Zulassungsordnung:
Regelung bei
Härtefällen vorgesehen
Nach dem am 1. Januar 1987 in Kraft getretenen "Gesetz zur Ver- besserung der kassenärztlichen Be- darfsplanung" muß der Verord- nungsgeber in der Zulassungsord- nung nach Maßgabe des vorgegebe- nen Rahmens detaillierte Bestim- mungen erlassen. Das betrifft ein- mal die Anpassung der Verhältnis- zahlen für den allgemeinen Versor- gungsgrad sowie Regelungen von Ausnahmen für Zulassungsbe- schränkungen bei Härtefällen. Ein
, ,Entwurf zur Änderung der Zu-
lassungsordnung'' liegt jetzt vor.
Dieser muß gemäß § 368 c Absatz 1 der Reichsversicherungsordnung
(~VO) vom Bundesausschuß der Arzte und Krankenkassen beraten werden. Dem Verordnungsgeber bleibt es überlassen, diesem Votum zu folgen oder eine abweichende Entscheidung zu treffen.
Der Bundesausschuß hat in nur wenigen Punkten Änderungen ange- regt. Seiner Meinung nach soll nicht - wie im Entwurf vorgesehen - der Verordnungsgeber die Verhältnis- zahlen überprüfen, sondern der Bundesausschuß selbst. Der Verord- nungsgeber hat jedoch Kriterien zu formulieren, an die der Bundesaus- schuß bei Anpassung der Verhältnis- zahlen gebunden ist. Über diesen Punkt war sich der Bundesausschuß einig.
Eine eingehende Diskussion wurde über die Regelung der soge- nannten "Härtefälle" geführt. Da- bei ging es um die Frage, was ge- schieht, wenn in einem wegen Über- versorgung gesperrten Gebiet ein Kassenarzt seine Praxis aufgibt oder durch Tod ausscheidet. Hier ergibt sich ein "berechtigtes Schutzbedürf- nis" hinsichtlich des Erhalts der er- arbeiteten Vermögenswerte für den Kassenarzt selbst beziehungsweise für seine Erben.
..,.. Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen schlägt dem Bundesarbeitsminister vor, daß die Praxis in diesen Fällen trotz Sperrung wegen Überversorgung
DEUTSCHES ARZTEBLATT
durch einen Nachfolger fortgeführt werden kann, wenn dies vom Kas- senarzt beziehungsweise seinen be- rechtigten Erben gewünscht wird.
Der Kassenarztsitz soll dann ausge- schrieben und die eingehenden Be- werbungen sollen dem Kassenarzt oder seinen Erben sowie dem Zulas- sungsausschuß vorgelegt werden. Der Zulassungsausschuß muß den Bewerber nach pflichtgemäßem Er- messen auswählen, wobei in erster Linie bei der Auswahl den berech- tigten Interessen des ausscheidenden Kassenarztes oder seiner Erben Rechnung zu tragen ist.
Eine Ausschreibung wäre dann überflüssig, wenn die Praxis vom Ehegatten, einem Kind des Kassen- arztes oder einem Kassenarzt, mit dem die Praxis vor Anordnung der Zulassungssperre für das betreffen- de Gebiet gemeinschaftlich ausgeübt wurde, fortgeführt werden soll.
Auch die berufliche Eignung der Be- werber muß berücksichtigt werden.
Dies ist im Einzelfall jedoch schwer überprüfbar. Der Bundesausschuß ist daher der Meinung, daß dieses Kriterium nicht in den Text der Zu- lassungsordnung gehört.
Übereinstimmung gab es bei der Diskussion über die Notwendigkeit einer kassenärztlichen Vorberei- tungszeit.
Da der Entwurf der Zulassungs- ordnung hierzu nichts aussagt, schlägt der Bundesausschuß vor, den in der Zulassungsordnung-Ärzte festgelegten Termin (31. Dezember
1988), an dem die derzeitige Rege- lung ül;:ler die Vorbereitungszeit au- ßer Kraft treten soll, durch den 31.
Dezember 1989 zu ersetzen. Dies bedeutet eine Anpassung an die Bundesärzteordnung, in der das Irr- krafttreten der Regelungen über die AiP-Zeit ebenfalls um ein Jahr hin- ausgeschoben worden ist.
Dem Bundesausschuß erscheint das Thema Vorbereitungszeit für die kassenärztliche Tätigkeit so wichtig, daß er in einer Entschließung den Bundesarbeitsminister auffordert, auch nach Einführung einer Praxis- phase als Arzt im Praktikum, eine Vorbereitungszeit als Voraussetzung für die Zulassung als Kassenarzt festzulegen. Die in die Ausbildung zum Arzt integrierte Praxisphase, die von jedem Medizinstudenten ab- solviert werden muß und die als Teil der Ausbildung nur ein ärztliches Tätigwerden unter Anleitung ermög- licht, kann eine auf die Belange kas- senärztlicher Tätigkeit zugeschnitte- ne Vorbereitungszeit nicht ersetzen.
Folgt der Bundesarbeitsminister dem Votum des Bundesausschusses, den in der Zulassungsordnung der- zeit festgelegten Termin für das Auslaufen der Vorbereitungszeit um ein Jahr zu verlängern, so hat er ge- nügend Zeit, mit den anderen betei- ligten Ressorts die Frage "Beson- derheiten kassenärztlicher Tätigkeit zu erlernen'', unter Berücksichti- gung der AiP-Zeit sowie der EG- Richtlinie-Allgemeinmedizin, zu klären. Hanns J. Wirzbach, Köln
Sequenzierung des zweiten AIDS-Virus
Mit der vollständigen Nukleo- tid-Sequenzierung gelang der fran- zösischen Forschergruppe des Pari- ser Pasteur-lnstituts unter der Lei- tung von Luc Montagnier kürzlich die Molekularanalyse des Erbgutes von HIV-2. Damit ist die exakte Un- terscheidung zu HIV -1 getroffen, und es ist bewiesen, daß die beiden Viren trotz einiger gemeinsamer struktureller und biologischer Ei- genschaften signifikante genetische Unterschiede aufweisen. Es scheint daher sicher, daß das westafrikani- sche AIDS-Virus HIV-2 eine andere evolutionäre Entwicklung als das be-
kanntere HIV-1 durchlaufen hat.
Die Forschungsergebnisse lassen darüber hinaus die Vermutung zu, daß die Viren schon lange vor Aus- bruch der gegenwärtigen AIDS-Epi- demie existiert haben können. Falls nun noch der genetische Vergleich zwischen dem Affen-Virus STL V- III, dem Katzen-Virus FTLV und den Viren HIV-1 und HIV-2 gelänge (dazu auch: SIDA- AIDS; Dt. Ärz- tebl., Heft 12, 1987), könnte man- so die Wissenschaftler - bald eine eindeutigere Klärung zur Phylogenie der Viren sowie zum Ursprungsort der Epidemie herbeiführen. UF A-1638 (52) Dt. Ärztebl. 84, Heft 23, 4. Juni 1987