A 1226 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 24|
15. Juni 2012G
ar so arbeitsaufwendig hatte er sich den Job nicht vorge- stellt: Als Prof. Dr. med. Peter C.Scriba im Jahr 2002 den Vorsitz des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer (BÄK) über- nahm, hatte er bereits eine Reihe von Jahren etwa im Wissenschafts- rat oder im Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen hinter sich, ohne dass er das Gefühl hatte, sich nicht mehr um seine Leitungsfunktionen am Klinikum Innenstadt der LMU München kümmern zu können. Als ehrenamtlicher Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats (WB) hätte er damit wohl ein Problem be- kommen, schildert der 1935 gebo- rene Scriba im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt. Fast jede Woche sei er inzwischen unterwegs nach Berlin, um am Treffen einer der verschiedenen WB-Arbeits- gruppen teilzunehmen. Zweimal im Jahr kommt das Plenum des Wis- senschaftlichen Beirats zusammen, viermal im Jahr trifft sich der Vor- stand.
Expertise über die jeweiligen Fachgrenzen hinaus
Auch am 20. Juni wird Scriba wie- der in Berlin sein. Dann veranstaltet der WB dort im Rahmen der Initia- tive zur Versorgungsforschung ein Symposium, das sich im Gedenken an den 2011 verstorbenen Ehren- präsidenten der BÄK, Prof. Dr.
med. Jörg-Dietrich Hoppe, mit dem Thema „Evidenz und Versorgung in der Palliativmedizin“ als einem zentralen Anliegen der Ärzteschaft befasst. Gleichzeitig soll mit dem Symposium auf das 60-jährige Be- stehen des Wissenschaftlichen Bei- rats der BÄK aufmerksam gemacht werden.
Die Anfänge des Wissenschaftli- chen Beirats der BÄK reichen bis in das Jahr 1951 zurück. Beim 54.
Deutschen Ärztetag im Oktober 1951 kam der Wissenschaftliche
Beirat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Vertreter aus 27 medizinischen Fachgesellschaften fanden sich zu diesem Zweck in München ein. Von Anfang an sollte es die Aufgabe des WB sein, „zu zahlreichen Problemen und Frage- stellungen aus der Gesundheitspoli- tik begutachtend Stellung zu neh- men, die nur in Zusammenarbeit aller wissenschaftlichen Gesell- schaften gelöst werden können“.
Die ersten Beratungsthemen waren der Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation, die Ver- wendung des Ultraschalls in der Therapie, fehlende Eignung zur Führung eines Kraftfahrzeugs we- gen körperlicher oder geistiger Ver- sehrtheit.
Damals wie heute kommen die Aufträge an den Wissenschaftlichen
Beirat vom BÄK-Vorstand. Natür- lich sei es dem WB unbenommen, intern Themenvorschläge zu disku- tieren und diese an den BÄK-Vor- stand heranzutragen, sagt Scriba.
So werde etwa mit der geplanten Ausarbeitung zur Lage der Hoch- schulmedizin in Deutschland eine Ärztetags-Diskussion aufgegriffen;
der Auftrag hierzu sei intensiv vom WB vorbereitet worden. Für die er- folgreiche Arbeit des Beirats hält Scriba es für äußerst wichtig, dass sich die Mitglieder nicht als dele- gierte Vertreter ihrer jeweiligen Fachgesellschaft ansehen, sondern mehr an den gesundheitspolitischen Implikationen der WB-Empfehlun- gen interessiert sind.
„Wir wissen, dass wir uns gegenseitig brauchen.“
Nicht zuletzt durch die Arbeit des WB habe sich in den zurückliegen- den Jahren das Klima zwischen me- dizinischer Wissenschaft und selbst- verwalteter Ärzteschaft mit der BÄK an der Spitze spürbar verbes- sert, meint Scriba. „Man benötigt den Sachverstand, um eine Sache entscheidungsreif zu machen. Aber am Ende entscheidet der Vorstand.“
Die fundierten Vorarbeiten des Wis- senschaftlichen Beirats – etwa zur Präimplantationsdiagnostik, zu Pla- cebo oder Osteopathie – hätten in den vergangenen Jahren dazu beige- tragen, dass die jeweiligen Entschei- dungen des BÄK-Vorstands breite Anerkennung gefunden hätten. Scri- ba: „Wir wissen, dass wir uns ge- genseitig brauchen. Wir sind in ei- ner typischen Win-win-Situation, wenn die Grenzen eingehalten wer- den.“ Optimistisch sieht Scriba des- halb der weiteren Zusammenarbeit mit der BÄK entgegen.
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Thomas Gerst Peter C. Scriba:
„Auch für Wissen- schaftler bedeutet es etwas, wenn man das Votum der organisierten Ärzte- schaft für wissen- schaftlich begrün- dete Stellungnah- men erhält.“
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT DER BUNDESÄRZTEKAMMER
Wichtige Klammer zwischen
Wissenschaft und Selbstverwaltung
Seit 60 Jahren berät der Wissenschaftliche Beirat den BÄK-Vorstand in seiner Meinungsbildung zu medizinisch-wissenschaftlichen Grundsatzfragen.
Foto: Jürgen Gebhardt