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Niedermolekulare Heparine bei ambulanten Patienten

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Academic year: 2022

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AR C H I V E S O F IN T E R N A L ME D I C I N E

Inzwischen umfasst die Gruppe der niedermolekula- ren Heparine einige Vertreter, die aber kaum miteinander verglichen wurden. Eine eher kleine Vergleichsstudie bei ambulanten Patienten mit tiefer Venenthrombose oder Lungenembolie konnte zwischen Tinzaparin und Dalteparin hinsichtlich Wir- samkeit und Sicherheit keine Unterschiede feststellen.

Für die Gruppe als Ganzes haben viele neuere Studien nachgewiesen, dass die Wirksamkeit und Sicherheit von subkutan verabreichten niedermolekularen Hepa- rinen im Vergleich zu intravenös appli- ziertem unfraktioniertem Heparin in der Therapie der tiefen Venenthrombose min- destens so gut sind. Direkte Vergleiche zwischen verschiedenen niedermolekula- ren Heparinen fehlen, was angesichts ver- muteter klinisch relevanter Unterschiede für die Wahl des oder der geeigneten Präparate in der Praxis eindeutig hinder- lich ist, wie die kanadischen Autoren die- ser Studie feststellen.

Methodik

Die Studie verglich die beiden niedermole- kularen Heparine Tinzaparin (Innohep®, in der Schweiz nicht auf der Spezialitäten- liste) und Dalteparin (Fragmin®) bei konse- kutiven Patientinnen und Patienten, die wegen eines venösen Thromboembolis- mus – tiefe Venenthrombose (TVT) oder Lungenembolie (LE) – an ein Universitäts- spital überwiesen wurden.

Die Teilnehmenden erhielten randomisiert während mindestens fünf Tagen entwe- der 175 IE/kg Körpergewicht (KG) Tinza- parin oder 200 IE/kg KG Dalteparin subku- tan alle 24 Stunden. Gleichzeitig wurde eine orale Antikoagulation mit Warfarin begonnen und während 90 Tagen fortge- setzt.

Der primäre Endpunkt war die Wirksam- keit (Rezidiv eines Thromboembolismus);

die Sicherheit (Blutungen) war zusammen mit der Rezidivverhütung Teil eines zu- sammengesetzten Studienendpunkts.

Aus zwei vorangegangenen randomisier- ten Studien errechneten die Autoren, dass die vorgesehene Behandlung mit Tinzapa- rin im Vergleich zu Dalteparin zu einer mindestens 4 Prozent tieferen Inzidenz beim kombinierten Endpunkt von grösse-

ren Blutungen und Thromboembolierezi- diven führen müsste. Die Überlegenheit von Tinzaparin stellte also die Studien- hypothese dar.

Ergebnisse

505 Teilnehmerinnen und -nehmer wur- den randomisiert. 251 erhielten in der Folge Dalteparin, 254 Tinzaparin. In der Dalteparin-Gruppe ging ein Patient we- gen einer schweren Blutung für das Fol- low-up verloren, in der Tinzaparin-Gruppe zwei Teilnehmende.

Gut die Hälfte der Patienten hatte eine idiopathische tiefe Venenthrombose, bei 18 Prozent waren frühere thromboem- bolische Ereignisse, bei 22 Prozent ein aktives Malignom und bei 12 Prozent Operationen oder Immobilisationen als Risikofaktoren erkennbar.

Die mediane Dauer der Heparinisierung betrug in der Dalteparin-Gruppe 6 Tage (2–26 Tage), in der Tinzaparin-Gruppe ebenfalls 6 Tage (3–31 Tage).

Die Tabellezeigt die Verteilung der Studien- endpunkte in den beiden Behandlungs- gruppen. Die unterschiedlichen Raten des kombinierten Endpunkts waren statistisch nicht signifikant (p = 0,44). Die Todesfälle

Niedermolekulare Heparine bei ambulanten Patienten

Ein Vergleich zwischen Dalteparin und Tinzaparin

A R S M E D I C I 2 42 0 0 5 1 1 3 9

S T U D I E E T U D E

Tabelle:

Outcomes bei 505 ambulanten Patienten mit tiefer Venenthrombose oder Lungenembolie unter Dalteparin

bzw. Tinzaparin und oraler Antikoagulation

Dalteparin Tinzaparin

Outcome-Ereignisse (n = 251) (n = 254)

Rezidivierender venöser Thromboembolismus* 9 (3,6%) 10 (3,9%)

Schwere Blutung 2 (0,8%) 5 (2,0%)

Tod 12 (4,8%) 14 (5,5%)

* in beiden Gruppen je 2 Lungenembolien

(2)

hatten in keiner der beiden Gruppen mit Blutungen oder Lungenembolierezidiven zu tun, sondern waren überwiegend Folge einer metastatischen Krebserkran- kung. Von den 90 Patienten mit akuter Lungenembolie hatten nur 2 ein rezidivie- rendes thromboembolisches Ereignis (je 1 LE und TVT).

Nach den ersten 470 Patienten führten die Autoren eine geplante Interimsanalyse durch. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Dalteparin-Gruppe 11 und in der Tinzapa- rin-Gruppe 13 kombinierte Endpunkte aufgetreten. Philip S. Wells und Mitarbeiter kalkulierten aufgrund der Ereignisraten in den beiden Gruppen, dass sie pro Gruppe 16 433 Patienten benötigen würden, um einen statistisch signifikanten Unterschied zu erzielen. Auch für die ursprünglich ge- plante Gruppengrösse von je 465 Patien- ten hätte sich nur ein Studienpower von 7 Prozent ergeben, um eine klinisch mini- mal wichtige Differenz von 4 Prozent auf- zuzeigen. Daher wurde die Studie vorzei- tig abgebrochen.

Das 95-prozentige Konfidenzintervall für die absolute Differenz von 1,5 Prozent beim primären Studienendpunkt beträgt -5,5 bis 2,4 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass Dalteparin dem Tinzaparin nicht unterlegen ist, kann aber bei einer mini- malen als klinisch relevant betrachteten Differenz von 4 Prozent auch nicht aus- schliessen, dass es vielleicht sogar über- legen ist.

Diskussion

Die Autoren stellen lapidar fest, dass sie keine Evidenz finden konnten, dass Tinza- parin der Vergleichssubstanz Dalteparin überlegen sei. Beide Behandlungssche- mata seien in der ambulanten Behand- lung von TVT und LE sicher und effektiv gewesen. Die Thromboembolierezidiv- und Blutungsraten entsprachen denjeni- gen in anderen Publikationen.

Die Studie sei zwar einfach blind gewe- sen, weil nur die Ärzte nicht wussten, wel- ches Präparat eingesetzt wurde. Da die Studie industrieunabhängig erfolgte und

ein doppelblindes Design angesichts der unterschiedlichen Konzentrationen der beiden Präparate sehr teuer gewesen wäre, entschloss man sich zu dieser Lö- sung, von der die Autoren glauben, dass sie das Ergebnis nicht beeinflussten, zu- mal den teilnehmenden Patienten nicht in Aussicht gestellt wurde, dass eines der beiden Produkte besser sei.

Angesichts fehlender Unterschiede bei den wichtigen klinischen Endpunkten könne die Wahl des Wirkstoffs aufgrund praktischer Erwägungen wie Preis, Dar- reichungsformen und Verfügbarkeit erfol- gen, so die Studienautoren.

Wie weiter?

Ein begleitendes Editorial erinnert an den Wirkungsmechanismus der Heparinisie- rung und hält Unterschiede in der klini- schen Wirksamkeit der verschiedenen nie- dermolekularen Heparine für durchaus möglich. Je nach Moleküllänge (bzw. An- zahl der Saccharide) resultieren unter- schiedliche Hemmungen von Faktor IIa (Thrombin) und Faktor Xa. Daneben gibt es zwischen den verschiedenen Präpara- ten auch Unterschiede bei der Substanz- akkumulation, beim Zeitpunkt der Spitzenkonzentration, bei den Ausschei- dungsraten und so weiter. Indirekte Vergleiche über Vergleichsstudien mit un- fraktioniertem Heparin haben zugegebe- nermassen unsichere Hinweise für klini- sche Unterschiede gegeben.

Nach dieser Studie von Wells et al. sind wir jedoch auch nicht viel klüger, so das Edito- rial. Wir stehen bezüglich der Therapie thromboembolischer Ereignisse mit nieder- molekularen Heparinen in etwa dort, wo die Behandlung von Patienten mit frühem Myokardinfarkt stand, bevor anfangs der Neunzigerjahre die riesige GUSTO-Studie an 41 021 Patienten die Klarheit brachte, dass der Gewebe-Plasminogen-Aktivator bei der koronaren Thrombolyse der Strep- tokinase überlegen ist. Eine vergleichbar grosse Studie mit verschiedenen nieder- molekularen Heparinen sei gewiss sehr zeit- und noch kostenaufwändiger, würde

aber viele klinisch relevante Hinweise er- bringen. So lange sie ausbleibt, könne man über die Vor- und Nachteile der ver- schiedenen niedermolekularen Heparine oder über die Frage, ob es zwischen ihnen überhaupt nennenswerte Unterschiede gibt, bloss spekulieren.

Philip S. Wells et al. (Departments of Me- dicine, University of Ottawa Health Rese- arch Institute, Ottawa, Ontario, and Uni- versity of Western Ontario, London/CAN):

A randomized trial comparing 2 low- molecular-weight heparins for the outpa- tient treatment of deep vein thrombosis and pulmonary embolism. Arch. Intern.

Med. 2005; 165: 733–738.Halid Bas

Interessenlage: Die Autoren deklarieren keine finanziellen Konflikte.

Niedermolekulare Heparine bei ambulanten Patienten

1 1 4 0 A R S M E D I C I 2 42 0 0 5

S T U D I E E T U D E

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

p u n k t e p u n k t e

●Eine randomisierte Vergleichsstu- die zwischen den beiden nieder- molekularen Heparinen Daltepa- rin und Tinzaparin ergab bei ambulanten Patienten mit venö- sem Thromboembolismus ein Nullergebnis.

●Die vorzeitig abgebrochene Stu- die zeigt, dass Dalteparin dem Tinzaparin nicht unterlegen ist, kann aber angesichts der gerin- gen Patientenzahl selbst eine eventuelle Überlegenheit nicht ausschliessen.

●Die für die Therapiewahl sehr unbefriedigende Datenlage bei den diversen niedermolekularen Heparinen könnte nur durch eine sehr grosse Multizenter-Ver- gleichsstudie gelindert werden.

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