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1.1. Grundlagen und Besonderheiten der Licht-Finsternis- Metaphorik

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1.1. Grundlagen und Besonderheiten der Licht-Finsternis- Metaphorik

Im Jahr 1907 veröffentlichte die sozialistische Zeitung L'Actioti quotidienne eine Karikatur von Henri-Gabriel Ibels, die Papst Pius X. bei dem ebenso angestrengten wie vergeblichen Versuch zeigt, dem strahlenden Licht einer übergroßen Glühbirne mit einem traditionellen Kerzenlöscher beizukom- men

1

. Nur ein halbes Jahr zuvor hatte der Karikaturist A. Lemot in dem kirchlichen Magazin Le Pelerin dagegen den Papst als Mittelpunkt einer sen- genden Sonne dargestellt, vor der die Vertreter des laizistischen französischen Staates in die Dunkelheit fliehen

2

. Damit wurden fast zeitgleich nicht nur zwei völlig gegensätzliche Aussagen - Machtverlust bzw. Machtbestätigung des Papstes - mit Hilfe der Lichtmetapher vermittelt, sondern im selben Zuge auch die jeweiligen Fronten zwischen Licht und Finsternis festgesetzt und ideologisch vereinnahmt. Was aber bedeutet die Interpretation weltanschau- licher Differenzen als Anwesenheit oder Fehlen von Licht im einzelnen?

Ziel dieser Arbeit zur Symbolik von Licht und Finsternis in der kritischen Bildpublizistik und Karikatur zwischen 1871 und 1914 in Frankreich ist es zu verfolgen, wie diese Metaphern zur Darstellung und Verarbeitung von politi- schen und kulturellen Konflikten und ihren Folgen beitrugen und wie sich die Präsenz von Licht-Finsternis-Vergleichen im politisch-kritischen Diskurs und ihre Wahrnehmung als Alltagsphänomen gegenseitig beeinflußten

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. Dabei stellt sich nicht nur die Frage nach dem grundlegenden Zusammenhang zwi- schen philosophischem Erleuchtungswillen und realem Lichtbedürfnis

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, son-

1 Henri-Gabriel IBELS, L'£teignoir, in: L'Action quotidienne, 2.8.1907 (Abb. 32).

2 A. LEMOT, Le pape α parle!, in: Le Pelerin, 2 7 . 1 . 1 9 0 7 (Abb. 37).

3 Zu dieser Definition einer erweiterten politischen Geschichtsschreibung vgl. Jean- Frangois SIRINELLI, Eloge de la complexite, in: D E R S . , Jean-Pierre R i o u x (Hg.), Pour une histoire culturelle, Paris 1997, S.436f.: » D e s lors, l'histoire politique, telle qu'elle vient d'etre definie, entend analyser non seulement des comportements collectifs et leurs effets, mais aussi ce qui releve de la perception et des sensibilites. Ce qui la conduit ä s'interesser aux phenomenes de transmission des croyances, des normes et des valeurs«. Im Hinblick auf die Ausprägung mythischer Strukturen innerhalb gesellschaftlicher Kommunikations- systeme erfährt der Begriff des Politischen naturgemäß eine größtmögliche Erweiterung, wie etwa bei Roland B A R T H E S , Le mythe, aujourd'hui, in: D E R S . , (Euvres completes, Bd. 1, Paris 1993, S.707: »II faut naturellement comprendre: politique au sens profond, comme ensemble des rapports humains dans leur structure reelle, sociale, dans leur pouvoir de fabrication du monde«.

4 Wolfgang SCHIVELBUSCH, Lichtblicke. Zur Geschichte der künstlichen Helligkeit im 19. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 21986, S. 12: »Wäre es möglich, daß hier zwischen philoso- phischer Aufklärung und tatsächlicher Beleuchtung ein Zusammenhang besteht? Etwa dergestalt, daß das philosophische Bedürfnis nach Aufklärung Licht-Interessen realer Natur geweckt hätte?«

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dem vor allem ist zu untersuchen, wie dieses Wechselspiel in verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und vor instabilen politischen Hintergründen empfunden und interpretiert wurde. Um zu klären, wie und warum die Meta- phern »Licht« und »Finsternis« zur Verbildlichung politischer und gesell- schaftlicher Phänomene benutzt wurden und warum gegensätzliche Anwen- dungen parallel existierten, muß zunächst die mythische, kultische und kultu- relle Vorgeschichte dieses in seiner einprägsamen Bildhaftigkeit einzigartigen Paares betrachtet werden: Der ethische Licht-Finsternis-Dualismus hat seinen Ursprung in der Erfahrung von Tag und Nacht, nach Ernst Cassirer die »phy- sische Grundtatsache« für die »Entfaltung des mythischen Raumgefühls«

5

. Die Übergänge vom mythischen zum ethischen Dualismus sind indessen flie- ßend: Die vergleichende Mythenforschung zeigt übereinstimmend, daß in der Umwandlung der Urfinsternis zur zyklisch beschränkten Nacht

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die Entste- hung eines manichäischen, unversöhnlichen Licht-Finsternis-Gegensatzes be- reits angelegt ist

7

. Als »Bringer des gegen die Finsternis kämpfenden Lichts«

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sagt der Messias von sich: »Ich bin das Licht der Welt« (Joh 8, 12). In den manichäischen Richtungen der Gnosis wird die Entstehung des finsteren Elements, des Bösen, schließlich durch einen allmählichen Prozeß der Ent- fremdung vom Göttlichen als dem absolut Guten erklärt

9

.

Auch das Licht an sich ist jedoch schon ambivalent, da die licht- und wär- mespendende Kraft des Feuers immer auch die Gefahr der Zerstörung - und

5 Ernst CASSIRER, Philosophie der symbolischen Formen, Bd. 2: Das mythische Denken, Darmstadt 21953, S.119. Allg. zum Licht-Finsternis-Gegensatz in der Religionsgeschichte vgl. Gustav MENSCHING, Die Lichtsymbolik in der Religionsgeschichte, in: Studium Gene- rale 10 (1957), S. 422^132; Johannes HEMPEL, Die Lichtsymbolik im Alten Testament, in:

Studium Generale 13 (1960), S. 352-368; Sverre AALEN, Licht und Finsternis, in: Die Reli- gion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissen- schaft. 3., völlig neu bearbeitete Auflage, hg. v. Kurt GALLING, 7 Bde., Tübingen 1986, Bd. 4, S. 357-359; O t t o BÖCHER, Licht und Feuer, in: Theologische Realenzyklopädie, hg.

v. Gerhard KRAUSE u.a., 37 Bde., Berlin u.a. 1977-2006, Bd.21 (1991), S.83-119. Zur Erschaffung des Lichts in der Genesis vgl. Kap. 2.2.

6 Ernst Thomas REIMBOLD, Die Nacht im Mythos, Kultus und Volksglauben und in der transpersonalen Erfahrung. Eine religionsphänomenologische Untersuchung, Köln 1970, S.77f.: »Als Ergebnis des kämpferischen Weltschöpfungsvorganges steht die Stabilisie- rung und Errichtung der Weltordnung am E n d e des Urzeitgeschehens: die Urfinsternis wird abgelöst durch Licht und Tag und durch die regelmäßige Folge von Tag und Nacht, und es vollzieht sich so die kosmische Einordnung der Dunkelheit der Urnacht in die i r - dische Nacht< als der vertrauten Naturerscheinung«.

7 Z u m Motiv der Offenbarung Gottes am Morgen vgl. Bernd JANOWSKI, Rettungsgewißheit und Epiphanie des Heils. Das Motiv der Hilfe Gottes >am Morgen« im Alten Orient und im Alten Testament, B d . l : Alter Orient, Neukirchen-Vluyn 1989, S.29: »Während die Schöp- fungswelt nachts in die Finsternis des Todes und d.h. in die chaotische Urwirklichkeit zu- rückzufallen droht, ist das (aufstrahlende) Licht die Quelle und Manifestation des Lebens«.

8 O. MICHEL, Das Licht des Messias, in: D o n u m Gentilicium. New Testament Studies in H o n o u r of David Daube, Oxford 1978, S.49f. Ausführlich zur Lichtsymbolik im N T vgl.

Hans MALMEDE, Die Lichtsymbolik im Neuen Testament, Wiesbaden 1986.

9 Z u r Gnosis vgl. Kurt RUDOLPH, Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion, Göttingen 21980, bes. S. 60-132.

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s o m i t d e s R ü c k f a l l s in d i e F i n s t e r n i s - birgt. D a d u r c h wird d a s F e u e r zur s i n n - f ä l l i g e n M e t a p h e r d e s s t r a f e n d e n G o t t e s1 0.

D i e d e m L i c h t - F i n s t e r n i s - K o m p l e x i n n e w o h n e n d e R a d i k a l i t ä t hat in kultu- rellen, p o l i t i s c h e n u n d s o z i a l e n D i s k u r s e n e i n e u n m i t t e l b a r e i d e o l o g i s c h e A u f l a d u n g zur F o l g e . Licht u n d F i n s t e r n i s s t e l l e n , als G e g e n s a t z p a a r e b e n s o w i e für sich g e n o m m e n , d a b e i k e i n e s w e g s B e g r i f f e i m h i s t o r i s c h - p o l i t i s c h e n S i n n e1 1, s o n d e r n M e t a p h e r n dar, d i e d a z u d i e n e n , S c h l a g w ö r t e r w i e » A u f k l ä - rung« bzw. p h i l o s o p h i s c h e u n d p o l i t i s c h e » l u m i e r e s « o d e r »Fortschritt«, a b e r a u c h t h e o l o g i s c h e G r u n d w a h r h e i t e n w i e O f f e n b a r u n g o d e r E r l ö s u n g z u ver- a n s c h a u l i c h e n u n d g e g e n ihre j e w e i l i g e n i d e o l o g i s c h e n A n t i p o d e n a b z u g r e n - z e n . D i e P o l y v a l e n z u n d O m n i p r ä s e n z d e r L i c h t - F i n s t e r n i s - V e r g l e i c h e e r z e u g t e i n e g e n e r e l l e A u s t a u s c h b a r k e i t d e r B e z u g s g r ö ß e n : S o k a n n sich d a s S p e z i f i - k u m » L i c h t « , w i e in o b i g e n B e i s p i e l e n v e r d e u t l i c h t , i m s e l b e n Z e i t r a u m u n d v o r d e m s e l b e n k u l t u r e l l e n H i n t e r g r u n d auf e i n a n d e r u n v e r s ö h n l i c h g e g e n - ü b e r s t e h e n d e W e r t e b e z i e h e n . D i e u n v e r g l e i c h l i c h e v i s u e l l e u n d i d e e l l e A u s - d r u c k s f ä h i g k e i t1 2 d e s L i c h t v e r g l e i c h s w u r d e z u R e c h t als » a b s o l u t e M e t a - p h e r «1 3 e b e n s o w i e als » u n i v e r s a l e s D a r s t e l l u n g s m e d i u m «1 4 o d e r als » K o l l e k -

10 BÖCHER, Licht und Feuer, S. 89: »In ihrer Deutung von Licht und Feuer sowie in ihrem Umgang mit den beiden stimmten die Religionen strukturell weitgehend überein: Licht begegnet als Feuer, das zwar gefürchtet, aber als Gabe überirdischer Mächte verehrt und gehütet wird«. Der Übergang zum Negativum vollzieht sich für das Feuer im NT, wo es gegenüber dem AT »seine ursprüngliche Entsprechung zum Wesen Jahwes weitgehend [...] verloren [hat]«. MALMEDE, Lichtsymbolik, S.60: »Von seiner natürlichen Beschaffen- heit tritt das Leuchten, das es zum Äquivalent von Licht geeignet machte, weitgehend in den Hintergrund. Das Brennen und Vernichten läßt es jeweils mit eben der Macht ver- bunden werden, der man den Vollzug des Gerichts gerade anheimgestellt glaubt. Dieser uneindeutigen Zuordnung ist es zuzuschreiben, daß es als religiöser Terminus technicus eine höchstens untergeordnete Rolle spielt, während es als konkreter Träger verschiede- ner Vernichtungsfunktionen grassiert«. Dies spiegelt sich in der kirchlichen Symbolik des Lichts, das nicht zuletzt das gezähmte Feuer verkörpert: Giuseppe FAGGIN, Simboli:

L'albero - II fuoco - La luce, Vicenza 1993, S.51: »Nella liturgia cristiana invece il simbolo del fuoco [...] e limitato alla luce«.

11 Vgl. dazu die beiden grundlegenden Lexika zur Entwicklungsgeschichte der Begriffe:

Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hg. v. O t t o BRUNNER u.a., 8 Bde., Stuttgart 1972-1997, sowie: Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680-1820, hg. v. Rolf REICHARDT u. a., 16 Bde., München 1985-2000. Für letzteres ist ein Artikel zum T h e m a »lumieres - tenebres« ge- plant.

12 Hans BLUMENBERG, Licht als Metapher der Wahrheit. Im Vorfeld der philosophischen Begriffsbildung, in: Studium Generale 10 (1957), S.432: »An Aussagekraft und subtiler Wandlungsfähigkeit ist die Lichtmetapher unvergleichlich«.

13 Walter SPARN, »... und es ward Licht«. Über die kulturelle Bedeutung einer absoluten Metapher, in: Walter GEBHARD (Hg.), Licht. Religiöse und literarische Gebrauchsformen, Frankfurt a.M. 1990, S.77.

14 Dieter BREMER, Licht als universales Darstellungsmedium. Materialen und Bibliogra- phie, in: Archiv für Begriffsgeschichte 18 (1974), S. 185.

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tivsymbol«1 5 bezeichnet. D i e Metaphern »Licht« und »Finsternis« können somit eine Vielzahl einander widersprechender Aussagen vereinen1 6: So ge- gensätzliche Assoziationen wie »Licht des Glaubens« oder »Licht der Ver- nunft« bereichern die Lichtmetapher gleichermaßen und definieren analog auch die jeweilige »Finsternis« völlig konträr. Dabei ist die Geschichte der Übertragung von Licht- und Finsternisqualitäten auf transzendente Begriff- lichkeiten immer auch Teil der Wissensgeschichte ihrer Zeit. D i e s e historisch bedingte Verschiebung, in der sich nach Koselleck »die Auflösung der alten und die Entstehung der modernen Welt in der Geschichte ihrer begrifflichen Erfassung«1 7 darstellen läßt, strahlt auch auf die diese Begriffe illuminieren- den Metaphern und Bilder aus. So wirkten die Durchsetzung des heliozentri- schen Weltbildes und die naturwissenschaftliche Erforschung des Lichts18

gleichermaßen auf die philosophische Vorstellung des Lichts19 wie auf die

15 Zu diesem Begriff Jürgen LINK U. a., Moderne Kollektivsymbolik. Eine diskurstheoreti- sche Einführung mit Auswahlbibliographie, in: Internationales Archiv für Sozialgeschich- te der deutschen Literatur. Sonderheft Forschungsreferate 1 (1985), S.267: »Als Kollektiv- symbol bezeichnen wir [...] ein Symbol mit kollektivem Produzenten bzw. Rezipienten«.

16 Die Metaphernkomplexe »Licht« und »Finsternis« rücken so in die Nähe der »formati- ons discursives«, mit denen Foucault die in wissenschaftlichen Überbegriffen wie »Gram- matik« oder »Ökonomie« zutage tretenden »systemes de dispersion« definiert. Vgl.

Michel FOUCAULT, L'archeologie du savoir, Paris 1969, S.53. Dazu Ute DANIEL, Kompen- dium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselwörter, Frankfurt a.M. 32002, S.356:

»Was Foucault als diskursive Formationen analysiert, liegt nicht auf der sprachlich-be- grifflichen Ebene, sondern gewissermaßen davor: Sie sind immer schon da, bevor Men- schen ihre Erfahrungen und Absichten sprachlich formulieren; sie sind die Bedingung der Möglichkeit - und der Unmöglichkeit - zu bestimmten Zeiten bestimmte Aussagen über die Welt und sich selbst zu machen«. Zur Übertragung von Foucaults »archeologie du savoir« von der wissenschaftlichen Diskursgeschichte auf die Metaphorik und zur Über- tragbarkeit der Metaphern zwischen sich ideologisch widersprechenden Lagern vgl. bes.

Michel PECHEUX, Metapher und Interdiskurs, in: Jürgen LINK, Wulf WÜLFING (Hg.), Be- wegung und Stillstand in Metaphern und Mythen. Fallstudien zum Verhältnis von elemen- tarem Wissen und Literatur im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1984, S. 93-99. Pecheux führt aus, daß »die diskursive Produktion [der] Objekte als ideologische Objekte [...] eine über- determinierte Zirkulation zwischen verschiedenen Diskursregionen« darstellt, »von de- nen keine als originär betrachtet werden kann«. (S.97).

17 Reinhart KOSELLECK, Einleitung, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd.l, 1972, S.XIV.

18 Die Verbreitung des heliozentrischen Weltbildes begann mit Kopernikus' 1543 veröffent- lichter und 1616 indizierter Schrift »De revolutionibus«. In Frankreich wurde das neue Welt- bild besonders durch Fontenelles 1686 veröffentlichte »Entretiens sur la pluralite des mon- des« populär. Bis zu seinem Tod 1757 erschienen 33 Auflagen. Vgl. Gudrun WOLFSCHMIDT, Der Weg zum modernen Weltbild, in: DIES. (Hg.), Nicolaus Kopernikus (1473-1543). Re- volutionär wider Willen, Ausstellungskatalog, Berlin 1994, S.9-70, sowie Jeannot SIMMEN, Vertigo. Schwindel der modernen Kunst, München 1990, S. 48-55. Zur Durchsetzung des wissenschaftlichen Weltbildes in Frankreich vgl. Micheline GRENET, La passion des astres au XVIIe siecle. De l'astrologie ä l'astronomie, Paris 1994. Allg. zu den Interaktionen zwischen Bewußtseinsgeschichte und naturwissenschaftlicher Lichtkonzeption vgl. Arthur ZAJONC, Die gemeinsame Geschichte von Licht und Bewußtsein, Reinbek 1997.

19 Zum Zusammenhang zwischen verändertem Weltbild und »lumieres« vgl. Michel DELON, Les Lumieres. Travail d'une metaphore, in: Studies on Voltaire and the Eighteenth

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politisch-metaphorische Qualität der Lichtmetapher ein. Im Gegensatz zu hi- storisch-politischen Begriffen, deren Entwicklungsgeschichte sich in einer so- genannten »Sattelzeit« vollzieht, »in der sich die H e r k u n f t zu unserer Präsenz wandelt«

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, ist bei metaphorischen Komplexen wie Licht und Finsternis je- doch eine wesentlich stärker ausgeprägte Integrationsfähigkeit gegeben, die neue Assoziationsmuster akzeptiert, ohne die alten aufzugeben. Daran ändert auch der säkularisierte Gebrauch religiöser Lichtsymbolik nichts, da diese Strategien im Gegenzug, wie das eingangs aufgeführte Beispiel zeigt, zum Widerspruch reizen und dem >falschen< das >wahre< Licht entgegenhalten. Die Entwicklung des semantischen Konzeptes des siecle des Lumieres als Epo- chenbegriff der französischen Aufklärung und Gegenentwurf zum >finsteren Mittelalter< sowie seiner theologischen Wurzeln

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bildet dabei den zentralen Ausgangspunkt für den vielschichtigen Problemkomplex der Licht-Finsternis- Metaphorik des 19. Jahrhunderts.

Century 152 (1976), S.527: »Les Lumieres renvoient l'image centrale de notre pensee classique, oü l'heliocentrisme illustre le logocentrisme«.

20 KOSELLECK, Einleitung, in: Geschichtliche Grundbegriffe, S. XV.

21 Vgl. dazu Kap. 2.

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1.2. Die Metaphernkomplexe »Licht« und »Finsternis« als Gegenstand kritischer Bildpublizistik und politischer Karikatur

1.2.1. Die Bedeutung von Bildern für die historische Semantik

D a ß T e x t e u n d B i l d e r G e s c h i c h t e n i c h t nur r e f l e k t i e r e n , s o n d e r n s i e a u c h p r o d u z i e r e n k ö n n e n , h a b e n J ü r g e n L ü s e b r i n k u n d R o l f R e i c h a r d t a m B e i s p i e l der m e d i a l e n R e f l e x i o n e n d e s B a s t i l l e s t u r m s e i n d r u c k s v o l l b e l e g t2 2. D i e

» w i r k l i c h k e i t s p r ä g e n d e K r a f t d e s S y m b o l i s c h e n «2 3 u n d d i e m e t a p h o r i s c h e A u f l a d u n g d e r B e g r i f f e e r ö f f n e n e i n w e i t e s F e l d a n v i s u e l l e n A s s o z i a t i o n e n , d i e in u n m i t t e l b a r e r u n d m i t t e l b a r e r W e c h s e l w i r k u n g e i n e s p i e l e r i s c h e F u n k - t i o n a u s ü b e n2 4 u n d s o e i n i m a g i n a t i v e s R e p e r t o i r e s c h a f f e n , d a s sich w i e d e r - u m f o r t s c h r e i b t . D i e s e r w e i t r e i c h e n d e T y p i s i e r u n g s v o r g a n g b e w i r k t , daß Begriffe - ihrerseits ein gesellschaftliches Produkt - auf ihre Produzenten zurückwir- ken und eine nicht unbedingt an materielle Fakten gebundene Dynamik gewinnen, die wir [...] als Durchsetzungs- und Beharrungsvermögen gesellschaftlich institutionalisierten Wissens verstehen können2 5.

A u c h i m R a h m e n d e s iconic turn26 wird b e t o n t , d a ß B i l d e r nicht nur s e k u n d ä - re P r o d u k t e , a l s o I l l u s t r a t i o n e n ihrer Z e i t sind, s o n d e r n durch d i e g e z i e l t e K o n k r e t i s i e r u n g u n d P o p u l a r i s i e r u n g k o m p l e x e r B e g r i f f e u n d d u r c h d i e v i e l - f ä l t i g e n M o d i f i k a t i o n e n d e s v o r h a n d e n e n v i s u e l l e n R e p e r t o i r e s e i n p r i m ä r e r F a k t o r o d e r v i e l m e h r e i n e M a c h t sind:

Die Macht, die Bildern innewohnen kann, liegt offenbar auch in ihrer Fähigkeit, Zugänge zu etwas zu öffnen, was tot oder anderswo ist, zu einem mächtigen Herrscher, einem reli- giösen Gehalt, etwas Unsichtbaren, das weder Gesicht noch Körper hat, oder zu etwas Erdachtem, Erträumten. Die Macht des Bildes bedeutet, >11 fait voir<, es öffnet die Augen, es zeigt27.

22 Hans-Jürgen LÜSEBRINK, Rolf REICHARDT, Die Bastille. Z u r Symbolgeschichte von Herrschaft und Freiheit, Frankfurt a.M, 1990, S.59.

23 Ibid., S.35.

24 Dies besagt auch Wittgensteins Theorie des »Sprachspiels«, das auf der »Familienähn- lichkeit« der Begriffe beruht und eine Kette von eigentümlichen Bedeutungsgeflechten zur Folge hat. Ludwig WITTGENSTEIN, Philosophische Untersuchungen, in: DERS., Schrif- ten, Frankfurt a.M. 1960, S.281-293.

25 Rolf REICHARDT, Einleitung, in: DERS. u.a., Handbuch, S.67.

26 Der Begriff des iconic turn taucht in Anlehnung an den des linguistic turn zum ersten Mal auf bei: Gottfried BOEHM, Die Wiederkehr der Bilder, in: DERS. (Hg.), Was ist ein Bild, München 1995, S. 13. Zu der interpretatorischen Lücke, die entsteht, wenn Bilder auf ihre historischen Entstehungsbedingungen reduziert werden, ibid., S.35f.: »Eine solche kunsthistorische Methodik überspringt die eigentümliche Darstellungsmacht des Bildes, sie rechnet gar nicht damit, daß es über eigene Sinnpotentiale verfügt«.

27 Gottfried BOEHM, Jenseits der Sprache? Anmerkungen zur Logik der Bilder, in: Christa MAAR, Hubert BURDA (Hg.), Iconic Turn. Die neue Macht der Bilder, Köln 2004, S.32.

Vgl. dazu auch die Schlußfolgerung des Forschungsberichts von Heike TALKENBERGER, Von der Illustration zur Interpretation: Das Bild als historische Quelle. Methodische Überlegungen zur Bildkunde, in: Zeitschrift für Historische Forschung 21 (1994), S.312:

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D i e p o l i t i s c h e B i l d p u b l i z i s t i k , d i e s i c h a n d e r A k t u a l i t ä t m e s s e n l a s s e n m u ß , e r l a u b t z u d e m d u r c h ihre s p e z i f i s c h e Struktur E i n b l i c k e , w i e s i e d u r c h a n d e r e B i l d m e d i e n u n d T e x t e nicht g e g e b e n sind: D i e C o d i e r u n g u n d s y m b o l i s c h e A u f l a d u n g b e s t i m m t e r M e t a p h e r n k o m p l e x e2 8 u n d i h r e o f t m a l i g e g l e i c h z e i t i - g e I n f r a g e s t e l l u n g w e r d e n zur u n m i t t e l b a r e n Q u e l l e für d i e V e r m i s c h u n g v o n a b s t r a k t e n F a k t e n u n d E r e i g n i s s e n mit E i n d r ü c k e n der a l l t ä g l i c h e n E r f a h - r u n g s w e l t2 9.

D e n n o c h w u r d e d i e G e s c h i c h t e d e r S p i e g e l u n g e n d i e s e r S p r a c h b i l d e r in- n e r h a l b d e r B i l d s p r a c h e l a n g e Z e i t e b e n s o v e r k a n n t w i e d i e B e d e u t u n g m a t e - rieller B i l d e r für d i e P o p u l a r i s i e r u n g v o n S c h l a g w ö r t e r n u n d m e t a p h o r i s c h e n K o n z e p t e n i n n e r h a l b d e r im E n t s t e h e n b e g r i f f e n e n M a s s e n k u l t u r . D i e I n t e - g r a t i o n d e r B i l d p u b l i z i s t i k »als A u s d r u c k e i n e s s o z i a l p s y c h i s c h e n B e d ü r f n i s - s e s n a c h V e r b i l d l i c h u n g v o n G r u n d w e r t e n u n d W i r k l i c h k e i t s e r f a h r u n g «3 0 in T h e o r i e u n d P r a x i s der h i s t o r i s c h e n S e m a n t i k ist b e s o n d e r s R o l f R e i c h a r d t z u v e r d a n k e n . G r u n d l e g e n d e A r b e i t e n zur B i l d p u b l i z i s t i k der F r a n z ö s i s c h e n R e - v o l u t i o n u n d ihrer B e d e u t u n g als » v i s u e l l e Z e i c h e n s y s t e m e « l e g t e in D e u t s c h -

»Bilder sind nicht nur Reflex der historischen Realität, sondern sie beeinflussen den histo- rischen Prozeß, indem sie Bewußtsein bilden und artikulieren helfen«.

28 Im folgenden werden die Begriffe Symbol und Metapher in bezug auf die Repräsentan- ten der Komplexe Licht und Finsternis nicht streng getrennt. Dazu auch Gerhard KURZ, Metapher, Allegorie, Symbol, Göttingen 52004, S.77, der den Unterschied zwischen Sym- bol und Metapher grundsätzlich als »graduell« bezeichnet: »Bei Metaphern ist unsere Aufmerksamkeit mehr auf Wörter gerichtet, auf semantische Verträglichkeiten und Un- verträglichkeiten sprachlicher Elemente. Bei Symbolen ist unsere Aufmerksamkeit auf die dargestellte Empirie gerichtet. Beim Symbol wird daher auch die wörtliche Bedeutung gewahrt, die Referenz des Wortes. Bei der Metapher wird sie okkasionell ausgedehnt. Bei Metaphern aktualisieren wir ein Sprachbewußtsein, bei Symbolen ein Gegenstandsbe- wußtsein«. Ähnlich unterscheidet H a n s BLUMENBERG, Paradigmen zu einer Metaphorolo- gie, Frankfurt a. M. 1998, S. 178: »Das Symbol muß, da es dem Er-kennen dient, statisch und fixiert sein [...]. Die Metapher ist zu Bewegung fähig, kann Bewegung darstellen«. In der Wechselwirkung mit dem Kontext laden sich Symbole - wie die Sonne als Symbol für Licht, Leben, Zentralismus - automatisch mit metaphorischen Assoziationen auf; die Son- ne wird also beispielsweise zur »Sonne der Republik«, womit auf diese Staatsform all die Macht projiziert wird, die mit der Sonnensymbolik einhergeht. Gerade in bezug auf die bildliche Darstellung und ihre sowohl sprachlich-dynamische als auch symbolisch-statische Rückbindung erscheint eine Trennung somit als schwierig. Auch Link versteht seine De- finition der Kollektivsymbolik als »die Gesamtheit der Bildlichkeit - einschließlich Alle- gorie, Emblem, Metapher etc.« Jürgen LINK, Moderne Kollektivsymbolik. Eine diskurs- theoretische Einführung mit Auswahlbibliographie (Teil II), in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 22,1 (1997), S.70.

29 Z u r Historizität der Karikatur vgl. Philippe ROBERTS-JONES, De Daumier ä Lautrec. Es- sai sur l'histoire de la caricature fransaise entre 1860 et 1890, Paris 1960, S. XI: »La carica- ture appartient done ä l'histoire, car eile permet d'entrer en contact avec les reactions d ' u n e epoque; eile permet aussi de discerner les faits, les evenements, qui ont le plus trap- pe l'opinion publique d'alors. Elle est en quelque sorte bien plus eloquente, bien plus reelle, que la stricte enumeration des evenements que relate un manuel«.

30 Dazu REICHARDT, Einleitung, S. 141-146: »Bildsymbolik und Flugblattgraphik«.

(8)

land der Kunsthistoriker Klaus Herding vor

31

. Für Frankreich sind hierbei in neuerer Zeit vor allem Michel Vovelle, Claude Langlois, Antoine de Baeque und Annie Duprat zu nennen.

Jeder Forschungsansatz zur politischen Bildlichkeit des 19. Jahrhundert muß unmittelbar an das spannungsreiche Verhältnis zu diesem revolutionären Erbe anknüpfen. Nicht zufällig rücken - auch auf dem Gebiet der Malerei oder der Skulptur - besonders die symbolischen Repräsentanten abstrakter Werte und Ideale in den Vordergrund - scheint doch deren Verankerung im kollektiven Gedächtnis nicht zuletzt von ihrer konkreten Faßbarkeit abzu- hängen: Programmatisch sind hierbei vor allem die Arbeiten von Maurice Agulhon zur Darstellung der Marianne und ihrer Spezifikationen als Liberti,

Republique und Lichtbringerin32

. Die satirische Wechselwirkung dieses Bildes mit dem der Germania im Rahmen nationaler Abgrenzungen und Rivalitäten wurde eingehend von Ursula Koch erforscht

33

.

Speziell die karikierende Pressezeichnung wird - im Gegensatz etwa zum Einblattdruck - in der Geschichtswissenschaft in Deutschland wie auch in Frankreich als eigenständige Quelle jedoch noch keineswegs hinreichend be- rücksichtigt. Im Vergleich zur frühen Neuzeit bleibt hier noch viel zu leisten

34

.

1.2.2. Forschungsdiskussion zur Thematik von »Licht und Finsternis«

in der Karikatur

Das polemische Potential weltanschaulicher Diskurse trägt den Keim zur Karikatur vielfach bereits in sich. Als drastisches Mittel zur Darstellung von verabsolutierten, scharfen Gegensätzen ist zudem gerade die Karikatur für eine besondere Beziehung zum semantischen Paar »Licht und Finsternis«

prädestiniert.

Der kenntnis- und detailreiche Aufsatz, den Rolf Reichardt zur Vor- und Nachgeschichte der Konzepte lumieres und tenebres in der allegorisch-über-

31 Klaus H E R D I N G , Visuelle Zeichensysteme in der Graphik der Französischen Revolu- tion, in: DERS. (Hg.), Im Zeichen der Aufklärung. Studien zur Moderne, Frankfurt a. M.

1989, S.95-126.

32 Maurice A G U L H O N , Marianne into battle, Cambridge 1981; D E R S . , Marianne au pou- voir. L'imagerie et la symbolique republicaines de 1880 ä 1914, Paris 1989.

33 Vgl. z.B. Ursula E. KOCH, Marianne und Germania: 101 Pressekarikaturen aus fünf Jahrhunderten im deutsch-französischen Vergleich, in: Marie-Louise VON P L E S S E N (Hg.), Marianne und Germania. 1789-1989. Frankreich und Deutschland. Zwei Welten - Eine Revue, Ausstellungskatalog, Berlin 1997, S. 69-82.

34 Christian D E L P O R T E , Le dessin de presse en France: la fin du purgatoire?, in: Laurence

B E R T R A N D D O R L E A C U. a. (Hg.), Oü va l'histoire de l'art contemporain?, Paris 1997, S. 127:

»L'interet de l'historien pour l'expression graphique tient encore davantage du fremisse- ment que de l'engouement generalise«. Zum Wert der Karikatur als sozialwissenschaft- licher Quelle vgl. Christoph ACHTERBERG, Karikatur als Quelle. Determinanten sozialwis- senschaftlicher Interpretation, Frankfurt a.M. 1998, S.218: »Karikaturen sind Quellen, die Erkenntnisse in gleicher Qualität vermitteln wie Texte«.

(9)

höhenden wie auch der verzerrend-karikierenden Bildtradition der Franzö- sischen Revolution verfaßte, stellt eine unentbehrliche Grundlage für jede weitergehende Beschäftigung mit den weitreichenden kulturgeschichtlichen Verflechtungen dieses semantischen Paares dar35. D i e überaus reiche Mate- rialfülle ist dabei ebenso hervorzuheben wie die sorgfältige Aufschlüsselung der religiösen und politischen Herkunft des Motivkomplexes und seiner kunstgeschichtlichen und gesellschaftlichen Implikationen.

Eine interessante Ausgangsbasis speziell für die Karikatur bietet zudem die Monographie von Hubertus Fischer36, der sich besonders dem immer wieder neu variierten Motiv der Lichtauslöschung und -Unterdrückung widmet und dieses auch im europäischen Kontext darstellt. Ebenso wie Reichardt be- schränkt Fischer den dem 19. Jahrhundert gewidmeten Teil seiner Ausführun- gen im wesentlichen auf die Zeit von 1815 bis 185137.

Grundsätzlich ist die Entwicklungsgeschichte der Karikatur und kritischen Bildpublizistik zwischen 1871 und 1914 noch sehr unzureichend erforscht, was nicht zuletzt auf den überwältigenden Reichtum der Bildzeugnisse zurückzu- führen ist38.

Für die Licht- und Finsternissymbolik sieht Reichardt im Jahr 1871 »den Endpunkt einer langen Entwicklung [...]: Mit der Gründung der Dritten Re- publik haben die majestätischen lumieres [...] sowohl politisch wie ikonogra- phisch über die tenebres gesiegt«3 9.

Sind aber in Phasen der Abgrenzung und Definierung der eigenen Identität starke Gegensätze wie Licht und Finsternis nicht besonders naheliegende Bil-

35 Rolf REICHARDT, Lumieres versus Tenebres. Politisierung und Visualisierung aufkläreri- scher Schlüsselwörter in Frankreich vom XVII. zum XIX. Jahrhundert, in: DERS. (Hg.), Aufklärung und historische Semantik. Interdisziplinäre Beiträge zur westeuropäischen Kulturgeschichte, Berlin 1998, S. 83-170.

36 Hubertus FISCHER, Wer löscht das Licht? Europäische Karikatur und Alltagswelt 1790-1990, Stuttgart 1994.

37 Vgl. dazu Kap. 1.5.

38 Bertrand TILLIER, Les traits indecis du dessin de presse en France (1870-1914), in: Jules Grandjouan, createur de l'affiche politique illustree en France, Ausstellungskatalog, hg.

v. Musee d'Histoire contemporaine, Paris 2001, S. 85: »Ä leur decharge, les objets satiri- ques de la periode 1870-1914 recouvrant ces images, leurs supports, leurs moyens de diffu- sion, leurs techniques de reproduction, leurs auteurs, leurs editeurs et leurs formes consti- tuent une formidable nebuleuse encore largement inexploree«. Zur Situation der Presse von 1871 bis 1914 vgl. Kap. 4. Vor allem fehlen Arbeiten zu einzelnen gesellschaftlichen Fragestellungen und Motivkomplexen, die den ganzen Zeitraum umfassen und länger- fristige Auswirkungen politischer und kultureller Veränderungen auf das Bildbewußtsein untersuchen. Eine Ausnahme bildet bislang die Dissertation von Beatrix SCHMAUSSER- STRAUSS, Göttin der Schönheit, Frauenrechtlerin und Nationalheldin. Frauen in der Kari- katur Frankreichs von der Kommune bis zum Ersten Weltkrieg, Weimar 1995. Bertrand TILLIER, La Republicature. La caricature politique en France 1870-1914, Paris 1997 geht vor allem auf die symbolische Bedeutung des corps sowohl in bezug auf das Staatsgebiet wie einzelner Repräsentanten ein.

39 REICHARDT, Lumieres, S.166f.

(10)

der? Werden politische Krisen und gesellschaftliche Brüche, an denen die Zeit zwischen 1871 und 1914 so überaus reich ist, nicht immer in Zusammenhang mit von Licht oder Finsternis bestimmten Epochenmerkmalen wie progres oder decadence gebracht? Und bieten sich im Rahmen der kulturellen und po- litischen Verarbeitung von neuen Erfahrungen nicht gerade vertraute Bilder und Symbole an, die dabei helfen, Bezüge zu bereits Erlebtem herzustellen und Unterschiede zu erkennen? Grundsätzlich ist vorauszuschicken, daß der Kampf um die Republik mit ihrer Ausrufung am 4. September 1870 noch kei- neswegs abgeschlossen war. Neben alten und neuen Feindbildern sollte vor allem die unterschwellige Angst vor einem unaufhaltsamen Rückfall in das finstere Zeitalter nach dem Erreichen des republikanischen Zenits ein ständi- ger Begleiter des politischen Diskurses bleiben. Die sich hier auftuende Kluft zwischen unbegrenzter Fortschrittserwartung und tief verwurzeltem Zyklen- denken

40

berührt ein grundsätzliches Problem der Geschichtsphilosophie, das besonders in der Kontroverse von Karl Löwith und Hans Blumenberg aus- getragen wurde

41

. Während Löwith den modernen Fortschrittsgedanken als säkularisierte Weiterführung der christlichen Heilsgeschichte sieht

42

, betont Blumenberg die metaphorische Eigenständigkeit des neuzeitlichen Modells der Zukunftsorientierung, das mit der kopernikanischen Wende beginnt

43

. Die resultierende Frage, wie sich lineare Fortschrittserwartungen und apokalypti- sche Überlieferungen im metaphorischen Kosmos des späten 19. Jahrhunderts zueinander verhalten, kann gerade unter Miteinbeziehung der alltäglicheren Kommunikationsformen wertvolle Aufschlüsse bezüglich der kulturellen Ver- ankerungsfähigkeit beider Konstrukte liefern, wie auch Jürgen Link in bezug auf die Kontroverse zwischen Löwith und Blumenberg hervorhebt:

In beiden Lagern wird dabei u.E. noch viel zu sehr auf die >Höhenkämme< (etwa der philosophischen oder religiösen Doktrinen) und die Filation isolierter Systeme geschaut, anstatt »durchschnittliche* Diskurse und die Synchronie stärker zu berücksichtigen44.

Licht- und Finsternisbilder beweisen überdies ihre stets gleichbleibende kul- turelle Brisanz in ihrer direkten Einflußnahme auf die Wahrnehmung von Zeit und Raum

45

: Zum einen spiegelt sich in der symbolischen Schaffung von

40 Vgl. dazu Kap. 2.2.1.

41 Friedrich RAPP, Fortschritt. Entwicklung und Sinngehalt einer philosophischen Idee, Darmstadt 1992, S. 121-126.

42 Karl LÖWITH, Weltgeschichte und Heilsgeschehen, in: Anteile. Martin Heidegger zum 60. Geburtstag, Frankfurt a.M. 1950, bes. S. 147f.

43 Hans B L U M E N B E R G , Säkularisierung und Selbstbehauptung, Frankfurt a . M . 1974, S.34.

44 LINK, Moderne Kollektivsymbolik, Teil 1, S.288.

45 Zwischen Zeit-Raum-Struktur, Licht-Finsternis-Symbolik und Wahrnehmung besteht eine grundlegende kulturelle Verbindung: Die bildliche Sichtbarmachung von Zeit und Raum wurde erst durch die künstlerische Umsetzung von Licht-Finsternis-Kontrasten möglich. Generell beginnt die Kunst der Neuzeit in dem Moment, in dem erstmals zwi- schen Licht und Finsternis unterschieden wurde und dynamische Prozesse in den Vorder- grund traten. Die mittelalterliche Kunst kannte nur das als Goldgrund dargestellte Eigen- licht, das nie innerweltlichen Quellen entstammte, sondern stets das überirdische Offen-

(11)

Licht d i e k o s m o l o g i s c h e K o m p o n e n t e d e s S c h ö p f u n g s p r o z e s s e s als L i c h t w e r - d u n g u n d s o m i t d e s G r u n d e m p f i n d e n s v o n Z e i t u n d ihrer M e ß b a r k e i t , z u m a n d e r e n d i e n t d a s L i c h t d e r A u s l e u c h t u n g u n d d a m i t D e f i n i e r u n g v o n r e a l e n R a u m k o n s t r u k t e n e b e n s o w i e v o n s y m b o l i s c h e n M a c h t r ä u m e n4 6. D i e tiefgrei- f e n d e n t e c h n i s c h e n V e r ä n d e r u n g e n , d i e d a s Z e i t - u n d R a u m g e f ü h l i m 19. Jahr- h u n d e r t r e v o l u t i o n i e r t e n u n d e i n e g r u n d s ä t z l i c h e D y n a m i k erfahrbar m a c h - t e n , sind in i h r e n u n m i t t e l b a r e n A u s w i r k u n g e n in b e s o n d e r e m M a ß e z u b e - r ü c k s i c h t i g e n4 7.

D i e P o l i t i s i e r u n g u n d P o p u l a r i s i e r u n g d e s B e d ü r f n i s s e s n a c h L i c h t e r s c h a f - f u n g , E r o b e r u n g d e s L i c h t s u n d E r o b e r u n g d u r c h d a s Licht g l e i c h e r m a ß e n sind e i n z e n t r a l e r A s p e k t . E i n e n k a r i k a t u r g e s c h i c h t l i c h i n t e r e s s a n t e n A n s a t z b i e t e t hier der A u f s a t z v o n S e g o l e n e L e M e n , d i e a u s g e h e n d v o n H o n o r e D a u m i e r s B l a t t Lanterne magique! a u s d e r S p ä t p h a s e d e s II. E m p i r e d i e W a h r n e h m u n g s p r o b l e m e diskutiert, d i e sich z w i s c h e n t e c h n i s c h e r z e u g t e m Illusionslicht u n d d a r a u s a b g e l e i t e t e r s y m b o l i s c h e r Ü b e r b l e n d u n g a u f t u n4 8.

barungslicht selbst repräsentierte. Vgl. Wolfgang SCHÖNE, Über das Licht in der Malerei, Berlin 61983, S.55. Das neuzeitliche individuelle Beleuchtungslicht (ibid., S.82), das in der sakralen Malerei das Leuchtlicht (lumen) irdischer Lichtquellen zu symbolischen Reprä- sentanten des göttlichen lux erhob, stellt somit gleichzeitig eine A b k e h r von einer auf ewig unveränderlichen, in einem gleichbleibenden Licht erstrahlenden Ordnung dar. Dazu Kaspar SPINNER, Helldunkel und Zeitlichkeit: Caravaggio, Ribera, Zubaran, G. de La Tour, Rembrandt, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 34 (1971), S.169: »Raum und Zeit zeigen sich als abhängig voneinander, Zeit ermöglicht Veränderung im R a u m (und damit Erfah- rung von Raum). Beides, Zeit und Raum, sind Voraussetzungen für das Helldunkel, in ihm sind sie enthalten. Die vom Helldunkel betroffenen Gegenstände sind nicht mehr in der räum- und zeitlosen Gegenwart Gottes aufgehoben. Das Helldunkel ist eine Säkulari- sierungserscheinung. Das Dargestellte zeigt sich in irdischer Bedingtheit«.

46 Die Sakralisierung bestimmter R ä u m e und Zeiten spiegelt sich in der höfischen Licht- symbolik der frühen Neuzeit, die den Fürsten zum Zentrum der kosmischen Ordnung er- hob und damit de facto sakralisierte. Thomas Francis DONAHUE, The Genesis of Light Symbol for the Medici Festival of 1589. Univ. of Maryland Press 1990, der die direkte Übertragung der Lichtsymbolik von den sacre rappresentazioni der mittelalterlichen Kir- che auf die Herrschaftssymbolik der Medici nachweist. Z u r Markierung heiliger R ä u m e und Zeiten im Zeremoniell des Absolutismus vgl. Kay KIRCHMANN, Licht-Räume - Licht- zeiten: Das Licht als symbolische Funktion im Theater der Neuzeit, Siegen 2001, S.39:

»Höfische Feste und Theaterinszenierungen bilden die göttliche in der menschlichen Ord- nung ab - durch das Ritual, das sich in einem akzentuierten und daher konsequenterweise helligkeitsüberstrahlten Raum ereignet«.

47 Zu den Standardisierungsprozessen der Zeit- und Raumerfassung zwischen 1880 und 1918 vgl. Stephen KERN, The Culture of Time and Space, 1880-1918, Cambridge 1983. Die Entwicklung des Bewußtseins der Relativität von Zeit und Raum beschreibt Wolfgang SCHIVELBUSCH, Geschichte der Eisenbahnreise. Z u r Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert, München, Wien 1979.

4 8 Segolene LE ΜΕΝ, Lanterne magique!!! Eine Lithographie aus dem Jahr 1869, in: Uwe FLECKNER u.a. (Hg.), Jenseits der Grenzen: französische und deutsche Kunst vom Ancien Regime bis zur Gegenwart. Thomas W. Gaethgens zum 60. Geburtstag, Bd. 2: Kunst der Nationen, Köln 2000, S. 206-233. Allg. zu den Wechselwirkungen zwischen Lichtsymbolik und Lichtrepräsentationen in bezug auf die Vorgeschichte des Kinos vgl. Patrick DESILE, Genealogie de la lumiere. D u panorama au cinema, Paris 2000.

(12)

D i e Geschichte der politischen Licht- und Finsternismetapher in der Kari- katur der III. Republik ist tatsächlich in vielerlei Hinsicht auf das engste mit technik-, kultur-, sozial- und kunstgeschichtlichen T h e m e n vernetzt, die in ih- rer Vielschichtigkeit bisher noch keine breite Beachtung gefunden haben4 9. D i e Grenze zwischen der Verfügbarkeit und der Manipulierbarkeit von Licht bleibt dabei ein sensibles Thema, in dem sich die grundlegende Problematik der technisierten Lichtmetapher zeigt.

49 Dazu FISCHER, Wer löscht das Licht, S.215, Anm.27: »Ein Desiderat bleibt die Zusam- menführung der technik-, kultur- und sozialgeschichtlichen Darstellungen der Beleuch- tung mit der Kunstgeschichte«. Einen wertvollen Beitrag zur Kulturgeschichte der künst- lichen Beleuchtung im 19. Jahrhundert bietet SCHIVELBUSCH, Lichtblicke. Einen breit an- gelegten Einblick in die Fülle der Querverbindungen zwischen Licht und Kultur von 1750 bis 1900 und die Fülle möglicher Forschungsansätze ermöglicht der Ausstellungskatalog

v o n A n d r e a s BLÜHM, L o u i s e LIPPINCOTT, L i g h t ! T h e I n d u s t r i a l A g e 1 7 5 0 - 1 9 0 0 . A r t a n d

Science, Technology and Society, London 2000. Weniger ergiebig ist der Katalog der Aus- stellung in Nancy 2005: Jean-Pierre CHANGEUX (Hg.), La lumiere au siede des Lumieres et aujourd'hui. Art et Science, Paris 2005.

(13)

1.3. Zentrale Fragestellungen und Gliederung der Arbeit Die bisher angesprochenen Grundschemata bilden den Ausgangspunkt für die relevanten Aspekte der Arbeit, die hier kurz skizziert werden sollen:

Von grundlegender Bedeutung ist zunächst die Scharnierfunktion der Com- mune

5 0

, in der sich die symbolische Wechselwirkung zwischen conquete und

reconquete des (Licht-)Raums auf einzigartige Weise verdeutlicht. Dabei rich-

tet sich der Blick auch auf das Kräfteverhältnis zwischen gesellschaftlichem

>oben< und >unten<, das ein weiteres wichtiges Motivfeld der Licht-Finsternis- Symbolik darstellt. Im Hinblick auf den langfristig fatalen, negativen Mythos der brandschatzenden Horden - geronnen im Bild der furiosen petroleuse

51 -

ist zu untersuchen, welchen Mechanismen die Übertragung dieser Erinnerun- gen und Erfahrungen auf Gegenwart und Z u k u n f t folgt

52

.

In der darauffolgenden unsicheren Frühphase der 1870er Jahre, als die Re- publik sich gegenüber der noch immer starken Bedrohung durch die Vertreter der drei monarchistischen Systeme als legitime Erbin der Macht darstellen mußte, war die Sonnensymbolik von besonderem Interesse

53

. Die Schaffung des republikanischen Gesellschaftsideals äußerte sich vor allem bei dem tradi- tionell mit der Lichtsymbolik verbundenen Thema der Bildung als Verbreitung der lumieres. Hierbei wurde auch die Beziehung zwischen lichtverbreitender Elite und lichtempfangender Masse bedeutsam

5 4

. Vor allem aber die Strategie des Bilderkampfes gegen die reaktionäre Lichtfurcht der Republikgegner und des Klerus erlebte eine bis über die siparation hinausreichende Blüte

55

. Dieser Bildkampf wurde keineswegs nur einseitig ausgetragen. Wie aber äußerte sich das Eingreifen von Monarchisten und Kirche seit E n d e der 1870er Jahre in die Bildsatire? Und wie reagierten diese antirepublikanischen Kräfte auf ihre fest- gefügte Rolle als reaktionäre >Finsterlinge< und unbelehrbare Lichtfeinde

56

?

Auch Themen wie etwa die Lichtfestkultur des 14. Juli, die von konkurrie- renden ideologischen Lagern gleichermaßen karikaturistisch kommentiert wurden, lassen sich in ihrer gesamtgesellschaftlichen Brisanz nur durch diese

50 Vgl. dazu Kap. 5.

51 Zur Symbolstruktur der petroleuse vgl. Gay L. GULLICKSON, La Petroleuse: Represen- ting Revolution, in: Feminist Studies 17 (1991), S. 240-265; DIES., Unruly Women of Paris.

Images of the Commune. New York, London 1996.

52 Einen hervorragenden Beitrag zur Commune in der Erinnerungskultur von 1871 bis 1914 bietet Bertrand TII.LIER, La Commune de Paris, revolution sans images? Politique et representations dans la France republicaine, 1871-1914, Seyssel 2004. Die Karikatur wird allerdings etwas stiefmütterlich behandelt. Demselben Zeitraum widmet sich Judith PROKASKY, Vom Ereignis zum Mythos. Die Pariser Commune in den Bildmedien 1871-1914, Weimar 2005, die den Schwerpunkt allerdings auf die Frage legt, warum es kein »bedeu- tendes Kunstwerk« (S. 15) zur Commune gibt.

53 Vgl. dazu Kap.6.1.

54 Vgl. dazu Kap. 6.2.

55 Vgl. dazu Kap. 6.3.

56 Vgl. dazu Kap. 6.4.

(14)

parallele Betrachtung von Befürwortern und Gegnern erfassen

57

. Gerade die Festkultur muß als Ausdruck des wechselhaften republikanischen Bewußt- seins in der Bevölkerung verstanden werden. Aufstieg und Verfall der Illumi- nationskultur sind dabei in ihrem Verhältnis zur sozialen und sozialistischen Kritik am technisch-industriell geprägten Fortschrittsmodell der bürgerlichen Gesellschaft zu betrachten

58

, dabei auch die lichtsymbolisch hochrelevanten Weltausstellungen

59

.

Diese Fragestellungen zum linearen Fortschrittsmythos der Republik als Epoche des Lichts rücken auch im Zusammenhang mit der Dreyfusaffäre, dem größten Justizskandal der III. Republik, in den Vordergrund

60

. Die Über- tragung der Situation des zu Unrecht verurteilten einzelnen soll hierbei zu- nächst in seiner Beziehung zu Situation der Masse der Unterprivilegierten und ihres symbolisch überhöhten Weges zum Licht untersucht werden.

Die Rolle der im Entstehen begriffenen Massenkultur als tragender Säule der Moderne ist dabei zwischen den Extremen der finsteren, bedrohlichen foule und der eines sich engagierenden, lichtverbreitenden peuple zu betrachten

61

.

Diese oft sehr komplexen Bildstrukturen stellen die Analyse vor besondere Herausforderungen:

Se pose des lors un probleme d'interpretation et d'analyse historiques. Car, si les repre- sentations simples ne posent guere de problemes de signification ni meme de reception [...] - comment lire correctement la mise en image et envisager ('interpretation par les hommes du temps de themes aussi abstraits que ceux des droits de l'homme, de la raison d'Etat, de la justice ou de la verite? Les traductions sont subtiles, et les aleas de la per- ception sont si grands qu'ils necessiteraient une mise ä nu de l'outillage mental ä la base des representations visuelles d'une epoque extraordinairement eloignee de la nötre62.

Tatsächlich ist in diesem Zusammenhang eine genaue Beleuchtung des histo- rischen und kulturellen Kontextes vonnöten: Besonders gilt dies für die Alle- gorie der aus dem Brunnen steigenden Verite, deren Spiegel das symbolische Licht reflektiert.

Die Rolle der personifizierten Wahrheit lenkt das Interesse dabei auf die konfliktreiche Diskussion über die Existenz der sichtbaren Wahrheit über- haupt und von dort auf das spezifische Problem der Wahrnehmung innerhalb einer Gesellschaft, die sich zunehmend mit neuen Medien der Reproduktion und Interpretation des Sichtbaren konfrontiert und durch neue Abstraktions- strategien herausgefordert sah

63

.

57 Vgl. dazu Kap. 7.2.

58 Vgl. dazu Kap. 7.3.

59 Vgl. dazu Kap. 7.1.

60 Vgl. dazu Kap. 8.

61 Vgl. dazu Kap. 8.1.

62 Christophe PROCHASSON, L'Affaire dans tous ses etats, in: Jean-Pierre Rioux, Jean- Frangois SIRINELLI (Hg.), Pour une histoire culturelle, Paris 1997, S.239.

63 Vgl. dazu Kap. 8.2. Grundlegend für die Entstehung neuer Sehgewohnheiten im 19. Jahrhundert sind die Arbeiten von Jonathan CRARY, Techniken des Betrachtens. Sehen

(15)

Die Konsequenzen der Dreyfusaffäre interessieren vornehmlich in bezug auf die Wahrnehmung der Republik als Ideal im Verhältnis zur gesellschaft- lichen Realität

64

.

Ausgehend davon soll zunächst der Mythos der Ville Lumiere auf sein Ver- hältnis zur Licht-Finsternis-Metaphorik hin untersucht werden, wobei beson- ders die metaphorischen Strukturen der Urbanen Nacht in den Vordergrund rücken

65

.

Von dort spannt der Bogen sich zu den gegen dieses Zivilisationsmodell gerichteten Angriffen: Die anarchistische Feuermetaphorik

6 6

ist dabei ebenso von Interesse wie die versuchte Auslöschung der künstlichen Lichter anläß- lich des Elektrikerstreiks von 1907

67

.

Die sich hier andeutende Ablehnung der technisch erzeugbaren Lichtwelt als bürgerlichem Machtanspruch führt auf das Gebiet der sozialistischen und anarchokommunistischen Lichtsymbolik, das die Sonne als natürliche Licht- macht aus alten Bindungen lösen und in einen universellen, neuhumanisti- schen Kontext einsetzen will

68

.

und Moderne im 19. Jahrhundert, Dresden, Basel 1996; DERS., Aufmerksamkeit. Wahr- nehmung und moderne Kultur, Frankfurt a. M. 2002.

6 4 Vgl. dazu Kap. 8.3. Z u den kulturellen Implikationen der Affaire vgl. PROCHASSON, L'Affaire, S.248f.: »Parce qu'elle posait des problemes abstraits, peu lies ä la question de l'exercice immediat du pouvoir, parce qu'ä ce titre eile aimante les intellectuels qui s'y ruerent, l'Affaire constitue un objet legitime d'une histoire culturelle renouant ainsi im- mediatement avec une histoire politique enracinee dans le social. [...] C'est ä ce niveau que l'histoire de l'affaire Dreyfus manque le plus de resultats«.

6 5 Vgl. dazu Kap. 9.1.

6 6 Vgl. dazu Kap. 9.2.1.

6 7 Vgl. dazu Kap. 9.2.2.

6 8 Vgl. dazu Kap. 9.3.

(16)

1.4. Grundlagen für eine Symbolgeschichte im Kontext einer erweiterten Zeichentheorie

Auch mit Blick auf die skizzierten >großen< Bildkomplexe darf die Geschichte der Einzelsymbole und Requisiten nicht in den Hintergrund treten: Immer im Vordergrund steht die Frage, inwiefern sich konkrete Lichtsymbole selbst in wechselnden Kontexten verändern: Repräsentiert also etwa die Sonne im sozialistischen Kontext nicht nur ein anderes politisches und gesellschaftliches System, sondern vielleicht sogar ein anderes Lichtphänomen als in der klas- sisch republikanischen, antimonarchistischen Bildsprache?

Die Aufschlüsselung der Lichtmetaphorik verlangt folglich stets nach einer genauen Untersuchung ihrer einzelnen Repräsentanten, der untereinander eng verbundenen Lichtphänomene und Dingsymbole, die als Erscheinungen der Alltagswelt auch auf ein spezifisches Verhältnis zur Realität hin unter- sucht werden müssen

69

, gleichzeitig aber in Beziehung zum Medium der Kari- katur zu setzen sind.

Hierbei erlauben nicht zuletzt die Überschneidungen zwischen satirischer Bildsprache und propagandistisch-schematisierenden bzw. allegorisch-verklä- renden Darstellungsweisen Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Veranke- rung bzw. Diskussionsfähigkeit von Metaphern und Wirklichkeitsmodellen.

Das Problem von Konstanz oder Dynamik von gesellschaftlich codierten Symbolen ist von grundlegender Bedeutung. Die von Berger und Luckmann dargestellten Prozesse von Sedimentbildung und Tradition, die eine allgemei- ne Zugänglichkeit von zu Zeichen abstrahierten Erfahrungen schaffen

7 0

, führen, wie Luhmann darlegt, keineswegs zur Entstehung unveränderlicher Bezugsgrößen, dies um so weniger in einer sich rasch entwickelnden Informa- tionsgesellschaft

71

. Die Transportierung von Informationen durch adaptierte Bilder setzt zunächst zweifellos voraus, daß diese einem verständlichen Zeichenkanon angehören, wie Barthes in seiner Definition der mythischen Aussage unterstreicht

72

: »la parole mythique est formee d'une matiere dejä travaillee en vue d'une communication appropriee«

7 3

.

69 Dazu Peter L . B E R G E R , Thomas L U C K M A N N , Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, Frankfurt a.M. 21971, S.24: »Unter den vielen Wirklichkeiten gibt es eine, die sich als Wirklichkeit par excellence darstellt. Das ist die Wirklichkeit der Alltagwelt. Ihre Vorrangstellung berechtigt dazu, sie als die oberste Wirklichkeit zu bezeichnen. In der Alltagswelt ist die Anspannung des Bewusstseins am stärksten, das heißt, die Alltagswelt installiert sich im Bewußtsein in der massivsten, auf- dringlichsten, intensivsten Weise. In ihrer imperativen Gegenwart ist sie unmöglich zu ignorieren, ja, auch nur abzuschwächen«.

70 Ibid., S. 72.

71 Dazu Niklas L U H M A N N , Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1990, S. 129:

»Wissen erscheint verobjektiviert, um als dauerhaft erscheinen zu können; aber soweit es gewußt werden soll, muß es immer wieder neu vollzogen werden«.

72 Barthes macht im Grunde keinen Unterschied zwischen Metapher und dem Begriff des Mythos, der für ihn universell anwendbar ist. B A R T H E S , Le mythe, S . 6 8 3 : »[PJuisque le

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G l e i c h z e i t i g k o m m t e s i m R a h m e n d i e s e r A k t i o n a b e r z u e i n e r Transfor- m a t i o n d e r B i l d e r selbst. D i e s e F e s t s t e l l u n g e r s c h e i n t i m Z u s a m m e n h a n g m i t g e w o l l t k a r i k i e r e n d e n o d e r e x p l i z i t a l l e g o r i s c h e n D a r s t e l l u n g e n b e s o n d e r s w i c h t i g , d a hier a n d e r e M e c h a n i s m e n a b l a u f e n als b e i d e n A l l t a g s m y t h e n i m e n g e r e n S i n n e , mit d e n e n B a r t h e s sich b e s c h ä f t i g t7 4.

D a s E i g e n l e b e n , d a s d i e e i n z e l n e n s i c h t b a r e n P h ä n o m e n e , R e q u i s i t e n u n d S y n e k d o c h e n d e s K o m p l e x e s Licht u n d F i n s t e r n i s e n t w i c k e l n , s t e h t d a b e i in u n m i t t e l b a r e r W e c h s e l w i r k u n g m i t d e m B i l d k o n t e x t u n d wird d u r c h d e n rezi- p i e r e n d e n B e t r a c h t e r u n d s e i n e n s p e z i f i s c h e n k u l t u r e l l e n K o n t e x t erst ver- v o l l s t ä n d i g t7 5. D i e s e B e s o n d e r h e i t d e s B i l d e s , d i e e s ü b e r d e n B e r e i c h d e r s p r a c h l i c h e n M e t a p h e r h i n a u s h e b t , stellt n a c h B o e h m d i e » p r o d u k t i v e S p a n - n u n g « d e r i k o n i s c h e n D i f f e r e n z7 6 dar: » N i e m a l s wird sich d a s D e t a i l in s e i n e n b e g l e i t e n d e n K o n t e x t a u f l ö s e n l a s s e n u n d u m g e k e h r t . B e i d e b l e i b e n s p a n - n u n g s v o l l a u f e i n a n d e r a n g e w i e s e n «7 7.

D i e b i l d l i c h e D a r s t e l l u n g h a t ü b e r d i e s g e g e n ü b e r d e m T e x t s p e z i f i s c h e K o n k r e t i s i e r u n g e n zur F o l g e : Z w a r ist e s b e i s p i e l s w e i s e m ö g l i c h , auf d e r text- l i c h e n E b e n e nur v o n » L i c h t « z u s p r e c h e n . D i e s e U n i v e r s a l i t ä t k a n n in d e n v i s u e l l e n M e d i e n j e d o c h nicht a u f r e c h t e r h a l t e n w e r d e n7 8: D u r c h d i e z w a n g s -

mythe est une parole, tout peut etre mythe, qui est justiciable d'un discours. [...] Tout peut done etre mythe? Oui, je le crois, car l'univers est infiniment suggestif«. BLUMENBERG, Paradigmen, S. 111 f., beschreibt dagegen die Beziehung zwischen Metapher und Mythos als ein »Phänomen des >Übergangs<«. E r stellt die modellhafte Wirkung des Mythos im Gegensatz zur fiktiv bleibenden Metapher heraus und sieht den Mythos »aus einer ganz tiefen Verlegenheit um eine wesentliche und unverzichtbare Antwort auf die Frage nach letzter Gerechtigkeit« heraus erwachsen.

73 BARTHES, Le mythe, S.684 (Hervorhebung von Barthes).

74 Eines der Orientierungsbeispiele in »Le mythe, aujourd'hui« ist das Titelbild einer Zeit- schrift, das die Fotografie eines salutierenden schwarzen Soldaten der französischen Armee zeigt, woran Barthes den Mythos des Kolonialismus erklärt. Diese - wenn auch nur vorder- gründig - realistische Momentaufnahme unterscheidet sich strukturell erheblich von einer Karikatur, die von Anfang an ein anderes Maß an abstrahierender Betrachtung voraussetzt.

75 Roland BARTHES, Rhetorique de l'image, in: DERS., CEuvres completes, B d . l , S.1420:

»le spectateur de l'image regoit en meme temps le message pereeptif et le message cultu- re!«. Wolfgang KEMP, D e r Anteil des Betrachters, München 1983, S.29 spricht in seiner Rezeptionsästhetik von einem Dialog zwischen Betrachter und Bild, in dem sich der

»spannungsvolle Ausgleich von Kunst und Gesellschaft« manifestiert.

76 Z u r ikonischen Differenz vgl. BOEHM, Wiederkehr, S.30f.: »Sie markiert eine zugleich visuelle und logische Mächtigkeit, welche die Eigenart des Bildes kennzeichnet, das der materiellen Kultur unaufhebbar zugehört, auf völlig unverzichtbare Weise in Materie ein- geschrieben ist, darin aber einen Sinn aufscheinen läßt, der zugleich alles Faktische über- bietet. [...] Was der Satz (der >Logos<) kann, das muß auch dem bildnerischen Werke zu G e b o t e stehen, freilich auf seine Weise. Das tertium beider, zwischen Sprachbildern (als Metaphern) und dem Bild im Sinne der bildenden Kunst, repräsentiert [...] die Struktur des Kontrastes« (Klammern von Boehm).

77 Ibid., S. 32.

78 Die Problematik im Spannungsfeld zwischen Begriff und Bild ist vergleichbar mit der Beziehung zwischen Begriff und Wort, die Koselleck zur Abgrenzung seiner Definition des Begriffes herausstellt: »Ein Wort enthält Bedeutungsmöglichkeiten, der Begriff ver-

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läufige Wahl von bestimmten Repräsentanten - seien dies Beleuchtungs- requisiten, Himmelskörper oder Lichtphänomene wie etwa Lichtstrahl, Feuer oder Blitz - bezieht sich das Bild auf bestimmte Wahrnehmungsmuster, die jeweils ihre eigene Geschichte einbringen und fortschreiben.

Diese zwischen traditionellen Rückbezügen und Verselbständigung ange- siedelte Schichtstruktur des Bildes umschreibt die »generelle Unbestimmtheit des Zeichens«79, die vor allem dazu auffordert, auch vordergründig rein mi- lieuabhängige Requisiten bezüglich ihrer etwaigen mythischen Struktur zu hinterfragen: Stellt also beispielsweise die Straßenlaterne in sozialkritischen Karikaturen eine wertfreie Reminiszenz an die Realität dar, oder übernimmt sie symbolische Funktionen, die weit über eine künstlerische Andeutung des städtischen Raums hinausgehen?

D i e Möglichkeiten der kulturellen Interaktion erweitern sich noch erheb- lich aufgrund der geläufigen Verknüpfung einer Karikatur mit ihrem Titel so- wie Untertiteln, Bildtexten oder begleitenden Texten, nicht zu sprechen von unendlich vielen möglichen intertextuellen Beziehungen8 0 zu anderen Texten.

Die hier entstehenden spezifischen Bild-Text-Beziehungen bezeichnet Barthes mit den Funktionen von ancrage bzw. relais: Während die an das kulturelle Gedächtnis appellierende ancrage sich auf der deskriptiven Ebene bewegt, also Informationen über die Identität des Dargestellten liefern will, eröffnet sich im relais eine dynamische Wechselwirkung, bei der sich Bild und Text gegenseitig fortschreiben81. Die gerade im satirischen Bild häufige Gleichzei-

eint in sich Bedeutungsfülle. Ein Begriff kann also klar, muß aber vieldeutig sein. E r bün- delt die Vielfalt geschichtlicher Erfahrung und eine Summe von theoretischen und prakti- schen Sachbezügen in einen Zusammenhang, der als solcher nur durch den Begriff gege- ben ist und wirklich erfahrbar wird. Überspitzt formuliert: Wortbedeutungen können durch Definitionen exakt bestimmt werden, Begriffe können nur interpretiert werden«.

Vgl. KOSELLECK, Einleitung, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 1, S. XXII f.

79 Elisabeth WALTHER, Allgemeine Zeichenlehre. Einführung in die Grundlagen der Se- miotik, Stuttgart 21979, S. 127. Die theoretische Grundlage dafür ist die triadische Zei- chenrelation nach Charles S. Peirce: Auf die repertoireabhängige Erstheit (die Wahl des Ausdrucksmittels und der kulturell verständlichen Elemente) folgt die objektabhängige Zweitheit (die individuelle Gestaltung der Darstellung) und schließlich die interpretan- tenabhängige Drittheit (die Rezeption des Ganzen auf der Basis kultureller Prämissen).

Dazu Max BENSE, Semiotische Prozesse und Systeme in Wissenschaftstheorie und Design, Ästhetik und Mathematik, Baden-Baden 1975, S. 137f.

80 Zum Begriff der Intertextualität vgl. erstmals Julia KRISTEVA, Semeiotike. Recherches pour une semanalyse. Paris 1969, S.113: »Le texte est done une produetivite, ce qui veut dire: [...] il est une permutation de textes, une intertextualite: dans l'espace d'un texte plusieurs enonces, pris ä d'autres textes, se croisent et se neutralisent«. Die Funktions- weisen der Intertextualität finden auch auf dem Forschungsgebiet der Bild-Text-Bezüge breite Anwendung. Vgl. dazu etwa Michael TITZMANN, Theoretisch-methodologische Pro- bleme einer Semiotik der Text-Bild-Relationen, in: Wolfgang HARMS (Hg.), Text und Bild.

Bild und Text, Stuttgart 1988, S. 368-384.

81 Z u ancrage - relais als Elemente der message linguistique eines Bildes vgl. BARTHES, Rhetorique, S. 1422: »La fonetion du relais est plus rare; [...] on la trouve sourtout dans les

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tigkeit b e i d e r A k t i o n s m u s t e r8 2 wirkt u n m i t t e l b a r auf d i e W a h r n e h m u n g e i n - z e l n e r B i l d e l e m e n t e , d i e als e i n e m S y s t e m u n t e r g e o r d n e t e Z e i c h e n ihre A u s - s a g e a n p a s s e n . Z u d e m e x i s t i e r e n v i e l f ä l t i g e , g l e i c h s a m v o r d e r E b e n e d e s R e z i p i e n t e n l i e g e n d e B e z i e h u n g e n mit a n d e r e n B i l d e r n , T e x t e n u n d E r f a h - r u n g e n , a u s d e n e n d e r P r o d u z e n t g e s c h ö p f t hat u n d d i e e r s e i n e n E r f o r d e r n i s - s e n e n t s p r e c h e n d g e d e u t e t u n d m o d i f i z i e r t hat8 3.

K o n s t a n z u n d D y n a m i k b e s t i m m t e r Bilder, S y m b o l e u n d R e q u i s i t e n wer- d e n erst d u r c h d i e hier s k i z z i e r t e m e h r f a c h g e b r o c h e n e B e l e u c h t u n g in ihrer g e s a m t e n T r a g w e i t e e r k e n n b a r .

N e b e n d e r K a r r i e r e n e u e r L i c h t q u e l l e n w i e d e r P e t r o l e u m l a m p e o d e r d e r G l ü h b i r n e8 4 ist d i e E n t w i c k l u n g v o n R e q u i s i t e n w i e K e r z e o d e r L ö s c h h u t (ieteignoir) a u f g r u n d ihrer s p a n n u n g s r e i c h e n S t e l l u n g z w i s c h e n v e r a l t e t e m A l l t a g s - bzw. K u l t g e g e n s t a n d u n d e x t r e m a u f g e l a d e n e m , k o l l e k t i v v e r s t ä n d l i - c h e n S y m b o l v o n b e s o n d e r e r W i c h t i g k e i t . D i e d a r a u s a b l e s b a r e n E n t w i c k - l u n g s - bzw. E r s t a r r u n g s p r o z e s s e l e n k e n d e n B l i c k nicht z u l e t z t auf d i e v i e l - zitierte » G l e i c h z e i t i g k e i t d e s U n g l e i c h z e i t i g e n «8 5, g e r a d e i m H i n b l i c k auf d i e k u l t i s c h e R e l e v a n z t r a d i t i o n e l l e r L i c h t q u e l l e n u n d ihrer b e s o n d e r e n A u r a : E r f u h r a l s o e t w a d i e K e r z e , d i e traditionell für d i e g e z ä h m t e K r a f t d e s F e u e r s s t a n d8 6, e i n e b e s o n d e r e A u f l a d u n g d a d u r c h , d a ß s i e in p r a k t i s c h e m S i n n e

dessins humoristiques et les bandes dessinees. Ici la parole [...] et l'image sont dans un rapport complementaire«.

82 Z u r Gleichzeitigkeit von ancrage und relais vgl. ibid., S. 1423: »Les deux fonctions du message linguistique peuvent evidemment coexister dans un meme ensemble iconique, mais la dominance de l'une ou de l'autre n'est certainement pas indifferente ä l'economie generale de l'ceuvre«.

83 Relevant sind auch die Grundlagen der von Gerard Genette definierten Hypertextualität, nämlich der Überlagerung eines Textes durch einen zweiten, der ihn nachahmt. Vgl.

Gerard GENETTE, Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe, Frankfurt a. M. 1993, S. 16.

Aus diesen häufig minimalen Transformationen entstehen satirische Formen, im wesentli- chen die Parodie und die stilistisch tiefer stehende burleske Travestie (ibid., S. 36-39). In der satirischen Bildpublizistik laufen vergleichbare Prozesse auch dann ab, wenn nicht karikierende Vorlagen aus der bildenden Kunst verarbeitet werden. Ibid., S.533: »der Hypertextualität kommt das spezifische Verdienst zu, die alten Werke ständig in einen neuen Sinnkreislauf einzuspeisen«.

84 Allg. zur Phänomenologie der Glühbirne vgl. Peter BERZ u.a. (Hg.), Das Glühbirnen- buch, Wien 2001.

85 Zu diesem Begriff Paul NOLTE, Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, in: Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe, hg. v. Stefan JORDAN, Stuttgart 2002, S.133-137.

86 Jean GAGE, Fackel (Kerze), in: Reallexikon für Antike und Christentum. Sachwörter- buch zur Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt, hg. v. Theodor KLAUSER u.a., 21 Bde., Stuttgart 1950-2004, Bd.7 (1969), S. 189. Z u r Geschichte der Kerze vgl. Katrin SEIDEL, Die Kerze. Motivgeschichte und Ikonologie, Hildesheim u.a. 1996.

Z u r kultischen Bedeutung unterschiedlicher künstlicher Lichtträger im Mittelalter vgl.

Catherine VINCENT, Fiat Lux. Lumiere et luminaires dans la vie religieuse en Occident du XIIIe siecle au debut du XVIe siecle, Paris 2004, S. 542: »Les divers sens attribues aux luminaires religieux se fondaient sur la nature meme de ces objets et sur les savoir-faire

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