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Fred Thieler *1916

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Fred Thieler

Getauft wurde er zwar auf die Vornamen Fritz Wilhelm Richard, doch seine Freunde

*1916 prägten schon bald den weitaus griffigeren Rufnamen Fred. Fred Thieler, der am 17. März 1996 seinen 80. Geburtstag feierte, gehört zu den herausragenden Reprä­

sentanten des deutschen Informel. In Königsberg geboren, beginnt er zunächst ein Medizinstudium, das die Nationalsozialisten 1941 aus »rassischem Gründen verbie­

ten: Thieler hat eine jüdische Mutter. Nach dem Krieg studiert er an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Carl Caspar. Die 50er Jahre verbringt Thieler in Holland, Paris - hier arbeitet er im »Atelier 17< bei Stanley William Hayter und pflegt Kontakte zu Hans Hartung, Serge Poliakoff und Pierre Soulages - und München, wo er sich der Avantgarde-Gruppe »ZEN 49< anschließt. 1959 erhält er einen Ruf als Pro­

fessor an die Hochschule für Bildende Künste in Berlin. 1981 wird er emeritiert. Fünf Jahre später erleidet Thieler einen Schlaganfall und ist seither gehbehindert. Dennoch setzt er seine künstlerische Arbeit bis heute fort. 1991 stiftet er den »Fred-Thieler-Preis für Malerek, der jährlich an eine Künstlerpersönlichkeit verliehen wird, die die ihr ge­

bührende Anerkennung noch nicht gefunden hat.

Fred Thieler kann auf ein reiches CEuvre zurückblicken, das Gemälde (im 1995 er­

schienenen Werkverzeichnis werden 1209 Nummern genannt), Gouachen, Collagen, Graphiken und monumentale Kunst-am-Bau-Arbeiten umfaßt. So gestaltete er bei­

spielsweise 1965/66 in der Heilig-Geist-Kirche in Emmerich den gesamten Innenraum und 14 Kreuzwegstationen. Unterstützt wurde der Maler bei der Umsetzung von sei­

nen Schülern Bernd Damke, Eduard Franoszek, Henning Kürschner, Reinhard Lange und Peter Sorge. Thieler erinnert sich noch lebhaft an die Reaktionen der Gemein­

deglieder, etwa an den entrüstet-erstaunten Ausruf: »Aber Herr Professor, wie kön­

nen Sie denn mit einer Gießkanne malen?«1

In der Tat hat Fred Thieler eine höchst individuelle Malweise entwickelt: Der Bild­

träger, Leinwand oder Papier, liegt immer flach auf dem Boden. Darauf werden die Farben aus Gießkannen, Kanistern, Dosen und Eimern geschüttet, durch Falten, Knicken und Anheben des Bildträgers gelenkt und mit Pinseln weiterbearbeitet.

»Beim Malen sind mir alle Hilfsmittel recht. Malerei ist ein Experimentierfeld.«2 Der Malprozeß vollzieht sich schnell und mit äußerster Konzentration. Vorstudien gibt es nicht, vielmehr entsteht das Bild spontan im kontinuierlichen Dialog mit der Farbe.

»Das freie, ungehemmte Fließen und Sichausbreiten der Farbe ist mir wichtig, weil es vom Zufall bestimmt wird. Stünde die Leinwand auf der Staffelei, würde die Farbe ja immer nach unten laufen.«3 Thielers Kunst liegt jene im Grunde paradoxe bildneri­

sche Strategie des »kontrollierten Zufalls< zugrunde, die ein Wesensmerkmal infor­

meller Kunst ist und letztlich auf deren geistigen Nährboden, den Surrealismus, zurückgeht (wobei Thieler selbst Einflüsse auf seine Kunst seitens des Surrealismus verneint). Generell bevorzugt Fred Thieler große Formate: »Kleine Formate schränken mich ein, sind aber andererseits auch eine Herausforderung, weil sie besonders prä­

zises Arbeiten verlangen.«4 Mit Vorliebe verwendet der Künstler die Farben Blau und Rot, die mit Schwarz und Weiß kontrastieren. Den faszinierend-vielfältigen abstrak­

ten Bildwelten Thielers vermag sich der Betrachter kaum zu entziehen.

In einem berühmt gewordenen Text von 1962 formulierte Thieler: »Maler sein, heißt für mich, die Existenz eines Zeitgenossen zu führen, der den Hauptteil seines Daseins mit dem Versuch verbringt, die Impulse seines Lebens: Anregungen wie Depressio-

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Originalveröffentlichung in: Tayfun, Belgin (Hrsg.): Kunst des Informel : Malerei und Skulptur nach 1952, Köln 1997, S. 172-183

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nen, Intuitionen wie berechnende Überlegungen, Reaktionen aus Einzelerlebnissen wie Erlebnisketten malend aufzuzeigen - oder im Malvorgang zu gewinnen. Malen bedeutet für mich, die Erfahrungsanalogien und -differenzen zu registrieren und ein Erzeugnis zur Entstehung zu bringen, das, aus dem Malprozeß entlassen, für den Be­

trachter wie für den Maler selbst sich als Reflexion menschlichen Daseinserlebnisses darstellt und anbietet. So scheint mir >malen< ein Prozeß, dessen Wesensgehalt for­

schendes Tun ist - forschendes Tun als Ergebnis offener Analysen.«5 Der ehemalige Medizinstudent Thieler zeigt sich hier stark von naturwissenschaftlichem Denken ge­

prägt, insbesondere die Relativitätstheorie Albert Einsteins hat ihn zeitlebens interes­

siert. Dessen Geist spiegelt sich auch in Fred Thielers Lebensmaxime wider: »Nichts ist sicher.«

Christoph Zuschlag

1 Aus einem am 30. März 1996 in Berlin mit dem Künstler geführten Gespräch.

2 Ebd.

3 Ebd.

4 Ebd.

5 Fred Thieler: Zu meinen Arbeiten, in: Wolf­

gang Rothe (Hrsg.): Wegzeichen im Unbekannten, Heidelberg 1962. Zit. nach: Manfred de la Motte (Hrsg.): Fred Thieler, Bonn 1976 (Taschenbuchreihe der Galerie Hennemann, Nr. 7), o. P.

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Fred Thieler ST-B/59, 1959

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(4)

Fred Thieler St-1, 1959

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Fred Thieler Signal, 1960

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Fred Thieler GS 1960/1, 1961

178

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Fred Thieler

Dunkle Transparenz, 1962

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Fred Thieler ohne Titel, 1980

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Fred Thieler

Reliefcollage Bamberg 1964, 1965

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Fred Thieler

Groß, dunkel, wachsend, 1983

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