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Gender Mainstreaming in den Medien : Forschungsbericht für das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg

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Prof. Dr. Günther Rager Dipl.-Journ. Lars Rinsdorf

© Dezember 2001: Prof. Dr. Günther Rager, Universität Dortmund • Dipl.-Journ. Lars Rinsdorf Erhebung durch: media consulting team Dortmund GmbH • Westenhellweg 52 • 44137 Dortmund

Gender Mainstreaming in den Medien

Forschungsbericht für das Ministerium

für Arbeit, Soziales, Gesundheit und

Frauen des Landes Brandenburg

(2)

Inhaltsverzeichnis

Seite

1 Ziele und Forschungsfragen 3

1.1 Ziele 3

1.2 Forschungsfragen 4

2 Zur Methode 8

2.1 Kategoriensystem 8

2.2 Stichprobe 9

2.3 Qualitätssicherung und Reliabilität 13

3 Ergebnisse 14

3.1 Quantitative Berücksichtigung von Frauen und Männern 14 3.1.1 Quantitative Berücksichtigung in den Medien 14 3.1.2 Quantitative Berücksichtigung auf brandenburg.de 19 3.2 Qualitative Berücksichtigung von Frauen und Männern 21 3.2.1 Qualitative Berücksichtigung in den Medien 21 3.2.2 Qualitative Berücksichtigung auf brandenburg.de 24 3.3 Thematische Berücksichtigung von Frauen und Männern 26 3.3.1 Thematische Berücksichtigung in den Medien 26 3.3.2 Thematische Berücksichtigung auf brandenburg.de 30 3.4 Sprachliche Berücksichtigung von Frauen und Männern 33 3.4.1 Sprachliche Berücksichtigung in den Medien 33 3.4.2 Sprachliche Berücksichtigung auf brandenburg.de 35

4 Zusammenfassung 37

5 Literatur 43

6 Anhang: Codebuch 44

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1 Ziele und Forschungsfragen

1.1 Ziele

Gender Mainstreaming bedeutet, auf allen Politikfeldern die unter- schiedlichen Lebensbedingungen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein zu berücksichtigen. Strukturen und Or- ganisationen aus allen Bereichen werden daraufhin analysiert, ob und wie sie Chancengleichheit fördern oder verhindern. Politisches Handeln zielt stets darauf ab, diese Strukturen so zu verändern, dass Frauen und Männer gleiche Entwicklungschancen haben (vgl. Stieg- ler 2000, Frauenministerium Sachsen-Anhalt 2000).

Bezogen auf die Medienpolitik lassen sich aus dem Prinzip des Gen- der Mainstreaming drei Ziele ableiten: Erstens geht es darum, re- daktionelle Strukturen zu fördern, in denen Journalistinnen und Journalisten sich gleichberechtigt entfalten können. Zweitens gilt es zu fördern, dass gesellschaftlich relevante Themen stets auch un- ter einer geschlechtsspezifischen Perspektive aufbereitet werden (gender proofing). Drittens geht es darum, in der Außendarstellung des Landes auf allen Fachebenen gender-relevante Aspekte politi- schen Handelns zu kommunizieren.

Gender Mainstreaming ist eine Strategie zur Umsetzung der fakti- schen Gleichstellung von Frauen und Männern, die zu den wichtigen Globalzielen pluralistischer Demokratien gehört. Gleichstellung ist verfassungsrechtliches Gebot auf Bundes- (Art. 3 Abs. 2 GG) sowie auf Landesebene (Art. 12 Abs.2 der Brandenburgischen Landesverfas- sung) und erklärtes Ziel europäischer Politik (Art. 141 Abs. 4 EG-Ver- trag, Amsterdamer Vertrag).

Auch in der Mediengesetzgebung des Landes Brandenburg hat das Ziel Gleichstellung seinen Niederschlag gefunden. So verlangt Arti- kel 6 Abs. 3 des ORB-Gesetzes, das Programm solle „zur Verwirkli- chung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen beitragen“.

Der Medienstaatsvertrag Berlin-Brandenburg trägt privaten Rund- funkveranstaltern zwar nicht explizit die Gleichstellung von Frauen und Männern auf, weist aber in Artikel 47 Abs. 1 darauf hin, dass sie

„auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken“ sollen. Der allgemeine Hinweis schließt aber die Diskriminierung wegen des Geschlechts mit ein.

Das Brandenburgische Medienrecht skizziert damit das Leitbild ei- nes Journalismus, der für Fragen der Gleichstellung sensibel ist und ihnen angemessenen Raum in der Berichterstattung gibt.

Wichtiger Bestandteil des Gender Mainstreamings ist die Analyse des Ist-Zustandes. Die vorliegende Studie zeichnet deshalb nach, welchen Stellenwert gleichstellungsrelevante Themen in der Be- richterstattung der Brandenburgischen Medienlandschaft haben

Chancengleichheit immer im Blick – und von Anfang an

Strategie für die faktische Umsetzung der Gleichstellung

Gender-Ziele in ORB-Gesetz und Medienstaatsvertrag

Medienrecht: Leitbild eines gleichstellungsfördernden Journalismus

(4)

und wie Männer und Frauen in reichweitenstarken Sendungen und Titeln dargestellt werden. Einschlägige Stärken und Schwächen der Berichterstattung werden analysiert.

Parallel zur Medienberichterstattung wird am Beispiel des Interne- tauftritts brandenburg.de untersucht, welchen Stellenwert gleich- stellungsrelevante Themen in der Außendarstellung Brandenburgs haben. Denn von der Öffentlichkeitsarbeit des Landes gehen wich- tige Impulse auf die Darstellung von Frauen und Männern in den Medien aus.

Die vorliegende Studie hat den Charakter eines Leitprojekts. Sie stellt aktuelle Daten zu gleichstellungsrelevanten Themen und ge- schlechtsbewusster Berichterstattung für die politische und gesell- schaftliche Diskussion bereit. Sie soll es erleichtern, die Rolle der Me- dien auf dem Weg zur faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern zu gewichten und zu bewerten. Sie dient einem Diskus- sionsprozess über Ziele und Maßnahmen einer am Prinzip des Gen- der Mainstreamings orientierten Medienpolitik. Von den Erfahrun- gen aus diesem Prozess in Brandenburg können auch andere Bun- desländer und/oder EU-Staaten profitieren.

1.2 Forschungsfragen

Gender Mainstreaming bedeutet, bei allen politischen Entschei- dungen und Programmen gleichstellungsrelevante Fragen stets von vornherein zu berücksichtigen. Dies setzt voraus, dass geschlechts- spezifische Aspekte schon in der politischen Meinungsbildung hin- reichend Beachtung finden. Die besonderen Auswirkungen von po- litischen Entscheidungen und sozialen Strukturen müssen ins Be- wußtsein einer breiten Öffentlichkeit gelangen. Radio, Fernsehen, Zeitung und Internet spielen hier als Faktor und Medium der Mei- nungsbildung eine Schlüsselrolle. Denn Medien schaffen Aufmerk- samkeit für Themen und bieten Deutungsmuster an.

Die Untersuchung der gleichstellungsrelevanten Leistungen in der Medienberichterstattung orientiert sich an folgenden Leitfragen:

• Welches Frauenbild, welches Männerbild wird in der Bericht- erstattung vermittelt? Welches Rollenverständnis wird dadurch impliziert?

• Wie groß ist der Anteil von Frauen und Männern als Journali- stinnen und Journalisten in der Berichterstattung?

• Wie groß ist der Anteil von Frauen und Männern als Akteu- rinnen und Akteure in der Berichterstattung?

• Kommen gleichstellungsrelevante Themen vor; welche und wie oft?

• Welche Themenstruktur hat die Berichterstattung bezogen auf die Fragestellung?

Untersuchung von Medien und von brandenburg.de

Grundlage für gender- orientierte Medienpolitik

Bedeutung von

Gleichstellungsfragen in der Medienöffentlichkeit

Leitfragen der Untersuchung

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• Sind geschlechtsdifferenter Sprach- und Kommunikationsstil bei Journalistinnen und Journalisten, Akteurinnen und Ak- teuren zu erkennen?

Theoretischer Hintergrund: Geschlecht als Strukurvariable

Die Leitfragen haben wir auf der Basis einer intensiven theoreti- schen und empirischen Beschäftigung mit der Darstellung der Ge- schlechter in den Medien entwickelt (vgl. dazu ausführlich Wer- ner/Rinsdorf 1998). Unser Herangehen an das Forschungsfeld ba- siert auf den theoretischen Ansätzen der Geschlechter- bzw. Gen- der-Forschung: Wir interpretieren die Kategorie „Geschlecht“ nicht als statische und biologisch definierte Größe, sondern als Struktur- variable, die dem Forschungsprozeß zugrundeliegt. Geschlechter- differenzen sind für uns keine unverrückbaren Wesensunterschiede, sondern Differenzen im Handeln, sie entstehen in einer sozialen Si- tuation.

Indikatoren zur Bewertung der Berichterstattungsqualität

Zur Bewertung der gleichstellungsspezifischen Qualität eines Pro- gramms haben sich vier wichtige Indikatoren herausgeschält: Die quantitative, qualitative, thematische und sprachliche Berücksich- tigung von Frauen und Männern. Diese Indikatoren haben wir aus der einschlägigen Literatur entwickelt und in einem Forschungs- projekt für die Landesanstalt für Rundfunk NRW in Expertinnen-In- terviews validiert.

Die Expertinnen stammten aus West- und Ostdeutschland. Wir spra- chen mit Frauen mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen (Unternehmerinnen, Gewerkschaften, Frauenverbände, Journali- stinnen, Juristinnen, Presserat). Zudem haben wir die Indikatoren auch in einem Workshop mit Hörfunkjournalistinnen und -journa- listen diskutiert. Die einzelnen Indikatoren stellen wir an dieser Stelle kurz vor.

Quantitative Berücksichtigung der Geschlechter

Quantitative Berücksichtigung von Frauen und Männern meint, wie groß der Anteil beider Geschlechter an den Menschen ist, die Radio machen, und an denen, über die berichtet wird. Quantitative Berück- sichtigung ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für ein gleichstellungsförderndes Programm: Denn nur wenn aus- reichend viele Frauen und Männer im Programm auftauchen, kann man sie in alternativen Gechlechtsrollen darstellen, Themen ge- schlechtsbewusst aufbereiten oder in einer anderen Weise gleich- stellungsförderndes Programm machen.

Geschlecht als Strukturvariable

Indikatoren zur Bewertung der Qualität der

Berichterstattung

Notwendige Bedingung für geschlechstbewusste Berichterstattung

(6)

Qualitative Berücksichtigung der Geschlechter

Qualitative Berücksichtigung zielt darauf ab, wie über Frauen und Männer berichtet wird: In welchen Rollen und Funktionen werden Frauen und Männer präsentiert? Werden Geschlechtsrollenstereo- typen reproduziert oder aufgebrochen? Ein Beispiel aus unserer Un- tersuchung privater lokaler Radiostationen in NRW zeigt, dass sich die mediale Welt nach wie vor in zwei Welten teilt: Die Verantwor- tung für politische und ökonomische Entscheidungen scheinen fast ausschließlich Männer zu haben. Frauen tauchen dagegen eher in

„privaten“ Kontexten auf – zum Beispiel, wenn es um Kindererzie- hung oder Partnerschaft geht.

Thematische Berücksichtigung der Geschlechter

Thematische Berücksichtigung bedeutet für uns zunächst, dass The- men aus einer geschlechtsbewussten Perspektive beleuchtet wer- den. Das bedeutet: Wenn eine gesellschaftliche Entwicklung oder eine politische Entscheidung unterschiedliche Konsequenzen für Frauen und Männer hat, werden diese Unterschiede in dem jour- nalistischen Beitrag aufgegriffen. Das ist im Sinne des Gender Ma- instreamings in Medienorganisationen ein ganz zentraler Punkt.

Unter den Oberbegriff thematische Berücksichtigung fallen aber eindeutig auch die Teile der Berichterstattung, die sich direkt und unmittelbar mit der Verwirklichung von Gleichberechtigung be- schäftigen: Gleichstellungspolitik, rechtliche Grundlagen von Gleich- stellung, gesellschaftliche Umsetzung rechtlicher und gleichstel- lungspolitischer Vorgaben.

Unter thematischer Berücksichtigung fassen wir aber auch Themen, die traditionell vor allem weiblichen Lebenszusammenhängen zu- geschrieben werden (z.B. das Thema Kinder), aber auch andere Be- reiche, die im weiblichen Lebenszusammenhang eine wichtige Rolle spielen: beispielsweise (Erwerbs-)arbeit oder Erwerbslosigkeit.

Das Spektrum der oben angesprochenen Inhalte bezeichnen wir im weiteren als „gleichstellungsrelevante Themen”. Denn wir halten die Feststellung für elementar, daß diese Themen keineswegs nur Frauen, sondern auch Männer betreffen.

Sprachliche Berücksichtigung der Geschlechter

Auf der sprachlichen Ebene der Berichterstattung über Frauen und Männer steht ein Thema im Vordergrund: sexistische Sprache. Un- ter dieser Bezeichnung fassen wir asymmetrische bzw. bagatellisie- rende Sprache und jegliche Form von Sprache zusammen, die Frauen oder Männer explizit oder implizit abwertet. Unter Asymmetrien verstehen wir die sprachliche Ungleichbehandlung von Männern und Frauen.

Das Beispiel NRW:

Programm teilt sich in zwei Welten

Zentral:

Geschlechtsbewusste Berichterstattung

Gleichstellungsrelevante Themen

Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in der Sprache

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Mit dem Vermeiden von Sexismen allein ist es aber noch nicht ge- tan. Die deutsche Sprache gibt Männern mehr Chancen, genannt zu werden und gemeint zu sein: Das gängige „Mitmeinen“ von Frauen unter männlichen Bezeichnungen spielt gerade in der knap- pen Radiosprache eine Rolle. Eine Berichterstattung, die zur Ver- wirklichung von Gleichberechtigung beitragen will, kann mit dem sprachlichen Sichtbar-Machen von Frauen mittels symmetrischer Formulierungen durchaus Pluspunkte sammeln.

Gleichstellungsrelevante Leistungen von brandenburg.de

Dieselben Kriterien wie an die journalistische Berichterstattung kann man an die Außendarstellung des Landes Brandenburgs an- legen. Gender Mainstreaming bedeutet, auf allen Politikfeldern gleichstellungsrelevante Fragen von vornherein zu berücksichtigen.

Das heißt auch, in der politischen Kommunikation Gender-Fragen immer wieder zu thematisieren. Denn hier sehen wir einen wirk- samen Hebel für die Politik, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für das Thema Gleichstellung zu gewinnen und zu steigern.

Frauen sichtbar machen

Außendarstellung der Landesregierung: Wichtig für Chancengleichheit

(8)

2 Zur Methode

Den Forschungsfragen sind wir in einer quantitativen Inhaltsanalyse nachgegangen. Dieses Verfahren liefert eine breite Datenbasis für die medienpolitische Debatte in Brandenburg. Es ermöglicht, Eckwerte für die gleichstellungsrelevanten Leistungen eines Programms zu messen, die in Nachfolgestudien repliziert werden können. So wird der Erfolg von medienpolitischen Maßnahmen sichtbar.

2.1 Kategoriensystem

Wir haben für die Inhaltsanalyse ein Kategoriensystem entwickelt, das gleichstellungsrelevante Leistungen der Berichterstattung in Radio, Fernsehen, Printmedien und Internet effizient und interme- dial vergleichbar erfasst.

Bei der Entwicklung konnten wir uns auf die Erfahrungen stützen, die wir in einem Forschungsprojekt für die Landesanstalt für Rund- funk NRW und das Düsseldorfer Frauenmisisterium gesammelt ha- ben.

Zum Einsatz kam in Brandenburg somit ein bewährtes Analysera- ster. Zudem ist es möglich, die Brandenburger Ergebnisse unmit- telbar mit den Befunden aus Nordrhein-Westfalen zu vergleichen.

Das erleichtert die Einordnung der brandenburger Resultate erheb- lich.

Bei der Inhaltsanalyse arbeiteten wir mit einem zweistufigen Ka- tegoriensystem. Es ist im Anhang vollständig abgedruckt:

• Der erste Variablensatz erfasst die Eckdaten der Beiträge und Ar- tikel: Thema, Berichterstattungsraum, Publikumsbeteiligung und die Beitragsart. Untersucht wird, ob ein Thema unter einem ge- schlechtsbewussten Blickwinkel beleuchtet wird, ob gesell- schaftliche Diskriminierung von Frauen explizit angesprochen wird und welche Haltung zur Gleichstellung der Beitrag oder Ar- tikel insgesamt vermittelt. Zudem interessieren Anzahl, Ge- schlecht und Angaben zur Sprache der beteiligten Journalistin- nen und Journalisten.

• Der zweite Variablensatz bezieht sich auf die Menschen, über die berichtet wird oder die zu Wort kommen: ihr Geschlecht, ihr Sta- tus, ihre Sprache, ihre Haltung zur Gleichberechtigung. Wir un- tersuchen, ob sie ein Geschlechtsrollenstereotyp oder ein alter- natives Rollenbild verkörpern und wie dieses Bild von Journali- stinnen und Journalisten bewertet wird.

Die übliche Palette von Statusvariablen – z.B. politisch Aktive oder Unternehmerinnen und Unternehmer – haben wir erweitert um untersuchungsspezifische Statusgruppen wie etwa eine „Frauen- politikerin in einer Partei“. Einen ähnlichen Weg haben wir bei der Zusammenstellung der Themenliste beschritten: Sie zeichnet sich

Eckwerte für die Messung medienpolitischer Erfolge

Intermediale Vergleichbarkeit

Gute Basis:

Projekterfahrung aus NRW

Themen und Sprache

Akteurinnen und Akteure

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durch eine relativ grobe Auflösung der Kategorien bei der Zuord- nung allgemeiner Themen und eine feine Auflösung bei der Ana- lyse von Themen mit besonderer Bedeutung für Gleichstellung aus.

Bei der Analyse von Zeitungen und TV-Sendungen haben wir zu- sätzlich untersucht, ob und in welchem Umfang Männer und Frauen lediglich aus Dekoration im Bild auftauchen. Außerdem erfassten wir, ob Frauen und Männer so ins Bild gerückt werden, dass ihre körperlichen Reize als Eye-Catcher dienen.

Wann nimmt ein Beitrag eine geschlechtsbewusste Perspektive auf ein Thema ein? In der vorliegenden Studie haben wir diesen Begriff großzügig ausgelegt. Als geschlechtsbewusste Perspektive haben wir bereits bewertet, wenn spezielle Zahlen für Frauen und Män- ner genannt wurden. Eine tiefgehende Analyse unter Gender-Ge- sichtspunkten verlangten wir nicht. In der Kategorie „geschlechts- bewusste Perspektive tauchen zum Beispiel Pressemitteilungen aus brandenburg.de auf, in denen die Teilnahme des Innenministeri- ums am Mentoring-Programm für weibliche Führungskräfte be- kannt gegeben wird oder Hinweise auf Frauenanteile in der Polizei oder unter den Schöffinnen und Schöffen an Brandenburger Ge- richten.

2.2 Stichprobe

Die vorliegende Studie will einen möglichst breiten Überblick dar- über geben, wie Medien in Brandenburg über Frauen und Männer berichten und in welchem Umfang sie politische und gesellschaft- liche Themen auch aus einem geschlechtsbewussten Blickwinkel beleuchten. Deshalb haben wir Tageszeitungen, die in Brandenburg erscheinen, genauso untersucht wie Fernseh-Sendungen und Hör- funk-Programme.

In allen Medien beschränkten wir uns auf die Analyse aktueller, journalistischer, non-fiktionaler Angebote. Denn es sind in erster Linie diese Angebote, die gesellschaftliche Debatten aufbereiten und die diesen Debatten Impulse geben.

Zudem berücksichtigten wir nur journalistische Angebote, die sich an ein breites Publikum richten und die dieses breite Publikum auch tatsächlich finden. Denn beim Gender Mainstreaming steht die Frage im Mittelpunkt, welche Rolle gleichstellungsrelevante The- men für eine breite Öffentlichkeit spielen.

Natürlich gibt es gut gemachte Frauenseiten in lokalen Tageszei- tungen (z.B. die der Lausitzer Rundschau), hervorragende Frauen- sendungen in den Einschaltradios der öffentlich-rechtlichen Hör- funk-Sender und nicht zuletzt einige Zeitschriften, die sich speziell gleichstellungsrelevanten Themen widmen. Aber diese Angebote werden vor allem von Menschen genutzt, denen Gender-Fragen oh-

Palette von Statusvariablen gezielt erweitert

Abbildung von Frauen und Männern als Eye-Catcher

Indikator:

Frauenanteile genannt

Aktuelle, journalistische Beiträge untersucht

Konzentration auf reichweitenstarke Angebote

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nehin schon wichtig sind. Sie tragen aber wenig dazu bei, ein brei- tes Publikum für diese Fragen zu sensibilisieren.

Außerdem geht es beim Gender Mainstreaming gerade darum, dass die Geschlechterperspektive die Standard-Perspektive ist – also auch auf den Nachrichtenseiten der Zeitungen, in den aktuellen TV-Ma- gazinen und den reichweitenstarken Radio-Sendungen.

Um die Aussagekraft der empirischen Analyse zu gewährleisten, ist es erforderlich, eine Stichprobe zu ziehen, die die Berichterstattung möglichst strukturgetreu abbildet. Als Auswahlverfahren für In- haltsanalysen hat sich die künstliche Woche bewährt. Das heißt:

Aus sieben aufeinanderfolgenden Wochen wird zufällig je ein be- stimmter Tag für die Analyse ausgewählt.

In unserem Falle startete die Analyse am Sonntag, den 7.10.2001.

Der letzte Stichtag war Montag, der 12. November. Für die Zei- tungsanalyse betrachteten wir jeweils die Ausgabe, die am Folgetag des jeweiligen Stichtags erschien. So stellten wir sicher, dass sich die Berichterstattung in Funk- und Print-Medien auf die selbe Nach- richtenlage bezog.*

Der Analysezeitraum der vorliegenden Studie wurde stark geprägt von der Berichterstattung über die Anschläge vom 11. September und deren innen- und außenpolitischen Folgen. Wegen des engen Zeitplanes konnten wir den Untersuchungszeitraum aber nicht wei- ter nach hinten verschieben. Wie stark sich dieses Sonderereignis auf die Aussagekraft der Studie auswirkt, lässt sich nicht präzise einschätzen.

Einerseits prägten mit innerer Sicherheit, Militär, Polizei und Terro- rismus Themen die Agenda, in deren Kontext Männer im Vorder- grund standen. Das gilt für die Staatschefs und Außenminister ge- nauso wie für Spitzenmilitärs, Sicherheitsfachleute und nicht zu- letzt auch die echten und vermeintlichen islamistischen Terroristen.

Zudem haben es Themen von eher latenter Aktualität – und dazu zählen viele gleichstellungsrelevante Themen – bei einer Nachrich- tenlage wie der im Herbst 2001 besonders schwer, von den Medien aufgegriffen zu werden. Beides spräche dafür, dass die gleichstel- lungsrelevanten Leistungen der Medien in Brandenburg in der Stu- die unterschätzt werden.

Andererseits bot allein das Themenfeld Islam, Islamismus, Afgha- nistan reichlich Gelegenheit, unterschiedliche Auswirkungen von Strukturen und Ereignissen auf Frauen und Männer zu thematisie- ren. Die Lage der Frauen in Afghanistan und die Aktivitäten der Frau- enorganisation Rawa schafften es im Sog des Konflikts auf Zei-

Gender Mainstreaming als Standardperspektive

Auswahlverfahren:

Künstliche Woche

11. September 2001 prägte die Berichterstattung

„Nachrichten aus der Männerwelt“

Gleichstellung Thema mit latenter Aktualität

Im Blickfeld: Frauen in Afghanistan

*) In Einzelfällen konnten einige Rundfunksendungen wegen technischer Probleme nicht mitgeschnitten werden. Dafür analysierten wir Ersatzsendungen vom gleichen Wochentag der Folgewoche.

(11)

tungsseiten und Sendeplätze. Auch die Darstellung der Ereignisse rund um „Ground Zero“ bot reichlich Potential für geschlechtsbe- wusste Berichterstattung – man denke nur an den maskulin ge- prägten Heldenmythos, der um die New Yorker Feuerwehr gewo- ben wurde.

Die Zeitungsstichprobe

Tageszeitungen spielen in der öffentlichen Debatte um politische Themen eine wichtige Rolle. Sie liefern einem breiten Publikum Hin- tergrundinformationen zu gesellschaftlichen Debatten und be- stimmen die politische Meinungsbildung in einem Maße mit, das hinter dem Fernsehen nicht zurücksteht. Im regionalen und loka- len Bereich sind sie zudem oft eher als Radio und Fernsehen in der Lage, in der öffentlichen Debatte Themen zu setzen.

Die Analyse gleichstellungsrelevanter Leistungen in der Berichter- stattung der Regionalzeitungen in Brandenburg bildet daher das Rückgrat unserer Stärken- und Schwächen-Analyse. Berücksichtigt wurden dabei alle publizistischen

Einheiten, die über Brandenburg berichten: Die Märkische Oder- Zeitung, der Nordkurier, die Lau- sitzer Rundschau, die Märkische Allgemeine, der Oranienburger Generalanzeiger und die Potsda- mer Neueste Nachrichten.

In die Analyse gehen alle Seiten ein, die einerseits von vielen Le- serinnen und Lesern genutzt wer- den und die andererseits Themen aufgreifen, die für die Landespo- litik relevant sind. Das trifft zu auf die Titelseite, die aktuelle Be- richterstattung im Mantelteil über Politik, Wirtschaft und Kul- tur sowie für die Landesseiten der Titel. Insgesamt kodierten wir über 200 Zeitungsseiten mit 2129 Beiträgen.

Lokalseiten konnten aus for-

schungsökonomischen Gründen nicht untersucht werden – so auf- schlussreich eine solche Analyse sicher wäre.

Die Stichprobe der Rundfunk- und Fernsehanalyse

Radio und Fernsehen sind fester Bestandteil im Medienmenü der Bevölkerung. Viele Bürgerinnen und Bürger schätzen die Aktualität

Tageszeitungen liefern einem breiten Publikum Hintergrundinformationen

brandenburg.de

• 490 Pressemitteilungen

• 36 Hintergrundtexte zu gleichstellungsrelevanten Themen

• 200 Mantelseiten

• 2129 Artikel Titel:

• Oranienburger Generalanzeiger

• Postdamer Neueste Nachrichten

• Märkische Allgemeine

• Märkische Oderzeitung

• Lausitzer Rundschau

• Nordkurier

Print Radio/TV

• 170 Stunden Programm

• 2605 Beiträge Programme

• Antenne Brandenburg

• Radio Fritz

• Energy

• R.S. 2

•BB Radio

• RTL 104.6

• Berliner Rundfunk

• ORB-TV: Brandenburg aktuell/Guten Abend, Brandenburg

Die Stichprobe auf einen Blick Abb. 1

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und den hohen Unterhaltungswert des Radios. Das Fernsehen wächst immer mehr in die Rolle eines Leitmediums hinein, an des- sen medialen Auswahl- und Gestaltungskriterien sich Politikerin- nen und Politiker bei der Darstellung ihres politischen Handels im- mer stärker orientieren. Beim Publikum wiederum genießt gerade das Fernsehen eine hohe Glaubwürdigkeit.

Auch im Bereich von Radio und Fernsehen erfassten wir in der Ana- lyse nur Medienangebote, die von vielen Brandenburgerinnen und Brandenburgern genutzt werden. Bei der Auswahl des Untersu- chungsmaterials orientierten wir uns an aktuellen Reichweiten- zahlen aus der Media Analyse.

Hier wählten wir zunächst die Hörfunk-Programme aus, die in der Medienregion Brandenburg/Berlin ein breites Publikum erreichen.

Danach konzentrierten wir uns auf die reichweitenstarken Pro- grammschienen der öffentlich-rechtlichen und privaten Radios in der Region. Im Einzelnen waren das Antenne Brandenburg, Radio Fritz, BB Radio, 94.3 r.s.2, 106,4 RTL, Berliner Rundfunk und Radio Energy 103,4.

Die Hörfunk-Stichprobe wurde ergänzt um die aktuellen landeso- rientierten Sendungen des ORB-Fernsehens an den Stichtagen, näm- lich „Brandenburg aktuell“ und – werktags – „Guten Abend, Bran- denburg“.

Bei der Hörfunkanalyse konzentrierten wir uns auf die im weiteren Sinne journalistischen Programmteile – also Moderationen, Nach- richten, gebaute Beiträge usw. Musik, Werbung, Programmhinweise und ähnliches wurden nicht erfasst, es sei denn, sie erwiesen sich als auffällig im Sinne der Untersuchungsfrage. Das träfe z.B. auf einen frauenfeindlichen Werbespot zu. Insgesamt kodierten wir 170 Pro- grammstunden mit 2605 Beiträgen.

Die Rundfunk-Analyse hätte sich in der kurzen Zeit nicht bewältigen lassen ohne die Sender, die für die Untersuchung Sendungen mit- geschnitten haben und uns dieses Untersuchungsmaterial zur Ver- fügung stellten. Radio R.S.2, BB Radio, RTL 104,6, dem Berliner Rund- funk und dem ORB Fernsehen gilt unser ausdrücklicher Dank für ihre Unterstützung.

Die Stichprobe der Analyse von brandenburg.de

Gender Mainstreaming sollte seinen Niederschlag auch in der Kom- munikationspolitik der Landesregierung finden. Das Internet hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Instrument zur Information von Bürgerinnen, Bürgern und Presse über die Arbeit der Landesregierung entwickelt und birgt noch beachtliches Ent- wicklungspotenzial. Wir haben daher beispielhaft für die Kommu- nikationspolitik der Landesregierung den Internet-Auftritt „bran-

Konzentration auf reichweitenstarke Sendungen

Medienregion Brandenburg/Berlin

Untersuchung von

journalistischen Beiträgen

Internet-Portal als Beispiel für die Außendarstellung der Landesregierung

(13)

denburg.de“ analysiert, der über alle wichtigen Politikfelder der Lan- desregierung informiert.

Brandenburg.de ist ein sehr umfangreicher Internet-Auftritt mit zahlreichen Informationsangeboten für Bürgerinnen und Bürger – von der aktuellen Meldung zur Bundesgartenschau bis zur Förder- richtlinie zum Herunterladen. Aus diesem großen Angebot wähl- ten wir für die Inhaltsanalyse zunächst die Pressemitteilungen aller Ressorts und der Staatskanzlei aus den Monaten Juli, August und September 2001 aus, die in brandenburg.de verfügbar sind. Sie bie- ten den Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, sich aktuell über die Regierungsarbeit zu informieren.

Zusätzlich zu den Pressemitteilungen wählten wir aus dem Inter- net-Auftritt Hintergrundmaterial mit potentiell gleichstellungsre- levanten Inhalten aus. Dafür durchsuchten wir das Angebot syste- matisch nach typischen Stichworten und Stichwort-Kombinationen wie „Gleichstellung“, „Gender Mainstreaming" oder „Frauen und Männer“.

Nicht kodiert wurden alle Angebote, die über einen Link von Bran- denburg.de aus erreicht werden, Service-Angebote wie Ferienter- mine oder Tourismus-Seiten, Gesetzestexte, Förderrichtlinien, Ver- ordnungen, Leitfäden und ähnliche Dokumente sowie statistisches Material.

Insgesamt untersuchten wir 490 Pressemitteilungen und 36 Hin- tergrundtexte.

2.3 Qualitätssicherung und Reliabilität

Das umfangreiche Material wurde von geschulten Kodiererinnen und Kodierern analysiert. Alle wurden vor der Analyse mit dem Ka- tegoriensystem vertraut gemacht. Die Güte einer Inhaltsanalyse misst sich daran, ob die Kodiererinnen und Kodierer Kodierent- scheidungen übereinstimmend im Sinne der Untersuchungsfrage treffen.

Diese Übereistimmung haben wir im Reliabilitätstest ermittelt, in dem die Kodiererinnen und Kodierer identisches Material kodieren mussten. Anschließend überprüften wir, in welchem Umfang das in- dentische Material von den Kodiererinnen und Kodierern auch iden- tisch kodiert worden war. Die Ergebnisse des Reliabilitätstests spre- chen für eine ausreichende Sicherheit der Aussagen (vgl.

Landis/Koch 1977: 165).*)

Schwerpunkt der Analyse lag auf Pressemitteilungen

Verlinkte Angebote auf anderen Seiten nicht kodiert

Reliabilitätswerte bieten ausreichende Sicherheit

*) Wegen der teilweise komplexen Entscheidungen verlangten wir, dass drei von vier Kodiererinnen und Kodierern die selbe Entscheidung trafen. Unser Maß für die Übereinstimmung ist Craig‘ π (vgl. Merten 1995: 306). Dieser Reliabilitätskoeffizi- ent berücksichtigt auch die zufällige Übereinstimmung zwischen den Kodiererin- nen und Kodierern. Die Werte unser Variablen schwanken zwischen 1.00 (Geschlecht der Journalistinnen und Journalisten) und .64 (Thema).

(14)

3 Ergebnisse

Die Ergebnisse der Inhaltsanalyse stellen wir entlang der vier zen- tralen Untersuchungsdimensionen vor: quantitative, qualitative, thematische und sprachliche Berücksichtigung von Frauen und Männern in der Berichterstattung. Dabei stellen wir zunächst immer die Ergebnisse der Medienanalyse vor. In einem zweiten Schritt be- reiten wir dann auf, ob und wie sich die aktuellen Informationen auf brandenburg.de von der Berichterstattung in Presse, Funk und Fernsehen abhebt.

3.1 Quantitative Berücksichtigung von Frauen und Männern

3.1.1 Quantitative Berücksichtigung der Geschlechter in den Medien Die angemessene quantitative Berücksichtigung von Frauen und Männern im Programm ist keine hinreichende, aber eine notwen- dige Bedingung für eine geschlechtsbewusste Berichterstattung.

Vor diesem Hintergrund sind die Grundvoraussetzungen für eine gleichstellungsfördernde Berichterstattung in den Brandenburger Medien nicht gerade rosig: Denn Männer prägen die Berichterstat- tung auf allen Ebenen – als Moderatoren, als Autoren, als Ge- sprächspartner und auch als Akteure, über die berichtet wird.

Präsenz der Geschlechter in Beiträgen und Artikeln

Ein anschauliches Indiz für die Dominanz der Männer: Drei Viertel aller untersuchten Zeitungsartikel und gut die Hälfte aller Rund- funkbeiträge kommt ganz ohne Frauen aus: Weder wird über Frauen berichtet, noch tauchen Frauen als Autorinnen auf.

Je nach Art und Thema der Berichterstattung wächst der Anteil frau- enfreier Beiträge. So tauchen in Berichten über Ereignisse im Aus- land weniger Frauen auf als in Berichten, die sich mit ostdeutschen oder Brandenburger Themen beschäftigen. Auslandsberichterstat- tung ist besonders stark auf Staatsspitzen und bedeutsame Institu- tionen fixiert – Sphären, die nach wie vor von Männern geprägt werden. Auf einen ähnlichen Zusammenhang stießen wir auch in der Analyse der Hörfunkberichterstattung in NRW (vgl. stets Wer- ner/Rinsdorf 1998, Werner 2000). Der 11.-September-Effekt dürfte diesen Zusammenhang also allenfalls stärker betont haben.

Tauchen Frauen auf oder nicht – das ist zudem eine Frage der Dar- stellungsform: Anreißer, Nachrichten oder Korrespondentenbeiträge sind besonders häufig frauenfrei. Mehr Raum für Frauen ist dagegen in Moderationen, längeren Berichten, Reportagen und Porträts. Bei Kommentaren weichen die Befunde für Rundfunk und Print von- einander ab: In den Printmedien sind die Kommentare besonders

Vorstellung der Ergebnisse entlang der zentralen Untersuchungsfelder

Männer prägen die Berichterstattung

In Auslandsberichten besonders wenige Frauen

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häufig reine Männersache. Im Hörfunk zählen die Kommen- tare dagegen zu den Genres, bei denen relativ wenige Beiträge frauenfrei sind.

Eng mit den Darstellungsfor- men verknüpft sind auch die Themen, bei denen besonders häufig Frauen keine Rolle spie- len, nämlich Sport, Politik, Wirtschaft, Arbeit sowie Kri- minalität und Katastrophen.

Seltener ohne Frauen kommen dagegen Beiträge zu gleich- stellungsrelevanten Themen, Kultur und bunten Themen aus.

Schon hier zeigt sich die Tren- nung zwischen einer männlich geprägten Sphäre harter Sach- themen und einer weiblich ge- prägten Sphäre „weicher“ The- men, auf die wir auch in Nord- rhein-Westfalen gestoßen sind.

Im Brandenburger Rundfunk liegt der Anteil frauenfreier Beiträge allerdings durchweg niedriger als in Nordrhein- Westfalen.

Diesen Unterschied führen wir darauf zurück, dass in den von uns untersuchten Programm- stunden in Brandenburg Frauen als Moderatorinnen

stark präsent sind. Frauen moderieren zwar nur jede sechste Sen- dung in den reichweitenstarken Schienen alleine, aber in jeder drit- ten Sendung führen sie gemeinsam mit einem Kollegen durch das Programm. Bei den Stationen, die diese Moderationsform häufig einsetzen, ist der Anteil frauenfreier Beiträge entsprechend niedrig.

Präsenz von Journalistinnen und Journalisten

Diese Werte dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Journalistinnen in der Berichterstattung der Brandenburger Medien schwächer vertreten sind als ihre Präsenz in den Redaktionen ver- muten ließe. Nur jeder vierte Rundfunk-Beitrag, den wir unter-

Nur jeder vierte

Rundfunk-Beitrag wird von Frau gesprochen

sonstige Themen gleichstellungs- relevante Themen Buntes Soziales Kultur Politik Kriminalität &

Katastrophen Sport Arbeit Umwelt Wirtschaft

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteil frauenfreier Beiträge in Prozent

Zeitung Radio, TV

Lesebeispiel: In 92 Prozent aller Zeitungsartikel und 69 Prozent aller Radiobeiträge zum Thema Wirtschaft tauchen keine Frauen auf – weder als Journalistin, noch als Akteurin oder Gesprächspartnerin. Datenbasis: 2159 Zeitungsartikel, 2605 Radio- und Fernsehbeiträge. © mct

Beiträge, in denen keine Frauen auftauchen Abb. 2

(16)

suchten, wird von einer Frau gesprochen – das sind noch weniger als bei unser vergleichbar angelegten Untersuchung des Lokalfunks in Nordrhein-Westfalen. In der Zeitungsberichterstattung ist das Ge- schlecht des Autors oder der Autorin in der Regel nicht erkennbar, aber da, wo sie namentlich in der Zeitung auftauchen, kommen auf eine Journalistin drei Journalisten, genau wie im Radio.

In beiden Medien sind je nach Darstellungsform Journalistinnen und Journalisten unterschiedlich stark präsent. In Radio und Fern- sehen beobachteten wir eine nach

unser Forschungserfahrung typi- sche Verteilung. In den Nachrich- ten haben Journalistinnen echten Seltenheitswert, bei allen anderen Darstellungsformen kommen sie eher zu Wort. So wird immerhin je- des vierte Interview von einer Frau geführt und sogar fast jede zweite Moderation von einer Journalistin übernommen.

In den Tageszeitungen verlaufen die Grenzlinien zwischen den Ge- schlechtern etwas anders. Bei kur- zen Meldungen ist das Geschlecht des Autors oder der Autorin in der Regel ohnehin nicht zu erkennen.

Im Blatt tauchen Journalistinnen und Journalisten vor allem bei län- geren Stücken und Meinungs- beiträgen auf. Dabei zeigt sich:

Journalistinnen sorgen noch am ehesten für Hintergrundinforma- tionen, die publizistische Linie des Blattes wird dagegen in erster Li-

nie von Journalisten vertreten. Fast jede zweite Reportage und je- der dritte Hintergrundbericht stammen von einer Frau, aber nur je- des sechste Interview und jeder achte Kommentar.

Journalistinnen und Journalisten bereiten zudem bestimmte The- men unterschiedlich auf – im Radio genauso wie im Fernsehen und in der Tageszeitung. Männer berichten eher über politische Themen sowie über Kriminalität und Katastrophen, Frauen eher über bunte Themen. Gleichstellungsrelevante Themen werden im Hörfunk eher von Frauen aufgegriffen. In den Zeitungen schreiben Redakteurin- nen und Redakteure dagegen ähnlich selten über solche Inhalte.

Wie stark Journalistinnen und Journalisten im Programm und in der Zeitung auftauchen, ist zudem von Sender zu Sender und von

Geschlecht in der Regel nicht erkennbar

Gleichstellungsrelevante Themen werden im Hörfunk eher aufgegriffen

Reportage Bericht Nachricht Interview Kommentar

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anmoderation Beitrag Bericht Anreißer Nachricht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteile von Journalistinnen und Journalisten in Prozent

Zeitung

Radio, TV

Lesebeispiel: 13 Prozent aller Zeitungskommentare und 14 Prozent aller Radionachrichten wurden von Journalistinnen geschrieben bzw. gesprochen. Datenbasis: 344 ZeitungsjournalistInnen, deren Geschlecht erkennbar ist, 3118 Radio- und FernsehjournalistInnen, die zu Wort kommen. © mct

Journalisten Journalistinnen

Anteil von Journalistinnen und Journalisten Abb. 3

(17)

Titel zu Titel unterschiedlich. Bei den elektronischen Medien ist beim Abendjournal, bei Brandenburg aktuell, Radio Fritz und dem Berliner Rundfunk der Anteil der Journalistinnen relativ hoch. Auffällig nied- rig ist er hingegen bei R.S.2 und Antenne Brandenburg. Viele oder wenige weibliche Stimmen auf dem Sender, das scheint zumindest nicht davon abzuhängen, ob das Programm in öffentlich-rechtlicher oder privater Regie geführt wird.

Bei den Print-Medien stießen wir auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft:

Bei der Märkischen Oder-Zeitung, den Postdamer Neuesten Nach- richten und der Lausitzer Rundschau stammen rund ein Drittel der namentlich gekennzeichneten Beiträge von Frauen. Beim Nordku- rier, der Märkischen Allgemeinen und dem Oranienburger Gene- ralanzeiger gilt dies nur für sieben bis 21 Prozent der Beiträge mit Autorenzeile.

Präsenz von Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern

Der Stellenwert der Geschlechter in der Medienberichterstattung macht sich auch daran fest, wie häufig Frauen und Männer als Ge- sprächspartnerinnen und -partner

gefragt sind. Hier nähert sich das Verhältnis von Frauen und Män- nern schon eher der Normalvertei- lung an: Vier von zehn Personen, die in Radio und Fernsehen inter- viewt werden, sind Frauen – das entspricht fast genau dem Wert unser Lokalfunkstudie in NRW.

Und noch etwas ist an Spree und Oder nicht wesentlich anders als zwischen Rhein und Weser: Män- ner reden eher über Politik, Frauen sind dagegen bei bunten Themen stärker präsent oder wenn in Call- in-Sendungen ohne erkennbaren Themenschwerpunkt geplaudert wird.

Diese Ungleichverteilung wird auch sichtbar am Status der Ge- sprächspartnerinnen und -partner.

Frauen sind eher Bürgerinnen ohne erkennbare Funktion, die im

Radio zu Wort kommen. Unter den Männern sind dagegen Politiker und Experten weitaus stärker vertreten. Sie werden – soweit er- kennbar – auch öfter bewußt von der Redaktion als Gesprächspart- ner ausgesucht, während sich unter den Gesprächspartnerinnen

Große Unterschiede zwischen den einzelnen Medien

BürgerInnen ohne Funktion Mädchen/

Jungen ArbeitnehmerInnen Arbeitgeber- vertreterIn Prominente VertreterIn staatl. Organisation VertreterIn anderer Verbände ExpertInnen SportlerInnen PolitikerInnen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteile von Gesprächespartnerinnen und -partnern in Prozent Lesebeispiel: Zehn Prozent aller PolitikerInnen und 51 Prozent aller BürgerInnen ohne Funktion, die als GesprächspartnerInnen in Radio und Fernsehen zu Wort kommen, sind Frauen. Datenbasis: 247 Gesprächspartnerinnen, 387 Gesprächspartner. © mct

Gesprächspartner Gesprächspartnerinnen

Gesprächspartnerinnen und -partner Abb. 4

(18)

mehr Hörerinnen finden, die zum Beispiel bei Gewinnspielen auf dem Sender sind.

Präsenz von Akteurinnen und Akteuren

Wie viele Journalistinnen und Journalisten on air und im Blatt auf- tauchen – das trägt viel dazu bei, wie präsent Männer und Frauen in den Medien sind. Es sagt aber noch nichts darüber aus, wie über Frauen und Männer berichtet wird. Denn auch eine Redaktion, die nur aus Journalisten besteht, kann eine Zeitung machen, in der Frauen und Männer als Akteurinnen und Akteure angemessen prä- sent sind.

In unserer Stichprobe sind Akteurinnen und Akteure jedoch kei- nesfalls gleich stark vertreten: Von den 4255 Personen und Grup- pen, über die in den untersuchten Zeitungen berichtet wird, ist nur jede sechste weiblich. Zwei Drittel

der Personen und Grupen sind männlich und ein Viertel ge- mischtgeschlechtliche Gruppen – zum Beispiel „die Politiker“ oder

„die Bürger“. Frauen sind hier in der Regel mitgemeint.

Auch unter den Akteurinnen und Akteuren, die in Hörfunk- und TV- Beiträgen auftauchen, sind Frauen klar in der Minderheit – wie in den Printmedien. Der größte Unter- schied zur Tageszeitung: Einzelne Männer sind seltener, dafür gibt es mehr gemischtgeschlechtliche Gruppen. Mitmeinende Sprache ist dabei auch in Radio und Fernsehen die Regel.

Wie schon bei den Journalistinnen und Journalisten schwankt der An- teil der Akteurinnen und Akteure je nach Thema ganz erheblich. Be- sonders hoch ist der Männeranteil in Berichten zu Politik, Wirtschaft, Kriminalität und Katastrophen so- wie Umwelt, Arbeit und Soziales.

Relativ viele Frauen tauchen dage- gen bei bunten Themen auf, bei

gleichstellungsrelevanten Themen und – im Hörfunk – in Modera- tionen und Gesprächen ohne einen besonderen thematischen Schwerpunkt.

Frauen (13%)

Männer (61%) Kollektiv-

akteurInnen (26%)

Frauen (15%)

Männer (42%) Kollektiv-

akteurInnen (43%)

Zeitung

Radio, TV

Lesebeispiel: 13 Prozent aller AkteurInnen über die in der Zeitung berichtet wird, und 15 Prozent der AkteurInnen, über die in Radio und Fernsehen berichtet wird, sind Frauen.

Datenbasis: 4522 AkteurInnen in Zeitungsartikeln, 4234 AkteurInnen in Radio- und TV- Beiträgen. © mct

Geschlecht der Akteurinnen und Akteure Abb. 5

(19)

Auf diese unterschiedlichen Schwerpunkte stießen wir auch in unser Vergleichsstudie in Nord- rhein-Westfalen. Die Anteile der Akteurinnen lagen dort allerdings generell höher als in der Branden- burger Stichprobe. Selbst in den Beiträgen zu gleichstellungsrele- vanten Themen stellen Frauen nur knapp die Mehrheit der Akteurin- nen und Akteure, über die berich- tet wird.

Für den Rundfunk gilt zudem: In den Nachrichten ist der Akteurin- nenanteil bedeutend kleiner als in längeren Beiträgen (von denen es nur wenige gibt) und Moderatio- nen (die in Fülle in der Stichprobe zu finden sind). Ein weiteres Indiz dafür, dass Männer die aktuelle journalistische Berichterstattung prägen, während Frauen eher in Darstellungsformen auftauchen, bei denen Informationsvermitt- lung nicht im Vordergrund steht.

3.1.2 Quantitative Berücksichtigung von Frauen und Männern auf brandenburg.de

In den von uns untersuchten Texten auf brandenburg.de tauchen nur unwesentlich mehr Frauen auf als in der aktuellen Medienbe- richterstattung. Nur ein Achtel der Personen, über die in den aktu- ellen Pressetexten berichtet wird, sind Frauen, zwei Drittel dagegen Männer, der Rest gemischtgeschlechtliche Gruppen.

In den Hintergrundtexten zu gleichstellungsrelevanten Inhalten, die wir zusätzlich zu den aktuellen Pressemitteilungen in die Stich- probe aufnahmen, haben Frauen ein größeres Gewicht. Hier stellen einzelne Frauen und weibliche Gruppen knapp die Hälfte der Per- sonen, über die berichtet wird. Hier sind Frauen und Männer zu- mindest quantitativ angemessen vertreten. In der gesamten Stich- probe fallen allerdings die 36 Hintergrundtexte im Vergleich zu den 490 untersuchten Pressemitteilungen kaum ins Gewicht.

Je nach Ressort tauchen unterschiedlich viele Männer und Frauen in den Pressetexten auf. Am höchsten ist der Frauenanteil mit 39 Pro- zent in den Pressemitteilungen des Kultusministeriums, gefolgt von den Texten aus dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit

Bei gleichstellungs- relevanten Themen haben Frauen größeres Gewicht

Gleichstellungs- relevante Themen

Buntes Soziales Kultur Sonstige Themen Sport Umwelt Kriminalität

& Katastrophen Arbeit Politik Wirtschaft

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteile in Prozent

Lesebeispiel: 13 Prozent aller AkteurInnen, über die in Zeitungsartikeln zum Thema Wirtschaft berichtet wird, sind Frauen. Datenbasis: 4522 AkteurInnen in Zeitungsartikeln.

© mct

Frauen Männer gemischtgeschlechtliche Gruppen

Geschlecht der AkteurInnen nach Themen Abb. 6

(20)

und Frauen. Fast frauenfrei sind dagegen die Pressetexte aus den Ministerien für Wirtschaft, Verkehr und Justiz. In den Texten des Bil- dungsminsteriums stießen wir auf besonders viele gemischtge- schlechtliche Gruppen. Wenn dort von Schülern und Lehrern die Rede ist, sind Schülerinnen und Lehre- rinnen in der Regel mitgemeint.

Parallelen zur Medienberichter- stattung ergeben sich bei der Prä- senz von Frauen und Männern in unterschiedlichen Themen. Auch in den Pressetexten auf branden- burg.de tauchen Männer häufiger dann auf, wenn es um politische Entscheidungen geht und um The- men wie Wirtschaft, Soziales, Ar- beit, Umwelt und Kriminalität. Re- lativ hoch ist der Anteil der Frauen dagegen bei kulturellen, bunten und gleichstellungsrelevanten Themen: Selbst auf diesem The- menfeld ist allerdings die Mehr- zahl der Akteure, die in den Pres- semitteilungen auftaucht, männ- lich.

Ein Unterschied zur Medienbe- richterstattung: In den Pressetex- ten der Landesregierung zum Thema Sport sind Frauen stärker präsent als in der aktuellen Be- richterstattung. Das führen wir auf die unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkte der Pressearbeit und der Berichterstattung zurück.

In der Pressearbeit geht es häufig um Breitensport, in dem Sportle- rinnen eine wichtige Rolle spielen.

Die tagesaktuelle Berichterstat- tung in den Medien ist dagegen auf publikumswirksamen, männ- lichen Spitzensport fixiert.

Wirtschaft Verkehr Justiz Bildung Staatskanzlei Inneres Landwirtschaft Frauen, Arbeit Finanzen Kultus

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteile in Prozent

Lesebeispiel: 39 Prozent aller AkteurInnen, über die in Pressemitteilungen des Kultusministeriums geschrieben wird, sind Frauen. Datenbasis: 857 AkteurInnen in den Pressemitteilungen auf brandenburg.de. © mct

Frauen Männer gemischtgeschlechtliche Gruppen

Geschlecht der AkteurInnen nach Ressorts Abb. 7

sonstige Themen Wirtschaft Soziales Politik Arbeit Umwelt Kriminalität

& Katastrophen Kultur gleichstellungs- relevante Themen

Buntes Sport

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteile in Prozent

Lesebeispiel: 19 Prozent aller AkteurInnen über die in Pressemitteilungen zum Thema Sport geschrieben wird, sind Frauen. Datenbasis: 857 AkteurInnen in den Pressemitteilungen auf brandenburg.de. © mct

Frauen Männer gemischtgeschlechtliche Gruppen

Geschlecht der AkteurInnen nach Themen Abb. 8

(21)

3.2 Qualitative Berücksichtigung von Frauen und Männern

Die qualitative Berücksichtigung von Frauen und Männern in der Berichterstattung ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal einer ge- schlechtsbewussten Berichterstattung. Hier geht es darum, in wel- chen Rollen und Funktionen Frauen und Männer in der Berichter- stattung auftauchen. Daran lässt sich unter anderem festmachen, in- wiefern in den Medien überkommene Geschlechtsrollenstereotype verfestigt oder alternative Geschlechtsrollen angeboten werden.

3.2.1 Qualitative Berücksichtigung von Frauen und Männern in den Medien

Status der Akteurinnen und Akteure In ihrer aktuellen Berichterstat- tung konzentrieren sich Tageszei- tungen, Radiosender und das Fern- sehen in Brandenburg auf die Menschen, die die Geschicke des Landes bestimmen: Politikerinnen und Politiker sowie Vertreterinnen und Vertreter staatlicher Institu- tionen und Organisationen. Sie stellen die deutliche Mehrheit der Akteurinnen und Akteure in der Zeitungsberichterstattung sowie in den Nachrichten und journali- stischen Beiträgen der elektroni- schen Medien in unserer Stich- probe.

Relativ häufig tauchen dort zudem Bürgerinnen und Bürger in der Be- richterstattung auf, die keine er- kennbare Funktion in einer Insti- tution, einer Partei oder einer Funktion bekleiden. Besonders häufig geht es in den Moderati- onstexten der Radiosender um den Mann oder die Frau „von der Straße“.

Männer und Frauen verteilen sich nicht gleichmäßig auf die Status- gruppen. Unter den Männern, über die in Zeitungen und Rundfunk be- richtet wird, befinden sich über-

Rollendarstellungen:

Traditionell oder innovativ?

sonstiger Status Kirche, Vereine, Gruppen Verbands- vertreterInnen ExpertInnen SportlerInnen VertreterIn staatl. Organisation PolitikerIn ArbeitnehmerInnen Mädchen/Jungen BürgerInnen ohne Funktion Prominente

0 5 10 15 20 25 30

Anteil der AkteurInnen einer Statusgruppe in Prozent Frauen Männer

Lesebeispiel: 25 Prozent aller Frauen und 16 Prozent aller Männer, über die in Radio und Fernsehen berichtet wird, sind Prominente. Prominente sind Akteurinnen und Akteure aus den Bereichen Spitzensport, Musik und Unterhaltung. PolitikerInnen gehören nicht zu dieser Gruppe. Datenbasis: 634 Akteurinnen und 1789 Akteure in Radio- und TV-Beiträgen.

© mct

Status der Akteurinnen und Akteure Abb. 9

30

(22)

durchschnittlich viele Politiker und Unternehmervertreter. Akteu- rinnen tauchen dagegen auffällig oft als funktionslose Bürgerin- nen, Arbeitnehmerinnen und Mädchen auf.

Männer entscheiden – Frauen erdulden, so könnte man boshaft die Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern beschreiben, wie sie sich in der aktuellen Berichter-

stattung darstellt. Dieser Befund hat uns nicht überrascht. Er deckt sich mit unseren Ergebnissen in Nordrhein-Westfalen und zahlrei- chen anderen einschlägigen In- haltsanalysen. Relativiert wird die- ses Bild allenfalls dadurch, dass der Anteil der ExpertInnen unter Frauen größer ist als unter Män- nern.

In diesem Ergebnis schlägt sich ei- nerseits die faktische Aufgaben- und Machtverteilung zwischen Frauen und Männern in relevan- ten politischen und gesellschaftli- chen Bereichen nieder. Journali- stinnen und Journalisten müssen über die Menschen berichten, die Entscheidungen treffen und durch- setzen. Und wenn das mehrheit- lich Männer sind, kommen die Re- daktionen oft auch nicht daran vorbei.

Gleichwohl gibt es Strategien, Frauen auch in der aktuellen Be-

richterstattung stärker präsent sein zu lassen – indem man Frauen aus der „zweiten Reihe“ in den Vordergrund rückt, die Entschei- dungen vorbereiten, aber nicht nach außen vertreten. Die Analyse liefert aber keine Hinweise darauf, dass diese Strategie von einem der untersuchten Medien systematisch verfolgt wird.

Überkommene und alternative Geschlechterrollen

In der Form, wie über Akteurinnen und Akteure mit unterschiedli- chen Funktionen berichtet wird, leisten die untersuchten Medien nur einen geringen Beitrag dazu, Stereotype aufzubrechen und al- ternative Männer- und Frauenrollen anzubieten. Dieser Eindruck verfestigt sich, wenn man betrachtet, wie viele Frauen und Män- ner in gleichstellungsrelevanten Rollen in der Berichterstattung auf- tauchen. Zu den gleichstellungsrelevanten Rollen gehören zum Bei-

Alternative Geschlechter- Rollen werden kaum angeboten

Lustobjekt sonstige private Rollen Gewalt- täterInnen EhepartnerIn Mutter/Vater sozial engagiert beruflich erfolgreich Opfer

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

Anteil einer Rolle an allen AkteurInnen in Prozent Frauen (n = 90) Männer (n = 243)

Lesebeispiel: 57 Prozent der Frauen und 33 Prozent der Männer, die in der Zeitung in einer gleichstellungsrelevanten Rolle auftauchen, sind Opfer von (häuslicher) Gewalt.

Datenbasis: 90 Frauen und 243 Männer, die in einer gleichstellungsrelevanten Rolle auftauchen. © mct

Rollen der AkteurInnen in den Medien Abb. 10

(23)

spiel beruflich erfolgreiche Frauen, partnerschaftlich orientierte Vä- ter oder alleinerziehende Eltern.

Zehn Prozent der Akteurinnen und Akteure in unserer Stichprobe tauchen in einer gleichstellungsrelevanten Rolle auf. Ledglich bei den Akteurinnen im Radio ist dieser Anteil mit drei von zehn Ak- teurinnen etwas höher.

Zudem ist das Spektrum der Rollen, in denen Frauen und Männer in den Medien auftauchen ziemlich schmal. Die meisten Frauen tau- chen als Opfer (häuslicher) Gewalt auf, die meisten Männer als Tä- ter. Insgesamt decken beide Rollen schon vier von fünf Fällen ab, in denen wir überhaupt auf gleichstellungsrelevante Rollen stießen.

Und hier ist die Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen klassisch.

Die wenigen Frauen in gleichstellungrelevanten Rollen, die nicht als Opfer dargestellt werden, tauchen in den Brandenburger Me- dien als beruflich erfolgreich, sozial engagiert, als Ehepartnerin und als Mutter auf. Männer sind sozial engagiert oder beruflich erfolg- reich.

Ungewöhnlich: Frauen werden– relativ gesehen – eher als beruflich erfolgreiche Menschen dargestellt als Männer. Absolut betrachtet, sind beruflich erfolgreiche Frauen und Männer aber in unserer Stich- probe eine Rarität. Ihr Anteil an allen Akteuren ist deutlich niedriger als in den vergleichbaren Studien in Nordrhein-Westfalen.

Alle anderen Befunde liegen dagegen im Rahmen vergleichbarer Studien. So wird kaum über Männer und Frauen in privaten Rollen berichtet – das deckt sich mit den Befunden von Werner (2000) zur Berichterstattung der landesweiten aktuellen Welle WDR 2 in NRW.

Typisch ist auch die Rollenverteilung im privaten Bereich: Als Ehe- partnerin treten ausschließlich Frauen in Erscheinung, auch gibt es mehr Mütter als Väter. Frauen werden zudem eher als sozial enga- giert dargestellt. Auch die (wenigen) Akteurinnen und Akteure, die als Lustobjekt dargestellt werden, sind überwiegend weiblich.

Frauen und Männer, die alternative Geschlechtsrollen leben (z.B. ak- tive Väter, die in hohem Maße Familienarbeit übernehmen) tauchen gar nicht oder nur in Einzelfällen auf.

Im Großen und Ganzen zeigt sich diese Verteilung in allen unter- suchten Medien. Bei den Print-Medien sticht die Lausitzer Rund- schau heraus: Hier fanden sich im Untersuchungszeitraum über- durchschnittlich viele beruflich erfolgreiche Frauen. In den Postda- mer Neuesten Nachrichten wurde über relativ viele sozial enga- gierte Frauen und Ehepartnerinnen berichtet. Bei den untersuch- ten Radios fiel uns Radio Fritz auf: Hier fanden sich besonders we- nige Frauen in gleichstellungsrelevanten Rollen: Die wurden aber alle als Lustobjekt dargestellt. Anscheinend neigen die Mitarbeite-

Wenige gleichstellungs- relevante Rollen

Beruflich erfolgreiche Frauen – absolut gesehen eine Rarität

Unterschiede zwischen den analysierten Titeln und Sendern

(24)

rinnen und Mitarbeiter der Jugendwelle dazu, Themen zu sexuali- sieren. Ähnliches hat Werner (2000) bei ihrer Analyse der WDR-Ju- gendwelle Eins Live herausgefunden.

3.2.2 Qualitative Berücksichtigung der Geschlechter auf brandenburg.de

Politikerinnen und Politiker sowie Vertreterinnen und Vertreter staat- licher Organisationen sind unter den Akteurinnen und Akteuren, über die in brandenburg.de be- richtet wird, noch stärker vertre- ten als in der Medienberichter- stattung. Alle anderen Gruppen landen abgeschlagen auf den hin- teren Plätzen. Der Befund über- rascht nicht, denn auf branden- burg.de wird primär die Arbeit der Landesregierung dargestellt.

Aufschlussreich ist allerdings wie sich Frauen und Männer auf die er- ste Garde der Ministerinnen und Staatssekretäre und die zweite Garde der ausführenden Beamtin- nen und Angestellten verteilen.

Unter den Männern, über die bran- denburg.de berichtet, ist der Anteil der Politiker besonders hoch, bei den Frauen dagegen der Anteil der Vertreterinnen staatlicher Organi- sationen. Der Eindruck, der sich aufdrängt: Männer entscheiden, Frauen führen aus. Auch keine Überraschung: Wenn überhaupt sozial Engagierte, einfache Bürge- rinnen und Bürger, Kinder und Menschen aus Randgruppen auf- tauchen, dann sind es eher Frauen.

Mangelware sind gleichstellungs- relevante Rollenbilder auch im In- ternetauftritt der Landesregierung – sowohl im positiven wie im ne- gativen Fall. Vor allem tauchen Menschen auf, die Karriere ge- macht haben. Hier handelt es sich in der Regel um Spitzenpolitike-

sonstiger Status ExpertInnen

BürgerIn ohne Funktion VerbandsvertreterIn Kirche, Vereine,

Initiativen Mädchen,

Jungen PolitikerIn VertreterIn staatlicher Organisation

0 10 20 30 40 50 60 70

Anteil in Prozent

Frauen Männer

Lesebeispiel: 53 Prozent aller Akteurinnen, und 24 Prozent aller Akteure, über die in Pressemitteilungen geschrieben wird, sind VertreterInnen einer staatlichen Organisation.

Datenbasis: 114 Akteurinnen und 557 Akteure in den Pressemitteilungen auf brandenburg.de. © mct

Status der AkteurInnen auf brandenburg.de Abb. 11

Gewalttäter sozial Engagiert

Opfer beruflich Erfolgreich

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteil der Rolle an allen AkteurInnen in Prozent Frauen Männer

Lesebeispiel: 83 Prozent aller Akteurinnen, und 93 Prozent aller Akteure, über die in Pressemitteilungen geschrieben wird, sind VertreterInnen einer staatlichen Organisation.

Datenbasis: 19 Akteurinnen und 89 Akteure in den Pressemitteilungen auf brandenburg.de, die in einer gleichstellungsrelevanten Rolle dargestellt werden. © mct

Rollen der AkteurInnen auf brandenburg.de Abb. 12

(25)

rinnen und -politiker. Diese reflektieren aber nie darüber, welchen Preis sie für ihre Karriere gezahlt haben.

Ganz vereinzelt finden sich Gewalttäter, Opfer, sozial Engagierte und Menschen, die ihre Elternrolle nicht erfüllen. Diese Rollen sind bei den Männern und Frauen aber in etwa gleich stark vertreten – in diesem Punkt herrscht also Gleichbehandlung.

(26)

3.3 Thematische Berücksichtigung von Frauen und Männern

In dieser Dimension achteten wir auf zwei Aspekte: In welchem Umfang wird über Themen berichtet, die offensichtliche Bezüge zu Fragen der Gleichstellung haben? Und wie häufig beleuchten die Journalistinnen und Journalisten die unterschiedlichen Auswir- kungen eines Themas auf Frauen und Männer? Letzteres ist die Ziel- vorstellung von Gender Mainstreaming in den Medien.

3.3.1 Thematische Berücksichtigung von Frauen und Männern in den Medien

Themenspektrum in der Berichterstattung

Die Medien in unserer Stichprobe greifen gleichstellungsrelevante Themen äußerst selten auf. Drei von hundert Hörfunk- und Fen- sehbeiträgen beschäftigen sich damit und vier von hundert Zei- tungsartikeln. Es lässt sich also mit Fug und Recht behaupten, dass die Gleichstellung der Geschlechter auch in Brandenburg nur ein marginales Thema ist.

Die aktuelle Berichterstattung wird geprägt von anderen Themen:

Politik, Kriminalität und Katastrophen, Kultur und Wirtschaft. Das gilt für die Tageszeitungsstich-

probe und für die gebauten Beiträge und Nachrichten in den elektronischen Medien.

Hoch ist im Hörfunk der Anteil von Moderationen ohne besonderen inhaltlichen Schwerpunkt. Relativ stark vertreten sind auch Gewinn- spiele und ähnliche unterhalten- den Formen, in denen Informati- onsvermittlung in den Hinter- grund rückt. Das gilt vor allem für die untersuchten Privatsender und die ORB-Jugendwelle Fritz.

Der ohnehin schon relativ kleine Wortanteil der Sender wird also nur teilweise mit journalistischen Beiträgen gefüllt. Das ist aus der Perspektive des Gender Mainstre- amings aus zwei Gründen proble- matisch. Erstens bleibt wenig Raum für Journalismus im Radio.

Journalistische Kompetenz ist aber gerade gefragt, wenn Themen aus

Unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer

Gleichstellung marginales Thema

Sonstige Themen gleichstellungs- relevante Themen

Sport Umwelt Buntes Arbeit Soziales Wirtschaft Kultur Kriminalität

&Katastrophen Politik

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

Anteil in Prozent

Zeitung Radio, TV

Lesebeispiel: In 32 Prozent aller Zeitungsartikel und 20 Prozent aller Radiobeiträge wird über politische Themen berichtet. Gleichstellungsrelevante Themen sind Themen, die einen direkten Bezug zur Gleichstellung haben, z.B. Frauenförderung. Über alle Themen kann aus einer geschlechtsbewussten Perspektive berichtet werden. Datenbasis: 2159 Zeitungsartikel, 2605 Radio- und Fernsehbeiträge. © mct

Themen der Berichterstattung in den Medien Abb. 13

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