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Optimierung der Logistikleistung im Hinblick auf das Variantenmanagement

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Stefanie Volland

Optimierung der Logistikleistung im Hinblick auf das Variantenmanagement

Ansatz zur Beherrschung der Variantenanzahl am Beispiel der Stahlindustrie

Die individuellen Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden, die technischen Möglichkeiten der Produk- tionsanlagen und das Bestreben des Verkaufs ein vielfältige Produktpalette anbieten zu können sind Grün- de, welche für das stetige Vorantreiben des Variantenwachstums verantwortlich sind und immer mehr produzierende Unternehmen dazu zwingen, eine für diese nur schwer koordinierbare Anzahl an Varian- ten anzubieten. Eine hohe Variantenanzahl kann zwar in der Regel eine höhere Befriedigung der Kun- denwünsche garantieren, jedoch ist das Anbieten einer großen Produktvielfalt mit dementsprechenden Problemen verbunden, was in einem Anstieg der Komplexität des Fertigungsprozesses resultieren kann.

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n der Logistik wird die Produktion als System betrachtet, welches im Wesentlichen durch die Zielgrößen Logistikkosten, die sich aus den Her- stellungs- und Kapitalbindungskos- ten zusammensetzen, Flexibilität der Fertigung und Logistikleistung eines Unternehmens, welche sich in den Kennzahlen Durchlaufzeit und Ter- mintreue spiegelt, beschrieben wird.

Möglichst niedrige Produktionskosten, kurze Durchlaufzeiten, eine flexible Fertigung und eine hohe Termintreue stehen beispielhaft für anzustrebende Ziele einer Produktion eines Unterneh- mens. Einen wesentlichen Einfluss auf die Erreichung der hier angeführten Zielgrößen hat die Festlegung der Los- bzw. Chargengröße. Unter dem Begriff Losgröße versteht man die Gesamtheit sämtlicher Einheiten eines Produktes,

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die unter gleichen Bedingungen er- zeugt, hergestellt oder verpackt werden.

In der Prozessindustrie, zu welcher die im Artikel angeführte Stahlindustrie gehört, spricht man von der Char- gengröße. Liegt eine kleine Chargen- größe vor, so können die Aufträge in der Regel einfacher in die Produktion eingelastet werden, was wiederum ein höheres Maß an Flexibilität bedeutet und in weiterer Folge eine bessere Er- reichung der Termintreue und somit in einer höheren Kundenzufriedenheit re- sultiert. Dem gegenüber stehen die stei- genden Produktionskosten aufgrund der höheren Anzahl an notwendigen Rüstvorgängen bei kleineren Produkti- onsstückzahlen und dem damit verbun- denen Anstieg der Rüstkosten. Somit kann in der Praxis ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Anzahl

der Varianten und der Chargengröße beobachtet werden - eine hohe Anzahl an Varianten resultiert meist in klei- nen Chargengrößen, hingegen können wenige Varianten oftmals in großen Stückzahlen produziert werden. Es lässt sich daraus ein Zielkonflikt zwi- schen der gewünschten hohen Anzahl an Varianten, welche meist in kleinen Losen gefertigt werden muss, und ei- ner wirtschaftlichen Chargengröße, welche nicht zu klein sein sollte, um einen Anstieg der Rüstkosten zu ver- meiden, erkennen. In wieweit nun auf- grund geeigneter Ansätze bzw. Über- legungen eine Abstimmung zwischen Chargengröße und Variantenanzahl im Hinblick auf ein wirtschaftliches Produzieren gefunden werden kann und die Frage danach, wie viele Varian- ten überhaupt in einem Unternehmen

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Welzgruppe ml Welzclmenslon [rnm) ABBILDUNG I: WALZMENGEN [IN T] - MEHRLINIENWALZWERK 2008

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sinnvoll bzw. notwendig sind, soll im nachfolgenden Artikel anhand eines Beispiels aus der Stahlindustrie disku- tiert werden.

I.Das Problem der Variantenvielfalt in der Stahlindustrie

Auch die Stahlindustrie ist vom Pro- blem der Variantenvielfalt bzw. der im- mer steigenden Anzahl an Varianten, welche es herzustellen und zu beherr- schen gilt, betroffen. Der Kunde for- dert individuelle Produkte und somit ergab sich im Laufe der Zeit bei einem österreichischen Stahlhersteller eine Produktpalette, welche gegenwärtig aus mehr als 200 verschiedenen Stahl- sorten, welche im Block- und Mehr- linienwalzwerk in 98 verschiedenen Walzgruppen (auszugsweise siehe dazu Abbildung I) hergestellt werden, be- steht. Zwar kann somit eine vollkom- mene Erfüllung der Kundenwünsche ermöglicht werden, die Fertigung wird dabei mit einer sehr schwierigen Auf..

gabe konfrontiert: Je nach Kundenauf..

tragseingang ändert sich der herzustel- lende Produktmix fast täglich und es wird daher eine flexible Planung gefor- dert, welche einerseits die Kundenwün- sche berücksichtigt und andererseits auch die Wirtschaftlichkeit der Produk- tion fokussiert. Die Kundenfertigung, in welcher jeder Kunde seinen indivi- duell auf seine Bedürfnisse und Anfor- derungen gewünschten Stahl bestellt, resultiert in sehr unterschiedlichen Auftragsbearbeitungszeiten, was je nach Auftragseingangsmix zu Engpäs-

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sen bzw. Leerläufen an den zu durch- laufenden Aggregaten im Stahlwerk führen kann. Auch die Tatsache, dass das wirtschaftliche Betreiben der Walz- werke beim Stahlhersteller in Hinblick auf die Minimierung der anfallenden Rüstkosten nur durch eine Auftrags- bündelung, d.h. in größeren Chargen- größen, realisiert werden kann, was in Folge zu Auslastungsschwankungen an den anschließenden Arbeitsaggregaten führt, ist unumstritten und spiegelt sehr gut den Zielkonflikt zwischen den einzelnen logistischen Kenngrö- ßen wieder. Die Herstellkosten der ein- zelnen Stähle hängen unter anderem von der Auslastung der eingesetzten Arbeitssysteme ab. Je höher die Auslas- tung eines Arbeitsaggregats ist, desto geringer sind die Leerkosten, d.h. jener Anteil der fixen Kosten, welcher auf die ungenützten Kapazitäten entfällt.

Geringe Leerkosten sind speziell bei je- nen Arbeitsaggregaten von Bedeutung, die mit hohen Anschaffungsausgaben (und somit hohen Abschreibungskos- ten) sowie mit hohen Betriebskosten verbunden sind. Bei zunehmender Beschäftigung stellt sich daher eine Fixkostendegression ein, d.h. die fixen Kosten pro Stück sinken und damit die gesamten Stückkosten. Dies wiederum bedeutet für das Unternehmen, dass es entweder einen niedrigeren Stück- preis als der Wettbewerb anbieten oder einen höheren Gewinn erzielen kann. Mit zunehmendem Bestand an Aufträgen in der Fertigung steigt die Kapazitätsauslastung und damit die Ausnutzung des Systems. Auf der ande-

ren Seite jedoch steigt die Durchlaufzeit stark mit dem Bestand in der Ferti- gung an und da nur eine kurze Durchlaufzeit zu einer hohen Termintreue führt, nimmt diese mit steigender Durchlaufzeit und steigendem Bestand ab. Hinzu kommt das Pro- blem der Variantenvielfalt:

Je mehr Varianten in einer Produktion hergestellt werden, desto schwieriger ist eine Auftragsbünde- lung durchführbar und

~ ~ ~ desto kleiner fallen in der

",talS>j..leloolo7J.. Regel die Chargengrößen aus. Kleinere Chargengrö- ßen führen in der Folge zu einer häufigeren Anzahl an Rüstvorgängen, was sich in einer längeren Durchlaufzeit und steigenden Rüstkosten und somit auch in einer Erhöhung der Produktionskosten nie- derschlägt. Um nun diesem Problem

"Herr zu werden", bedarf es einer ge- zielten Abstimmung zwischen den lo- gistischen Kenngrößen und der Varian- tenvielfalt im Unternehmen. Generell sollten zunächst Überlegungen ange- stellt werden, wie viele Varianten über- haupt sinnvoll bzw. notwendig sind, um am Markt bestehen zu können.

H.Ansätze zum Lösen des Zielkon- fliktes zwischen Wirtschaftlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Varianten- vielfalt am Beispiel eines Walzwerkes In einem ersten Schritt erfolgte in Zu- sammenarbeit mit der Verkaufs- und der Produktionsplanungsabteilung des Stahlherstellers eine Diskussion dahingehend, wie viele Varianten über- haupt angeboten werden sollten. Dabei konnte folgende Erkenntnis gewonnen werden: Von den200momentan ange- botenen Stahlsorten, welche mitunter für die Komplexität der Fertigung ver- antwortlich sind, tragen nur ca. 20 %

maßgeblich zum Umsatz bei. Die rest- lichen80%der angebotenen Varianten werden in keinen relevanten Mengen benötigt und das Anbieten dieser sollte nur gegen einen dementsprechend hö- heren Preis bzw. längeren Wartezeiten erfolgen. Dies wiederum bedeutet für die Fertigung, dass von den insgesamt 58 herzustellenden Walzgruppen im Mehrlinienwalzwerk des Jahres 2008

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Walzintervall [in Wochen)

Stefanie Volland, Jahrgang 1985, schloss im Oktober 2009 das Studium der Industrielogistik an der Montanu- niversität Leoben, Österreich ab. Ihre Masterarbeit "Verbesserung der Logis- tikleistung der Böhler Edelstahl GmbH durch Optimierung der Walzzyklen der Walzbetriebe" im Bereich der Produk- tionsplanung, -steuerung und Logistik schrieb sie in Zusammenarbeit mit der Böhler Edelstahl GmbH Kapfenberg.

Seither ist die Autorin als wissen- schaftliche Mitarbeiterin und Vortra- gende am Lehrstuhl für Industrielogis- tik an der Montanuniversität Leoben, Österreich tätig.

Frau Volland schreibt gerade an ih- rer Dissertation zum Thema "Einfluss von Los- und Chargengrößen sowie stochastischer Effekte auf logistische Kennlinien" unter der Betreuung von Herrn Prof. Helmut E. Zsifkovits.

Die Forschungsschwerpunkte der Autorin liegen in der Produktionspla- nung und -steuerung sowie im Bereich des Operations Research.

Autorin

Der hier vorgestellte Ansatz bietet somit die Möglichkeit der Optimie- rung der Produktion im Walzwerk hinsichtlich der Verbesserung der Lo- gistikleistung, durch die Erhöhung der Termintreue, sowie der Logistikkosten aufgrund der Minimierung der Rüst- kosten, der Flexibilität der Fertigung und auch der Handhabung der Vari- antenvielfalt durch die Reduktion der Variantenanzahl.

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1000 2000 3000 4000 5000 Walzmenge pro Jahr [in t]

ABBILDUNG 2: OPTIMIERUNGSANSATZ - WALZWERK

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nicht harmonisierten, was wiederum durch die Änderung der Walzzyklu- sintervalle ausgeglichen werden kann.

Um den momentanen Material- bzw.

Fertigungsfluss des Stahlwerkes zu op- timieren, bedarf es der Änderung der vorliegenden Walzzyklusintervalle.

Zu beachten gilt es hierbei die durch die Verschiebung der Walzreihenfolge entstehenden Änderungen der Rüst- zeiten, da eine Minimierung der Rüst- kosten angestrebt werden muss, um eine wirtschaftliche Produktion ge- währleisten zu können. Als Zielfunkti- on F(x) konnte somit die Minimierung der Walzintervalle der mengenmäßig am stärksten auftretenden Varianten, d.h. Walzgruppen unter Berücksichti- gung der Rüstkosten formuliert wer- den (siehe dazu Abbildung2).

Somit werden nun die mengenmä- ßig größten Varianten im Walzwerk viel öfter gewalzt und die Walzung der mengenmäßig gering auftretenden Va- rianten erfolgt in größeren Abständen.

Dies bewirkt eine Optimierung der Pro- duktion hinsichtlich Auslastung und Wirtschaftlichkeit und auch der Grad der Flexibilität der Fertigung kann so- mit erhöht werden.

Eine höhere Flexi- bilität wiederum bedeutet, dass mehr Kundenaufträge angenommen und unter dem Aspekt der Termintreue realisiert werden können.

nur vier Dimensionsgruppen (zu insge- samt 83,48% der Gesamtmenge) einen signifikanten Kundenbedarf aufweisen und die restlichen 54 Variationsgrup- pen in keinem ausschlaggebenden Maß verkauft werden und daher zu einem starken Komplexitätsanstieg in der Fer- tigung führen (siehe AbbildungI).

In der Praxis ist oftmals erkennbar, dass der Kunde durchaus bereit ist, auf eine gängigere Stahlsorte auszuwei- chen, falls die Produktion dieser Alter- native schneller realisiert bzw. der Kun- denwunschtermin eingehalten werden kann. Unternehmen, so auch erwähnter Stahlhersteller, tendieren häufig dazu, zu viele Varianten anzubieten, wonach jedoch keine hohe Nachfrage besteht.

Das Variantenangebot sollte daher im- mer zwischen Verkauf und Produktion abgestimmt werden um ein Optimum hinsichtlich Angebot und Nachfrage zu erreichen. Auch die Abstimmung der Chargengröße, genauer gesagt die dadurch entstandene Abstimmung der Walzzyklen in den Walzwerken im Hinblick auf das Variantenmanage- ment, konnte in diesem Fall zu einer Optimierung der Fertigung führen:

Die Walzung einer großen Varian- tenmenge führte an den weiterverarbei- tenden Prüf- und Adjustagelinien des Stahlwerkes zu einer Materialanstau- ung, kleine Mengen unterschiedlicher Varianten hingegen konnten oftmals schneller als bisher geplant verarbeitet werden und hatten somit Leerzeiten an manchen Prüf- und Adjustagelinien zur Folge, da nicht unmittelbar darauf- folgend wieder Material zur Verarbei- tung an diesen vorhanden war.

Bei der vor Ort durchgeführten Analyse konnte erkannt werden, dass die Taktung der Walzungen für die unterschiedlichen Varianten und die Abarbeitung an den Folgeaggregaten

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