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Waldumbau statt Gift gegen die Massenvermehrung des Schwammspinners

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Landesfach- geschäftsstelle Bauernfeindstr. 23 90471 Nürnberg Tel. 0911/81 87 8-0 Fax 0911/86 95 68

lfg@bund-naturschutz.de www.bund-naturschutz.de

Pressemitteilung

Nürnberg, 12.05.2004 PM 048/LFGS Wald

Waldumbau statt Gift gegen die Massenvermehrung des Schwammspinners

BN: Kein stummer Frühling in Frankens Eichenwäldern

Bereits anlässlich der letzten Massenvermehrung der Schwammspinner hat der BN vor einem Gifteinsatz gegen den Schwammspinner gewarnt.

Untersuchungen belegen, dass mit dem Gift Dimilin auch Singvögel in großer Zahl getötet werden. Der BN mahnt einen rascheren Waldumbau der betroffenen Eichenreinbestände in Mischwälder an. Der BN erhebt schwere Vorwürfe gegen die Tatenlosigkeit der Unteren Jagdbehörden und gegen die Jäger. Zu viele Rehe machen die Bemühungen um einen artenreichen Mischwald zunichte.

Der einst auf der roten Liste stehende Schwammspinner zeigt Schwachstellen in unseren Waldökosystemen auf. Die Eichenbestände, in welchen er sich gerne massenweise vermehrt, sind in der Regel Reinbestände aus der früheren Mittel- oder Niederwaldwirtschaft (Stockausschlagbewirtschaftung). Diese historische Wirtschaftsweise hat die Baumart Eiche im Hauptbestand überproportional bevorzugt.

Von Natur aus würden im kollinen, wärmebegünstigten Bereich der Fränkischen Platte und des Steigerwaldvorlandes Laubmischwälder mit Eichen, Hainbuche, Ahornarten, Ulmenarten, Sorbusarten (z.B. Elsbeere, Mehlbeere) und Kirsche wachsen. Besonders dort, wo die Böden etwas tiefgründiger und feuchter sind (z.B. Nordhänge), käme auch sehr schnell die Buche als Mischbaumart dazu, die durch den jahrhundertelangen Stockausschlagbetrieb weitgehend ausgerottet wurde.

Die Schwammspinnermassenvermehrung ist auch ein Symptom für die Klimaänderung. Die CO2-Immissionen aus Industrie, Verkehr und Haushalten

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führen zu Temperaturerhöhung und zu einer Abnahme der Niederschläge.

Davon profitieren insbesondere die blattfressenden Insekten.

Verstärkt kommt hinzu, dass eine laubholzreiche Vegetation häufig wegen zu starkem Rehwildverbiss nicht aufkommen kann. Auch krautartige Vegetation, die für die Gegenspieler des Schwammspinners (Erz- und Brackwespen, Igelfliege u.a.) in Zeiten niedriger Schwammspinnerpopulationen Ausweichnahrung bietet, fehlt aufgrund des selektiven Rehwildverbiss häufig.

Die Tatenlosigkeit der Jagdbehörden und die mangelnde Bereitschaft der Jäger, Rehe konsequent zu bejagen, tragen somit mit dazu bei, dass das Waldökosystem nicht in der Lage ist, die Massenvermehrung einer Insektenart abzupuffern.

Das zur Bekämpfung eingesetzte Mittel Dimilin ist ein Häutungshemmer. D.h.

alle Larven, die sich im Verlaufe ihres Wachstums häuten müssen und etwas von dem Kontaktgift Dimilin getroffen werden, gehen zugrunde. Das gilt z.B.

für alle Schmetterlingsarten, Blattkäferlarven, Grashüpfer usw., die sich auf den Eichen tummeln (die Eiche ist die Baumart, die den höchsten Insektenreichtum aufweist). Das Argument, der Schwammspinner würde durch seinen Kahlfraß diesen Larven die Nahrungsgrundlage entziehen, ist deshalb wenig überzeugend, da im Falle der Bekämpfung derselbe Effekt (Abtöten durch Dimilin eintritt). Schließlich werden auch alle Gegenspieler des Schwammspinners durch Dimilin betroffen. Der BN lehnt es deshalb ab, Artenschutz mit der Giftspritze zu betreiben! Dem lieben Gott steht Gift auch nicht zur Verfügung.

Untersuchungen von Vogelbruten in Nistkästen belegen im Übrigen, dass die Vogelsterblichkeit nach einem Dimilineinsatz deutlich erhöht ist.

Untersuchungen von BN-Mitgliedern vor Ort haben gezeigt, das weit über 50% der Bruten verlassen oder abgestorben waren. Es ist auch wenig beruhigend, dass es noch schlimmere Gifte wie das zunächst vorgesehene

„Karate“ gibt.

Der BN kann akzeptieren, dass in Stadtnähe, Spielplatznähe, bei häufig begangenen Wanderwegen u.ä gegen den Prozessionsspinner vorgegangen wird, weil dessen Haare tatsächlich oft jahrelang allergische Reaktionen auslösen. Dabei sollen jedoch mechanische Verfahren, wie das Absammeln

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der „Nester“, das im Schweinfurter Raum bereits seit Jahren erfolgreich praktiziert wird, bevorzugt werden.

Der BN fordert, dass

1. endlich vor der diesjährigen Bekämpfung repräsentative und ausreichend große Nullflächen im Staats- bzw. Körperschaftswald ausgewiesen werden, die vor und nach der Bekämpfung waldökologisch umfassend zu untersuchen sind.

2. in betroffenen Natura2000-Gebieten eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, ob ein derartiger Gifteinsatz rechtlich möglich ist.

3. die Schwammspinnerbekämpfung nur die ultima Ratio in besonders kritischen Situationen ist.

4. die Verwendung der eingesparten und Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel für den Umbau der Eichenreinbestände in naturnahe Mischwälder zu verwenden sind.

5. die jagdlichen Voraussetzungen für einen artenreichen Mischwald zu schaffen sind.

6. kein Gifteinsatz in staatlichen Wäldern stattfinden soll. Diese sollen als Beobachtungsflächen zeigen, was passiert, wenn nicht bekämpft wird.

Das selbe soll in den Wäldern derjenigen Gemeinden stattfinden, die einer Bekämpfung kritisch gegenüberstehen.

gez.

Dr. Ralf Straußberger BN-Waldreferent

Tel. 0911/81 87 8-22 Fax 0911/86 95 68

E-Mail: ralf.straussberger@bund-naturschutz.de

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Anlage 1:

Vogelmortalität bei Dimilineinsatz

Schwammspinnerbekämpfung 1994

Nistkastenkontrollen im Gemeindewald Schwebheim, Lkr. Schweinfurt

n=358 n=130 n=120

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

flächig behandelt

teilflächig behandelt

unbehandelt

%

mit leeren Eiern

mit toten Jungen

unbelegte Nistkästen ausgeflogene Bruten

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