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JAHRESBERICHT 2020 NÄHE UND DISTANZ

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Academic year: 2022

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JAHRESBERICHT 2020

NÄHE UND DISTANZ

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INHALTSVERZEICHNIS

JAHRESBERICHT 2020

Bericht des Präsidenten 3

Bericht der Geschäftsstelle 5

Bericht der Beraterinnen und Berater 7 Beispiele aus der Beratungspraxis 9

Bericht aus der Kindergruppe 15

Spendenkampagne 24 Statistik 26

JAHRESRECHNUNG 2020

Bilanz per 31.12.2020 18

Betriebsrechnung 19 Kommentar zur Jahresrechnung 2020 20

Bericht der Revisionsstelle 21

Spendenspiegel 22 Anhang: Vorstand, Team, Patronatskomitee 27 Impressum 28

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Das Jahr 2020 wird uns als eine seltsam bleierne Zeit in Erinnerung bleiben.

Sie hat viele Menschen verunsichert, ihnen den Mut genommen und die Lethargie wachsen lassen. Viele unter uns sind mental müde. Unwissen und Ungewissheit setzen uns zu. Die klar gebotene Distanz macht den Aus- tausch schwierig und anspruchsvoll. Viele Begegnungen dürfen nicht statt- finden, namentlich auch dort, wo wir mit Menschen familiär oder freund- schaftlich verbunden sind. Dabei sind jetzt Zeichen der Verbundenheit besonders wichtig. Zeichen die der Leere, der Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung, ja der Lähmung entgegentreten und uns die Chance für Neues, Aufbruch und Verständigung erkennen lassen.

Eindrücklich haben wir erfahren, was während und vor allem nach der Schockstarre des mit der COVID-19-Pandemie verbundenen Lockdowns das niederschwellige Angebot des PINOCCHIO zu leisten, aufzufangen und als Orientierungshilfe zu bewirken vermag. Das Engagement der Beratungsstelle bietet fachlich überzeugende Begleitung von Eltern und Kindern und erlaubt, im Einzelkontakt Fragen aufzugreifen, Hilfe anzubieten, Belastungen im familiären Alltag beratend zu begegnen. PINOCCHIO kann Sicherheit geben und kritische Entwicklungen durch das Aufzeigen von sinnstiftenden Alternativen konstruktiv auffangen; die Klientinnen und Klienten können wieder Tritt fassen. Als niederschwellig ansprechbares, verlässliches Vis-à-Vis unterstützt PINOCCHIO Eltern und Kinder bei der Entwicklung von Perspektiven im Hinblick auf eine weniger belastete Zukunft.

Die schwierige Zeit der COVID-19-Pandemie hat fast über das ganze Berichtsjahr hinweg deutlich gemacht, wie wichtig Beziehungen sind, aber auch, wie Nähe zu Problemen führen kann. Dieser Jahresbericht setzt sich deshalb bewusst mit «Nähe und Distanz» auseinander und will dabei nicht

nur das zurückliegende Berichtsjahr beleuchten, sondern Interessierten eine Orientierungshilfe für die Zukunft mit auf den Weg geben. Dabei geht es um die Beziehungen im familiären Kontext, aber auch um Nähe und Distanz in ausserhäuslichen Begegnungen, zum Beispiel in der Schule, in Vereinen sowie im beraterischen Setting.

Die positiv gestaltete Beziehung ist die Grundlage jeder Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Eltern, Lehrpersonen, Engagierte in Freizeit- angeboten und Berater*innen teilen durch Nähe Erfahrungen und gewin- nen Vertrauen. Jede/jeder von uns erlebt Nähe unterschiedlich und nicht jederzeit gleich. Das Bedürfnis nach Nähe ist individuell. Einmal hilft sie uns über eine beschwerliche Klippe hinweg, ein anderes Mal wird sie als unangenehm empfunden. Distanz oder kalte Schulter manifestieren Gleichgültigkeit, Unempfindlichkeit, ja Abweisung. Für die positiv erlebte Nähe gilt immer, dass die beteiligten Individuen sich gegenseitig ernst nehmen, jederzeit verantwortungsbewusst verhalten. Nähe soll beidseitig gewollt sein, frei von sexuellen Motiven und Machtgedanken bleiben, sie soll sich am vertrauten sozialen und kulturellen Rahmen orientieren.

Die Institution PINOCCHIO stellt Kinder und Jugendliche sowie ihre Rechte konsequent ins Zentrum ihrer Arbeit und behält stets deren Wohl und Werden im Blick; dies verbindet uns mit anderen Institutionen, mit denen wir im Austausch stehen, den Sozialen Diensten, der Schulsozialar- beit, der Stadtpolizei sowie den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden, der Opferhilfe und dem Amt für Jugend und Berufsberatung des Kantons Zürich. Ihnen allen danke ich bestens für die konstruktive Zusammenar- beit im Berichtsjahr zur Wahrung der Interessen von Kindern, Jugend- lichen und ihren Eltern.

BERICHT DES PRÄSIDENTEN

NÄHE UND DISTANZ

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Ein besonderer Dank und meine grosse Anerkennung gelten den Stiftun- gen, den Spenderinnen und Spendern sowie dem Sozialdepartement der Stadt Zürich, die mit ihren Leistungen unsere im öffentlichen Interesse erbrachte Beratungsarbeit in ihrer Substanz sichern, die Weiterentwicklung unseres Angebotes ermöglichen sowie Eltern in bedrängten wirtschaftlichen Verhältnissen im Blick auf ihre Beitragspflicht willkommene finanzielle Entlastungen bereitstellen.

Ein herzliches Dankeschön richte ich sehr gerne an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstelle für ihren überzeugenden, tragenden fachkompetenten Einsatz! Ebenso an die Vorstands- und Vereinsmitglieder, die mit ihrem solidarischen Engagement das auftrags- und statutengemässe Wirken des Vereins und der Beratungsstelle PINOCCHIO vertreten und garantieren.

Bruno Hohl

Der Verein und die Beratungsstelle PINOCCHIO trauern um Prof. em.

Dr. med. Remo Largo, der unserem Patronatskomitee viele Jahre angehört hat. Noch am 28. Januar 2018 hat er uns mit einem eindrücklichen Gastreferat in der Brasserie Bernoulli an einem Benefizessen aus Anlass unseres 35-jährigen Bestehens beehrt. Am 11. November 2020 ist er im Alter von 76 Jahren verstorben. Remo Largo ist als Wissenschaftler, Kinderarzt und Autor von Fachbüchern (u. a. «Babyjahre», «Kinder- jahre») berühmt geworden. Generationen von Eltern war er ein wegwei- sender Berater. Largo plädierte dafür, die Vielfalt kindlichen Verhaltens zu respektieren, und äusserte sich kritisch zur forcierten Förderung von Kindern («Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.»).

Die Mitglieder, der Vorstand und die Mitarbeitenden des Vereins und der Beratungsstelle PINOCCHIO werden Remo Largo ein dankbares und ehrendes Andenken bewahren.

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BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Ende des vergangenen Jahres blieb der Zähler in unserem Anfrageordner bei 342 Beratungsanfragen stehen (im Vergleich zu 319 Anfragen im Vorjahr).

Aus diesen Anfragen entstanden PINOCCHIO dann 246 neue Fälle, wobei unsere Beraterinnen und Berater insgesamt aber 385 Fälle bearbeitet haben.

Dass wir an dieser Stelle und in unserem Reporting an das Sozialdeparte- ment wiederum neue Höchstwerte vermelden dürfen, ist – in Anbetracht der Umstände – einerseits erstaunlich: mussten wir den Betrieb während des ersten Lockdowns von Ende März bis Anfang Mai für eine gewisse Zeit doch praktisch einstellen. Ein Teil der Gespräche mit Eltern lässt sich zwar telefo- nisch bewältigen, aber unsere Arbeit mit Kindern lässt sich nur mit grossen Abstrichen digitalisieren; auch bei den Gesprächen mit Eltern bringt die Umstellung eine beträchtliche Veränderung im Umgang mit sich. Eine gewisse Nähe ist für unsere Arbeit unabdingbar, und gerade in der Arbeit mit schwächeren Personen ist der direkte emotionale Kontakt für einen guten Beziehungsaufbau notwendig. Andererseits ist der Zuwachs bei den erbrach- ten Leistungen aber auch erklärbar, konnten wir dank der Aufstockung auf neu 310 Stellenprozent (seit Mai 2020) in der Beratung doch deutlich mehr Arbeit bewältigen als bis anhin. Ebenfalls verständlich ist, dass sich die gros- se Last, die sich infolge der aktuellen Umstände auf Familien ergibt, in eine verstärkte Nachfrage nach unserer Beratung und Unterstützung für Eltern und Kinder übersetzt. Wiederholt wurde in den Medien berichtet, dass die Kapazitäten der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung – insbesondere von Kindern und Jugendlichen – praktisch ausgeschöpft sind.

Ein Umstand, den wir ebenfalls zu spüren bekommen haben.

Trotz der schwierigen Zeit freue ich mich aber, Ihnen mitzuteilen, dass PINOCCHIO gesund ist und stetig wächst. Vom 1. Januar 2021 bis

voraussichtlich Ende März 2022 konnten wir an der Hallwylstrasse 29 die erste Etage als Zwischennutzung hinzumieten, womit wir nun über drei zusätzliche Zimmer für Beratungsgespräche und erstmals auch ein richtiges Sitzungszimmer verfügen. An dieser Stelle danken wir unserer Vermieterin, der Stiftung PWG, für ihr unkompliziertes und rasches Entgegenkommen, sowohl beim Mietnachlass infolge der grossen Betriebseinschränkungen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020, als auch für die Findung eines tragbaren Mietzinses für die Anmietung der ersten Etage, herzlich. Wir sind alle sehr glücklich, dass wir an der bestehenden Adresse wachsen können, auch wenn der Mietvertrag vorderhand noch befristet ist. PINOCCHIO muss voraussichtlich im kommenden Frühjahr 2022 für eine noch un be- stimmte Zeit umgesiedelt werden, da das Gebäude saniert werden muss. Wir hoffen sehr, dass wir nach dem Umbau wieder an die Hallwylstrasse 29 zurückkehren und auch wieder beide Etagen beziehen können. Wir würden es als grosse Chance ansehen, beide Etagen neu einzurichten und langfristig für die Zukunft von Zürcher Eltern und Kindern in Betrieb nehmen zu können. Damit wäre unser Raumbedarf auf jeden Fall für viele Jahre nach- haltig gesichert.

Die zusätzlichen Gesprächszimmer helfen uns auch, die aktuell total 410 Stellenprozent wieder besser auf die Woche zu verteilen. Alle Beraterin- nen und Berater haben nun wieder einen eigenen Arbeitsplatz und können so arbeiten, wie es ihren Bedürfnissen entspricht. Da der grösste Anteil der Kinder, die wir sehen, im Kindergarten und Primarschulalter ist, ist es zum Beispiel wichtig, dass wir die typischerweise freien Nachmittage der Schul- woche gut abdecken. Der zusätzliche Platz hilft uns dabei und erlaubt zu- dem die weitere Aufstockung des Beratungsteams um 60 Prozent. Im Juni

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2021 stösst Anna Ritter zu uns, die wir an dieser Stelle bereits herzlich willkommen heissen. Anna Ritter bringt Erfahrung aus dem Schulpsycho- logischen Dienst sowie der psychiatrisch-psychotherapeutischen Grund- versorgung von Kindern und Jugendlichen mit. Sie ist damit eine ideale Ergänzung für PINOCCHIO und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihr.

«Nähe und Distanz» – das Thema unseres diesjährigen Jahresberichts ist unter anderem den oben angesprochenen Erfahrungen und Fragen im Umgang mit den diversen Kommunikationskanälen und Medien geschuldet, die wir alle kennen. Die Frage, wie man sich auch in der Distanz nah und verbunden sein kann, oder eben umgekehrt, die Erfahrung der emotionalen Distanz trotz räumlicher Nähe. Wenn zum Beispiel ein Familienmitglied, vom «blassen Schimmer» absorbiert, auf etwas Drittes, Anderes fixiert ist, kann man sich in dieser abwesenden Anwesenheit des Anderen schnell ein- mal alleine fühlen und zieht sich selbst vielleicht wiederum vorwurfsvoll und enttäuscht zurück, obwohl man doch eigentlich Nähe und Zuwen- dung sucht. Die Pole der Nähe und Distanz in menschlichen Beziehungen sind dialektisch miteinander verschränkt und auf komplexe Art und Weise wechselseitig aufeinander bezogen. Ohne Nähe keine Distanz und ohne die Distanz der Alterität, das heisst der Anerkennung des Anderen in seiner Verschiedenheit, keine echte Nähe. Wir alle stehen immer wieder aufs Neue vor der Aufgabe, diese beiden Pole des zwischenmenschlichen Kontakts und ihre jeweiligen Bedürfnisse miteinander in Einklang zu bringen oder das zumindest zu versuchen. Bei der eingehenden Betrachtung nur schon einer einzelnen Person, etwa in einer Psychotherapie, ist das diesbezügliche Kon- fliktpotenzial gross und die Betrachtung der Frage, was ich in einer Beziehung

suche und wünsche – oder fürchte und meide – , kann viele Jahre beanspru- chen. Nichtsdestotrotz ist die Auseinandersetzung damit fruchtbar, da wir für eine gesunde Entwicklung und die Erfahrung eines sinnvollen und bedeutsamen Lebens auf emotional bedeutsame Beziehungen angewiesen sind.

Es liegt auf der Hand, je mehr Personen in das betrachtete System in- volviert sind, von einer Liebesbeziehung hin zu einer (Patchwork-)Familie mit fünf Kindern, desto komplexer und konfliktträchtiger wird die gegen- seitige Aushandlung dieser Angelegenheit. Hinzu kommt, dass sich das Verhältnis oder die wechselseitige Gewichtung dieser Bedürfnisse in Bezie- hungen über die ganze Lebensspanne dynamisch entwickelt. Ein Baby hat eine andere Gewichtung dieser Bedürfnisse als ein Kindergartenkind, eine Jugendliche oder erwachsene und betagte Menschen. Zudem äussern alle ihre Bedürfnisse gemäss ihrem Entwicklungsstand auch wiederum auf ihre je eigene Weise, die zudem durch kulturelle Erwartungen und Normen geformt wird. Sie sehen, das Spektrum, auf dem uns diese Thematik in unserer alltäglichen Beratungspraxis begegnet, ist enorm breit gefächert und macht diese Arbeit immer wieder aufs neue spannend und erfüllend.

Michael Frei, Geschäftsleitung

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BERICHT DER BERATERINNEN UND BERATER

2020 war für uns das Jahr der Onlineberatungen und Vorsichtsmassnah- men, des Entwickelns und Abwägens möglicher Szenarien für den Fall der Erkrankung eines Teammitgliedes, mit Quarantäne der andern. Zum grossen Glück blieben wir PINOCCHIOs bisher von Corona verschont.

Das digitale Setting, insbesondere mit Kindern und Gruppen, ist neu, teil- weise experimentell und voller Überraschungen. Man sieht und hört zum Teil mehr aus dem Alltag der Familien und man ist näher dran, wenn die Kamera die häusliche Umgebung zeigt. So erfährt man Neues und Anderes über die unmittelbaren Verhältnisse von Familien als in den Gesprächen bei uns. Wobei der Bildschirm aber auch schmerzlich trennt. Mit einigen Kindern konnte, in fünf- bis zehnminütigen verwackelten und lärmigen Whatsapp-Sitzungen über den kleinen Handybildschirm, lediglich der blosse Kontakt aufrechterhalten werden. Mit andern Kindern hingegen wa- ren regelmässige, normallange Sitzungen über Skype oder Zoom möglich, bei denen der therapeutische Prozess weitergeführt werden konnte. Unter anderen Umständen zwar, aber im selben gegenseitigen Einverständnis.

Weiterhin halten uns die laufend zunehmenden Anmeldungen auf Trab. Immer wieder müssen wir darüber diskutieren, wie Wartelisten um- gangen oder zumindest hinreichend gut organisiert werden können. Zum Glück und durch grossen Einsatz aller sind wir in der Lage geblieben, die dringenden Anmeldungen sofort und die weniger dringenden innerhalb vernünftiger Zeiten bearbeiten zu können. Wobei diese Unterscheidung nach Dringlichkeit nicht immer einfach ist und wir allen Anmeldungen gerecht werden wollen. Das Problem ist, wenn wir eine Familie in Beratung nehmen, möchten wir ihr zumindest potenziell auch langfristig einen Platz für regelmässige Sitzungen bieten können, denn nicht immer ist es mit einem

Erstgespräch oder einer kurzen Beratung der Eltern getan. Insbesondere die komplexen Fälle mit zerstrittenen Eltern und mehreren Kindern, die von uns begleitet werden, binden viele Ressourcen. Dass das Beratungsteam im vergangenen Jahr durch die zusätzliche Stelle von Maria Victoria Lucero aufgestockt wurde, fällt diesbezüglich bereits nicht mehr ins Gewicht. Auf diesen Sommer steht uns deshalb eine erneute Erweiterung des Beratungs- teams ins Haus. Diese wurde aber nur dank dem grosszügigen Entgegen- kommen unserer Vermieterin möglich. Wir haben bereits viele schöne Ideen, wie wir die neuen Räume mit Leben füllen wollen. Eine wiederkehrende Idee sind etwa themenspezifische Elternabende oder eine Spielrunde mit Kindern und so weiter.

Die Gruppenangebote des PINOCCHIO mussten 2020 leider sistiert oder stark reduziert durchgeführt werden. Die Ballspielgruppe «Wilde Kerle», der Frühjahreskurs von «Kinder im Blick» und die Gruppe der von häuslicher Gewalt betroffenen Kinder mussten während des Lockdowns im Frühling eingestellt werden. Immerhin konnte der Herbstkurs «Kinder im Blick» praktisch ohne Einschränkungen durchgeführt werden und die Gruppenleitung der Kindergruppe fand, wie Sie ab Seite 15 lesen können, auf kreativem Weg andere Möglichkeiten, um mit den Kindern in Kontakt zu bleiben.

Christina Häberlin

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BEISPIELE AUS DER BERATUNGSPRAXIS

MARIA, 7 JAHRE

Marias Vater meldet sich, auf der Suche nach Unterstützung für die Familie, telefonisch bei PINOCCHIO. Die Eltern fühlen sich überfordert und wissen nicht, wie sie mit den Wutanfällen ihrer Tochter umgehen sollen.

Die Eltern kommen gemeinsam zum Erstgespräch. Die Sprache spielt bei der Etablierung unseres Rahmens eine wichtige Rolle. Die Mutter ist Mexi- kanerin, der Vater Schweizer. Miteinander sprechen sie Englisch, die Fami- liensprache ist meist jedoch Spanisch, das der Vater versteht, aber nicht spricht. Die Mutter beschreibt die aktuelle Situation, unter dem nachdenk- lichen Blick des Vaters. Sie fühlt sich ihrer Tochter gegenüber ohnmächtig.

Der Ärger wird sehr schnell entfesselt und kann nicht mehr eingedämmt werden. Es falle ihr dann sehr schwer, sich zurückzuhalten. Die Mutter erzählt, dass Maria ihr nicht zuhöre und ergänzt, dass sie sich sehr einsam fühle. Der Vater arbeitet ausserhalb. Wenn er nach Hause kommt, hat sich die Mutter mit einer Migräne in ihr Zimmer eingeschlossen.

Ich lade die Eltern ein, mir die Familiengeschichte zu erzählen. Erst waren sie durch meine Fragen irritiert. Sie fanden es schwierig, eine Ver- bindung ihrer Geschichte zu den aktuellen Problemen zu sehen. Kennenge- lernt haben sie sich in Barcelona, wo auch Maria geboren wurde. Sie sei von Anfang an ein schwieriges Kind gewesen. Die Geburt war lang und kompli- ziert, und die Mutter konnte nicht wie gewünscht stillen. Das Baby liess sich nur schwer beruhigen und manchmal liess die Mutter es allein in seiner Wiege, so wie ihre eigene Mutter es ihr empfohlen hatte. Später folgte, in- folge der Arbeit des Vaters, der Umzug der Familie nach Zürich. Dieser beginnt zu trinken und die Mutter verfällt in eine Depression. Sie sah ihren Mann zunächst nicht betrunken nach Hause kommen, da sie mit ihrem

eigenen Migrationsprozess beschäftigt war. Die Geschichte erzeugt immer noch eine Menge Ärger zwischen den Eltern.

Mein erstes Interview mit Maria fand grösstenteils in Anwesenheit der Mutter statt. Ich bot ihr Spanisch als gemeinsame Sprache an. Das Mäd- chen antwortete, dass es nur mit Menschen Spanisch spreche, die es kenne.

Sie sagte kaum ein Wort und wählte als Spiel den Sandkasten sowie Tier- figuren, Steine und Pflanzen, mit denen sie Häuser für die Tierfamilien baute. Beim zweiten Treffen, diesmal allein mit mir, begann Maria Spanisch zu sprechen. Diese Bewegung verweist auf die Bedeutung der Sprache als Mittel, sich selbst zu zeigen oder zu schützen. Maria war nun begierig zu kommunizieren und gab mir zu verstehen, dass das Verhältnis zu den Eltern, insbesondere zur Mutter, schwierig war. Sie wusste nicht, wie sie mit ihrer Mutter sprechen sollte und hatte das Gefühl, dass ihre Mutter sie nicht verstehe.

Im Verlauf der Beratung konnte ich mit den Eltern verstehen lernen, wie Maria funktioniert. Sie widerspiegelt die fehlende gemeinsame Sprache in der Familiendynamik und verweist auf das Versagen, ihre innere Welt von Anfang an zu interpretieren und in ein geteiltes Verständnis zu über- setzen. In der Wahl der Arbeitssprache zeigt sie ihre verknotete Zuneigung.

Sie organisiert ihre Beziehungen so, als nähme sie die mangelhafte Beant- wortung ihrer Bedürfnisse vorweg und passe sich im voraus daran an. Die Betrachtung dieses Mangels bot die Möglichkeit, Marias Bedürfnissen neue Priorität einzuräumen.

Maria Victoria Lucero

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LISA, 8 JAHRE

«Manchmal verstehe ich Lisa nicht so gut, kann sie schlecht einschätzen. Sie ist anders als ich, deshalb ist es für mich schwerer sie zu verstehen». Der Wunsch, die als schwierig erlebte Beziehung zu ihrer achtjährigen Tochter zu verbessern, führte die besorgte Mutter zu uns. Sie befürchtete, dass ihre Mühe im Umgang Lisa letztlich Schaden zufügen würde. «Mit ihrer lieben und angepassten Seite kann ich besser umgehen als mit ihrer bestimmenden Seite.» Im Alltag würden sie immer wieder wegen Kleinigkeiten in Streit geraten. Die Mutter erlebte sich als laut und hysterisch in diesen Auseinan- dersetzungen und mochte sich dann selbst nicht leiden. In ihrer Kindheit sei sie selbst viel angepasster gewesen, sie konnte sich nicht an solche Aus- einandersetzungen mit ihrer Mutter oder ihren Schwestern erinnern. Ihrem älteren Sohn gegenüber fühle sie sich viel mehr verbunden, konnte ihn schon immer leichter «lesen» und verstehen. Die Mutter befürchtete, dass Lisa ihre Mühe mit ihr als Ablehnung interpretieren und ihre psychische Entwicklung so belasten könnte. Es kostete die Mutter einiges an Überwin- dung, über ihre Not und das vermeintliche eigene «Versagen» zu sprechen, dabei flossen auch einige Tränen. Als Berater war ich beeindruckt von der Differenziertheit der Beobachtungen der Mutter, ihrer Fähigkeit zur Selbst- kritik und ihrem Mut zum offenen Ausdruck ihrer ambivalenten, positiven wie negativen Gefühle gegenüber der Tochter. Anerkennend spiegelte ich ihr dieses Ringen um mehr Verständnis für und Nähe zu Lisa. In weiteren Einzelberatungen ging es vor allem um das Verstehen der inneren und äus- seren Umstände, wie es zu Eskalationen zwischen Mutter und Tochter kam und um das Besprechen von möglichen alternativen Verhaltensweisen in diesen herausfordernden Situationen. Unter anderem erkannte die Mutter, dass es immer dann schwierig mit Lisa zu werden drohte, wenn sie selbst

keine Energie hatte und von ihrer beruflichen Tätigkeit erschöpft war.

Wenn die Mutter «keinen Plan» hatte, übernahm jeweils Lisa die Führung oder «quengelte» und trieb die Mutter «in den Wahnsinn». Deutlich wurde, dass Lisa Mühe mit den «depressiven Zügen» der Mutter hatte.

Nach einigen Beratungsstunden, in deren Verlauf auch der Vater einbe- zogen wurde, einigten wir uns darauf, dass ich Lisa auch persönlich kennen lerne, da sie sich gegenwärtig in der Schule schwer tat und anscheinend häufiger mit ihren Freundinnen in Streit geriet. Mit ihrer forschen Art komme sie mit den Jungen besser zurecht. Lisa lernte ich als willensstarkes Mädchen kennen, welches hinter einem selbstbewussten Auftreten ihre sen- sible und unsichere Seite zu verbergen versuchte. So war es ihr zum Beispiel nicht möglich, ohne eines ihrer Lieblingsstofftiere im Thek, in die Schule zu gehen. Sie fühlte sich von ihren Kolleginnen ausgeschlossen und litt stark darunter. Sie eckte mit ihrer forschen Art an und wusste nicht, wie sie anders mit den anderen in Kontakt treten könnte. In ihrer Zeichnung der Familie als Tiere wurde deutlich, dass sie den Vater als stark, die Mutter aber als schwach wahrnahm. Wir erkannten, dass auch Lisa gerne die Distanz zur Mutter verringern und mehr von ihr gehalten und anerkannt werden wollte. Im Prozess der begleitenden Elternarbeit wurde versucht, diesem Bedürfnis einen guten Nährboden zu bereiten und wieder mehr Nähe im Zusammensein (ohne zu streiten) zuzulassen.

Norbert Wolff

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LOTTA, 5 JAHRE

Zum ersten Gespräch kommt eine offen und wach blickende Frau, die mich freundlich prüfend anschaut. Sie und ihr Kind seien alleine, es gebe keinen Vater. Es sei ihr bewusst, dass Lotta ihren Erzeuger vielleicht einmal kennen lernen wolle, im aktuellen Leben spiele er aber keine Rolle. Ihre eigenen Eltern seien zwar sehr unterstützend, lebten aber im Ausland und seien im Alltag deshalb nicht spontan verfügbar.

Die Mutter sucht unsere Beratungsstelle auf, da Lotta seit dem Kinder- garteneintritt nicht mehr selber einschlafen, sich auch am Tag kaum selber beschäftigen könne. Wenn sie abends nach dem Kindergarten und der Be- treuung heimkäme, sei es am anstrengendsten, Lotta würde dann wie ein Baby reden, wolle sich nicht selber ausziehen und auch nicht selber essen.

Sie werde dann ganz quengelig und provoziere die Mutter, indem sie sie stosse oder ihr weh tue. Sie breche bei einem Nein der Mutter auch oft in Wut aus. In diesen Momenten fühle sich die Mutter richtiggehend tyranni- siert von ihrer Tochter und werde dann laut und gemein zu ihr. Sie habe sich dieses Kind zwar so gewünscht, gleichzeitig fehle ihr der eigene Frei- raum sehr. Die Mutter meint, dass sie das Klein-sein-wollen ihrer Tochter als Schwäche empfindet. Ihr fällt rückblickend auf, dass sie als Kind immer stark sein musste. Die Eltern seien in ihrem Heimatland vor der Emigration in der Opposition politisch aktiv gewesen und hätten immer gekämpft.

Ich bringe meine Überlegung ein, dass es in diesen Momenten hilfreich wäre, es wäre noch jemand da und sie könnte sich ab und zu zurückziehen.

Die Mutter empfindet dies als Vorwurf, als würde ich damit ein Nest voller Gefühle des Nichtgenügens und Schuld treffen. Auch wenn sie sich in ein Netz eingebunden weiss, fühlt sie sich in diesen konflikthaften Momenten mit ihrer Tochter doch alleine. Sie müsse zudem immer wieder zu Gesprächen

mit der Lehrerin und BetreuerInnen gehen. Lotta weine manchmal wegen kleinen Begebenheiten und spreche von Heimweh nach der Mutter. Dieser Wunsch nach noch mehr Nähe löst bei der Mutter Gefühle der Hilflosig- keit und der Enge aus.

Im Verlauf unserer Gespräche kann mir die Mutter mitteilen, dass sie einen Mann kennengelernt habe, den sie gerne in ihr Leben lassen würde.

Sie habe ihn Lotta bereits vorgestellt. Die Begegnungen waren nicht ganz einfach, da das Mädchen immer entweder die volle Aufmerksamkeit von ihm oder von der Mutter eingefordert habe. Zudem sage sie, das sei nun auch ihr Freund, sie würde ihn wie die Mutter auch lieben.

Es entsteht das Bild, dass Lotta versucht, ihren Platz in der Familie an der Seite ihrer Mutter und ihres Nicht-Vaters zu finden. Anstelle von die- sem sollen sich zum Beispiel die Lehrerinnen an ihre Seite stellen, sollen eine Verbindung zwischen ihr und ihrer Mutter sein und gleichzeitig helfen, sich von ihr zu entfernen. Wie die Mutter sucht Lotta nach Öffnungen in der Enge der Mutter-Tochter-Beziehung. Als die Mutter diese Bewegung ihrer Tochter wahrnehmen kann, fühlt sie sich entlastet und sicherer, ihre eigenen Grenzen in die Beziehung zu ihrer Tochter einzubringen. Sie kann ihr langsam auch besser zumuten, sich für eine gewisse Zeit alleine zu beschäftigen. Dies wiederum ermöglicht ihr, den Wunsch ihrer Tochter, auch ab und zu ganz klein zu sein, besser anzunehmen. Mit dieser suchenden Bewegung nach Nähe und Distanz gelingt es auch, den neuen Freund der Mutter als Dritten im Bunde aufzunehmen.

Mirjam Giagonia

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BERICHT AUS DER KINDERGRUPPE

Rückblickend auf die ersten eineinhalb Jahre der Kindergruppe, steht fest, dass der Aufbau eines sicheren, vertrauensvollen Rahmens für die Kinder und uns als Gruppenleiter grundlegend war. Dies vor allem im Hinblick auf die schwierigen Erfahrungen der Kinder, die uns als Gruppe zusammen- führen. Die Dynamiken zwischen den Gruppenmitgliedern hat sich mit Beginn des zweiten Jahres viel ruhiger und differenzierter gestaltetet.

Wir beginnen weiterhin mit Einzelgesprächen, um eine Beziehungsbasis aufzubauen und den Wunsch, in die Gruppe einzutreten, mit dem Kind und den Eltern zu besprechen. Dieses Einzelsetting wird neben der wöchent- lichen Gruppe fortgeführt, mindestens einmal monatlich. Seit Herbst 2020 treffen wir uns etwa alle acht Wochen mit den Müttern der Kinder als Gruppe. Diese Elternarbeit beinhaltet unter anderem eine Übersetzung der Prozesse, welche die Kinder in der Gruppe erleben, sowie einen Raum für die Mütter. Zurzeit erlauben die familiären Situationen nicht, dass die Väter Teil dieser Gruppe sind. Soweit möglich, arbeiten wir separat mit ihnen. Die regelmässige Supervision bei Sonja Wuhrmann und die definitive Mitarbeit von Boris Dietschi über die ganze Dauer der Projektphase haben der Gruppe eine sichere Grundlage verschaffen. Die so gesicherte Kontinu- ität, im Besonderen durch die stabile Präsenz einer männlichen Vertrauens- person, hat die Gruppe zusätzlich gestärkt.

Im Gruppengeschehen zeigen sich bei den Kindern Konflikte und Fähigkeiten, die im Einzelsetting verborgen bleiben. Diese tauchen zwar in der Gruppe durch indirekte, spielerische Erzählungen auf, werden jedoch nicht immer innerhalb der Gruppe zu etwas Fassbarerem. Dank dem Wech- selspiel mit dem Einzelsetting kann diesen äusseren und inneren Erlebnis- sen hier anders begegnet und darüber nachgedacht werden; auch die Frage,

ob man die Gruppe vielleicht verlassen will. Im Konkreten hat die Gruppe über das Jahr eine Fluktuation mit zwei dazugestossenen Kindern und vier Abschieden erlebt, so dass wir aktuell mit vier Kindern arbeiten.

Nach den Konflikten um die Weihnachtszeit 2019 wurde die Gruppe mit einer obligatorischen Distanz durch den Lockdown nochmals gefor- dert. Wie konnten wir mit den Kindern in einem emotionalen Kontakt bleiben und dabei weiterhin die Verantwortung für das Geschehen unter den Kindern tragen? Wir entschieden uns im Frühjahr für einen Briefwech- sel mit den Kindern. Fotos von vergangenen gemeinsamen Erlebnissen und Vorschläge für Aktivitäten unsererseits gaben die Möglichkeit, wieder eine Gemeinsamkeit herzustellen. Uns war es wichtig, mit den Kindern zu etab- lieren, dass nicht immer alles aus ist, nur weil es Streit gegeben hat. Fragen der Nähe und Distanz in der Gruppe müssen immer wieder von Neuem verhandelt und dosiert werden können. Im Anschluss an diesen Briefwech- sel haben drei Kinder die Weiterführung der Gruppe gewünscht. Bis zu den Sommerferien stand die Abgrenzung und Neufindung im Vordergrund.

Das Geschehen der Gruppe und somit auch Geschehnisse aus ihrem Familienerleben musste nicht nur von den einzelnen Kindern mit etwas Distanz verdaut werden, sondern auch von uns. Die von der Gruppe immer wieder gewünschte Herstellung von «Slime» erschien uns als eine Art früh- kindlicher physikalischer Forschung, verbunden mit indirekten Erzählun- gen der Kinder aus ihrer Vergangenheit. Kann das, was in den zwischen- menschlichen Beziehungen und der Familie für uns alle so schwer zu fassen ist, hier mittels verschiedener Materialmischungen be-greiflicher werden?

Wie viel Leim, Waschmittel und Wasser braucht es, um Slime anzurühren, mit dem man anschliessend Spass haben und spielen kann? Wie viel Neid,

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Eifersucht, Zweifel, Angst und Aggression verträgt es im familiären Zusam- mensein? Wann gibt es eklige, unverdaubare Klumpen und wann zerfliesst alles? Die Reste dieser «Forschungsarbeit» der Gruppe wurden uns als wort- wörtliche «Drecksarbeit» hinterlassen. Es ist, als hätte uns die Gruppe ihre eigenen, unerträglichen Anteile des Erlebten zur Aufbewahrung und/oder Beseitigung, jedenfalls zur weiteren Verarbeitung hinterlassen. Dies nicht zuletzt in Form des Aufräumens und Putzens des teilweise sehr verdreckten Raumes nach den Gruppenstunden.

Während sich die Kinder bis zu den Sommerferien 2020 noch haupt- sächlich mit dieser formlosen Masse vergnügt, geekelt und dabei geflirtet und gestritten haben, konnten in der zweiten Hälfte des Jahres mit anderen Materialien neue Formen des Ausdrucks gefunden werden. Klar erkenn- bare, differenzierte Figuren und Szenarien entstanden, oft begleitet von kommentierenden Worten. Wohl durch das wachsende Vertrauen in den Rahmen konnten die Kinder ihre Produktionen zunehmend klarer fassen und besser sortieren. Gespräche unter den Kindern und mit uns begleiteten das Schaffen immer häufiger. Aus dem Flirten entstanden Fragen an uns zur Sexualität. Nähe, die nicht in explosionsartigem Streit vernichtet werden muss, wurde möglich. Es kam auch zu Momenten, in denen einzelne Kinder innerhalb der Gruppe Raum für ihre Trauer fanden. Regelspiele, geführte Bastelarbeiten, Zuhören bei einer Geschichte haben Einzug gehalten. Teil- weise konnte es sehr leise werden, es wurde sogar gestrickt – was noch vor wenigen Monaten unvorstellbar gewesen wäre. Der Abschied eines Kindes Anfang des Jahres betraf die Kinder schmerzhaft. Alle Eltern leben getrennt und die meisten Kinder haben keinen Kontakt zu ihren Vätern. Das Empfin- den von Trauer schlug in der Situation der Trennung in Lautstärke um. Erst

im Nachhinein konnte das verabschiedete Kind im Einzelsetting und der Rest der Gruppe zu ihren traurigen Gefühlen finden.

Es hat sich ein persönlicherer Bezug zwischen den Kindern und uns als Gruppenleitung eingestellt. Die Kinder verwenden uns und die Gruppe zunehmend als Bezugsrahmen, der durch die familiären Konflikte so nicht immer verfügbar gewesen war, wie ihn die Kinder für ihre Entwicklung benötigt hätten. Kinder brauchen sichere und vertrauensvolle Beziehungen, um sich auch mit den schwierigen Anteilen des eigenen Innenlebens an- genommen zu erleben und Halt zu finden. Und doch tauchen die uner- träglichen Erlebnisse der Kinder immer wieder derart verzerrt auf, dass es manchmal gerade dieses Wechselspiel zwischen Einzel- und Gruppen setting braucht, um erahnen zu können, was ein Kind zum Ausdruck bringt.

Unsererseits liegt das «Verdauen» auch darin, durch Reflektion Distanz zum Geschehen zu schaffen, um weiterhin den Fokus auf die inneren und äusseren Prozesse der Kindergruppe wahren zu können.

Antje Brüning und Boris Dietschi

BERICHT AUS DER KINDERGRUPPE

Die Kindergruppe ist ein Angebot für Kinder von sieben bis elf Jahren, die häusliche Gewalt erfahren haben. Das dreijährige Projekt begann im Sommer 2019 und wird zur Hauptsache über die gemeinsame Spenden- aktion der SRF und der Glückskette «Jeder Rappen zählt» finanziert.

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JAHRESRECHNUNG 2020

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BILANZ PER 31.12.2020

Aktiven 2019 2020

Flüssige Mittel 460 566 458 792

Debitoren 50 015 58 802

Delkredere – 4 700 –5 208

Transitorische Aktiven 5 991 12 690

Anlagevermögen 2 2

Total Aktiven 511 874 525 078

Passiven

Projektbeiträge f. Folgejahre 126 390 142 588

Transitorische Passiven 68 800 86 039

Personalfonds 24 400 17 490

Fonds für Entwicklung & Projekte 30 848 30 848

Fonds Kindergruppe 17 265 17 265

Fonds Projekt Webauftritt 25 000 18 990

Fonds Einrichtungen 9 335 9 335

Fonds für Härtefälle 77 526 77 526

Eigenkapital 127 099 132 309

Total Passiven 511 874 525 078

Gewinn(+) / Verlust(–) 5 211 –7 312

Die Angaben sind in Schweizer Franken.

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BETRIEBSRECHNUNG 2020

Ertrag 2019 2020

Beratungshonorare Eltern 123 070 118 106

Beratungshonorare Fürsorgestiftungen 45 209 55 843

Beratungshonorare Sozialdienste 44 127 48 845

Beratungshonorare Tarifergänzung 30 000 40 000

Betriebsbeitrag Stadt Zürich 260 850 260 850

Zweckgebundene Projektbeiträge 112 900 111 300

An Passivkonto «Projekte Folgejahre» –110 900 –109 300

Spenden 52 710 44 367

Mitgliederbeiträge 3 450 3 400

PR-Aktionen/Benefiz-Events 3 157 7 535

Diverse Erträge 3 149 1 149

Total Ertrag 567 722 582 095

Aufwand

Personalaufwand 455 162 514 565

Räume, Einrichtung, Unterhalt 47 014 39 024

Abschreibungen 0 0

Büroaufwand 14 256 17 004

Debitorenverluste 691 1 003

Öffentlichkeitsarbeit & Mittelbeschaffung 25 388 18 037

ausserordentlicher Erfolg 20 000 –226

Fondsbewegungen 0 0

Total Aufwand 562 511 589 407

Gewinn(+) / Verlust(–) 5 211 –7 312

* Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich und ohne Sitzungsgeld. Die Angaben sind in Schweizer Franken.

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20

KOMMENTAR ZUR JAHRESRECHNUNG 2020

Für das Jahr 2020 resultiert ein Verlust von CHF 7312.08; dieser war mit CHF 8300 budgetiert worden. Dass der Verlust tiefer ist als budgetiert, war nur möglich, weil wir für das Tarifergängzungsprojekt höhere Spenden als in den Vorjahren erhalten haben. So konnten wir Ende Jahr vom Tarif- ergänzungs-Fonds Geld zurück in die Erfolgsrechnung fliessen lassen und dadurch mehr Familien unterstützen. Zudem zahlten wir die neue Website aus dem Fonds Projekt Werbeauftritt.

Die Corona-Pandemie war auch in der Buchhaltung eine Herausfor- derung. Wir erstellten eine Liquiditätsrechnung. Somit hatten wir einen guten Überblick über die Ein- und Ausgaben. Die Vermieterin der Büro- räume gewährte dem PINOCCHIO für zwei Monate einen Mieterlass.

Vielen Dank! Ein gutes Ergebnis trotz der Pandemie ergaben die Bera- tungshonorare. Im Frühling gab es im PINOCCHIO zwei Monate Kurzar- beit. Während dieser Zeit wurden weniger Beratungen durchgeführt. Die Zahlen der neuen Fälle und der Fälle total (siehe Statistik) sind trotzdem im Vergleich zum Vorjahr wieder gestiegen. Aufgrund der steigenden Beratun- gen im Vorjahr wurde Anfang Jahr eine Stellenerhöhung um 60 Prozent bewilligt. Die neue Mitarbeiterin begann im Januar 2020. Die Lohnkosten sind daher höher als im Vorjahr.

Ende Jahr verschickten wir erstmals einen Spenden-Flyer an Mitglieder, Kirchen und Gönner. Der zusammengekommene Betrag von 2000 Fran- ken war ein schönes Weihnachtsgeschenk. PINOCCHIO freut sich über jede finanzielle Zuwendung.

Den verschiedenen Stiftungen, welche unsere Projekte auch im Jahr 2020 mit grosszügigen Beiträgen unterstützten, danken wir herzlich (siehe Spendenspiegel). Auch der öffentlichen Hand, unseren Mitgliedern und

Spendern sind wir dankbar für Ihr Engagement. Sie alle ermöglichen unsere Arbeit und wünschen Kindern und Eltern ein wichtiges und langfristiges Gelingen.

Monika Stolz, Vorstandsmitglied Ressort Finanzen

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BERICHT DER REVISIONSSTELLE

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SPENDENSPIEGEL

BEITRÄGE DER ÖFFENTLICHEN HAND

Sozialdepartement Stadt Zürich 260 850

BEITRÄGE VON STIFTUNGEN

Max Wiederkehr-Stiftung 10 000

Stiftung Kastanienhof 10 000

BUZ Stiftung 5 000

Hülfsgesellschaft in Zürich 3 000

David Bruderer Stiftung 3 000

Hans Konrad Rahn-Stiftung 3 000

Krokop Stiftung 1 000

Hans Wegmann-Stiftung 1 000

Geschwister A. & I. Beer Stiftung 1 000 Sarah Dürmüller - Hans Neufeld Stiftung 1 000

FALLFINANZIERUNG DURCH DRITTE STIFTUNGEN/VEREINE

M. Dornonville de la Cour Stiftung 12 939

Hans Wegmann-Stiftung, Zürich 240

DIVERSE

SVA 16 805

Gemeinde Unterengstringen 1 280

Kokon 2 570

Heilpädagogische Schule 2 760

Kantonale Opferhilfestelle 6 300

Castagna Beratungsstelle 1 550

Beratungsstelle für Frauen gegen Gewalt in der Ehe 530 Bezirksgericht 650

kjz Horgen 2 572

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BEITRÄGE VON UNTERNEHMEN

Familienheimgenossenschaft, Zürich 1 000

ZWECKGEBUNDENE BEITRÄGE

Baugarten Stiftung – KiB 40 000

Walter und Anne Marie Boveri Stiftung –

Tarifergänzung 20 000

MBF Foundation – Tarifergänzung 15 000 Zürcher Brockenhaus Stiftung – Tarifergänzung 12 000 Dr. Arnold Huggenberger Stiftung – Tarifergänzung 10 000

Vontobel-Stiftung Zürich – KiB 6 000

Ernst und Theodor Bodmer Stiftung – Tarifergänzung 3 000 Zürcher Kantonalbank – Finanzierung Jahresbericht 2 000

PRIVATE SPENDEN AB 200 FRANKEN

R. Züfle 550

Familie Merkli 500

F. Schönbächler 300

BEITRÄGE VON KIRCHGEMEINDEN*

Ref. Kirchgemeinde Staufacher 2 157

Unser Dank geht an unsere Mitglieder sowie Gönnerinnen und Gönner für die grosszügige, hilfreiche Unterstützung!

Ebenfalls danken wir der Stadt Zürich sehr für ihre im Rahmen des erweiterten Leistungsvertrages erbrachten Beiträge!

Die Angaben sind in Schweizer Franken.

* Spenden über CHF 200 werden vermerkt

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MIT EINER SPENDE GUTES TUN!

DANKE, DASS SIE DIE ZUKUNFT DER BERATUNGSSTELLE PINOCCHIO SICHERN.

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WIR

Die Beratungsstelle für Eltern und Kinder PINOCCHIO ist spezialisiert auf Fragen rund um die psychische

Entwicklung von Kindern im Vorschul- und Volksschulalter von 2 bis 14 Jahren. Das Wohl und die psychische Entwicklung des Kindes stehen im Zentrum der Arbeit unserer FachpsychologInnen mit langjähriger Berufserfahrung.

SPENDE

Mit Ihrer Spende tragen Sie dazu bei, dass Kinder in ihrer emotionalen Entwicklung, ihrer Beziehungsfähigkeit, ihrer sozialen Integration und in der Stärkung ihres Selbstvertrauens gefördert werden.

Ob Geburtstag, Hochzeit, Jubiläum oder auch einfach so: unterstützen Sie eine gemeinnützige Organisation, die Eltern zuhört und sich Zeit für Kinder nimmt.

LEGATE / TRAUERSPENDE

Möchten Sie über Ihr Leben hinaus Gutes tun? Mit einem Legat leisten Sie einen Beitrag an die Förderung der sozialen Kompetenzen eines Kindes, dessen Familie die Beratung im PINOCCHIO in Anspruch nimmt.

Möchten Sie auf Blumenschmuck verzichten? Mit Ihrer Trauerspende stellen Sie sicher, dass unsere Angebote auch durch Eltern mit wenig finanziellen Mitteln unkompliziert und rasch in Anspruch genommen werden können.

Spendenkonto:

PC-Konto 80-56266-3 oder Zürcher Kantonalbank

IBAN: CH70 0070 0111 2007 9048 1 Beratungsstelle für Eltern und Kinder

Hallwylstrasse 29, 8004 Zürich Tel. 044 242 75 33, PC 80-56266-3

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26

Alter der Kinder 2017 2018 2019 2020

Vorschulalter 16% 19% 13% 15%

Kindergarten 23% 20% 22% 23%

Primarschule 61% 55% 59% 56%

Oberstufe 6% 6% 6%

Wohnort

Stadt Zürich 262 264 296 329

Kanton Zürich 24 29 38 50

ausserkantonal 0 4 2 6

Total 286 297 336 385

Beratungsumfang

Kurzfristig: 1 bis 5 Sitzungen 178 179 220 260 Mittelfristig: 6 bis 20 Sitzungen 81 82 83 95

Langfristig: über 20 Sitzungen 27 36 33 31

Anzahl Fälle

Neuanmeldungen 286 297 319 342

davon gesehene Kinder 137 122 160 183

Beratungen in Std.

Elternberatungen 829 868 1057 1248

Sitzungen mit Kindern 1 200 1 277 1 363 1 371 Fallnebenarbeiten und Triage 628 768 752 847

Gespräche Umfeld 28 71 27 33

Telefon-/Internetberatung 342 338 288 477

Fachberatung 0 1 1 5

Total 3 026 3 322 3 488 3 981

Stellenprozente

Stellenleitung 20% 40% 40% 40%

Beratung 235% 240% 255% 310%

Projekte 10% 20% 20%

Sekretariat 40% 40% 40% 40%

Total 295% 330% 355% 410%

Im vergangenen Jahr wurden, inkl. fallbezogener Neben- arbeit und Fachberatung, total 3981 Stunden aufgewendet.

Supervision und Intervision, ein wichtiger Bestandteil zur Qualitätssicherung psychoanalytischen Arbeitens, sowie der Aufwand für die Stellenleitung, Finanzierung, Projekte etc.

sind hier nicht enthalten.

Verteilung Fallzahlen und Tarife Anzahl

Fälle die einen reduzierten Tarif bezahlen 273

Den Richttarif* und mehr bezahlten 113

* Seit dem 1.3.2015 beträgt der Richttarif für die EinwohnerInnen der Stadt Zürich CHF 120. Für KlientInnen aus dem Kanton beträgt der Richttarif CHF 150.

Das Erstgespräch kostet pauschal CHF 50, auf Antrag kann ein reduzierter Tarif vereinbart werden. Der Richttarif für eine Beratungsstunde beträgt CHF 120, wird jedoch an das jeweilige Einkommen der Eltern angepasst. Wir danken allen Stiftungen, Schulen, Opferhilfeberatungsstellen und Sozial- diensten, welche bei Zuweisungen die Finanzierung zum Richttarif sichern helfen.

STATISTIK

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ANHANG

VORSTAND, TEAM & PATRONATSKOMITEE

VORSTAND Präsident

Bruno Hohl, ehem. Direktor Umwelt- und Gesundheitsschutz Stadt Zürich

Vizepräsidentin, Recht, Kinderschutz und Kommunikation Isabelle Fisher, Juristin

Quästorin

Monika Stolz, Fachfrau Finanz- & Rechnungswesen Personal & Qualitätssicherung

Marianne Straub Rossi, Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Fachpsychologin für Kinder- und Jugendliche FSP, Supervisorin SKJP Projektentwicklung & Evaluation

Erich Graf, Erziehungswissenschaftler TEAM

Leitung und Beratung

Michael Frei, Dr. phil. Fachpsychologe für Psychotherapie FSP BeraterInnen

Antje Brüning, lic. psych. Sozialpädagogin HF, Fachpsychologin für Psychotherapie FSP

Mirjam Giagonia, lic. phil. Fachpsychologin für Psychotherapie FSP Christina Häberlin, lic. phil. Fachpsychologin für Kinder- und Jugendpsychologie und für Psychotherapie FSP

Maria Victoria Lucero, lic. phil. Psychologin FSP

Norbert Wolff, dipl. Psych. Fachpsychologe für Psychotherapie FSP Administration

PATRONATSKOMITEE Dr. med. Hartmut Baals Kinderchirurg

Prof. em. Dr. med. Dieter Bürgin

emeritierter Chefarzt KJPK der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik Basel Prof. em. Dr. med. Remo H. Largo

ehem. Leiter Abteilung Wachstum und Entwicklung, Kinderspital Zürich

Hans Stamm

ehem. Chef des Amtes für Gemeinden des Kantons Zürich Eugen Stiefel

ehem. Schulpräsident Schulkreis Limmattal Elisabeth von Salis

Psychoanalytikerin und ehem. Präsidentin PINOCCHIO Dr. med. Thomas von Salis

Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. Sascha Neumann

Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Frühkindliche Bildung (ZeFF) an der Universität Fribourg

Dr. phil. Heinrich Nufer

Pädagoge und Kinderpsychologe, ehem. Präsident PINOCCHIO

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Beratungsstelle für Eltern und Kinder Hallwylstrasse 29, 8004 Zürich

Tel. 044 242 75 33, Fax 044 242 75 35, PC 80-56266-3 E-Mail: info@pinocchio-zh.ch, www.pinocchio-zh.ch

Impressum

Herausgeber: Verein PINOCCHIO Layout: null-oder-eins visuelle gestaltungen Lektorat: Jürg Fischer

Fotos Jahresbericht: Franziska Willimann Foto Spendenkampagne: Ursula Markus Druck: druckereizimmermann GmbH

Referenzen

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