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S Branche sucht Fachkräfte und findet nur digitale Lösungen

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Academic year: 2022

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Bad Segeberg 70. Jahrgang Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein Mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein

Sein Ministerium richtet den zwei- tägigen Kongress aus, zu dem jährlich rund 400 Branchenkenner an die Kieler Förde kommen. Meyer forderte die Ak- teure im Gesundheitswesen auf, ihre po- sitiven Resultate deutlicher herauszu- stellen. Nach seiner Ansicht hat das Ge- sundheitswesen insbesondere in wirt- schaftlicher Hinsicht noch viel Potenzial.

Schon heute werde in Schleswig-Hol- stein jeder siebte Euro im Gesundheits- wesen erwirtschaftet, rund 220.000 Be- schäftigte gebe es. „Wer angesichts die- ser Daten Gesundheit nur als Kostenfak- tor sieht, hat die Bedeutung der Bran- che nicht verstanden. Gesundheit ist ein Wachstums- und Beschäftigungsmotor“, sagte Meyer.

Als Wachstumstreiber wurde zum Auftakt der Konferenz von vielen Betei-

S

eit Jahren wird über die Bedeu- tung der Gesundheitsbranche für die Volkswirtschaft in Deutsch- land diskutiert. Längst nicht jeder hat realisiert, dass es kaum noch Wirtschaftszweige gibt, die mehr für die deutsche Volkswirtschaft leisten.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsmi- nister Reinhard Meyer (SPD) hat des- halb zum Auftakt des Kongresses „Ver- netzte Gesundheit“ in Kiel bemängelt, dass die Politik die Bedeutung des Ge- sundheitswesens noch immer nicht an- gemessen wahrnimmt. Er forderte die Branche auf, selbstbewusster aufzutre- ten. „Solange es noch einen Protest- sturm auf die Aussage ‚Mit Gesundheit darf man Geld verdienen‘ gibt, haben wir ein Problem“, sagte Meyer.

ligten die Digitalisierung genannt. Zu- gleich sehen viele in der Digitalisierung großes Potenzial für eine bessere Versor- gung, weil mit ihr auch die Vernetzung zwischen Akteuren und zwischen Sekto- ren und damit eine bessere Patientenver- sorgung erleichtert wird.

Es wurde aber auch über Risiken ge- sprochen. Ein weiterhin ungelöstes Pro- blem für die Branche – für die Versor- gung und für das wirtschaftliche Wachs- tum – bleibt der drohende Fachkräfte- mangel. Fest steht, dass trotz aller Fort- schritte in der Technik weiterhin der Mensch wichtigster Faktor in der Ver- sorgung bleiben wird. Fachkräfte aus dem Ausland können nur begrenzt die befürchteten Lücken in der Gesund- heitsversorgung schließen.

W E I T E R A U F S E I T E 6

Wirtschaftsminister Reinhard Meyer beim Rundgang durch die Ausstellung kurz vor Eröffnung des Kongresses „Vernetzte Gesundheit“ in Kiel.

V E R N E T Z T E G E S U N D H E I T

Branche sucht Fachkräfte und findet nur digitale Lösungen

Kongress „Vernetzte Gesundheit“ in Kiel beschäftigt sich mit der fortschreitenden Digitalisierung und dem drohenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen.

T H E M E N

10

Umfrage des MB zur Arbeitsbelas- tung in Kliniken

13

Wahlhearing der Ersatzkassen zur Gesundheit

18

Lübecker Arzt kämpft für infizierte Bluter

28

Videoendoskopie bei Schluck- störungen

31

Medizinprodukte für Kinder

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Geschäftsführer (m/w) Qualitätsmanagement

- zunächst 50 % der regulären Arbeitszeit -

zum nächstmöglichen Zeitpunkt für das Institut für Ärztliche Qualität in Schleswig-Holstein gGmbH gesucht.

Das Institut wurde 2015 von den Schleswig-Holsteinischen Selbstverwaltungspartnern im Gesundheitswesen Ärztekammer, Kassenärztliche Vereinigung und Krankenhausgesellschaft gegründet, nicht zuletzt, um angesichts der Zentralisierungsten- denzen der Berliner Gesundheitspolitik einen lokalen Knotenpunkt zu schaffen. Im Aufbau befindlich ist ein methodisches Kompetenzzentrum für Fragen der Qualitätsmessung, -beurteilung und -entwicklung für alle Einrichtungen in der Gesund- heitsversorgung im nördlichsten Bundesland. Die drei Gesellschafterinnen stehen für beste lokale Vernetzung und hohe Expertise mit über 25-jähriger Tradition, zahlreichen Routineverfahren und spannenden Neuentwicklungen. Eine individuelle Zusammensetzung von unabhängigen und projektbezogenen Lenkungsgremien und Arbeitsgruppen eröffnet Anbietern, Kostenträgern, Berufsgruppen und –verbänden, öffentlichen und politischen Institutionen usw. die Möglich- keit, entsprechende Projekte unter Nutzung des Know-hows durchzuführen. Der Sitz des Instituts ist in Bad Segeberg.

Ihre Aufgaben:

• Repräsentation des Instituts nach außen

• Konzeptioneller und strategischer Aufbau sowie die Weiterentwicklung des Instituts in Kooperation mit Gesellschaf-

tern und Lenkungsgremium

• Ansprechpartner für interessierte Institutionen und Auftraggeber

• Aufbau zeitgemäßer Organisations- und Arbeitsstrukturen für einen über Schleswig-Holstein verteilten Experten- und

Mitarbeiterkreis

• Koordination anstehender Projekte

• Erstellung von Angeboten, Projektskizzen und Geschäftsberichten

• Monitoring der nationalen (und internationalen) Entwicklungen im Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversor- gung

Ihr Profil:

• Verantwortungsbewusste Persönlichkeit mit abgeschlossenem Hochschulstudium und beruflichen Erfahrungen

im Gesundheitswesen; eine Zusatzqualifikation im Qualitätsmanagement wäre wünschenswert

• Erfahrung im wissenschaftlichen Arbeiten und/oder im Qualitätsmanagement sowie in der Erstellung von

Projektanträgen und Veröffentlichungen

• Leitungserfahrung

• Freude an Referenten- und Dozententätigkeit

• Persönlicher Bezug zum regionalen Gesundheitswesen wäre optimal

Suchen Sie vielleicht aus einer bestehenden Beschäftigung oder aus der Selbstständigkeit heraus eine neue Herausforderung? Die Position bietet die mit ambitionierter Aufbauarbeit einhergehenden Chancen der Schaffung einer neuen Schleswig-Holsteinischen Marke mit dem Rückhalt dreier starker Partner. Sie wären das „Gesicht“ des Instituts. Eine Vollzeitbeschäftigung ist je nach weiterer Entwicklung möglich.

Ihre Bewerbung in elektronischer Form und unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung und Ihres möglichen Eintrittstermins richten Sie bitte bis zum 10. März 2017 an den (Gründungs-)Geschäftsführer, Herrn Dr. Carsten Leffmann, der Ihnen unter den Kontaktdaten Tel. 04551 803 206 / carsten.leffmann@q-institut-sh.de bei Fragen auch gerne zur Verfügung steht.

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Postfaktisch“ ist im vergangenen Dezember von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden zum Wort des Jahres 2016 gewählt worden. Dieses Kunstwort – im Englischen bisher umschrieben als „post truth“ – bezeichnet den Um- stand, dass immer größere Bevölkerungsschichten bereit sind, in ihrem Widerstand ge- gen das Handeln politischer Entscheidungsträger, „denen da oben“, Tatsachen zu igno- rieren und sogar offensichtliche Lügen bereitwillig zu akzeptieren, wenn es der Umset- zung eigener Überzeugungen und Ziele dient. Nicht der Anspruch auf Wahrheit, son- dern das Aussprechen der „gefühlten Wahrheit“ scheint im „postfaktischen Zeitalter“

zum Erfolg zu führen.

In dem neu gewählten Präsidenten der USA haben „die da unten“ jetzt ganz offen- sichtlich ihren Meister gefunden. Unliebsamen Tatsachen werden durch die Trump- Beraterin Kellyann Conway „alternative facts – Alternative Fakten“ entgegengestellt.

Nein, soweit sind wir in Deutschland noch lange nicht, obwohl auch hier politische Kräfte scheinbar im Aufwind sind, die ihr Heil in einer Anbiederung an den auch in unserer Zivilgesellschaft endemischen Trend suchen.

Anders als in der Politik – übrigens auch der Berufspolitik – erleben wir in der Me- dizin seit Jahren einen genau gegenläufigen Trend. Subjektives Empfinden und sinnli- che Wahrnehmung treten zunehmend in den Hintergrund zugunsten einer datenba- sierten und dokumentierbaren Diagnostik und Therapie. Selbst klinisch anamnestisch eindeutig erkennbare und häufig banale Gesundheitsstörungen führen regelhaft zu ei- ner technisierten Überdiagnostik, die ihre Begründung nicht, wie häufig unterstellt, in erster Linie aus monetären, sondern vielmehr aus medico-legalen Aspekten bezieht.

Irren wird eben, gerade in der Medizin, nicht mehr als unvermeidbarer Wesensbe- standteil unseres Menschseins akzeptiert und gegebenenfalls gerichtlich beklagt.

In scheinbarem Widerspruch dazu steht der – teils erbitterte – Widerstand von Tei- len der Ärzteschaft, digitale Medien zur Kommunikation bzw. zum Teilen von Daten in der gemeinschaftlichen Behandlung von Patienten mit komplexen Krankheitsbil- dern zu nutzen. Die tiefen, aber selten ausgesprochenen Ursachen hierfür dürften da- bei mehr in der Angst vor Kontrolle und Sanktionen des eigenen Handelns als dem meist vorgeschobenen Schutz vor Verletzung des Arztgeheimnisses und der Schutzbe- dürftigkeit von Patientendaten liegen. Denn dieser Schutz und die Autonomie des Pati- enten über seine Daten sind technisch in den seriösen IT-Lösungen eindeutig besser zu gewährleisten als in der von vielen Ärzten nach wie vor favorisierten Fax-Variante. De- ren sichere, berufsrechtskonforme Umsetzung würde wohl rasch an die Belastbarkeits- grenze einer Praxisadministration stoßen. Auch dabei scheinen (siehe Berufspolitik!) aber postfaktische Elemente motivleitend.

Hier scheint sich jetzt schrittweise ein Umdenken anzubahnen. Die auf dem dies- jährigen Kongress „Vernetzte Gesundheit“ in Kiel vorgestellte Kommunikationsplatt- form „med.netz.nord“ ist zwar derzeit auch bei potenziellen Nutzern noch wenig be- kannt, hat aber beste Chancen, sich als Instrument der intersektoralen Kommunikati- on durchzusetzen.

Das gilt auch und erst recht für die Möglichkeit, aus unvorstellbar großen, aus ver- schiedenen Quellen gespeisten Datenmengen zur Beantwortung bisher ungeklärter Fragen zu kommen, die man vermutlich ohne dieses selbstlernende Instrument nie- mals stellen würde. Und das ist das exakte Gegenteil „alternativer Fakten“ ...

Alternative Fakten...

...Big Data

Mit freundlichen kollegialen Grüßen Ihr

Dr. Franz Joseph Bartmann P r ä s i d e n t

Schreiben Sie uns gerne Ihre Meinung – wir freuen uns über Kritik und Anregungen:

aerzteblatt@aeksh.de

Illustration: Bernd Schifferdecker

(4)

Inhalt

NACHRICHTEN 4

Schüler in Itzehoe üben Reanimation 4

Pflegekammer registriert Mitglieder 4 Charité sucht Ärzte für Goldene Doktorurkunde 4 AOK Nordwest wirbt für Hautkrebs-Screening 5

Kieler Ärzte entwickeln App 5

TITELTHEMA 6

Komplizierte digitale Welt: Bericht vom achten Kongress

„Vernetzte Gesundheit“ in Kiel 6

GESUNDHEITSPOLITIK 10

Umfrage des MB belegt Arbeitsbelastung in Kliniken 10 Abgeordnetenversammlung der KV: Wahlen zum Start 12 Wahlhearing des Ersatzkassenverbandes 13 Serie zur Landtagswahl: Gesundheitspolitik der Grünen 14 Serie zur Landtagswahl: Gesundheitspolitik der FDP 16

IM NORDEN 18

Lübecker Arzt kämpft für die Rechte infizierter Bluter 18 In Schleswig-Holstein werden mehr Kinder geboren 20

SERIE 21

Datenschutz in der Arztpraxis 21

PERSONALIA 22 MEDIZIN & WISSENSCHAFT 25

Veranstaltung zur Ernährungsmedizin in Hamburg 25

ARZT & RECHT 26

Schlichtungsfall 26

LESERBRIEFE 27, 31 FORTBILDUNGEN/AKADEMIE/ECS 28

Krankenhaus in Middelburg behandelt Schluckstörungen 28

Rheuma im Fokus in Neumünster 30

Medizinprodukte für Kinder 31

Termine 32

ÄRZTEKAMMER 34

Anerkennungen nach Weiterbildungsordnung 34

KASSENÄRZTLICHE VEREINIGUNG 35 ANZEIGEN 39 TELEFONVERZEICHNIS/IMPRESSUM 50

4 // N A C H R I C H T E N F E B R UA R 2 0 1 7 | AU S G A B E 2

Titelbild: Hans-Jürgen Wiedl, Berlin Foto: klinikum itzehoe

I

m Rahmen der Aktion „Schüler retten Leben“ haben Mitarbeiter der Klinikums Itzehoe, der Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein und Schüler der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege/Gesundheits- und Kinderkranken- pflege rund 1.500 Schülern aus neun weiterführenden Schulen des Kreises Stein- burg beigebracht, wie Reanimation funktioniert. Die Jugendlichen bekamen u. a. ge- zeigt, wie man einen Herz-Kreislauf-Stillstand erkennt, wie man einen Notruf ab- setzt und wie eine Herzdruckmassage vorgenommen wird. Zum Abschluss der Ak- tion zeigten Schüler in einem Itzehoer Einkaufszentrum vor Publikum, was sie ge- lernt hatten. Ziel war es, noch mehr Menschen für das Thema zu sensibilisieren.

Nach Angaben von PD Dr. Marko Fiege, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie im Klinikum Itzehoe, werden zu wenige Menschen in Deutschland in einem Notfall ak- tiv. „Deshalb kann nicht früh genug damit begonnen werden, Laien mit Wiederbe- lebungsmaßnahmen vertraut zu machen“, sagte Fiege. Sein Appell an alle: „Das ein- zige, was man falsch machen kann, ist nichts zu tun.“ Wie im Titelthema unserer Dezemberausgabe berichtet, werden in Deutschland jährlich 75.000 Menschen re- animiert. In der Hälfte der Fälle gelingt es, das Opfer nach einem Herzstillstand zu- nächst zurückzuholen. 5.000 von ihnen überleben. Diese Zahl ist seit Jahren kaum verändert, aber der Zustand der Überlebenden ist heute besser. (PM/red)

Reanimation im Einkaufszentrum

Prüfen, Rufen, Drücken: Anleitung zu „Schüler retten Leben“ in Itzehoe.

Goldene Dr.-Urkunde

D

ie Charité sucht Ärzte aus Schles- wig-Holstein, die vor 50 Jahren in Berlin promoviert haben. Ih- nen soll zusammen mit Alumni aus anderen Bundesländern des Absolventenjahrgangs 1967 die

„Goldene Doktorurkunde“ ver- liehen werden. Dazu plant die Charité im Sommer einen Festakt im Konzert- haus am Gendarmenmarkt in Berlin- Mitte. Wer vor 50 Jahren in Berlin pro- moviert hat oder jemanden kennt, auf den das zutrifft, wird gebeten, sich bis spätestens Mai im Promotionsbüro der Charité – Universitätsmedizin Berlin unter (030) 450576018/016/058 zu mel- den. Kontakt per Mail: manuela.

hirche@charite.de (pm/red)

Registrierung läuft

E

in Jahr nach Aufnahme seiner Ar- beit hat der Errichtungsausschuss der Pflegeberufekammer Schleswig- Holstein ein positives Fazit gezogen.

Nach eigenen Angaben wurde die Vo- raussetzung für die Registrierung der rund 25.000 Berufsangehörigen ge- schaffen. Mitte Januar hatten sich die ersten 400 Pflegefachpersonen regist- rieren lassen. Mehr als 2.000 Pflegende sind in Veranstaltungen über die Pflege- kammer informiert worden. Nun sieht die Vorsitzende des Errichtungsaus- schusses, Patricia Drube, die Pflegenden am Zug: „Nur durch die Registrierung können sich die zukünftigen Kammer- mitglieder Schleswig-Holsteins ihre Be- teiligungsrechte sichern.“ (PM/Red)

(5)

I

n Schleswig-Holsteins Krankenhäu- sern wurden im Jahr 2015 insgesamt 2.578 Patienten mit Hautkrebs behan- delt. Damit reduzierte sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr zwar um fast sechs Prozent. Die AOK Nord- west nahm die Zahlen des Statisti- schen Bundeamtes aber zum Anlass, auf die kostenfreien Angebote der gesetz- lichen Krankenkassen zur Hautkrebs- Vorsorge hinzuweisen.

„Durch das Hautkrebs-Screening ist es möglich, bereits Frühstadien von Hautkrebs zu erkennen. Das ist umso wichtiger, da Hautkrebs zunächst kei- ne Beschwerden verursacht“, appellierte AOK-Vorstandschef Tom Ackermann in einer Mitteilung seiner Kasse zu diesem Thema. Nach Angaben der AOK nutz- ten nur 15,7 Prozent der AOK-Versicher- ten in Schleswig-Holstein das Screening

Nur ein geringer Teil der Anspruchsberechtigten geht zum Hautkrebs-Screening. Die AOK Nord- west möchte das ändern und appelliert an ihre Versicherten, die Vorsorge zu nutzen.

Foto: AOK/hfr

K

ieler Ärzte um PD Dr. Hans-Jörg Hippe haben eine App („DAPT Ad- visor“) entwickelt, die sich aus- schließlich an Ärzte und Apotheker richtet. Sie soll dem behandelnden Arzt von Patienten nach kardiologischen Eingriffen bei der Auswahl der pas- senden Medikamente und der optima- len Therapiedauer helfen. Die Patien- ten sind nach kardiologischen Eingrif- fen auf der einen Seite gefährdet, schwe- re Blutungen zu erleiden, auf der ande- ren Seite drohen thromboembolische Komplikationen, insbesondere ischämi- sche Ergebnisse. Die App liefert für je- den einzelnen Patienten, abhängig vom kardialen Eingriff und den klinischen Begleitumständen, eine eindeutige The-

rapieempfehlung zur Plättchen- und Gerinnungshemmung. Dabei werden neben der Stentimplantation auch an- dere typische Interventionen wie Klap- penersatz (TAVI), MitraClip und Oc- cluder-Implantationen berücksichtigt.

Auch kritische Begleiterkrankungen wie Vorhofflimmern, Lungenembolie oder Myokardinfarkt gehen in die individu- ellen Empfehlungen ein. „Eine solche praktische Anleitung zur dualen Plätt- chenhemmung für das Smartphone gab es bisher nicht“, sagt Hippe, Oberarzt der Klinik für Kardiologie und Angio- logie am UKSH in Kiel. Er hofft, damit die Patientenversorgung vereinfachen und die Sicherheit erhöhen zu können.

(PM/RED)

In Kiel entwickelte App für Ärzte

(Vorjahr 15,8 Prozent). 55,7 Prozent der Teilnehmer waren Frauen. Die gesetzli- chen Krankenkassen übernehmen alle zwei Jahre die Kosten für das Hautkrebs- Screening für die Versicherten vom 35.

Geburtstag an. Die AOK Nordwest bie- tet dies bereits für Versicherte ab 20 Jah- ren an.

Nach Zahlen des Krebsregisters Schleswig-Holstein erkrankten im Jahr 2013 fast 8.000 Menschen in Schleswig- Holstein neu an Hautkrebs. 129 Men- schen starben am Hautkrebs.

Nach AOK-Angaben lag die Zahl der stationär behandelten Hautkrebs- Erkrankungen im Jahr 2010 noch auf deutlich niedrigerem Niveau als heute.

Damals lag die Zahl der Krankenhaus- einweisungen von Menschen mit Haut- krebs noch elf Prozent niedriger. (PM/

RED)

Schwache Beteiligung am Hautkrebs-Screening K U R Z N O T I E R T

Terminservicestelle kaum genutzt

Die KV Schleswig-Holstein hat innerhalb eines Jahres rund 9.000 Anrufer bei ihrer zentralen Terminservicestelle in Bad Segeberg registriert, von denen mehr als 2.000 schon bei der Bandansage wieder aufgelegt haben. 6.881 Anrufe wurden von den TSS-Mitarbeitern entgegengenommen. Von ihnen er- füllten nur 3.428 Anrufer die gesetzlichen Anforderungen zur TSS-Nutzung; ihnen wurde ein Facharzttermin angeboten.

Die anderen Anrufer verfügten entweder über keine Über- weisung oder hatten nur Fragen zum Verfahren. Am stärks- ten nachgefragt waren Termine bei Nervenärzten und Neuro- logen. Die Vermittlungsquote lag bei 100 Prozent, es wurden also ausreichend Termine von den Fachärzten zur Verfügung gestellt. Auf einen über die TSS vermittelten Termin kommen etliche tausend selbst vereinbarte Termine. Rund zwölf Pro- zent der über die TSS vereinbarten Termine wurden von den Patienten nicht wahrgenommen – nur rund jeder zweite da- von sagte den Termin vorher ab. Zwischen dem Anruf bei der TSS und dem Arzttermin vergehen im Durchschnitt 18 Tage.

Die Kosten für die TSS in Bad Segeberg gibt die KV mit rund 200.000 Euro an. (pm/red)

Entlastung für die Notaufnahme

Nach dem kürzlich gestarteten Pilotprojekt im Heider West- küstenklinikum kooperiert die KV Schleswig-Holstein seit Kurzem auch mit der Notaufnahme der Rendsburger Imland Klinik. Dafür ist die Anlaufstelle des ärztlichen Bereitschafts- dienstes innerhalb des Krankenhauses in die Notaufnahme umgezogen. Alle Patienten wenden sich nun an einen gemein- samen Empfangstresen, an dem entschieden wird, ob ambu- lante Hilfe durch den Bereitschaftsdienst oder stationäre Hil- fe in der Notaufnahme erforderlich ist. Ziel ist eine Entlastung der Notaufnahme. Auch mit der Lübecker Sana Klinik ist eine engere Kooperation geplant. Langfristiges Ziel der KV bleibt das mit der Krankenhausgesellschaft entwickelte Modell der Portalpraxen. (pm/red)

3.000 Azubis an den Kliniken

An Schleswig-Holsteins Krankenhäusern werden rund 3.000 junge Menschen ausgebildet. Mehr als 2.400 davon entfallen auf die Krankenpflegeberufe. Größter Ausbildungsträger ist nach Angaben der Krankenhausgesellschaft (KGSH) das Uni- versitätsklinikum Schleswig-Holstein mit rund 600 Ausbil- dungsplätzen in Kiel und Lübeck. Finanziert werden die Aus- bildungen u. a. über einen Fonds, in den gesetzliche und pri- vate Krankenversicherungen einzahlen. Für jeden in den Krankenhäusern behandelten Fall zahlen sie eine Pauscha- le von 96,22 Euro, der für die Ausbildung verwendet wird. Ins- gesamt werden über diese Umlage im laufenden Jahr rund 59 Millionen Euro in die Ausbildung an den schleswig-holsteini- schen Krankenhäusern fließen. (pm/red)

Barmer hat erneut fusioniert

Die Barmer GEK und die Deutsche BKK haben zum ersten Ja- nuar fusioniert. Die Kasse heißt seitdem „Barmer“ und wird nach eigenen Angaben in Schleswig-Holstein fast 400.000 Menschen versichern. Das Leistungsvolumen beträgt insge- samt rund 1,2 Milliarden Euro, von denen rund 35 Prozent auf die stationäre Versorgung und jeweils 19 Prozent auf ärztliche Versorgung und auf Arzneimittel entfallen. Landesweit unter- hält die Kasse 17 Geschäftsstellen. Landesgeschäftsführer Tho- mas Wortmann sieht die Barmer als „Motor für sichtbar stär- kere gesundheitspolitische Akzente“. (pm/red)

(6)

6 // T I T E L T H E M A F E B R UA R 2 0 1 7 | AU S G A B E 2

V E R N E T Z T E G E S U N D H E I T

Komplizierte digitale Welt

Achte Auflage des Kongresses „Vernetzte Gesundheit“ in Kiel. Digi- talisierung, Vernetzung und Arbeitswelt standen im Mittelpunkt.

Fotos: Hans-Jürgen Wiedl, Berlin

F

ehlende Ärzte auf dem Land, Suche nach Klinikärzten, steigender Be- darf in den Pflegeberufen – die De- batte um die Fachkräfte wurde auf dem Kongress „Vernetzte Gesund- heit" nicht zum ersten Mal geführt.

Bei der achten Auflage des Kongres- ses wurde der Fachkräftemangel erneut als möglicher Hemmschuh genannt, der positive Entwicklungen in der Versor- gung und für die Gesundheitswirtschaft bremsen könnte. Hoffnungen, dass Di- gitalisierung und Technisierung die feh- lende menschliche Arbeitskraft weni- ger stark spürbar machen, sind zwar be- rechtigt. Aber Experten wie UKSH-Chef Prof. Jens Scholz machten auch klar, dass die menschliche Arbeitskraft im Ge- sundheitswesen stärker als in anderen Branchen unverzichtbar bleiben wird.

So könnten etwa Roboter durch Hilfs- tätigkeiten für eine gewisse Entlastung sorgen, aber erst nach einer „Gewöh- nungszeit“. Neben einem verstärkten Einsatz von Technik hofft Barmer-Vor- stand Dr. Mani Rafii auf positive Effekte durch Delegation. Nach seiner Beobach- tung könnte die qualifizierte menschli- che Arbeitskraft damit gezielter einge- setzt werden.

Als „zweischneidig“ empfinden die Experten den Zuzug zahlreicher aus- ländischer Fachkräfte. Denn das unter- schiedliche Lohnniveau führt weltweit zu Wanderungsbewegungen, die die Ge- sundheitsversorgung in Ländern mit niedrigen Einkommen weiter erschwe- ren. Für einen Verzicht auf Fachkräfte aus anderen Ländern sprach sich in Kiel allerdings auch niemand aus.

Dass Arbeitgeber und Beschäftigte auch in der betrieblichen Prävention mit Problemen kämpfen, machte eine wei- tere Expertenrunde auf dem Kongress deutlich. Claudia Stiller-Wüsten vom Arbeitskreis „Offensive Gesund Pflegen“

der Berliner Initiative „Neue Qualität der Arbeit“ berichtete in Kiel von Me- dizintechnikgeräten, die perfekt auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind, für die Mitarbeiter der Kranken- häuser aber oft schwer bedienbar und manchmal sogar gefährlich sein können.

So infizierten sich nach ihren An- gaben in einer Einrichtung zwei Mit- arbeiter, weil sie die Medizintechnik nicht richtig bedienten. Hersteller se- hen in diesen Fällen die Klinikbetreiber in der Pflicht, besser zu schulen. Stiller- Wüst wünscht sich darüber hinaus, dass der Aspekt der Bedienbarkeit und Mit- arbeitergesundheit bei der Beschaffung von Geräten stärker berücksichtigt wird.

Fest steht für Ameos-Regionalgeschäfts- führer Frank-Ulrich Wiener, dass über Mitarbeitergesundheit stärker kommu- niziert werden sollte zwischen Unter- nehmen und Beschäftigten. Nur durch Kommunikation zu diesem Thema kön- ne die Unternehmensleitung erfahren,

was die Mitarbeiter belastet und von welchen Maßnahmen sie sich Entlastung erhoffen.

Bei Befragungen von Mitarbeitern habe Ameos etwa erfahren, dass die Be- schäftigten sich insbesondere durch die Ungewissheit in der Dienstplanung be- lastet fühlten. Konsens herrschte un- ter den Experten – unter ihnen Vertreter des Arbeitsministeriums, von Präventi- onsverbänden und Krankenkassen, aber kein Arbeitsmediziner –, dass neben den Betrieben auch der einzelne Arbeitneh- mer nicht aus der Verantwortung für die

Gesundheitsförderung und -vorsorge entlassen werden darf. Wie die in großen Klinikkonzernen schon erprobten Maß- nahmen auch in Kleinbetrieben wie etwa Arztpraxen greifen könnten, blieb in der Runde offen. Christian Riep vom Lübe- cker Medizintechnikhersteller Dräger hält es für wichtig, dass die Leitungsebe- ne als Vorbild agiert und entsprechende Maßnahmen anordnet und unterstützt:

„Mitarbeitergesundheit ist Führungs- aufgabe.“

Ein weiteres Kongressthema: das

„Krankenhaus der Zukunft“. Bislang Podiumsdiskussio-

nen wie oben, Vor- träge wie von Wirt- schaftsminister Rein- hard Meyer oder der zwanglose Austausch zwischen den Work- shops und Vorträgen prägten auch diesmal das Bild bei der „Ver- netzten Gesundheit“.

(7)

wurde zu diesem Thema oft einseitig positiv berichtet und zugleich bemän- gelt, dass die Digitalisierung im Gesund- heitswesen anderen Branchen hinter- herhinkt. Gynäkologe PD Dr. Ivo Heer ist das zu einseitig. Der Ärztliche Direk- tor des Friedrich-Ebert-Krankenhau- ses (FEK) in Neumünster ist kein Geg- ner technischer Unterstützung und sein Krankenhaus steht nach seinen Anga- ben am Übergang zur Volldigitalisie- rung. Heer unterstützt diese Entwick- lung, vermisst aber, dass die Branche auch die mit der Digitalisierung verbun- denen Risiken in den Bick nimmt. „Digi- talisierung allein reicht nicht“, warnte er in Kiel vor dem Glauben an ein Allheil- mittel für die Probleme im Gesundheits- wesen. Denn die Digitalisierung hilft nicht nur, sie schafft auch Probleme.

Heer nannte als Beispiel die Abhängig- keit vom Funktionieren der IT. Einrich- tungen im Gesundheitswesen sind ohne IT nicht arbeitsfähig, also müssen sie das Ausfallrisiko minimieren und sich absi- chern. Diese zusätzliche Absicherung ist teuer und nicht über die Fallpauschalen abgedeckt – ein Problem für viele Kran- kenhäuser. Heer vermisst in dieser Frage Unterstützung durch den Gesetzgeber.

Ein anderes Beispiel ist die Belas- tung für das Arzt-Patienten-Verhältnis.

IT soll zwar Zeit sparen, aber zu längeren persönlichen Kontakten zwischen Arzt und Patient hat dies bislang nicht ge- führt. Wenn es zum Kontakt kommt, ist oft ein Bildschirm als störende optische Hürde mit im Spiel.

Heer ist skeptisch, ob das Arzt-Pa- tientenverhältnis die Digitalisierung schadlos übersteht, was nach seiner Be- fürchtung auch zu Frust unter Mitarbei- tern führen kann. Dass ein Krankenhaus andererseits nicht auf jeden Mitarbei- ter Rücksicht nehmen kann, der den ein- geschlagenen Digitalisierungskurs nicht uneingeschränkt mitträgt, machte Sven Fritzsche vom Unfallkrankenhaus Ber- lin deutlich. Der stellvertretende Pflege- direktor betrachtet es als Führungsauf- gabe, Digitalisierung im Krankenhaus umzusetzen. Dabei gilt für ihn: „Man kann nicht jeden dort abholen, wo er ge- rade steht.“

Helfen könnte unter Umständen ein intensiverer Austausch zwischen IT-Be- schäftigten auf der einen und Ärzten und Pflegekräften auf der anderen Sei- te. Nach Beobachtung von Prof. Björn Bergh vom Heidelberger Universitäts- klinikum wissen die Berufsgruppen in deutschen Krankenhäusern zu wenig über die Anforderungen, die an die je- weils andere Berufsgruppe gestellt wer- den. Und dass ein Mediziner wie Bergh zugleich IT-Experte ist, bleibt die Aus- nahme.

Auch die Potenziale vernetzter Ge- sundheit durch mHealth wurden disku- tiert. Nach Ansicht von Karsten Knöpp-

ler, Berater im Gesundheitswesen, sind diese bislang noch zu wenig genutzt. Er hat u. a. festgestellt, dass es zu wenig An- gebote für chronisch Kranke gibt. Hier setzt das „Medical Allround-Care-So- lutions“ (MACSS) Projekt an, das Prof.

Klemens Budde aus der Charité vorstell- te. Um die Nachsorge von Patienten mit Nierentransplantationen zu verbessern, soll der Prototyp einer neuartigen pati- entenzentrierten Smart Health Service Plattform entwickelt werden. Dabei sol- len bereits vorhandene Systeme zu einer Plattform verbunden werden, über die sowohl Patient und Arzt als auch die be- handelnden Ärzte untereinander sicher kommunizieren und relevante Informa- tionen austauschen können. „Wir möch- ten ständig mit dem Patienten in Kon- takt bleiben“, sagte Budde. Aktuell kom- men die Patienten nur drei bis vier Mal jährlich zur Visite in das Versorgungs- zentrum, wo die Ereignisse zwischen den Terminen aufwendig dokumentiert werden müssen. Dies wird dadurch er- schwert, dass Patiententagebücher häu- fig unvollständig sind. Auf Infekte, Blut- druck- oder Gewichtsanstieg und Me- dikationsänderungen können die Ärz- te dann nicht schnell genug reagieren.

Mit dem geplanten System soll es mög- lich sein, dass ein Patient über eine App sein neu verordnetes Medikament ein-

gibt und innerhalb kürzester Zeit eine Rückmeldung vom Arzt in der Kli- nik bekommt, ob er dieses einnehmen kann. Auch die Anbindung von Weara- bles, also kleinen Geräten, die Aktivität oder Puls des Patienten messen können, ist geplant. So können die behandeln- den Ärzte überprüfen, ob sich der Pa- tient im empfohlenen Rahmen bewegt.

Komplikationen oder Probleme sollen so schneller erkannt und Krankenhausauf- enthalte verhindert werden. Budde er- hofft sich davon eine Steigerung der The- rapietreue von derzeit etwa 50 bis auf 80 Prozent. Dazu sei es allerdings auch not- wendig, dass der Arzt aktiv am Gesche- hen teilnehme und positives Feedback gebe, um den Patienten zu motivieren.

Vorteile verspricht er sich auch von der Vernetzung mit den Nephrologen vor Ort. Durch Einbindung in die Praxispro- gramme der Nephrologen ist ein gegen- seitiger Datenaustausch relevanter Pati- entendaten geplant. Eine bessere Thera- pieabstimmung sowie das frühzeitige Er- kennen von sich verschlechternden The- rapieverläufen ist hier das Ziel. Bei allen Funktionen und Möglichkeiten behält der Patient die Hoheit über seine Daten, denn er vergibt die Schlüsselrechte, wer Einsicht nehmen darf.

Die Migräne-App der Schmerzklinik Kiel, in Zusammenarbeit mit der Tech-

400

Besucher kamen zum diesjährigen Kongress

„Vernetzte Gesund- heit“ in Kiel.

4

Mal hat das Wirt- schaftsministerium inzwischen den Kon- gress ausgerichtet. Die ersten Jahre lief die Veranstaltung unter Federführung des So- zialministeriums.

15

Aussteller, darun- ter Krankenhäu- ser, Krankenkassen und Industrieunter- nehmen, präsentier- ten sich auf dem Kon- gress.

Volles Haus zur Eröffnung: Die Halle 400 in Kiel war zum achten Mal Austragungsort für den Kongress.

(8)

8 // T I T E L T H E M A F E B R UA R 2 0 1 7 | AU S G A B E 2

„Das Niederlassungsrecht ist aus dem

letzten Jahrhundert. Sie können nicht eine Einzelpraxis kaufen und nach drei bis vier Jahren etwas anderes machen – dann sind Sie ruiniert. “

30.000

der insgesamt 140.000 im Bundesgebiet ambulant tätigen Ärzte sind angestellt.

Die meisten der neu hinzu kommenden Ärzte sind Frauen.

Drei von vier Ärzten, die ihre Praxis abgeben möchten, sind dagegen Männer.

niker Krankenkasse entwickelt, ermög- licht es Kopfschmerzpatienten u. a., ihr Befinden schnell und einfach zu doku- mentieren und ihre Medikation zu über- wachen. Außerdem erhalten sie Infor- mationen und Ratschläge zur Präventi- on, z. B. durch Entspannungstechniken.

Prof. Hartmut Göbel, unter dessen Lei- tung die App entwickelt wurde, sieht ei- nen direkten Nutzen für die Patienten. In einer Studie mit 176 Teilnehmern waren 60 Prozent durch die Nutzung der App seltener arbeitsunfähig. Seit Veröffent- lichung der Anwendung im Dezember 2016 haben bereits mehr als 10.000 Men- schen die App auf ihr Handy geladen.

Mehr als 100.000 Apps gibt es in den App-Stores. Um diese in den Versor- gungsalltag zu integrieren, gibt es laut Knöppler einige entscheidende Hür- den: Wie kann zum Beispiel ein Nutzen- nachweis erbracht werden? Muss dafür eine Studie durchgeführt werden? Dies- bezüglich sind aktuell keine adäquaten Standards definiert. Unklar ist auch die Vergütung. Die Zertifizierung als Medi- zinprodukt ist aufwendig und nicht ganz unkompliziert. Junge Start-ups mit ei- ner guten Idee sind im technisch-krea- tiven Bereich stark, mit solchen Prozes- sen kennen sie sich allerdings nicht aus – eine hohe Hürde. Dabei sieht Knöpp- ler in den Digital Health-Anwendun- gen große Vorteile, weil sie schnell in den Versorgungsalltag integriert werden können. Die Entwicklung von Arznei- mitteln oder anderen Medizinprodukten dauert dagegen mehrere Jahre.

Auch die Vernetzung von Pra- xen und Ärzten war Thema des Kon- gresses. Die Einzelpraxis, „die tragen- de Säule der Versorgung“, repräsentiert nur noch knapp 51 Prozent des Versor- gungsanteils, wie Dr. Bernd Köppl, Vor- standsvorsitzender des Bundesverban-

des Medizinische Versorgungszent- ren – Gesundheitszentren – Integrier- te Versorgung e. V., Berlin, berichtete.

Kooperative Formen wie die Gemein- schaftspraxis haben seit mehreren Jah- ren einen großen Anteil, ein immer grö- ßeres Stück vom Kuchen bekommen die MVZ, die inzwischen zehn Prozent am Versorgungsanteil im ambulanten Be- reich bestreiten. „Diese Entwicklung ist unaufhaltsam“, so Köppl. Bis 2004 gab es kaum angestellte Ärzte im ambulan- ten Bereich, mittlerweile sind 30.000 von 140.000 Ärzten im Bundesgebiet in der ambulanten Medizin angestellt. Vie- le davon sind Frauen. Von den neu im ambulanten Bereich arbeitenden Ärz- ten sind 72 Prozent Frauen, während un- ter den Ärzten, die ihre Praxis abgeben wollen, 75 Prozent Männer sind. „Dieses Lebensmodell, dass die Frau dem Mann den Rücken freihält, kocht, bäckt, wäscht und sich um die Kinder kümmert, damit er 60 Stunden und mehr arbeiten kann, ist nicht das Modell der jungen Kolle- gen“, sagte Köppl. Daher müsse auch das Zulassungsrecht angepasst werden. Von jungen Akademikern fordere man heu- te Flexibilität, da könne man sich nicht

20 Jahre an eine Arztpraxis binden: „Das Niederlassungsrecht ist aus dem letzten Jahrhundert. Sie können nicht eine Ein- zelpraxis kaufen und nach drei bis vier Jahren etwas anderes machen, dann sind sie ruiniert.“ Köppl kritisierte, dass die Selbstverwaltung das Problem viel später als die Gesetzgebung erkannt habe: Es gebe bereits einen gesetzlichen Rahmen, der viel mehr ermögliche, als derzeit umgesetzt werde. Die Selbstverwaltung werde dagegen von „den alten Männern mit ihren Einzelpraxen, die über die KV- Politik bestimmen“ blockiert: „Die sind schon sowas von überholt, aber sie sitzen noch in den Gremien. Da wird es noch erhebliche Probleme geben“, prophezei- te der Vortragende. Auch um die Ver- sorgung auf dem Land zu sichern, müsse man flexibel sein und die Anstellung von Ärzten ermöglichen.

Wie das gehen kann, zeigte Hans- Jürgen Lütje, Bürgermeister von Bü- sum auf. Mit dem ersten Ärztezentrum als kommunale Eigeneinrichtung wurde wie mehrfach berichtet die Versorgung für die Einwohner und Urlauber in der vom Tourismus abhängigen Gemeinde an der Nordsee gesichert. Als man kei- ne Nachfolger für die Einzelpraxen fand, sprang die Gemeinde ein und führte die Praxen in einem Ärztezentrum zusam- men, wo die Ärzte nun angestellt sind.

Die Ärztegenossenschaft Nord hat das Management übernommen, die Ärzte konzentrieren sich auf ihre Sprechstun- de. Von den vier zuvor niedergelasse- nen Ärzten konnte inzwischen der ers- te in Ruhestand gehen. Für ihn wurden zwei Ärztinnen in Teilzeit eingestellt, die sich sonst nicht für eine Niederlas- sung in Büsum entschieden hätten. Das Ärztezentrum wurde inzwischen um- und ausgebaut, auch eine Apotheke und eine Physiotherapiepraxis wurden inte- griert – unter erschwerten Bedingungen während des laufenden Betriebes. Lütje hält das Büsumer Modell für zukunftsfä- hig. Aktuell verhandelt die Ärztegenos- senschaft mit zahlreichen weiteren Ge- meinden im Norden über eine Umset- zung vor Ort.

Anne Lütke Schelhowe Dirk Schnack

„GUTE ARBEITGEBER": SO SEHEN DIE SIEGER AUS

Wirtschaftsminister Reinhard Meyer und der UKSH-Vorstandsvorsitzende Prof.

Jens Scholz kürten die Sieger des Kurzfilm- wettbewerbs „Darum bin ich ein toller Ar- beitgeber“. Für den zum vierten Mal vom UKSH und dem Wirtschaftsministerium ausgeschriebenen Wettbewerb konnten schleswig-holsteinische Unternehmen aus der Gesundheitsbranche und ihre Mitar- beiter in einem zweiminütigen Film zeigen, warum es attraktiv ist, bei ihnen zu arbei- ten. Die Siegerfilme zeigten ebenso origi- nelle wie authentische Einblicke in den Ar- beitsalltag der Menschen und in ihre Moti- vation. Die diesjährigen Gewinner sind die Brücke Rendsburg-Eckernförde e. V., das AMEOS Institut Nord in Neustadt und die Nordfriesland Klinikum gGmbH in Husum. Als Publikumsliebling auf dem Onlineportal YouTube wurde mit mehr als 2.600 Klicks der Filmbeitrag des Nordfriesland Klinikums gewählt. (PM/RED)

Foto: Hans-Jürgen Wiedl, Berlin

(9)

IT-Kompetenz beim Pre-Workshop: Udo Karlins von der KV Schleswig- Holstein berichtete über den aktuellen Stand bei KV SafeMail, Ute Knö- chel vom UKSH über das med.netz.nord. Beide Systeme stoßen bei Ärz- ten und anderen Akteuren des Gesundheitswesens auf hohes Interesse.

Fotos: di

D I G I T A L E R A U S T A U S C H

Mehr Ärzte sind online vernetzt

Der Pre-Workshop beim Kongress „Vernetzte Gesundheit“ zeigte das große Interesse an Online-Lösungen für den Austausch zwischen Ärzten.

I

ch habe die Hoffnung, dass das ein Renner wird.“ Die Aussage von Kam- merpräsident Dr. Franz Bartmann machte deutlich, dass die inzwischen etablierte Online-Kommunikation zwischen den Ärzten in Schleswig- Holstein Fortschritte macht. Bart- mann, als Telematikbeauftragter der Bundesärztekammer fachkundiger Mo- derator des Pre-Workshops auf dem Kongress „Vernetzte Gesundheit“, konn- te sich auf steigende Zahlen berufen, die der IT-Leiter der KV Schleswig-Hol- stein, Udo Karlins, in Kiel präsentier- te. Nach seinen Angaben werden inzwi- schen 65.000 elektronische Arztbriefe im Jahr über KV SafeMail in Schleswig- Holstein ausgetauscht. Hinzu kommen rund 50.000 Laboraufträge, die papier- los und digital signiert verschickt wur- den, sowie 14.000 Krankenhaus-Einwei- sungen und 22.000 Entlassbriefe.

Die KV bietet mit SafeMail ein si- cheres System an, an dem sich jeder Arzt beteiligen kann. Bislang nutzen mehr als 600 Praxen sowie elf Krankenhäuser den Dienst. Im vergangenen Jahr wur- den von den unterschiedlichen Nutzer- gruppen mehr als 150.000 Mails über das System ausgetauscht. Dies entspricht einem Anstieg um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Geplant ist, neben mehr Ärzten auch Apotheken und weitere Krankenhäuser, Anlaufpra- xen, Labore und Gesundheitsämter ein- zubinden.

Das von der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung (KBV) und Landesda- tenschützern zertifizierte System ist bis- lang besonders in den Regionen im Land verbreitet, in denen Praxisnetze für eine enge Kooperation sorgen. In einem Pilotprojekt mit einem Labor in Geest- hacht wird außerdem der papierlose La- borauftrag getestet. 43 Prozent des On- line-Austauschs über SafeMail erfolgen zwischen den Praxen, 32 Prozent zwi- schen Laboren, 16 Prozent von der Pra- xis an Kliniken und neun Prozent von Kliniken an Praxen.

Was hat zu der inzwischen großen Resonanz geführt? Karlins erinnerte da- ran, dass die KVSH frühzeitig – nämlich im Jahr 2011 – auf das System gesetzt hat, fünf Jahre vor dem E-Health-Gesetz.

Die Telematikplattform med.netz.

nord bietet Ärzten kostenlos Einsicht in die Daten ihrer Patienten am Uni- versitätsklinikum Schleswig-Hol- stein (UKSH). Praxisinhaber können die Plattform zum Austausch mit Kol- legen nutzen und Daten zur Medikati- on, Vor- oder Nachsorge sowie Termi- nabstimmungen in ihr Patienteninfor- mationssystem überführen. Weitere ge- plante Bausteine sind nach Angaben von UKSH-IT-Leiterin Ute Knöchel die Ein- bindung der Gesundheitsakte, ein Kon- ferenzmodul und ein Einweisungsassis- tent.

Voraussetzung ist, dass der einge- wiesene Patient den Arzt bei der Auf- nahme als Hausarzt oder Einweiser an- gibt. Wer als Praxisinhaber außerdem mit KV SafeMail oder CGM-Connect arbeitet, kann zusätzlich Arztbriefe über die Plattform empfangen. Um teilzuneh- men, benötigen die Ärzte neben einem Internet-Rechner mit aktuellen Versio- nen des Internetexplorers und des Acro- bat Readers einen persönlichen Portal- zugang, den sie von der UKSH-Gesell- schaft für IT-Services erhalten. Knöchel sieht in der erst kürzlich im Pilotbetrieb gestarteten Plattform großes Potenzi- al für eine verbesserte sektorenübergrei- fende Vernetzung.

Die Hindernisse für Ärzte und Kli- niken sind vergleichsweise gering. Ne- ben der Zustimmung des Patienten zur Datenfreigabe müssen sie darauf ach- ten, dass die Zuweiser im Kliniksystem richtig zugeordnet werden, dass Befunde und Dokumente auch zur Übermittlung freigegeben werden – und dass weitere Akteure von einer Teilnahme überzeugt werden. Vereinzelte skeptische Stimmen im Workshop zeigten, dass dies nicht bei jedem gelingen wird.

Dirk Schnack

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Arbeitsbedingungen und berufliche Situation der angestellten und beamteten

Ärztinnen und Ärzte in Schleswig-Holstein

Quelle: MB SH Überblick 2016, Marburger Bund Schleswig-Holstein

Der Marburger Bund Schleswig-Holstein hat die Umfrage mit dem Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME) von Oktober bis November 2016 durchgeführt.

ARBEITSZEIT

inkl. aller Dienst- und Überstunden im Durchschnitt

56 %

arbeiten über der Höchstgrenze des Arbeitszeitgesetzes

von 48 Stunden/

Woche

16 %

arbeiten zwischen 60-79 Stunden/Woche

1

von

4

Ärzten arbeitet unter- halb der Höchstgrenze des Arbeitszeitgesetzes

ARBEITSZEITERFASSUNG

25 %

verneinen die Frage nach einer systematischen Arbeitszeiterfassung

Ein Viertel

aller Überstunden werden weder vergütet

noch mit Freizeit aus- geglichen verneinen die Frage

Arbeitszeiterfassung

PROZENT

IMMER MEHR FÜHLEN SICH ÜBERLASTET

89

Quelle: MB SH Überblick 2016, Marburger Bund Schleswig-Holstein

der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte in Schleswig- Holstein sagen, dass es während ihrer Arbeitszeit zu Überlastungen kommt

DAS BELASTET BESONDERS

1 2 3

Personalmangel Arbeitsverdichtung Organisationsmängel

WEITEREMPFEHLUNG ARBEITGEBER

der Ärztinnen und Ärzte

42 %

würden ihren Arbeitgeber nicht weiterempfehlen der Ärztinnen und Ärzte

42 %

würden ihren Arbeitgeber

STRUKTURIERTE WEITERBILDUNG

70 %

sagen, es fi ndet keine strukturierte

Weiterbildung statt

STRUKTURIERTE WEITERBILDUNG

57 %

fi nden, dass die geforderten Weiterbildungs- und Fortbildungsinhalte nicht ausreichend vermittelt werden

AUFHÖREN ODER WEITERMACHEN?

41 %

der Befragten erwägt, die jetzige Tätigkeit

aufzugeben

1

von

3

Ärzten ist eher unzufrieden

mit seinem Arbeitgeber

41 %

der Befragten erwägt, die jetzige Tätigkeit

aufzugeben

unzufrieden mit seinem Arbeitgeber

© The Last World/fotolia.com, © djvstock/fotolia.com© djvstock/fotolia.com© grgroup/fotolia.com© rosifan19/fotolia.com© jaaakworks/fotolia.com (2 Abb.)© The Last Word/fotolia.com (2 Abb.)

K L I N I K Ä R Z T E

Frust und

Überlastung

Eine Umfrage des Marburger Bundes zeigt, wie stark Klinikärzte sich an ihrem Arbeitsplatz überlastet fühlen.

Z

ahlreiche Krankenhausärzte in Schleswig-Holstein fühlen sich überlastet. Sie haben zu wenige Kollegen, spüren eine Arbeitsver- dichtung und beobachten Organi- sationsmängel in ihrem Haus. Die Arbeitszeitrichtlinie wird oft nicht eingehalten. Folge: 41 Prozent der be- fragten Ärzte erwägen, ihre derzeitige Tätigkeit aufzugeben.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Marburger Bundes Schleswig-Holstein zu den Arbeitsbedingungen und zur be- ruflichen Situation der Ärzte. Die Ärz- tegewerkschaft legte damit eine der um- fangreichsten Befragungen über die Zu- friedenheit von Krankenhausärzten der vergangenen Jahre vor – und stieß da- mit auch auf entsprechende Resonanz in der Politik.

Der Marburger Bund bezeichne- te die Ergebnisse als alarmierend für die Ärzte und die Patienten. Beispiel Ar- beitszeit: Hier gaben 38 Prozent der Be- fragten an, dass sie jede Woche zwi- schen 49 und 59 Stunden arbeiten, wei- tere 16 Prozent zwischen 60 und 79 Stunden und zwei Prozent liegen nach eigenen Angaben sogar über 80 Stun- den. Damit liegen 56 Prozent der befrag- ten Ärzte über der von der EU-Arbeits- zeitrichtlinie vorgesehenen Höchstgren- ze von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche. Schleswig-Holsteins MB-Chef Dr. Henrik Herrmann sagt zu diesem Punkt: „Arbeitszeitrechtliche Bestim- mungen und fehlende Pausen gefähr- den nicht nur die Gesundheit der Ärz- te, sondern können auch ein Sicherheits- risiko für die Patienten darstellen.“ Kos- tendruck und eine dünne Personalde- cke dürften keine Entschuldigung dafür sein, gesetzliche Vorschriften zu miss- achten, mahnte Herrmann. Er forder- te die staatlichen Aufsichtsbehörden in diesem Zusammenhang auf, die Ein- haltung der arbeitszeitrechtlichen Vor- schriften in Krankenhäusern regelmä- ßig zu prüfen.

Weitere 26 Prozent der befragten Ärzte in Schleswig-Holstein gaben eine durchschnittliche Arbeitszeit zwischen 40 und 48 Stunden pro Woche an. Zwölf Prozent arbeiten zwischen 30 und 39 Stunden, nur sechs Prozent liegen unter 30 Stunden.

Umgangen werden die Bestimmun- gen, indem die Arbeitszeiten schlicht nicht erfasst werden. Bei 24 Prozent der Befragten ist dies der Fall, bei wei- teren 24 Prozent geschieht die Erfas- sung handschriftlich. Eine elektronische Stechuhr gibt es für 13 Prozent der Be- fragten. Bei 39 Prozent wird die Arbeits- zeit nach einem EDV-gestützten Dienst- plan erfasst. Erschwerend kommt hinzu, dass die Überstunden bei einem Viertel der Befragten weder vergütet noch mit Freizeit ausgeglichen werden. 24 Prozent gaben an, dass Überstunden überwie- gend vergütet werden, 51 Prozent erhal- ten überwiegend Freizeitausgleich.

Herrmann hält diesen Umgang mit der Arbeitszeit für nicht akzeptabel. Als

„tragende Säule“ des Gesundheitssys- tems hätten Ärzte ein Anrecht auf ord- nungsgemäße Dokumentation und Ver- gütung ihrer Leistungen, so Herrmann.

Er fordert von den Kliniken, in jeder Ab- teilung ein transparentes und manipula- tionsfreies Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten.

Die Umfrage zeigt auch, dass die von den Ärzten empfundene Überlastung vor allem die Berufsanfänger betrifft. 93 Prozent der Ärzte in Weiterbildung füh- len sich überlastet. Dies ist der höchs- te Wert aller abgefragten Gruppen – am niedrigsten war dieser Wert mit 74 Pro- zent bei den Chefärzten. Starke Überlas- tungen empfinden mit 90 Prozent deren Stellvertreter, aber auch Fachärzte (87 Prozent) und Oberärzte (86 Prozent).

Als wichtigsten Überlastungsgrund ge- ben die Ärzte mit 83 Prozent Personal- mangel an, gefolgt von Arbeitszeitver- dichtung (73 Prozent) und Organisati- onsmängeln (58 Prozent). Bürokratie (51 Prozent) folgt erst an vierter Stelle. grafik: marburger Bund

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Trotz dieser Ergebnisse sind die Ärz- te nicht zwangsläufig auch mit ihrem Arbeitgeber unzufrieden. Jeder zehn- te ist sogar „sehr zufrieden“, 51 Prozent sind „eher zufrieden“. Auch hier zeigen sich wieder deutliche Unterschiede zwi- schen den Alters- und Hierarchiestufen.

24 Prozent der Chefärzte, aber nur acht Prozent der Weiterbildungsassistenten sind „sehr zufrieden.“ Zwischen den Ge- schlechtern dagegen gibt es in dieser Fra- ge nur geringe Unterschiede. 37 Prozent der Ärztinnen und 41 Prozent der Ärz- te sind unzufrieden mit ihrem Arbeitge- ber. Als „sehr unzufrieden“ bezeichneten sich acht Prozent aller Ärzte, 31 Prozent sind „eher unzufrieden“ mit ihrem Ar- beitgeber. Die große Masse ist über alle Hierarchiestufen hinweg „eher zufrie- den“, hier schwanken die Zustimmungs- raten lediglich zwischen 49 Prozent bei Weiterbildungsassistenten und Chefärz- ten und 53 Prozent bei Oberärzten.

Immerhin 41 Prozent aller Ärzte er- wägen dennoch, ihre jetzige Tätigkeit aufzugeben. 42 Prozent würden ihren Arbeitgeber folgerichtig auch nicht emp- fehlen. Herrmann sieht in diesen Zah- len auch ein „echtes Risiko für das Un- ternehmen Krankenhaus“: „Es besteht dringender Handlungsbedarf für die

Krankenhäuser, ihre Arbeitsplätze im ärztlichen Dienst unter Attraktivitäts- gesichtspunkten zu prüfen und zu opti- mieren.“

Auch zur ärztlichen Weiterbildung hat der MB die Ärzte befragt. Laut Wei- terbildungsordnung soll die Weiterbil- dung in strukturierter Form erfolgen

„unter Anleitung befugter Ärzte in prak- tischer Tätigkeit und theoretischer Un- terweisung“. Laut Umfrage vermissen aber 70 Prozent der Ärzte eine Struk- tur in ihrer Weiterbildung. Immerhin 57 Prozent verneinten außerdem die Fra- ge, ob in ihrer Klinik die geforderten Weiterbildungsinhalte vermittelt wer- den. Herrmann stellte hierzu fest: „Eine strukturierte Weiterbildung sichert die Qualität der ärztlichen Berufsausübung und ist wesentliche Voraussetzung für die Qualität in der Patientenversorgung.

Junge Ärzte dürfen nicht im Alltagsge- schäft der Kliniken verschlissen werden.

Die Kliniken sind aufgefordert, die ärzt- liche Weiterbildung durch ausreichende Zeitkontingente sicherzustellen.“

Schleswig-Holsteins Gesundheits- ministerin Kristin Alheit (SPD) rief Krankenhäuser und Ärzte dazu auf, ge- meinsam die Ursachen der Missstän- de zu analysieren und für bessere Ar-

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beitsbedingungen zu sorgen. Kliniken könnten im Wettbewerb um qualifi- zierte Fachkräfte nur mit guten Arbeits- bedingungen punkten, gab sie zu be- denken. Zugleich zeigen die Ergebnis- se für Alheit, dass wegen der begrenz- ten Fachkräfte-Ressourcen nicht über- all jedes klinische Angebot vorgehalten werden könne. CDU-Gesundheitsex- perte Karsten Jasper nannte die Ergeb- nisse der MB-Umfrage „besorgniserre- gend“. Er hält größere Anstrengungen in der Nachwuchsgewinnung der Ärzte für nötig, um mit mehr Personal die Über- lastung zu bekämpfen. Grünen-Gesund- heitspolitikerin Dr. Marret Bohn führt die Probleme auf die Ökonomisierung des Gesundheitswesens zurück; die- se erweist sich nach ihrer Ansicht „zu- nehmend als Irrtum“. Bohn forderte eine

„Rückbesinnung auf ethische statt öko- nomischer Grundwerte im Gesund- heitswesen“. Wolfgang Dudda von den Piraten verwies auf einen möglichen Zu- sammenhang von Überlastung und Be- handlungsfehlern. „Kein Mensch möch- te von einem Arzt operiert werden, der dauerhaft überarbeitet ist und dessen Konzentration darunter schwer leidet“, gab Dudda zu bedenken.

Dirk SchnacK

56 %

der Ärzte in Schles- wig-Holstein liegen laut MB-Umfrage über der von der EU- Arbeitszeitrichtlinie vorgesehenen Höchst- grenze von durch- schnittlich 48 Arbeits- stunden pro Woche.

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Foto: KVSH

K V S H

Hausarzt rückt in die AV-Spitze

Dr. Thomas Maurer ist jetzt Stellvertreter von Dr. Christian Sellschopp als Vorsitzender der KV-Abgeordnetenversammlung.

A

n der Spitze der KV-Abgeordne- tenversammlung stehen künftig wieder ein Fach- und ein Haus- arzt. Stellvertreter des wiederge- wählten Chirurgen Dr. Christian Sellschopp ist nun Schleswig-Hol- steins Hausärztechef Dr. Thomas Maurer. Er folgt auf den ärztlichen Psy- chotherapeuten Dr. Uwe Bannert, der auf eine erneute Kandidatur verzichtet und anschließend selbst Maurer vorge- schlagen hatte.

Vor der Wahl hatten alle Beteilig- ten betont, dass dem Wechsel kein Fach- gruppenstreit vorangegangen sei. Mau- rer und Sellschopp blieben ohne Ge- genkandidaten. Sellschopp, der auch Vorstandsmitglied der Ärztekammer Schleswig-Holstein ist, erhielt mit 40 die maximal mögliche Stimmenzahl. Mau- rer kam auf 37 Ja-Stimmen aus der Abge- ordnetenversammlung (AV).

Auch Bannerts Vorgängerin im Amt war eine Hausärztin: Dr. Moni- ka Schliffke wurde 2012 nach kurzer Zeit im ehrenamtlichen AV-Vorstand in den hauptamtlichen KV-Vorstand und schließlich zur Vorstandsvorsitzenden

gewählt. Ihre Amtszeit endet im kom- menden Jahr. Schliffke hat bislang be- tont, nur für sechs Jahre für dieses Amt zur Verfügung zu stehen.

Sellschopp ist belegärztlich tätiger Chirurg in Kiel, wo er seit 1993 nieder- gelassen ist und u. a. die Praxisklinik mit aufgebaut hatte. Sellschopp sagte vor sei- ner Wahl: „Es geht darum, den ehren- amtlichen Einfluss zu erhalten.“ Er be- tonte, sich für eine bessere Vernetzung zum stationären Bereich einsetzen zu wollen. Zum Verhältnis zwischen Haus- und Fachärzten sagte Sellschopp: „Den berühmten Hausarzt-Facharzt-Kon- flikt gibt es in Schleswig-Holstein nicht.

Aber unterschiedliche Sichtweisen muss man artikulieren dürfen.“ Sellschopp holte sich in der AV außerdem Rücken- deckung für seine Forderung, das eh- renamtliche Engagement auf Ebene der KBV zu stärken.

Vom über die Fachgrenzen hinweg angesehenen Maurer wurde schon seit Längerem erwartet, dass er in Bad Sege- berg mehr Verantwortung übernimmt.

Der gebürtige Hesse lebt seit 35 Jahren in Schleswig-Holstein und führt eine Pra-

xis in Leck mit fünf angestellten Ärzten und Zweigpraxis an der dänischen Gren- ze. Der 59-Jährige will sich insbesonde- re für eine bessere Balance zwischen jun- gen und etablierten Kollegen einsetzen, Bürokratie verringern und die Psycho- therapeuten stärker einbinden.

Neben den Spitzen wurden auf der konstituierenden Sitzung auch wichti- ge Gremien neu besetzt. Im Beirat wer- den künftig neben den beiden AV-Vor- sitzenden Dr. Uwe Bannert, Heiko Bor- chers und Björn Steffensen vertreten sein. KBV-Delegierter ist der Lübecker Laborarzt Dr. Andreas Bobrowski, den Finanzausschuss bilden Dr. Hans Irmer, Dr. Ulrich Krug und Dr. Dennis Wolter.

Im Disziplinarausschuss sind Heiko Bor- chers, Dr. Christian Hauschild und Dr.

Ingeborg Kreuz vertreten. Gewählt wur- den außerdem die jeweils zwölfköpfigen Fachausschüsse für Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapie.

Einen persönlichen Blick auf die po- litische Lage lieferte Bannert nach 25 Jahren Berufspolitik schriftlich zur kon- stituierenden Abgeordnetenversamm- lung. Bannert hat in seiner Zeit mehre- re politische Angriffe zur Schwächung der ärztlichen Selbstverwaltung beob- achtet – mal auf das ärztliche Selbstver- ständnis, mal auf die Selbstverwaltung, mal auf den ambulanten Sicherstellungs- auftrag. Zur aktuellen „Selbstblocka- de der KBV“ hält Bannert eine andere Aufstellung auf Bundesebene für erfor- derlich. Wie Sellschopp hält auch Ban- nert eine Kontrolle des hauptamtlichen KBV-Vorstands durch hauptamtliche KV-Vorstände auf Länderebene nicht für sinnvoll. „Die hauptamtlichen Lan- desvorstände müssen sich zur wirkungs- vollen Positionierung ihrer Länderin- teressen und ihrer persönlichen berufs- politischen Überzeugungen von eben diesen von ihnen eigentlich zu kontrol- lierenden KBV-Vorständen in diverse Arbeitskreise und Entscheidungsgremi- en der Selbstverwaltung berufen lassen, um wirkungsvoll mitwirken zu können.

Druck und Positionierung behindern somit die Wirksamkeit der kritischen Kontrolle des KBV-Vorstands durch die KBV-Vertreterversammlung“, kritisiert Bannert. Er hält dies für einen „Geburts- fehler der hauptamtlichen KV-Welt, be- wirkt durch die politische Gesetzgebung zu Anfang der 2000er Jahre“.

Kontrolle wünscht sich der ärztli- che Psychotherapeut aus Bad Segeberg durch ehrenamtliche Vertreter der nie- dergelassenen Ärzte, „allerdings solcher, die auf Länderebene schon in exponier- ter und verantwortlicher Position für die KV-Welt tätig gewesen sind“. Andern- falls drohe die KBV-Vertreterversamm- lung zu einem „wirkungslosen Debat- tierclub zu verkommen“, warnte Bannert in seiner Zusammenfassung.

Dirk Schnack Dr. Chrsitian Sell-

schopp (links) und sein neuer Stellvertre- ter Dr. Thomas Mau- rer nach ihrer Wahl in der konstituieren- den Abgeordnetenver- samlung der KVSH in Bad Segeberg. Sell- schopp ist Chirurg in Kiel, er wurde in seinem Amt bestä- tigt. Maurer ist All- gemeinmediziner in Leck und Nachfolger von Dr. Uwe Bannert, der auf eine erneu- te Kandidatur ver- zichtet hatte. Mau- rer ist auch Vorsitzen- der des Hausärztever- bandes in Schleswig- Holstein.

(13)

Foto: DI

V D E K

Zankapfel

Pflegepolitik

Wahlhearing des Ersatzkassenverbandes (vdek) in Kiel.

Gesundheitspolitische Sprecher stellten sich den Fragen.

D

ie Landtagsparteien in Schleswig- Holstein setzen für die Proble- me in der ambulanten Versorgung weitgehend auf die gleichen Ins- trumente. Kontroverser sind da- gegen die Positionen der Parteien in der Pflege. Deutlich wurde dies in einem Wahlhearing des Ersatzkassen- verbandes (vdek) in Kiel.

„Gesundheitspolitik wird keine oder keine große Rolle bei der Wahl spie- len“, glaubt Schleswig-Holsteins vdek- Chef Armin Tank. Für ihn Grund ge- nug, den gesundheitspolitischen Spre- chern der derzeit sechs Landtagspartei- en schon mehr als ein Vierteljahr vor der Landtagswahl (7. Mai) bei einem Wahl- hearing in der Kieler vdek-Landesver- tretung auf den Zahn zu fühlen. Die von Bernd Heinemann (SPD), Karsten Jas- per (CDU), Dr. Marret Bohn (Die Grü- nen), Dr. Heiner Garg (FDP), Flemming Meyer (SSW) und Wolfgang Dudda (Pi- raten) präsentierten Lösungen für die ambulante Versorgung unterschieden sich allerdings nur gering. Telemedizin, engere Zusammenarbeit mit dem stati- onären Bereich, Delegation – diese In- strumente waren für die Politiker weit- gehend unstrittig. Nur in Teilbereichen gab es abweichende Lösungsansätze. Die FDP etwa hält eine Stärkung der Freibe- ruflichkeit der Ärzte für erfolgverspre- chender als zunehmend auf ambulan- te Versorgungszentren mit angestellten Ärzten zu setzen. Insbesondere die Pira- ten und der SSW sehen in solchen Zent- ren dagegen eine Chance, um die wohn- ortnahe ambulante Versorgung auf Dau- er zu stärken.

In der stationären Versorgung gin- gen der FDP-Politiker und frühere Lan- desgesundheitsminister Garg und sein CDU-Kollege Jasper auf Konfrontati- onskurs. In dem vom SPD-geführten Gesundheitsministerium kürzlich vor- gelegten Krankenhausplan für Schles- wig-Holstein vermissen sie die Visionen.

Garg plädierte für eine stärkere Speziali- sierung und Zentrenbildung. Jasper will Qualitätsaspekte stärker in die Planung einbezogen wissen. Auch Pirat Dudda ist mit der Planung nicht einverstanden – er hält auch kleine Häuser nicht für verzichtbar und sprach sich explizit für den Erhalt solcher Einrichtungen aus.

In der Pflege sind die Parteien am weitesten auseinander, auch wegen der in Gründung befindlichen Pflegekam- mer. Jasper hält an seinem Nein zur Kammer fest und plädiert stattdessen für einen Pflegering, dem die Pflegekräf- te freiwillig beitreten könnten. Als Vor- bild sieht er den bayerischen Weg. Die regierende Koalition aus SPD, Grünen und SSW dagegen ist geschlossen für die Kammergründung. Heinemann vertei- digte die Kammergründung, weil diese den Pflegekräften eine Stimme auch in der Gesundheitspolitik verschafft. „Pfle-

gekräfte fühlen sich wieder ernst genom- men“, bilanzierte er schon während der Gründungsphase. Heinemann plädier- te außerdem für einen Ausbau der am- bulanten Pflege: „Menschen wollen zu Hause gepflegt werden.“ Nur wie? SSW- Politiker Meyer regte hierzu eine ethi- sche Debatte darüber an, wie viel Tech- nik und wie viel menschlicher Kontakt in der Pflege künftig erwünscht sind. Die derzeit einzige Ärztin im Landtag, Mar- ret Bohn, sprach sich für einen Pflege- personalschlüssel aus und verwies auf Fortschritte im Land wie etwa die finan- zielle Förderung von Ausbildungsplät- zen. Einen neuen Vorschlag zur Entlas- tung der Pflegekräfte brachte Dudda ein:

Er will, dass den Pflegekräften alle fünf Jahre ein Sabbatjahr zugestanden wird.

Wie sich die Krankenkassen zur Landtagswahl positionieren, hatte der vdek vorab schon deutlich gemacht. Am Krankenhausplan kritisieren sie, dass nach ihrer Ansicht nur der Status quo beschrieben wird. Er bilde nur das aus wirtschaftlichen Erwägungen der ein- zelnen Häuser definierte, aber in der Ge- samtheit ungeplante Leistungsangebot der Kliniken ab, so die Meinung des Er- satzkassenverbandes. Künftig solle das

Land als Planungsbehörde den Versor- gungsauftrag der Krankenhäuser defi- nieren und u. a. festlegen, wo etwa eine Geburtshilfe angeboten wird. Dabei müssten qualitative Kriterien wie Min- destfallzahlen und personelle Besetzung beachtet werden. Außerdem fordern die Kassen vom Land eine „ausreichende In- vestitionsförderung“ der Krankenhäu- ser, „damit nicht weiter Erlöse aus der Behandlung für Baumaßnahmen zweck- entfremdet werden.“ Ziel müsse sein, diejenigen Häuser zu stärken, die pers- pektivisch für die Versorgung am wich- tigsten seien. Um die ambulante Not- fallversorgung zu verbessern, sollte aus Sicht der Kassen das Konzept der Por- talpraxen mit gemeinsamer Anlaufstel- le von Kassenärztlichem Notdienst und Klinik-Notaufnahmen weiterverfolgt werden. In der Pflege plädieren die Er- satzkassen dafür, dass Qualitätssiche- rungsmaßnahmen in Wohngemein- schaften für Intensivpflegepatienten ein- geführt werden, dass die Pflegebera- tung bei den Pflegestützpunkten und den Pflegekassen verbleibt und dass die Fachkraftquote in stationären Pflegeein- richtungen überprüft wird.

dirk schnack

Die gesundheitspoli- tischen Sprecher der Landtagsparteien beim Wahlhearing des Ersatzkassenverban- des: Flemming Meyer (SSW), Karsten Jasper (CDU), Bernd Hei- nemann (SPD), Dr.

Heiner Garg (FDP), Wolfgang Dudda (Pi- raten) und Dr. Mar- ret Bohn (Grüne, von links).

(14)

1 4 // G E S U N D H E I T S P O L I T I K F E B R UA R 2 0 1 7 | AU S G A B E 2

D

ie Grünen-Politikerin Dr. Mar- ret Bohn ist die einzige Ärztin im Schleswig-Holsteinischen Land- tag. Dort kümmert sie sich seit acht Jahren als Sprecherin der Grünen um Gesundheitspolitik, ist aber seit 2012 auch Parlamen- tarische Geschäftsführerin ihrer Par- tei. Die auf Föhr geborene Abgeordne- te tritt im Kreis Rendsburg-Eckernför- de an. Studiert und promoviert hat sie in Hamburg. Berufliche Stationen als Ärz- tin waren Neumünster, Göttingen, die Schweiz und England. Bohn ist Fachärz- tin für Innere Medizin. Mit Bohn sprach Dirk Schnack.

Warum sollte ein Arzt Ihre Partei wäh- len?Dr. Marret Bohn: Ich würde mich freuen, wenn alle Ärztinnen und Ärz- te sich unser Programm zur Landtags- wahl anschauen. Sie werden sehen, dass wir Grüne klare Vorstellungen davon haben, wie wir das Thema Gesundheit voranbringen wollen. Es gibt nur we-

dafür sorgen, dass ihre Interessen im Landtag vertreten werden.

Warum machen Sie ausgerechnet Ge- sundheitspolitik?

Bohn: Der Einsatz für eine gute me- dizinische Versorgung ist für mich ein Herzensanliegen. Als Internistin ist Ge- sundheitspolitik für mich ein spannen- des Thema, in das ich viele meiner beruf- lichen Erfahrungen – von der Intensiv- medizin bis zur Sozialmedizin – einbrin- gen kann. Mein Ziel ist es, die Situation für die Patienten und die Mitarbeiterin- nen im Gesundheitswesen zu verbes- sern.

Weshalb spielt Gesundheit in der Poli- tik oft eine eher untergeordnete Rolle?

Bohn: Das Thema Gesundheit wird aus meiner Sicht unterschätzt und gilt bei vielen politischen Abgeordneten als kompliziert. Mein Eindruck ist aber, dass das Thema Gesundheit in der Poli- tik in den letzten Jahren eine zunehmen- de Rolle spielt, die in den nächsten Jah-

helfen aus meiner Sicht nicht wirklich weiter. Aus meiner Sicht ist es so: Dieje- nigen, die zum Arzt oder zur Ärztin ge- hen, fühlen sich krank oder brauchen ein Rezept.

Worin sehen Sie das größte Defizit in der Gesundheitsversorgung in SH?

Bohn: Wenn ich an die Gesundheits- versorgung in Schleswig-Holstein den- ke, finde ich, dass sie insgesamt sehr gut läuft. Trotzdem gehört zur Wahrheit dazu, dass es auch Defizite gibt. Defizi- te und damit Handlungsbedarf sehe ich beim Investitionsstau in den Kranken- häusern, beim Fachkräftemangel im Ge- sundheitswesen und bei der Sicherung der medizinischen Versorgung im länd- lichen Raum.

Wie wollen Sie das ändern?

Bohn: Wir haben ein Infrastruktur- programm zum Abbau des Investitions- staus in den Krankenhäusern beschlos- sen. Ich habe mich in der grünen Land- tagsfraktion und in unserer Koalition

Foto: Bündnis 90 / die grünen

Januar

Bernd Heinemann

SPD Karsten Jasper

CDU

Februar

Dr. Marret Bohn

Dr. Marret Bohn Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Heiner Garg FDP

dafür eingesetzt, dass die Krankenhäu- ser hierbei ein Schwerpunkt werden und mich sehr darüber gefreut, dass meine Fraktion mich einstimmig un- terstützt hat. Das trägt dazu bei, dass in den Krankenhäusern insgesamt mehr Geld für Personal zur Verfügung steht – das ist für die Patienten gut und auch

Interviews Interviews

„Der Einsatz für eine gute

medizinische Versorgung ist für mich ein Herzensanliegen.“

Politik im Gespräch

Landtagswahl 2017

nige Ärztinnen und Ärzte in der Poli- tik. Im Schleswig-Holsteinischen Land- tag bin ich die einzige. Ich stehe für alle Kolleginnen und Kollegen aus dem Ge- sundheitswesen als Ansprechpartne- rin zur Verfügung. Nicht alle Anliegen und Wünsche kann ich erfüllen, aber ich kann mich um Klärung bemühen und

ren noch wachsen wird.

Warum gehen die Deutschen so oft zum Arzt?

Bohn: Statistische Vergleiche, wer wie oft in welchem Land medizinische Behandlung in Anspruch nimmt, schei- nen mir nur bedingt aussagefähig und

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