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Archiv "Politische und medizinische Dimensionen des Tabakrauchens: Unklare Epidemiologie des Passivrauchens" (25.07.1997)

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Leider haben Sie in diesem aus- gezeichneten Artikel die mit Abstand wichtigste Gruppe unserer Gesell- schaft nicht erwähnt. Hat doch Ihr pädiatrischer Kollege von der Westfä- lischen Wilhelms-Universität Mün- ster, ich glaube es war vor zwei Jah- ren, über den Risikofaktor Rauchen bei Schwangeren und Säuglingen eine umfassende Studie veröffentlicht.

Dr. med. Claus Weiner Giggenbacher Straße 8 81249 München

Vermißt habe ich die verheeren- den Schädigungen des Rauchens auf ungeborene und geborene Kinder. Es gehört sehr viel Naivität dazu, um die direkte und indirekte Wirkung des Ta- bakkonsums auf das sehr unreife Ner- vensystems und über den Kreislauf und Plazenta als Bagatelle abzutun. Auch später müssen wir erleben, daß über 60 Prozent der Kinder dem passiven Rauch ausgesetzt sind und unter chro- nischer Bronchitis und Allergien lei- den. Es handelt sich zwar nicht um nachgewiesenes Karzinom, aber prä- und perinatal bedingte häufig durch Zi- garettenkonsum verursachte Entwick- lungsstörungen, Behinderungen und chronische Luftweginfektionen sind nicht ohne Bedeutung in der politi- schen Diskussion. Wenn Artikel 2 des Grundgesetz jedem Deutschen ein un- versehrtes Leben garantiert, gilt eben dieser Artikel nicht für Kinder der rau- chenden Eltern. Deshalb möchte ich ergänzend zu den Ausführungen von Prof. Tölle folgende Gedanken noch loswerden: Sofortige Abschaffung jeg- licher suggestiver Werbung. Sofortige

Erhöhung des Zigarettenpreises min- destens um 50 Prozent. Dieser Auf- preis sollte aber zweckgebunden zur Behandlung der Folgekrankheiten aufgewendet werden.

Wenn schon jeder Halbwüchsige vom Automat Zigaretten ziehen kann, soll er eben auch für Folgeschäden be- zahlen. Auch die Umweltverschmut- zung in jeglicher Form und Nichtrau- cherbelastung muß mit entsprechen- den Mitteln bekämpft werden.

Dr. med. Kh. Amirpour Stadtkrankenhaus Sauerbruchstraße 7 38440 Wolfsburg

Schon in den 70er Jahren hat Prof. Schäfer darauf hingewiesen, daß zwar das Risiko eines Rauchers, an Lungenkrebs zu erkranken, deutlich höher ist als das eines Nichtrauchers, dennoch liege es unter einem Prozent.

Prof. Keil hat 1992 auf den bedeutsa- men Zusammenhang zwischen Ernährung und Rauchen aufmerksam gemacht. So zeigt insbesondere ein Land mit großer Raucherprävalenz und hohem Pro-Kopf-Verbrauch an Zigaretten wie Japan gleichzeitig die höchste Lebenserwartung weltweit.

Seine Erklärung: die fettarme Ernährung kompensiere offenbar die Rauchgewohnheiten vollständig (1).

Wissenschaftlich kontrovers ist auch nach wie vor die Frage der gesund- heitlichen Bedeutung des Passiv-

rauchens. Unstrittig ist, daß alle vor- liegenden epidemiologischen Studien erhebliche Schwachstellen aufweisen und mehr als Dreiviertel nicht signifi- kant sind (2). Wenn selbst die In- ternationale Krebsforschungsagentur LARC in Lyon eine Umkehr der Beweislast fordert, daß ihre Kritiker den wissenschaftlichen Beweis für die Unschädlichkeit des Passivrauchens führen sollen (3), zeigt dies den tatsächlichen Sachstand. Auch der führende englische Epidemiologe Richard Peto ist sicher, daß die Epide- miologie nicht den Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwi- schen Passivrauchen und Lungen- krebs erbringen kann (4). Neuere Ex- positionsstudien, in denen nichtrau- chende Probanden über 24 mit Hilfe am Körper getragener Personal Mo- nitors Tabakrauchbestandteile auf- nehmen, ergeben als realistische durchschnittliche Belastung am Ar- beitsplatz in etwa den Gegenwert von 3,5 aktiv gerauchten Zigaretten pro Jahr (5). Man darf bezweifeln, ob dies eine Gesundheitsgefahr darstellen kann.

Halbwahr ist auch die Behaup- tung, durch Steuererhöhungen von Tabakwaren werde ein Rückgang des Konsums erreicht. In Kanada gab es zwar nach einer deutlichen Verteue- rung von Zigaretten über Steuerer- höhungen einen Rückgang des Absat- zes, aber nicht des Konsums. Viel- mehr wurde so dramatisch geschmug- gelt, daß die Finanzbehörden die Steuer wieder senkten.

Es scheint auch problematisch, Werbeaufwendungen für Zigaretten mit öffentlichen Kampagnen gegen das Rauchen zu vergleichen. Gesund- heitsaufklärung in den Schulen, in Betrieben und Kurkliniken würden, wenn man sie in DM bezifferte, weit die Werbeausgaben übersteigen.

Wenn man die Zeit beziehungsweise den Platz addiert, den die Berichter- stattung über die Folgen des Rau- A-1996 (32) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 30, 25. Juli 1997

T H E M E N D E R Z E I T FORUM

Politische und

medizinische Dimensionen des Tabakrauchens

Tabakwerbung verbieten

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med. Rainer Tölle in Heft 19/1997

Unklare Epidemiologie des Passivrauchens Risiko für Schwangere

und Säuglinge

(2)

chens im Fernsehen oder der Presse einnimmt, käme man erst zur richti- gen Relation. Hinzu kommen die vielfältigen Bemühungen der Ärzte- schaft und der Krankenkassen. Posi- tiv ist doch zu vermerken, daß der Anteil rauchender junger Menschen deutlich zurückgeht und immer mehr junge Menschen nicht einmal auch nur eine Zigarette probieren (6).

Aufklärung und Erziehung zeigen al- so Erfolge.

Literatur

1. Ärzte Zeitung 8; 10: 19. 1. 1993.

2. Gesundheitsgefährdung durch Passivrau- chen, ein Bericht der Beratungskommission der Deutsche Gesellschaft für Pharmakolo- gie und Toxikologie. DGPT Mitteilungen August 1996; 17: 44–50.

3. Trédaniel J, et al.: Reply. Eur Resp J 1995;

8: 1241.

4. New Scientist 1996; 150: 13.

5. Phillips K et al.: Assessment of air quality in Barcelona by personal monitoring of non smokers for respirable suspended particles and environmental tobacco smoke. Envi- ronment International 1997; 23: 173–196.

6. Bundeszentrale für gesundheitliche Auf- klärung: Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland. Köln, 1994.

Dr. Klaus Zapka Untere Karspüle 13 37073 Göttingen

Karsten Vilmar hat richtig be- merkt, „der Raucher verrauche ein Stück Verstand“. Zwei Nachbarinnen, 48 und 60 Jahre alt, rauchen seit Jahr- zehnten täglich 40 Zigaretten, sind un- einsichtig und behaupten sogar, ihnen und den kleinen Haustieren schade Nikotin nicht. Die dritte muß bei Streß und Kummer rauchen, kann aber spontan aufhören.

Meine Nichte, 52 Jahre alt, ar- beitslos in Ostberlin, schafft 60 vom Schwarzmarkt und dreht manchmal noch aus den Kippen Reserve für die Nacht. Ein Computer hat hochgerech- net, daß ich durch Nichtrauchen etwa 350 000 DM gespart habe. Da ich nie getrunken habe und für Medikamente kaum Geld ausgegeben habe – müßte ich Millionär sein.

Dr. med. J. Blasshofer Am Lohsiepen 9 42369 Wuppertal

Prof. Tölle zeigt in seinem Bei- trag sehr gut auf, wie verlogen unsere Gesellschaft mit dem Thema „Rau- chen, seine Ursachen und Folgen“

umgeht. Was mir auffällt, ist die Tat- sache, daß sich das Verhältnis Genuß- zu Suchtrauchern immer mehr zu den letzteren hin verschiebt. Dieses „ganz oder gar nicht“ ist ein deutliches Zei- chen dafür, daß es immer weniger Menschen schaffen, ein vernünftiges und damit auch gesundes Leben zu führen.

Dr. med. Johannes Rank Kloster-Langheim-Straße 2 96050 Bamberg

Die Schädlichkeit des sogenann- ten „Passivrauchens“ ist bis heute ex- perimentell unbewiesen. Nur Ver- suchstiere mit extrem hoher Bela- stung reagierten. Es besteht noch kein Grund, den Gesetzgeber zu bemühen. Verbote werden umgan- gen (Frankreich), überzeugende Be- weise befolgt. Behandlungskosten entstehen auch nach geheiltem oder vermiedenem Karzinom. Wir alle sterben, meist nicht kostenfrei, an anderen Krankheiten. Wer beweist, daß das kostengünstiger ist?

Ein Passivrauchgesetz muß die Kubikmeterzahl, Luftumwälzung, Raucherzahl, Aufenthaltsdauer und Pro-Kopf-Verbrauch in bewohnten Räumen berücksichtigen. Hochräu- mige Altbauwohnungen mit schlecht schließenden Fenstern sind ungefähr- licher als moderne Kleinwohnungen.

Wir wissen, daß 1) eine genbeding- te Anlage, 2) eine schlechte Körperab- wehr (fehlende Tumorsupressorzellen) und ein krebserzeugendes Agens (Ta- bakrauch) zusammenwirken. Auch das trifft Raucher und Nichtraucher, an- ders ist der Zahlenunterschied des Bronchialkarzinoms bei Männern und Frauen mit gleichem Zigarettenver- brauch nicht erklärbar. Der Kampf um das Passivrauchen ist vorerst eine dog- matisch-ideologische, aber keine wis- senschaftliche Auseinandersetzung.

Sollte der Gesetzgeber nicht nur wis- senschaftlichen Fakten folgen?

Es wird weniger geraucht, und dennoch steigt die Anzahl der Krebser- krankungen. Die Harvard School of Public Health schrieb: Der Kampf ge- gen den Krebs, den die US-Regierung vor 15 Jahren erklärte, wurde verloren, die Zahlen steigen dauernd an. Ist wirklich nur der Rauch schuld?

Prof. Dr. med. Helmut Güttich Frühlingstraße 56

82131 Gauting

Man kann dem Autor des lesens- werten und leider allzu wahren Bei- trags nur beipflichten, daß hinsicht- lich des Tabakrauchens in diesem Land die Anstrengungen zur Präven- tion sehr gering sind und daß eine sol- che bei Kindern und Jugendlichen be- ginnen muß. Um gerade diese Alters- gruppe vor zusätzlicher Verführung zu bewahren, ist es zwingend notwen- dig, Zigarettenwerbung in jeglicher Form und das Anbringen von Ziga- rettenautomaten zur Selbstbedienung zu unterbinden. Da in absehbarer Zeit aus bekannten Gründen in Deutschland eine entscheidende Re- duzierung des Tabakrauchens nicht zu erwarten ist und die hohen Be- handlungskosten der Raucherschä- den bekannt sind, wäre es an der Zeit, daß der Zigarettenpreis beispielswei- se um 20 Prozent aufgeschlagen und diese Summe an die Krankenkassen abgeführt wird, damit die Nichtrau- cher nicht auch noch im Rahmen der

„Solidargemeinschaft“ für die Be- handlung der Raucherfolgen mit auf- kommen müssen. Eine andere Vari- ante wäre, der Fiskus beteiligt die Krankenkassen angemessen an der Tabaksteuer.

Dr. K. Lippold Lindenstraße 7 99444 Blankenhain

A-1997 Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 30, 25. Juli 1997 (33)

T H E M E N D E R Z E I T FORUM

Schädlichkeit unbewiesen

Uneinsichtige Raucher

Zunahme der Suchtraucher

Präventionsmaßnahmen verstärken

Der Autor hat auf ein

Schlußwort verzichtet

Referenzen

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