Ausgewählte Kapitel der elektrischen Energieversorgung
3. Anforderungen an die elektrische Energieversorgung
Entwicklung im Umfeld der Liberalisierung Versorgungszuverlässigkeit und -qualität
Fachhochschule Lausitz Senftenberg Prof. Dr.-Ing. Kathrin Lehmann
Prof. Dr.-Ing. K. Lehmann
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (1)
Umfeld der Anforderungen Prinzipiell wirkt der Prozess der Liberalisierung auf Prozesse in der Energieversorgung
Kostendruck
Gewinn Overhead-
Kosten Betriebs- und
Störungs- management
Instandhaltung Investitionen
Gewinn
Overhead- Kosten Betriebs- und
Störungs- management Instandhaltung
Investitionen
Kosten- einfluss
für Verbraucher
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (2)
Umfeld der Anforderungen
Kunden legen Wert auf Versorgungssicherheit und Versorgungsstabilität!
sehr gut/
sehr wichtig
Bild 3 Soll-Ist-Profil der EltVU (Quelle ADL-Studie)
•Höhe des Preises
•Flexibilität der Preisstruktur
•Versorgungssicherheit
•Stabilität (Spannung, Frequenz)
•Kompetenz der Beratung
•Angebot von Dienstleistungen
•Transparenz bei der Abrechnung
•Eindeutigkeit des Ansprechpartners
•Verhältnis zum Vertriebsmann
1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 Anforderungen an die
EltVU im liberalisierten Markt
Gegenwärtige Bewertung der EltVU durch den
industriellen Kunden
schlecht/
unwichtig
• aber: Preis soll trotzdem niedrig sein
• „qualitativ hochwertiger Strom“
wird zu „Ware“ als neues Markt- element
• Versorgungsqualität wird verhan- delbar (Netzanschlussverträge)
• eindeutige Forderungen und de- finierte Vorgaben nicht immer vorhanden oder unklar!
Soll-Ist-Profil der Anforderungen an EVU
Prof. Dr.-Ing. K. Lehmann
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (3)
Umfeld der Anforderungen Konflikt: Die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Gewinns stehen
sowohl auf der Kosten- als auch auf der Erlösseite der Energieversorgung (Netz) an
Netz-GuV
Gewinn Kosten
• Verteilung
• Sonstige Dienst- leistungen
Erlöse
• Netznutzungsentgelte für Energielieferung und Systemdienst- leistungen
• Sonstige Dienst- leistungen
• Kundenakquisition (Netzanschluß- verträge, Netzdienstleistungen, ...)
• Sicherstellen der Vertretung von Interessen bei entstehenden Richtlinien
• Sicherstellen der Interessen bei Verhandlung über Netznutzung
• Aktives Beeinflussen der regulierenden Stelle bei
Entscheidungen und Vorgaben
• …..
Erlöse managen
• technische und wirtschaftliche Netzplanung so, daß dauerhafte Profitabilität erreicht wird (u.a. Anla- gensegmentierung, Investitions- und Instandhaltungsstrategie)
• Anlagen so betreiben, dass die Leistungsbereitstellung bei mini- malen Kosten erfolgt
• Versorgungsqualität ist den An- forderungen des Kunden anzu- passen
• Beziehung zu internen und externen Dienstleistern unter Qualitätsaspekten kosten- optimal steuern
Anlagen managen
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (4)
Umfeld der Anforderungen Es entsteht ein Konfliktfeld Kunde ÍÎ EVU!
Kunde
• Produktionsprozesse mit steigendem Grad der Automatisierung stellen höhere
Ansprüche an Qualität und Zuverlässigkeit der Versorgung
• Ausfallkosten bei Nichteinhaltung bestimmter Spannungsqualitäten (auch kurzzeitig) steigen
• Spannungseinbrüche als Hauptfaktor (im
vorgelagerten Netz – z.B. Sturm- oder Gewitter- störungen, im eigenen Netz)
• Versorgungsunterbrechungen führen zu Produktionsausfall Æ Kosten
EVU
• Qualitätsmerkmale nur eingeschränkt und mit hohem Aufwand zu verbessern
• Energie mit festgelegter Qualität wird an alle angeschlossenen Netzkunden geliefert
• Bezahlung für nicht geforderte Qualitäts- merkmale nicht gewünscht – Bezahlung für Forderungen Dritter!
• Maßnahmen nicht vorrangig auf Ver- besserung der Qualität ausgerichtet
ÆWenig Aufwand für Beibehaltung bestimmter Merkmale
Æ oft: Verzicht auf Zusicherung mit entspre- chender Kostensenkung
Prof. Dr.-Ing. K. Lehmann
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (5)
Definition „Versorgungsqualität“
DIN EN 50160
Merkmale der Spannung in öffentlichen EV-Netzen Definition „Versorgungsqualität“
Bild 1 Elektrizität als Versorgungsqualität
Versorgungsqualität Versorgungsqualität
Spannungsqualität Spannungsqualität
•Langs. und schnelle Spannungsänd.
•Flickerstärke
•Spannungseinbrüche
•Kurze, lange Unterbrechungen
•Netzfrequente Überspannungen
•Transiente Überspannungen
•Spannungsunsymmetrie
•Oberschwingungsspannung
•Zwischenharmonische Spannungen
•Signalspannung Versorgungs-
zuverlässigkeit Versorgungs- zuverlässigkeit
•Spannungshaltung
•Frequenzhaltung
•Versorgungswieder- aufbau
•Betriebsführung
•Verfügbarkeit
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (6)
Definition „Versorgungsqualität“
• DIN EN 50160 beschreibt die Qualitätsmerkmale der Spannung in MS- und NS-Netzen an der Übergabestelle zum Kunden unter normalen Betriebsbedingungen
• in relativ großer Spannbreite werden im
Zeit- und Frequenzbereich
Mindestwerte und Maximalpegel definiert!
• sie stellt den „kleinsten Europäischen Nenner“ dar – begründet in der unterschiedlichen Qualität der europäischen Netze
• Von – Bis – Pegel, störspezifische Orientierungswerte Æ Problematisch vor allem für industrielle Großkunden
Æ nicht mehr Aufrechterhaltung eines maximalen Qualitätsstandards ist das Ziel, sondern vertretbarer Mindeststandard auf dem untersten Level eines gemeinschaftlichen
europäischen Konsens
Prof. Dr.-Ing. K. Lehmann
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (7)
Definition „Spannungsqualität“
e
c Transiente Überspannungen im ms-Bereich bis zum Vielfachen UN
d Kommutierungseinbrüche
Æ beide Formen lokal begrenzt Æ Auftreten in Nähe der Störquelle
e Spannungseinbrüche bis auf 0V – ms- bis s-Bereich
Æ wenn längerer Spannungsausfall f = Versorgungsunterbrechung
g periodische Schwankung der Spannung mit geringer Amplitude = Flicker
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (8)
Definition „Spannungsqualität“
Verlauf der Spannung
• Kurze und lange Spannungs- unterbrechung
• Zeitweilige Unterbrechungen
• Anhaltende Unterbrechung Spannungsform
• Transiente Über-
spannung / Spannungs- einbruch
• Unsymmetrie
• Netz-/Zwischen- harmonische
Spannungsstabilität
• Unter- und Über- spannung
• Spg.senkung
• Spg.anhebung
• langsame und schnelle Spannungs- änderungen
• Flicker
• Frequenz Netzan-
schlusspunkt
Prof. Dr.-Ing. K. Lehmann
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (9)
Definition „Spannungsqualität“
definiert definiert definiert definiert
nur Anhaltswerte nur Anhaltswerte nur Beschreibung
definiert definiert
Werte in Beratung definiert
Netzfrequenz
Spannungshöhe
Langsame Spannungsänderungen
Schnelle Spannungsänderungen Spannungsschwankungen, Flicker
Spannungseinbrüche
(0,9 U
N< U < 0,01 U
N)
Versorgungsunterbrechungen (U < 0,01 U
N)
Überspannungen
Spannungsunsymmetrie
Oberschwingungsspannung
Spannung von Zwischenharmonischen
Signalspannungen
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (10)
hervorgerufen üblicherweise durch Änderungen der Gesamtlast in einem Verteilnetz oder in einem Teil des Verteilnetzes
bisher Hauptursache von Kundenbeschwerden
Toleranzen definiert in DIN EN 50160 und IEC 38
DIN EN 50160
• Nennspannung 230 / 400 V
• Toleranz +10 % / -10%
bis 2003 +6 % / -10 %
• Meßmethode definiert
• zugelassene statistische Verteilung definiert
Messung von 1010--MinutenMinuten-Mittelwerten-Mittelwerten Maximum-/Minimumwerte sind nicht relevant
Betrachtung 1 Wochenintervall = 1008 Messwerte1 Wochenintervall = 1008 Messwerte
2 Kriterien:
ÖÖ95 % der Messwerte95 %
innerhalb der Toleranz +6/-10% UN (ab 2008 obere Toleranz +10 %) ÖÖ100 % der Messwerte100 %
Aussagen zur Spannungsqualität nur überstatistische Verteilung der
10-Minuten-Mittelwerte möglich
Langsame Spannungsänderungen
230 V 253 V (+10%)
195,5V (-15%)
100% / 1008 Messwerte
95% / 958 Messwerte
244V (+6%)
207V (-10%)
Prof. Dr.-Ing. K. Lehmann
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (11)
Flicker
Ursache für Flicker = Spannungsschwankungen durch
Ein-/ Ausschaltvorgänge größerer Lasten
Motorenanlauf
Thermostatsteuerungen, z.B. Kochfelder
Lichtbogenöfen
Schweißmaschinen
regelmäßig < > unregelmäßig
Störwirkung ist abhängig vom persönlichen Empfinden
Kurzzeitflickerstärke Pst entspricht 10 min
Langzeitflickerstärke Plt berechnet aus 12 Intervallen Pst über 2-h-Intervall nach
Betrachtung von 1 Wochenintervall1 Wochenintervall
3 12
1 i
3 sti
lt 12
P
∑
p=
=
95 % der Messwerte P 95 %
ltnicht größer als P
lt=1
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (12)
Kunden Æ „Spannungsqualität“
Qualität für Kunden wichtiges Kriterium –
aber Anforderungen weichen voneinander ab!
Beleuchtung Î keine Flicker
Motoren Î keine Unsymmetrien/ keine Oberschwingungen
Fertigungen Î keine Voltage Dips (Spannungseinbrüche im ms-Bereich)
Rechnersysteme Î Keine Dips, keine Überspannungen
Uhren/ netzfrequenz-
abhängige SteuerungenÎ keine Mehrfachnulldurchgänge, keine Transienten (Kommutierungseinbrüche)
elektronische Geräte Î keine Überspannungen, keine längeren Spannungs- einbrüche
Prof. Dr.-Ing. K. Lehmann
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung (13)
Ganzheitlicher Kosten-Nutzen-Gap / Qualität Elektrizität Ganzheitliche
Kosten-Nutzen-Bewertung über
9 notwendige Maßnahme Netz
9 notwendige Maßnahme Maschine
Summe aller Kosten
=
ein Indikator für den Effizienzwert
Kosten Netz Kosten Ausfall
Anlagen
Low Quality High Quality
Kosten
Qualitätsanforderung EE-Netz