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Digitale Kunstgeschichte (Schule des Sehens)

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Digitale Kunstgeschichte (Schule des Sehens)

Hubertus Kohle

Replik von Hubertus Kohle (Institut fuer Kunstgeschichte der LMU Muenchen) zu:

Thomas Lackner, Logistik statt Inhalt. Zu aktuellen Konzepten der Wissensorganisation in der digitalen Kunstgeschichte. In: kritische berichte. Zeitschrift für Kunst- und Kulturwissenschaften, Heft 1/2002 [im Erscheinen].

Online-Version:

http://www.kunstgeschichte.de/kgs/publikationen/km1.html

Ich nutze diese Liste, um in eine Diskussion einzusteigen, die von dem sehr interessanten Artikel angeregt ist, den Thomas Lackner fuer das naechste Heft der Kritischen Berichte verfasst hat.

Bei der Einschaetzung der momentan vom BMBF unterstuetzten Projekte zur Anwendung neuer Medien in der Kunstgeschichte teile ich die Einschaetzung des Autors, dass es sich bei dem einen (Prometheus) um ein logistisch orientiertes, bei dem anderen (Schule des Sehens) um ein inhaltsbasiertes handelt. Auch die Affinitaet des ersten Projektes zu dem, was man eine digitale, des zweiten zu dem, was man eine digitalisierte Kunstgeschichte nennen koennte, scheint mir angemessen. Ich glaube nur, dass der Gegensatz der beiden Konzepte bei naeherem Hinsehen nicht so strikt ist, wie das insbesondere von den Matadoren einer radikal erneuertern (und das waere die digitale) Kunstgeschichte gerne behauptet wird.

Bezug nehmen moechte ich vor allem auf die folgende Passage, mit der Lackner die Schule des Sehens charakterisiert:

"Andererseits bleiben sie einem hierarchisch defininierten Qualitaets- und Inhaltsbegriff verhaftet: Im Gegensatz zur logistischen Vorgehensweise von Prometheus (Phase 1) planen sie in erster Linie die Konzeption

inhaltsbasierter Komponenten: So dienen der Schule des Sehens das ueber offizielle Instanzen qualitativ verriegelte Funkkolleg Kunst, die in ihm bereits bewaehrten Studieneineiten sowie die Fachautoren der Studientexte als materielle Grundlage, waehrend eine spezifische Softwareentwicklung im groesseren Umfang nicht stattfindet. Eine redaktionelle Bearbeitung der Inhalte findet selbstverstaendlich statt. "Best-practice"-Konzepte, denen im Wissensmanagement eine so zentrale Bedeutung beigemessen wird, sind zwar theoretisch im Vollzug einer Lehreinheit moeglich, werden hingegen nicht

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ArtHist.net

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explizit zur Projektgrundlage gemacht. Der Workflow der Wissensverteilung erfolgt in den klassischen hierarchischen Strukturen von Lehrer (top) zu Schueler (down). Um es vereinfacht und in Analogie zum Medium der Lichtbildpraesentation auszudruecken: artcampus und Schule des Sehens liefern neuartige Dias, Prometheus konstruiert einen neuen Dia-Projektor.

artcampus und Schule des Sehens denken an die Optimierung der kunstgeschichtlichen Lehre auf Basis neu zu erstellender, transformierter Inhalte, Prometheus denkt an die Optimierung der kunstgeschichtlichen Lehre auf Basis eines neuen Zugriffskonzepts auf vorhandene Ressourcen."

Das gesamte Projekt wird von dem Muenchener Lehrstuhl fuer Empirische Paedagogik (Mandl) begleitet, der sich bisher intensiv um internet-basierte Wissensmanagement-Systeme bemueht und diese erfolgreich in die Lehrpraxis eingefuehrt hat. Ausgangspunkt dieser Paedagogik ist eine der

konstruktivistischen Lerntheorie verpflichtete Grundueberzeugung, die auch zumindestens in einige der Projekte der Schule des Sehens einfliesst. Um es schlagwortartig zusammenzufassen: Nicht mehr die vorgefertigten Lerninhalte stehen im Mittelpunkt, die in einem gaengigen top-down Verfahren an die Studierenden vermittelt werden. Wir stellen statt dessen tendenziell eher Materialien zur Verfuegung, die durch (hoffentlich) geschickt gestellt

Fragen erschlossen werden und die Studierenden zu einer aktiveren Produktion und Verinnerlichung des Wissens anhalten sollen. Zentrales Instrument dieser Form von Wissensgenerierung ist das Diskussionforum, das hier zur

eigentlichen Vermittlungsinstanz wird. Die Rolle des Lehrenden wandelt sich unter diesen Bedingungen ganz entschieden. Er verliert den Status des autoritativ dozierenden und wird zum Tutor, so dass die Formulierung Lackners "Der Workflow der Wissensverteilung erfolgt in den klassischen hierarchischen Strukturen von Lehrer (top) zu Schueler (down)" von der Idee her obsolet wird.

Wir glauben, dass diese Art der Lehre zwar grundsaetzlich auch in der traditionellen Form moeglich ist (und in guten Seminaren ja auch praktiziert wird), dass aber die spezifische mehrkanalige Struktur der online-Medien insbesondere geeignet ist, sie zu realisieren. Auch eine digitalisierte

Kunstgeschichte kann unter dem produktiven Einfluss des neuen Mediums mehr sein, als nur eine Uebertragung alter Inhalte in eine neue Form.

Hubertus Kohle

Institut fuer Kunstgeschichte der LMU Muenchen Georgenstr. 7

80799 Muenchen Tel: 089 21805317 Fax: 089 21805316

Quellennachweis:

ANN: Digitale Kunstgeschichte (Schule des Sehens). In: ArtHist.net, 21.03.2002. Letzter Zugriff

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ArtHist.net

3/3 27.02.2022. <https://arthist.net/archive/24934>.

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