Die arterielle Hypotonie gilt noch weithin als harmlos oder gar lebens- verlängernd. Erst W. L.
Boschke (Kiel 1981) be- rechnete die Arbeitsunfä- higkeitstage durch Hypo- tonie für die Bundesrepu- blik Deutschland mit 9,5 Millionen im Jahr, die volkswirtschaftliche Ge- samtbelastung mit rund zwei Milliarden DM.
So wird das Orthostase- syndrom mit seinem schnellen Abfall von Blut- druck und Herzschlagvo- lumen nach dem Aufste- hen noch zu oft unter- schätzt. In der vierstelli- gen Systematik der Inter- national Classification of Diseases erscheint die- ses Syndrom erst seit der neunten Revision von 1979. Dabei sind vermut- lich etwa die Hälfte der Hypotonie-Diagnosen ei- ner chronischen oder akuten (etwa nach durch- gestandenen Infektio- nen) orthostatischen Dys- regulation zuzuschrei- ben, die im Alter von zwölf bis dreißig Jahren vorwiegend Frauen, im höheren Lebensalter dann überwiegend Män- ner betrifft.
Bei Orthostase:
schnelle Normalisierung Der neueste Stand der Erkenntnisse über Patho- physiologie, Diagnostik, Klinik und Therapie der Orthostase wurde im Ok- tober bei einem von der Firma Winthrop, Norder- stedt, veranstalteten In- ternationalen Gepefrin- Symposium in Madrid un- ter der Leitung von Pro- fessor Dr. Franz Bender, Münster, diskutiert. Für eine medikamentöse Be- handlung stehen Dihy- droergotamine oder Ad-
Franz Bender, Münster, lei- tete in Madrid ein Sympo- sium zum Thema „Orthosta- tische Dysregulation", die oft zu Unrecht stiefmütter- lich behandelt wird
renergika zur Erhöhung des arteriellen und venö- sen Gefäßtonus sowie positiv inotrop wirkende Substanzen zur Verfü- gung. Lang anhaltende Gefäßverengungen kön- nen jedoch zu Mangel- durchblutungen der Peri- pherie führen; auch kann eine Herzbelastung die Folge sein.
In einer Reihe von Stu- dien ist die Wirkungswei- se von Gepefrintartrat (Wintonin®) untersucht worden. Dabei zeigte sich, daß Gepefrin auf der Ebene der Pressore- zeptoren und/oder me- dullär, aber nicht hypo- thalamisch den Barore- flex beeinflußt.
Vor allem auf dem Kipp- tisch konnte gezeigt wer- den, daß Gepefrin den Ruhe-Blutdruck nicht be- einflußt. Schon zehn Se- kunden nach Lagewech- sel tritt aber eine signifi- kante Normalisierung ein, nach dreißig Sekun- den ist der Ruhewert fast wieder erreicht.
Der Orthostaseindex nach Kirchhoff wird nach drei- oder vierwöchiger Behandlung mit 2 x 30 mg/die Gepefrin anhal- tend verbessert, und zwar wird nicht das Blut- druckniveau angehoben, sondern die Senkung un- ter orthostatischer Bela- stung vermindert — ohne nennenswerte Verände- rungen der Herzfre- quenz.
Bei Langzeitbeobachtun- gen an mehr als 1000 Pa- tienten wurde der Be- handlungserfolg in mehr als 85 Prozent der Fälle als sehr gut oder gut ein- gestuft. Unerwünschte Nebenwirkungen — in er- ster Linie gastrointestina- le Beschwerden — gab es nur bei 7,2 Prozent der Behandlungen. Für das Entstehen einer Abhän- gigkeit konnten keinerlei Hinweise gefunden wer- den. gb
Neues Breitband- Antibiotikum
Im Oktober hat Beecham Wülfing, Neuss, das Breitspektrum-Antibioti- kum Betabactyl® einge- führt, das als antibakte- riell wirkende Substanz das semisynthetische Breitspektrum-Penicillin Ticarcillin sowie als ß- Laktamase-Inhibitor die Clavulansäure enthält.
Das Wirkspektrum des bewährten bakterizid wir- kenden Ticarcillin wird, so erklärt die Firma, in Gegenwart von Clavulan- säure durch Erfassung von ß-Laktamasebilden- den Keimen, z. B. Bacte- roides, erweitert. Inner- halb einer Spezies kom- me es zur Erhöhung der Erfassungsquote (En- terobactericeae, Staphy- lokokken). Besonders hervorgehoben wird die gute Pseudomonas-Akti- vität von Betabactyl®. be
Schnell informiert
Externes Antirheumati- kum — Im Oktober hat Tosse Pharmazeutika, Hamburg, das neue ex- terne Antirheumatikum
Thermo-Menthoneurine Creme in den Handel ge- bracht. Die stark wärmen- de, schmerzstillende Rheumaeinreibung eigne sich, so die Herstellerfir- ma, speziell für Patien- ten mit Bandscheiben- beschwerden, Hexen- schuß und Ischias. to Nomifensin — Bei den in Einzelfällen aufgetrete- nen schwerwiegenden Nebenwirkungen ihres Antidepressivums Nomi- fensin (Alival® und Psy- ton® Hoechst) handelt es sich, so erklärt die Hoechst AG, Frankfurt, um immunallergische Reaktionen wie hämolyti- sehe Anämie, die auch le- bensbedrohliche Formen annehmen können. Das Unternehmen hat in Ab- stimmung mit dem Bun- desgesundheitsamt die Gebrauchsinformationen diesem neuen Wissens- stand angepaßt. hoe Nasentropfen-Xylometa- zolinhydrochlorid in ka- mille-, fenchel- und me- lissenhaltiger wässriger, isotonischer Lösung bie- ten die Chemischen Wer- ke Hommel, Müllheim, unter dem Warenzei- chen Pertix-Hommel als schleimhautabschwellen- de Nasentropfen für Säug- linge und Kinder an. hw Suizidalität — Eine Hilfe zur Erkennung von Sui- zidgefahr ist die Broschü- re „Methoden zur Ab- schätzung der Suizidali- tät" von Prof. W. Pöldin- ger, die Ärzte kostenlos bei Galenus Mannheim, Postfach, 6800 Mann- heim 31, anfordern kön- nen. am
Gepefrin stabilisiert
die orthostatische Regulation
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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG
3384 (94) Heft 45 vom 6. November 1985 82. Jahrgang Ausgabe A