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Die Verantwortung für die Tragödie im Südsudan liegt bei der politischen Elite des Landes

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Die Verantwortung für die Tragödie im Südsudan liegt bei der politischen Elite des Landes

Von Mark Furness, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 07.05.2014

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Die Verantwortung für die Tragödie im Südsudan liegt bei der politischen Elite des Landes

Bonn, 07.05.2014. Der Bürgerkrieg im Südsudan, der am 15. Dezember 2013 ausbrach, forderte bisher Zehntausende Tote, mehr als eine Million Menschen wurden vertrieben. Hinter all dem Chaos und Morden verbirgt sich eine noch größere Tragödie: Die politische Elite des Landes hat sich für die gewaltsame Auseinan- dersetzung entschieden, statt für Frieden und die Ent- wicklung eines modernen Staates.

Ein unbeschriebenes Blatt

Seit der Unabhängigkeit vom Sudan im Juli 2011 steht der Südsudan im internationalen Rampenlicht. Geber hielten den Südsudan für ein ‚unbeschriebenes Blatt‘

und glaubten, dass dort Fehler der Vergangenheit ver- mieden werden könnten. Die Vereinigten Staaten be- trachteten sich als ‚Geburtshelfer‘ des neuen Landes.

Chinas Interesse am südsudanesischen Öl führte dazu, dass die interventionsscheue Großmacht zwischen Khartum und Juba vermittelte. Das Vereinigte König- reich, Deutschland und die nordischen Länder führten große Entwicklungsprogramme durch, um die Wirt- schaft des Südsudans zu diversifizieren, Infrastruktur aufzubauen und die Regierungsfähigkeit zu stärken.

Trotz der enormen Herausforderungen, gab es Hoff- nung auf ein Wunder. Von 2011 bis 2013 war Juba eine boomende Stadt, voller westlicher Diplomaten, Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, und Geschäfts- leuten aus ostafrikanischen Nachbarländern, Asien und dem Nahen Osten. Neue Pipelines für den Export von Öl sollten den Aufschwung finanzieren.

Beunruhigende Zeichen

Schon in dieser Phase der Euphorie gab es allerdings Warnsignale. Die Beziehungen zum Sudan waren schlecht, das Einstellen der Ölexporte durch den Süd- sudan im Januar 2012 wegen Streits um die Transfer- gebühren alarmierte die internationale Gemeinschaft.

Undurchsichtige Führungspraktiken in der SPLM (Su- dan Peoples’ Liberation Movement) spiegelten sich in staatlichen Sicherheitsdiensten wider, die niemandem Rechenschaft ablegten und enge Verbindungen zu politischen Eliten hatten. Einige wurden durch Verträge mit der Regierung reich, der Verdacht der Korruption kam auf. Gewaltsame Viehdiebstähle und Gräueltaten der Armee in ländlichen Gebieten, über die Berichte erschienen, wurden zwar verurteilt, aber letztlich in einem fragilen Staat als unvermeidlich akzeptiert.

Im Nachhinein ist klar, dass das Vertrauen der interna- tionalen Gemeinschaft in die SPLM fehl am Platze war.

Südsudanesische Journalisten warnten vor den Folgen einer Spaltung in der SPLM zwischen Politikern mit ethnischen Machtbasen, insbesondere nach der Abset- zung des früheren Vizepräsidenten Riek Machar im Juli 2013. Obwohl internationale Experten die Spaltung aufgriffen, gab es keinen Notfallplan für den schlimms- ten Fall eines Bürgerkriegs entlang ethnischer Grenzen.

Was sollte die internationale Gemeinschaft tun?

Solange die Führung im Südsudan der Gewalt den Vorzug vor dem Frieden gibt, sind die Optionen der internationalen Gemeinschaft begrenzt. Dennoch soll- te versucht werden, die Kosten des Krieges für die Elite in die Höhe zu treiben. Die USA, China, die Europäische Union (EU) und die Nachbarstaaten haben Interesse an Stabilität und Entwicklung. Die südsudanesische Füh- rung muss unter Druck gesetzt werden, damit sie ihre Differenzen ausräumt und ihr Land endlich zum Nut- zen aller Einwohner aufbaut. Gezielte Sanktionen wie beispielsweise Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögen könnten Anreize dafür sein. Die Massaker und Angriffe auf Krankenhäuser in Juba, Bor, Malakai und Bentiu sind vollkommen inakzeptabel, und es bedarf einer UN-Resolution, damit der Internationale Strafgerichtshof, den der Südsudan nicht anerkennt, diese Vorfälle untersuchen kann. Da Straftäter nur mit Unterstützung der SPLM vor Gericht kämen, wäre dies ein Test, wie es um das Engagement der Elite für den Frieden steht.

Kurzfristige Reaktionen auf die derzeitige Krise sind dringend erforderlich. Gewalttätige Ausschreitungen verhinderten, dass eine Aussaat vor der Regenzeit er- folgen konnte. Die UN schätzen, dass bis Ende 2014 7 Mio. Menschen – mehr als die Hälfte der Bevölkerung – einer Hungersnot ausgesetzt sein wird. Schon jetzt muss ein humanitärer Einsatz vorbereitet werden. Dies zu erreichen, wird angesichts anderer Krisen, die eben- falls internationale Aufmerksamkeit und Gelder erfor- dern, sehr schwierig.

Schließlich sind langfristige Maßnahmen geboten. Die Unabhängigkeit des Südsudans bot für eine leidgeprüf- te Region die Chance, einer brutalen Vergangenheit zu entkommen. Die Nachbarstaaten in der Ostafrikani- schen Gemeinschaft erwägen, eine Mitgliedschaft des Südsudans. Ihre Bemühungen um einen regionalen Entwicklungsplan müssen intensiviert werden. Die Länder im Nilbecken haben komparative Vorteile, die zur Grundlage eines nordostafrikanischen Deals werden könnten, auf Grundlage äthiopischer Wasserkraft, südsudanesischem Öls, sudanesischer Landwirtschaft und ägyptischer Investitionen.

Selbst wenn der politische Wille zur Zusammenarbeit aufgebracht wird, können Nachbarstaaten und interna- tionale Partner des Südsudans nur das unterstützen, was die Elite des Landes erreichen will. In Ruanda und Kenia war nach gewalttätigen Ausschreitungen eine – wenn auch fragile – inter-ethnische Zusammenarbeit möglich. Wenn der Südsudan dem Fluch seiner Konflik- te entkommen soll, muss seine politische Führung diesen Weg selbst wählen – für sich selbst und für ihr Volk.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 07.05.2014

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