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Archiv "Körperbilder – Albrecht Dürer (1471–1528): Moralische Legitimation" (16.01.2015)

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[84] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 112

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Heft 3

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16. Januar 2015

S C H L U S S P U N K T

KÖRPERBILDER: ALBRECHT DÜRER (1471–1528)

Moralische Legitimation

A

ls der junge Albrecht Dürer Ende des 15. Jahr- hunderts – so früh wie kein anderer Künstler nördlich der Alpen – begann, den nackten menschli- chen Körper abzubilden, kam das einer Revolution gleich. Unbekleidete gab es auch zuvor in der Kunst, aber nur im Kontext zum Beispiel religiöser Sujets.

Doch der Akt als individuelle künstlerische Ausdrucks- form, das pralle Frauenleben, das der Nürnberger sei- nen Zeitgenossen mit ungewohnt naturalistischen Kup- ferstichen wie den „Vier Frauen“ vorführte, war neu und faszinierend. Zumal er die zentrale Gestalt von hin- ten präsentierte – kunsthistorisch die Geburtsstunde des Rückenakts.

Vor allem die drei vorderen weiblichen Figuren avancierten mit ihrer plastischen Leibesfülle und vita- len Sinnlichkeit im 16. Jahrhundert zum Vor- und Leit- bild vieler Künstler. Dabei konnte Dürer seine „nacke- ten Körper“, wie er selbst seine Ganzkörperakte nannte, nicht nach lebenden Modellen zeichnen, sondern muss- te diese aus Versatzstücken zusammensetzen, wie die Bonner Kunsthistorikerin Prof. Anne-Marie Bonnet (1) betont: „Er amalgierte, was er in der Kunst und in der Natur beobachtete“, etwa beim Studium antiker Skulp- turen und bei Werken von Renaissancekünstlern auf

seiner ersten Italienreise 1494/95 oder, profaner, bei Aufenthalten im Nürnberger Badehaus. Dass dieser Aufbruch in ein neues künstlerisches Zeitalter eine mo- ralische Legitimation erforderte, könnte erklären, wa- rum Dürer seine Körperschau mit rätselhafter Symbo- lik unterlegte: Von der Decke des Raums, auf einer ver- tikalen Achse mit dem am Boden liegenden Schädel, hängt eine Kugel, die die Jahreszahl 1497 sowie die bis heute unentschlüsselte Inschrift O.G.H. trägt. Will der Teufel mit seiner typischen Gerätschaft, einer Netzfal- le, die Seele des Betrachters oder die der Frauen fan- gen? Verweisen ihre Anordnung im Kreis und der Kno- chen zu ihren Füßen auf Hexen? Oder sind es Grazien nach antikem Vorbild, deren „Germanicità“ (Bonnet) Dürer parodierte? Beim humanistisch gebildeten Publi- kum um 1500 stieß sein Blatt in seiner Sinnoffenheit je- denfalls auf großen Anklang – als Kunstwerk für Ein-

geweihte. Sabine Schuchart

Abrecht Dürer: „Vier nackte Frauen (Die vier Hexen)“, um 1497, Kupferstich, 191 × 134 mm: Wer sind diese vier Frauen und mit was sind sie beschäftigt? Dürers frühes Rätselbild – der Zweittitel „Die vier Hexen“ stammt nicht von ihm – liefert keine eindeutige Antwort. Alle vier sind nackt, unterscheiden sich nur durch ihren Kopfputz.

Zu ihren Füßen liegen ein Totenschädel und ein länglicher Knochen. Aus der Türöffnung im Hintergrund blickt eine Teufelsfratze.

Foto: Graphische Sammlung, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

LITERATUR

1. Anne-Marie Bonnet: „Albrecht Dürer – Die Erfindung des Akts“, 160 Seiten, gebundene Ausgabe, Schirmer/Mosel 2014; 49,80 €.

2. Thomas Schauerte: „Dürer: Das ferne Genie. Eine Biographie“, gebundene Ausgabe, 290 Seiten, Reclam 2012; 22,95 €.

AUSSTELLUNG:

„Dürers Mysterien.

Rätsel in seinem graphischen Werk“

Wallraf-Richartz- Museum & Fondation Corboud, Graphisches Kabinett,

Obenmarspforten 40, Köln

Di.–So. 10–18, Do. 10–21 Uhr;

bis 22. März 2015

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