies würde zu einer Entlastung von 1 Milliarde Euro führen.

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