Zur Behandlung des idiopa- thischen Morbus Parkinson im Frühstadium steht nun ein transdermales Pflaster mit dem Dopamin-Agonisten Ro- tigotin (Neupro®) zur Verfü- gung. Bei Rotigotin handelt es sich um einen non-ergolinen Dopamin-Agonisten, der kon- tinuierlich 24 Stunden lang aus dem Pflaster freigesetzt und über die Haut aufgenommen wird. Folge ist ein konstanter Plasmaspiegel des Wirkstoffs und damit eine dauerhafte Re- zeptorstimulation. Dopamin- Agonisten ahmen die Funkti- on des Dopamins im Gehirn nach, indem sie an dessen Re- zeptoren binden.
Ziel der Parkinson-Thera- pie ist es, die durch die Krank- heit bedingte fehlende dop- aminerge Stimulation in der Substantia nigra auszuglei- chen. Grundlage ist deshalb die Behandlung mit der Dop- aminvorstufe L-Dopa, was trotz der anfänglichen guten Wirksam- und Verträglichkeit auf die Dauer zu Proble- men führt. So kommt es nach einigen Jahren unter ande- rem zu Wirkungsschwankun- gen und motorischen Kom- plikationen, wie beispielswei- se Dyskinesien. Ursache ist der schwankende Plasmaspie- gel, der durch die kurze Halb- wertszeit des Dopamins be- dingt ist und zu einer ungleich- mäßigen Stimulation der Dop- amin-Rezeptoren führt.
„Die Häufigkeit dieser Wir- kungsschwankungen und mo- torischen Komplikationen kann durch den Einsatz von Dop- amin-Agonisten signifikant re- duziert werden“, erklärt Prof.
Ullrich Wüllner (Universitäts- klinik Bonn) in Düsseldorf.
Daher empfehle die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in ihren Leitlinien, die Behand- lung bei Patienten unter 70 Jahren mit einem Dopamin- Agonisten zu beginnen. Zu-
sätzlich vermute man, dass Dopamin-Agonisten neuro- protektiv seien, erläuterte Prof.
Heinz Reichmann (Univer- sitätsklinik Dresden). Er rät deshalb, L-Dopa möglichst spät einzusetzen und niedrig zu do- sieren.
Grundsätzlich wird bei je- der Form einer dopaminergen Therapie eine dauerhafte Sti- mulation der Dopamin-Re- zeptoren angestrebt, um mo- torische Komplikationen zu verringern. So reduziert die kontinuierliche duodenale In- fusion von L-Dopa ebenso die Dykinesien wie die konti- nuierliche subkutane Infusi- on des Dopamin-Agonisten Apomorphin. Beide Verfah- ren sind jedoch kosteninten- siv und invasiv.
„Eine Alternative stellen transdermale Behandlungs-
strategien dar, mit denen eine konstante Wirkstoff-Freiset- zung und eine kontinuierliche Rezeptor-Stimulation möglich ist“, erklärte Wüllner. Diese Applikationsform sei schon für Parkinson-Patienten im Frühstadium angenehm, da einige von ihnen bereits unter Schluckbeschwerden oder ga- strointestinalen Störungen lit- ten. Außerdem vermeide sie den First-Pass-Effekt.
Der Wirkstoff Rotigotin wurde eigens für das neue Pflaster entwickelt und in zahlreichen Studien getestet.
So wurde unter anderem die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Rotigotin in transdermaler Applikati- onsform in einer randomisier- ten, doppelblinden und pla- cebokontrollierten Studie ge- prüft (Parkinson Study Group, Arch Neurol 2003; 60: 1721–
1728). Teilnehmer waren 242 Patienten mit idiopathischem Morbus Parkinson im Früh- stadium (Hoehn & Yahr III).
Die Studie umfasste eine vier- wöchige Titrationsphase so- wie eine siebenwöchige Er- haltungsphase. Als Ergebnis
zeigten sich signifikante Ver- besserungen bei der Motorik und bei den Aktivitäten des täglichen Lebens, die mittels der Skala der „Unified Par- kinson’s Disease Rating Scale“
(UPDRS II & III) gemessen wurden.
Das Rotigotin-Pflaster muss einmal täglich gewechselt wer- den. Es ist in den Dosierun- gen 2, 4, 6 und 8 mg/24 h er- hältlich. Empfohlen wird ei- ne Initialdosis von 2 mg, die wöchentlich gesteigert wer- den kann. In den Zulassungs- studien reichte eine Dosis von 6 mg/24 h für die meisten Patienten aus. Als Neben- wirkungen traten dabei am häufigsten Hautreaktionen auf, die leicht bis mittelschwer und reversibel waren. Die weiteren Nebenwirkungen lie- ßen sich mit denen ande- rer Dopamin-Agonisten ver- gleichen, wobei in den mei- sten Fällen Übelkeit, Erbre- chen und Schwindel vorka- men. Katrin Breitenborn
Einführungspressekonferenz: „Neupro® – das erste Parkinson-Pflaster“ in Düssel- dorf, Veranstalter: Schwarz Pharma V A R I A
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 16⏐⏐21. April 2006 AA1093
Morbus Parkinson
Pflaster stimuliert die Rezeptoren gleichmäßig
Unternehmen
In der Notfalltherapie nach Herzinfarkt und Herzkathe- terkomplikationen ist die kurz- fristige „duale“ Therapie mit Clopidogrel plus Acetylsali- cylsäure (ASS) fest etabliert.
Doch die dauerhafte Gabe beider Medikamente zur Prä- vention von kardialen Ereig- nissen ist nach einer neuen Studie kaum wirksam und mit einem erhöhten Blutungsrisi- ko verbunden. Die Diskussion geht jetzt um den möglichen Einsatz von ASS plus Clopi- dogrel in einer Subgruppe von besonders gefährdeten Pati- enten.
An der Studie hatten 15 603 Patienten aus 32 Ländern teil- genommen. Eingeschlossen wa- ren Patienten mit „multiplen atherothrombotischen Risiko- faktoren“ (Diabetes mellitus,
Hypertonie oder Hyperchole- sterinämie) und mit „etablier- ten kardiovaskulären Erkran- kungen“ (Herzinfarkt, Schlag- anfall, arterielle Verschluss- krankheit). Die Patienten wurden auf 75 mg Clopidogrel pro Tag oder Placebo rando- misiert. Beide Gruppen nah- men außerdem ASS in nied- riger Dosierung (75 bis 162 mg/die) ein. Primärer End- punkt war der Composite aus Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulärem Todesfall.
Er wurde durch die duale The- rapie im Vergleich zur Mono- therapie mit ASS von 7,3 auf 6,8 Prozent gesenkt. Der Un- terschied war statistisch nicht signifikant und wurde durch einen Anstieg der schweren Blutungen von 1,3 auf 1,7 Pro- zent begleitet. Deshalb spricht
sich Marc Pfeiffer vom Brig- ham and Women’s Hospital and Harvard Medical gegen den Einsatz von Clopidogrel aus. Das Medikament sollte auf die Begleitbehandlung von akuten Ereignissen beschränkt bleiben. Die präventive Lang- zeitgabe sei nach den vorlie- genden Ergebnissen nicht ver- tretbar.
Auf dem 55. Jahreskongress des American College of Car- diology in Atlanta wurden die Ergebnisse der CHARISMA (Clopidogrel for High Athe- rothrombotic Risk and Isch- emic Stabilization,Management and Avoidance)-Studie vorge- stellt. Zusätzliche Informa- tionen, einschließlich der se- kundären Endpunkte, sind in einem vom American Col- lege of Cardiology (www.ACC.
oRG) veröffentlichten Pres- setext enthalten. CHARISMA wurde unterstützt durch sano- fi-aventis und Bristol-Myers
Squibb. rme