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Ungewöhnliche Keramikfunde aus den Grabungen des Jahres 2008 in Bruchsal. Teil 2: Zwei Tritonen im Becken

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DENKMALPFLEGE

BADEN-W ÜRTTEMBERG

N A C H R I C H T E N B L A T T D E R L A N D E S D E N K M A L P F L E G E

3 8 . J A H R G A N G • 4 1 2 0 0 9

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Denkmalporträt

Ungewöhnliche Keramikfunde aus den Grabungen des Jahres 2008 in Bruchsal Teil 2: Zwei Tritonen im Becken

Im letzten Heft dieser Zeitschrift (S. 186) wurden die Fragmente eines spätmittelalterlichen Blumen- topfes aus den archäologischen Untersuchungen 2008 im Areal John-Bopp-/Blumenstraße in Bruch- sal vorgestellt. Hier soll nun, wie bereits angekün- digt, mit einem renaissancezeitlichen Handwasch- wasserbecken ein weiteres außergewöhnliches Fundstück besprochen werden.

Es handelt sich um mehrere Scherben eines Auf- fangbeckens für das Handwaschwasser aus dem späten 16./frühen 17. Jahrhundert. Das Wasser kam aus einem darüber aufgehängten Gefäß, das im zeitgenössischen Sprachgebrauch als „Was- serblase" bezeichnet wurde. Ein eindrucksvolles Beispiel eines solchen Wasserspenders kam un- längst aus der Latrine des Wittenberger Anwe- sens der Familie Martin Luthers zutage (Abb. 3).

Die Innenwandung der abgeflachten hohen Rück- partie, mit der das Bruchsaler Becken gegen die Wand einer Nische oder eines speziellen Holzmö- bels („Waschkasten") geschoben wurde, trägt die Reliefdarstellung zweier gegenständig ange- ordneter Tritonen (Wesen der antiken Mythologie mit männlichem oder weiblichem Oberkörper und Fischschwanz).

Das Motiv des Tritonenpaares ist in der zeitge- nössischen Kachelkunst recht geläufig. Dort tritt

es als Element der Ofenbekrönung auf. Bei den äußerst seltenen keramischen Becken mit plasti- schem Dekor der Innenseite (Abb. 3) aus der frü- hen Neuzeit, die fast alle von bayerischen Fund- orten stammen, ist es dagegen bisher überhaupt noch nicht belegt. Das erstaunt etwas, denn die Tritonen als meeresbewohnende Mischwesen eignen sich hervorragend dafür, einen Wasserbe- zug herzustellen. Als berühmtes kunsthistori- sches Beispiel kann hier Giovanni Lorenzo Berni- nis römischer Tritonenbrunnen auf der Piazza Bar- berini aus dem Jahre 1640 angeführt werden. Ein enger Zusammenhang zwischen Ofen- und Ge- fäßkeramik lässt sich auch in Bruchsal beobach- ten. Die pflanzlichen Dekorelemente unterhalb der Tritonen wie auch die Mischwesen selbst er- scheinen im Fundgut aus der John-Bopp/Blumen- straße nämlich auch an zeitgleichen Kacheln.

Obwohl für das ausgehende Spätmittelalter und die frühe Neuzeit bei den Töpfern vielfach mit ei- ner Spezialisierung in Geschirrhafner einer- und Ofenhafner andererseits gerechnet wird, muss man doch davon ausgehen, dass beide Berufs- zweige dieselben Modeln für die Reliefdekoratio- nen ihrer jeweiligen Erzeugnisse benutzten. Die Beckenfragmente stammen aus einer im früheren 17. Jahrhundert aufgegebenen Latrine. Die Lage

Denkmalpflege in Baden-Württemberg 4 | 2009 2 4 7

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1 Handwaschbecken mit reliefdekorierter Innen­

wandung aus dem Archäologischen Museum Kelheim/Donau (nach Endres 1996).

des Anwesens, zu dem sie gehörte, mitten im Stadtzentrum und das Vorkommen von weiteren hochwertigen Funden, darunter Importkeramik (renaissancezeitliches Steinzeug aus Siegburg und anderen rheinischen Produktionsstätten), deuten auf eine sehr wohlhabende Benutzer- schicht hin. Angesichts der unmittelbaren Nähe zur Bruchsaler Stadtkirche St. Maria ist ein geistli- cher Haushalt denkbar.

Literatur

F. Damminger/J. Scheschkewitz/M. Thoma: Dem Kö- nigshof noch nie so nahe - Zu den archäologischen Ausgrabungen im Umfeld der Stadtkirche von Bruch- sal, Kr. Karlsruhe. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2008, S. 209-214.

W. Endres: Gefäße und Formen. Eine Typologie für Museen und Sammlungen (München 1996).

Ritter, Burgen und Dörfer. Mittelalterliches Leben in Stadt und Land. Sonderausstellung zum 650. Todes- tag Konrads II. von Schlüsselberg (Tüchersfeld 1997).

H.-G. Stephan, Lutherarchäologische Funde und Be- funde aus Mansfeld und Wittenberg. Gedanken und

Materialien zur Erforschung der Lebenswelt des Re- formators und zur Alltagskultur Mitteldeutschlands im 16. Jh. In: H. Meller/S. Rhein/H.-G. Stephan (Hrsg.), Luthers Lebenswelten. Tagungen des Landesmuse- ums für Vorgeschichte Halle, Band 1 (Halle (Saale) 2008) S. 13-77.

Uwe Gross

Regierungspräsidium Stuttgart Landesamt für Denkmalpflege Referat 85 - Grundsatz, Schwerpunkt­

grabungen, Feuchtbodenarchäologie

2 Handwaschbecken mit reliefdekorierter Innen­

wandung aus Neunkir­

chen am Brand/Oberfran­

ken (nach Ritter, Burgen und Dörfer 1997).

3 Wasserbehälter aus dem Luther-Anwesen in Wittenberg (nach Stephan 2008)

2 4 8 Denkmalpflege in Baden-Württemberg 4 | 2009

Referenzen

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