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Ärztliche Schlüsselrolle bei einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe

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Bayerisches Är zteblatt 11/2013

539 Leitartikel

Ärztliche Schlüsselrolle bei

einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe

Autor

Dr. Max Kaplan, Präsident der BLÄK Die Entscheidung des EU-Parlaments, vor

den Gefahren des Rauchens – auch mit abschreckenden Bildern – zu warnen, jun- ge Menschen noch stärker als bisher vom Rauchen abzuhalten sowie bestimmte Zu- satzstoffe in Tabakwaren gänzlich zu ver- bieten, begrüße ich sowohl als Präsident der Bayerischen Landesärztekammer als auch als Arzt sehr. Durch die neue Richt- linie wird ein wesentlicher Beitrag zur Ver- besserung des Gesundheits- und Verbrau- cherschutzes in Europa geleistet, werden doch unter anderem große Schockbilder auf Zigaretten-Packungen, ein Verbot von Menthol- und Slimzigaretten und die Ein- stufung von E-Zigaretten als Arzneimittel vorgeschrieben. Vor allem Jugendliche sollen mit „Furchtappellen“ vom Rauchen abgehalten werden.

Umso unverständlicher ist es, dass die Politik wieder einmal an der Verabschie- dung eines Präventionsgesetzes – diesmal am Ende der Legislaturperiode – geschei- tert ist. Der Bundesrat hatte zu dem Prä- ventionsförderungsgesetz den Vermitt- lungsausschuss angerufen. Damit konnte das Gesetz nicht mehr zum Abschluss gebracht werden und verfiel der Diskon- tinuität. Der Bundesrat hielt es – auch un- ter Berücksichtigung der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Änderungen – für dringend erforderlich, wesentliche Anfor- derungen an ein erfolgversprechendes und wirkungsvolles Gesetz zu berücksichtigen:

»

ein eigenständiges Präventions- und Gesundheitsförderungsgesetz unter inhaltlicher und finanzieller Beteiligung aller Sozialversicherungsträger und der privaten Krankenversicherung (PKV);

»

mehrjährige Landespräventions- und Gesundheitsförderungsprogramme, die in Kooperation von Ländern, aller Sozi- alversicherungsträger, Leistungserbrin- ger und anderen erarbeitet und reali- siert werden;

»

eine gemeinschaftliche Finanzierung der abgestimmten Landespräventions- und Gesundheitsförderungsprogramme auf der Grundlage verbindlicher Koope- rationsverfahren.

In der Begründung heißt es, dass der Ge- setzentwurf fast ausschließlich auf ein

„modifiziertes Leistungsspektrum“ der ge- setzlichen Krankenversicherung (GKV) ab- zielt und weitere Sozialversicherungsträger (Unfall-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosen- versicherung) sowie die PKV bei der verant- wortlichen Mitgestaltung einschließlich der Finanzierung keine Rolle spielen, obgleich diese teilweise gesetzlich zur Prävention verpflichtet sind und in besonderem Maße von einer verbesserten Gesundheit ihrer Versicherten profitieren. In der Kritik steht insbesondere, dass mit GKV-Beiträgen die Bundesbehörde „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ (BZgA) finan- ziert werden soll. Ferner ist der föderale Gedanke nicht ausreichend berücksich- tigt, zum Beispiel das Zusammenwirken der Krankenkassen mit den Ländern und Kommunen beim Aufbau und der Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen in den Lebenswelten. Ungeklärt ist auch, wie die bisherigen Programme und Maßnahmen der Länder und Kommunen im Hinblick auf die Stärkung der Präventionspotenziale einbezogen werden sollen. Weder ist eine Verknüpfung mit deren Gesundheitszielpro- zessen noch mit deren Länderpräventions- strategien vorgesehen. Auch die Maßnah- men des öffentlichen Gesundheitsdienstes oder die kommunalen Aktivitäten der „Ge- sunden Städte“ werden nicht ausreichend berücksichtigt. Insgesamt zielt die Vorlage überwiegend auf individuelle Verhaltensän- derungen ab. Überzeugende zielgruppen- spezifische Strategien, bestehende soziale Ungleichheit bezüglich der Gesundheits- chancen in der Bevölkerung zu reduzieren, fehlten, auch wenn der Richtwert für die

„setting“-bezogenen Maßnahmen um ei- nen Euro auf zwei Euro erhöht wurde. Dazu werden Anreize und Impulse in dezentralen Strukturen benötigt, mit denen die Aktivi- täten aller Sozialversicherungsträger, der Länder, der Kommunen und des Bundes ko- ordiniert werden können. Dafür reichen die Ergänzungen der §§ 20 bis 26 SGB V, die die Konkretisierung von Leistungen der Pri- märprävention bei bestimmten Krankheits- bildern, die Ausweitung der bestehenden Vorsorgeuntersuchungen auf die Erfassung und Bewertung gesundheitlicher Risiken und Belastungen, die Ausweitung der Kin- dervorsorgeuntersuchungen auf das zehnte Lebensjahr und die Einführung einer „ärzt- lichen Präventionsempfehlung“ sowie einer

betriebsärztlichen Vorsorgeuntersuchung nicht aus – so viel aus dem Bundesrat.

Die Prävention in einer Gesellschaft des langen Lebens muss nachhaltig ausge- richtet sein und die Angebote müssen vor allem von den Menschen, die es betrifft, akzeptiert und tatsächlich genutzt werden.

Zudem kommt bei der Auswertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Ver- sorgungsforschung eine wesentliche Be- deutung zu. Beispiele sind hier die Schwan- gerschaftsvorsorge oder die Maßnahmen zur HIV-Vorbeugung. Gerade bei jungen Patienten gibt es eine Vielzahl neuer Krank- heitsbilder wie Adipositas, funktionale Ent- wicklungsstörungen oder Mediensucht, die durch präventive Maßnahmen beeinflusst werden können. Lärmschutz, Luftreinhal- tung, Umweltschutz aber auch Städte- und Verkehrsplanung sind Aufgaben, die im Sinne der Verhältnisprävention gelebt wer- den müssen.

Bereits zu Beginn der neuen Legislaturpe- riode muss zielorientiert ein eigenständiges Präventionsgesetz mit einem notwendigen Perspektivenwechsel hin zu einer sozial engagierten und verbindlichen gesund- heitsförderlichen Gesamtpolitik geschaffen werden. Hierbei müssen Aspekte der Ver- hältnis- und Verhaltensprävention berück- sichtigt sein. Wir Ärztinnen und Ärzte über- nehmen gerne insbesondere im Bereich der Verhaltensprävention – in den verschie- denen „settings“, wie Kindertagesstätten, Schule, Arbeitsplatz und auch Pflegeheim – eine Schlüsselrolle; ja wir sehen uns in der Pflicht, die Rolle des „Präventionslotsen“ zu übernehmen. Das „setting“ Arztpraxis oder Krankenhaus sollte hierbei Dreh- und An- gelpunkt werden.

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