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Archiv "Gemeinschaftspraxen: Eine „Mehrzweckwaffe“?" (06.11.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT

Gemeinschaftspraxen:

Eine „Mehrzweckwaffe"?

A

ls Dr. Henry Hood, der Präsi- dent der Geisinger Founda- tion in Danville/Pennsylvania, zur Eröffnung des 6. Internationa- len Kongresses zu Fragen der Gruppenmedizin im April in Dal- las/Texas mit dem Brustton der Überzeugung meinte, die Verei- nigten Staaten von Amerika hät- ten unbestritten das „beste Sy- stem der Krankenversorgung in der Welt", waren Teilnehmer aus anderen Ecken des Erdballs zu- nächst einmal bereit, eine solch euphorische Feststellung einem Mann gutzuschreiben, der gewiß den „American Way of Life" für ei- ne Art Glaubensbekenntnis hält.

Jedoch stellte sich während des Kongresses heraus, daß die Ame- rikaner hinsichtlich der Organisa- tion ihres Gesundheitswesens oder doch wenigstens der ärzt- lichen Versorgung gar nicht ein- mal übertreiben. Was in der Bun- desrepublik Deutschland bis heu- te eher unterbewertet erscheint, nämlich die ärztliche Zusammen- arbeit in Gruppenpraxen, das hat sich in den USA längst Bahn ge- brochen. Zwar wissen wir (nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung), daß hierzu- lande 1984 genau 8665 Ärzte in Gemeinschaftspraxen tätig wa- ren, mit steigender Tendenz übri- gens, wobei es sich in der Regel um Praxen von Ehepartnern und im übrigen um die Zusammenar- beit von Kollegen handelt, die dasselbe Fachgebiet bearbeiten.

Fachübergreifende Gruppenpra- xen gibt es in der Bundesrepublik praktisch nicht; wenige sind im Aufbau. Aber gesundheitspoli- tisch spielen die knapp 13 Prozent

„Gruppen-Ärzte" keine herausra- gende Rolle.

Der Kongreß in Dallas hat gezeigt, daß dies in den USA völlig anders

ist. Nicht nur der Tatbestand er- scheint wichtig, daß heute fünfzig Prozent der Ärzte in Gruppenpra- xen tätig sind, von denen es inzwi- schen 5280 gibt, von denen etwa ein Fünftel über eigene Kliniken verfügt. Es ist auch darauf zu ver- weisen, daß als Gruppenpraxis im eigentlichen Sinne nur die Ge- meinschaft gilt, in der auf jeden Fall Innere Medizin und Chirurgie vertreten sind. Und es ist wichtig festzuhalten, daß ein großer Teil der Ärzte glaubt, nur die Gruppen- praxis könne Schutz für Thera- piefreiheit bieten.

Wer sich mit den Eigenheiten des Gesundheitswesens in den USA seltener befaßt, wird es verwun- derlich finden, welchen hohen Stellenwert man der Teamarbeit in der Medizin beimißt. Freilich muß man da in die Betrachtung einbeziehen, daß die Regierung unter Präsident Ronald Reagan ei- ne strikte Kostendämpfungspoli- tik betreibt, die tiefe Wirkungen auch in der ambulanten ärztlichen Versorgung gezeitigt hat.

In Dallas wurde von einer jetzt sich anbahnenden „Wettbewerbs- revolution" gesprochen. Als Ant- wort hatte man parat, dieser Revo- lution könne sich der Arzt am be- sten in einer Gruppenpraxis stel- len. Sie sei wirtschaftlich stabiler und qualitativ besser, weil die Zu- sammenarbeit der verschiedenen Fachrichtungen die „bessere Dia- gnose" wie auch eine „optimale Therapie" ermögliche.

Allerdings zeigt diese Entwick- lung nur die eine Seite der Medail- le. Die andere wird von der „Ärz- teschwemme" geprägt, die auch in den USA bedrohlich aussieht.

Noch 1975 klagte man bei 375 000 praktizierenden Ärzten über eine

Unterversorgung, denn 420 000 Ärzte waren damals versorgungs- notwendig. Im Jahr 1990 wird es nach Hochrechnungen 550 000 Ärzte geben, aber nur 450 000 sind nötig. Mit 100 000 Ärzten, die überzählig sein werden, wird man fertig werden müssen. Aber wie?

In den USA geht man davon aus, daß sich die „Wettbewerbsrevolu- tion" nicht nur wegen der Kosten- dämpfungsmaßnahmen, sondern wegen des Andranges junger Ärz- te noch verschärfen wird. Und an- ders als in der Bundesrepublik Deutschland stehen die amerika- nischen Ärzte in harter Konkur- renz auch zwischen freien und kommunalen Institutionen und Organisationen. Dabei geht es schlicht ums Geld, denn abgese- hen von den staatlichen Gesund- heitssicherungssystemen für die Alten (Medicare) und für die Für- sorgeempfänger und Behinderten (Medicaid) existiert ja keine ge- setzliche Krankenversicherung.

Gleichwohl haben die Kosten- dämpfungsgesetze den Ärzten auferlegt, feste Leistungen gegen feste Vorauszahlungen anzubie- ten. Da eröffnen sich nun Wettbe- werbsfelder, auf denen auch die Qualitätsverbesserung eine große Rolle spielt.

Immer mehr Gruppenpraxen ge- hen dazu über, Diagnosezentren, Chirurgiezentren, Notversor- gungssysteme, Heimversorgungs- programme anzubieten. Sie tun das auch in der Konkurrenz zu kommunalen Krankenhäusern, die mit dem Angebot von Heim- pflege werben, aber auch im Wettbewerb mit den von privaten Firmenkonsortien unterhaltenen Krankenhausketten, deren größte 185 Kliniken unterhält.

Mit den Gruppenpraxen will man sich gegen die Bedrohung durch Kostendämpfungsmaßnahmen wie in gleicher Weise durch die

„Ärzteschwemme" verteidigen.

Als Mittel werden dabei Qualitäts- verbesserungen wie höhere Wirt- schaftlichkeit eingesetzt.

Günther Windschild, Köln-Porz

3330 (28) Heft 45 vom 6. November 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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