A 428 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 11|
14. März 2014 Die Medizin wirdweiblich: Der Frauenanteil unter den Ärzten steigt.
Foto: mauritius images
Kündigung wegen HIV-Erkrankung ist diskriminierend
Eine Kündigung in der Probezeit wegen einer HIV-Erkrankung kann diskriminierend sein.
Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ent- schieden.
Der Kläger war in einer pharmazeutischen Firma in der Qualitätsprüfung für Medikamente beschäftigt. Bei seiner Einstellungsuntersu- chung teilte er dem Betriebsarzt mit, dass er HIV-infiziert, aber symptomfrei sei. Der Be- triebsarzt hatte die Krankheit nach Entbindung von seiner ärztlichen Schweigepflicht dem Ge- schäftsführer mitgeteilt. Der Kläger erhielt dar - aufhin die fristlose Kündigung und ein Haus- verbot. Das pharmazeutische Unternehmen war der Meinung, dass durch die Infektion die Gesundheit der Kunden gefährdet sei.
Gegen die fristlose Kündigung macht der Kläger geltend, dass diese ihn diskriminiere, weil seine HIV-Infektion alleiniger Kündigungs- grund sei. Dieser Auffassung ist das BAG ge-
folgt. Bei Kündigungen, die dem Kündigungs- schutzgesetz unterliegen, sind bei der Prüfung der Wirksamkeit solcher Kündigungen das Dis- kriminierungsverbot des Allgemeinen Gleich- behandlungsgesetzes (AGG) und die darin vor- gesehenen Rechtfertigungen für unterschiedli- che Behandlungen als Konkretisierungen der Sozialwidrigkeit zu beachten. Bei einer Kündi- gung, wie vorliegend in der Probezeit, die nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, findet das AGG unmittelbar Anwendung.
Zwar hat die beklagte Firma geltend ge- macht, sie habe dem Kläger allein deshalb gekündigt, weil er an einer ansteckenden Krankheit leide und daher die Anforderungen an eine Beschäftigung im sogenannten Rein- raum nicht erfülle. Nach Auffassung des Ge- richts hat die symptomlose HIV-Infektion des Klägers aber eine Einordnung als Behinderung im Sinne des AGG zur Folge. Seine Beein- trächtigung wirkt sich auf seine Teilhabe so- wohl im Leben in der Gemeinschaft als auch in seinem Berufsfeld aus. Er sei deshalb be-
hindert im Sinne von § 1 AGG. Dies gilt nach Ansicht des Gerichts so lange, wie das gegen- wärtig auf eine solche Infektion zurückzu - führende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern. Auch chronische Krankheiten, wie eine HIV-Erkrankung, werden vom Begriffs - verständnis der Behinderung erfasst.
Die Firma spricht dem Kläger unter Beru- fung auf ein für sie geltendes Regelwerk von vornherein die Eignung für den vertraglich geschuldeten Einsatz im Reinraum ab. Dem Kläger als chemisch-technischen Assistenten ist nach Meinung des Gerichts dadurch der Zugang zu einem nicht unerheblichen Teil seines Berufsfeldes verwehrt. Das Landesar- beitsgericht wird daher nochmals über die Frage zu entscheiden haben, ob keine ange- messenen Vorkehrungen getroffen werden können, die dem Kläger einen Einsatz an dem vorgesehenen Arbeitsplatz ermöglicht hätten (BAG, Urteil vom 19. Dezember 2013, Az.:
6 ARZ 190/12). RAin Barbara Berner
RECHTSREPORT
Nach Einschätzung des Hartmann- bundes (HB) werden die Poten - ziale des hohen Frauenanteils von etwa 45 Prozent an der Ärzteschaft noch immer nicht hinreichend ge- nutzt. Es fehle trotz unbestreitba- ren Fortschritts vielerorts noch im- mer an der notwendigen Fantasie und an entschlossenem Engage- ment, wenn es gelte, Konzepte für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf umzusetzen.
„Es ist ja gar nicht zu bestreiten, dass vielerorts nach neuen Wegen FRAUENANTEIL IN DER MEDIZIN
Potenziale von Ärztinnen bleiben oft ungenutzt
gesucht wird“, sagte HB-Vorstands- mitglied Dr. med. Kathrin Krome.
Wenn es dann aber an die konkre- te Realisierung gehe, blieben viele gute Ideen in den Kinderschuhen stecken. Damit, so Krome, bleibe am Ende wertvolles Frauenpotenzi- al ungenutzt.
Noch mehr Ärzte aus dem Ausland sind nach Ansicht der Kassen ärzt - lichen Vereinigung (KV) Sachsen- Anhalt kein Patentrezept gegen den Ärztemangel in dem Bundesland.
„Die Sprachbarrieren sind mitunter sehr hoch, und gerade in der Haus - arztmedizin müssen die Ärzte sehr gut deutsch sprechen und verste- hen“, sagte der KV-Vorsitzende Dr.
med. Burkhard John im MDR- Fernsehen. „Wir setzen eher auf Maßnahmen im Land“, betonte er.
AUSLÄNDISCHE FACHKRÄFTE
Keine Lösung für den Ärztemangel
Sehr wichtig sei, die Studierenden früh auf die Möglichkeit zur Nie- derlassung hinzuweisen.
Die KV habe Stipendien für Medizinstudierende eingeführt, zu- nächst zusammen mit dem Land und der AOK, im Augenblick trage die KV die Stipendien aber allein.
Außerdem sei es wichtig, Studie- rende zur Patientenversorgung zu motivieren, damit nicht zu viele Absolventen in alternative Berufs- felder abwanderten. hil Auch ein Blick in die Führungs- strukturen des Medizinbetriebs zei- ge noch erheblichen Nachholbedarf.
Angesichts des hohen Anteils von Medizin studentinnen komme es dar - auf an, den angehenden Ärztinnen greifbare Perspektiven auf Füh- rungspositionen zu eröffnen. hil