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3.3 Thematische Berücksichtigung von Frauen und Männern

3.3.1 Thematische Berücksichtigung von Frauen und Männern in den Medien

Themenspektrum in der Berichterstattung

Die Medien in unserer Stichprobe greifen gleichstellungsrelevante Themen äußerst selten auf. Drei von hundert Hörfunk- und Fen-sehbeiträgen beschäftigen sich damit und vier von hundert Zei-tungsartikeln. Es lässt sich also mit Fug und Recht behaupten, dass die Gleichstellung der Geschlechter auch in Brandenburg nur ein marginales Thema ist.

Die aktuelle Berichterstattung wird geprägt von anderen Themen:

Politik, Kriminalität und Katastrophen, Kultur und Wirtschaft. Das gilt für die

Tageszeitungsstich-probe und für die gebauten Beiträge und Nachrichten in den elektronischen Medien.

Hoch ist im Hörfunk der Anteil von Moderationen ohne besonderen inhaltlichen Schwerpunkt. Relativ stark vertreten sind auch Gewinn-spiele und ähnliche unterhalten-den Formen, in unterhalten-denen Informati-onsvermittlung in den Hinter-grund rückt. Das gilt vor allem für die untersuchten Privatsender und die ORB-Jugendwelle Fritz.

Der ohnehin schon relativ kleine Wortanteil der Sender wird also nur teilweise mit journalistischen Beiträgen gefüllt. Das ist aus der Perspektive des Gender Mainstre-amings aus zwei Gründen proble-matisch. Erstens bleibt wenig Raum für Journalismus im Radio.

Journalistische Kompetenz ist aber gerade gefragt, wenn Themen aus

Unterschiedliche

Lesebeispiel: In 32 Prozent aller Zeitungsartikel und 20 Prozent aller Radiobeiträge wird über politische Themen berichtet. Gleichstellungsrelevante Themen sind Themen, die einen direkten Bezug zur Gleichstellung haben, z.B. Frauenförderung. Über alle Themen kann aus einer geschlechtsbewussten Perspektive berichtet werden. Datenbasis: 2159 Zeitungsartikel, 2605 Radio- und Fernsehbeiträge. © mct

Themen der Berichterstattung in den Medien Abb. 13

einer geschlechtsbewussten Perspektive aufbereitet werden sollen.

Zweitens durchlaufen spontane Moderationen nicht die selben Qua-litätssicherungs-Routinen wie gebaute Beiträge und Nachrichten.

Dadurch steigt die Gefahr, dass sexistische Inhalte bewusst oder versehentlich über den Sender gehen.

Gleichstellungsrelevante Themen schaffen allem Anschein nach eher den Sprung in die Sendungen und in die Zeitung, wenn sie ei-nen klaren Bezug zum Sendegebiet haben. Zumindest ist der Anteil gleichstellungsrelevanter Themen in der Berichterstattung über Brandenburger und Berliner Themen höher als bei national oder in-ternational relevanten Themen. Aber auch in der Regionalbericht-erstattung bleiben Gleichstellungsfragen eine Randerscheinung.

Das liegt aus unserer Sicht daran, dass gleichtstellungsrelevante Themen oft von eher latenter Aktualität sind und deshalb von den etablierten journalistischen Auswahlmechanismen seltener berück-sichtigt werden.

Bei den einzelnen Medien in der Stichprobe haben gleichstellungs-relevante Themen einen unterschiedlich niedrigen Stellenwert: Bei den Zeitungen weicht die Lausitzer Rundschau nach unten ab. Sie produziert allerdings eine regelmäßige Frauenseite, in der auch gleichstellungspolitische Themen aufgegriffen werden. Gut mög-lich, dass deshalb diese Themen im Mantel seltener stattfinden.

Bei den elektronischen Medien ist der Anteil gleichstellungsrele-vanter Themen bei Antenne Brandenburg und R.S.2 auffällig hoch.

Selten werden diese Themen dagegen im Untersuchungszeitraum von Energy, RTL, Berliner Rundfunk und den aktuellen Fernsehma-gazinen des ORB aufgegriffen. Auch hier schneiden also die öffent-lich-rechtlichen Angebote nicht per se besser ab als die privaten (vgl.

S. 17).

Spektrum gleichstellungsrelevanter Themen

Die Vielfalt gleichstellungsrelevanter Themen in der Berichterstat-tung ist in den TageszeiBerichterstat-tungen und in den untersuchten elektroni-schen Medien ähnlich gering. Ein Großteil der Beiträge, die über-haupt solche Themen behandeln, beschäftigen sich mit den glei-chen Aspekten.

Dabei stießen wir in den Print-Medien auf andere Themenschwer-punkte als bei den untersuchten Radios. In der Print-Berichterstat-tung stehen eher Sachthemen im Vordergrund, im Radio dagegen stärker unterhaltende. In den Zeitungen dreht es sich häufig um Schule und Kindererziehung sowie um die Gleichstellung der Ge-schlechter in Politik und Gesellschaft. Im Radio dreht sich viel um das Thema Partnerschaft. Vor allem in Moderationen wird dieses Thema mal mehr und mal weniger ernsthaft aufgegriffen.

Gleichstellungsrelevante Themen haben öfter klaren Bezug zum Sendegebiet

Öffentlich-rechtliche Sender schneiden nicht per se besser ab

Themen: Schule, Kindererziehung, Partnerschaft

Nur ein Thema greifen Print- und Rundfunk-Redaktionen ähnlich oft auf: (häusliche) Gewalt gegen Frauen. Hier macht sich bemerk-bar, dass die Taten, über die hier berichtet wird, im Allgemeinen ei-nen sehr hohen Nachrichtenwert haben.

In der Summe sprechen die Daten eher dafür, dass gleichstellungsre-levante Themen dann den Sprung in die Berichterstattung schaffen, wenn ihr Nachrichtenwert gemes-sen an den etablierten Auswahl-kriterien hoch ist. Es finden sich keine Hinweise darauf, dass syste-matisch über diese Themen be-richtet wird, weil sie eine große Be-deutung für die Gleichstellung der Geschlechter haben. So ist es zum Beispiel keineswegs selbstver-ständlich, dass über gleichstel-lungsrelevante Themen auch aus einer geschlechtsbewussten Per-spektive berichtet wird. In unserer Stichprobe ist das nur bei rund je-dem zweiten Beitrag so.

Geschlechtsbewusste Perspektive

Die wenigsten Themen werden in den von uns untersuchten Beiträ-gen aus einer geschlechtsbewussten Perspektive aufbereitet. Die unterschiedlichen Auswirkungen von Ereignissen und Strukturen auf Männer und Frauen tauchen nur in zwei Prozent aller Zei-tungsbeiträge und knapp vier Prozent aller Rundfunkbeiträge auf – das entspricht der Größenordnung, auf die wir in vergleichbaren Studien stießen.

Wenn es das Ziel einer gender-orientierten Medienpolitik ist, die Ge-schlechterperspektive zur journalistischen Standard-Perspektive zu machen, dann gibt es auf diesem Feld noch viel zu tun. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass nicht jedes Thema, das Jour-nalistinnen und Journalisten aufgreifen, sich so unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirkt, dass man darüber berichten müsste.

Für einen geringen Stellenwert des Gender-Blickwinkels spricht zu-dem, dass ein Großteil der Beiträge, in denen eine geschlechtsbe-wusste Perspektive auf das Thema erkennbar ist, auch

gleichstel-Deutlicher

Anteil des Themas an allen Beiträgen in Prozent Tageszeitung Radio, TV

Lesebeispiel: In 34 Prozent aller Zeitungsartikel und 12 Prozent aller Radiobeiträge zu gleichstellungsrelevanten Themen geht es um Kinder und Erziehungsfragen. Datenbasis: 59 Zeitungsartikel und 115 Radio- und TV-Beiträge zu gleichstellungsrelevanten Themen. © mct

Spektrum gleichstellungsrelevanter Themen Abb. 14

lungsrelevante Themen behandelt.

Auf allen anderen Themenfeldern werden geschlechtsspezifische Aspekte noch viel seltener be-leuchtet. Das gilt für Radio und Fernsehen genauso wie für die un-tersuchten Tageszeitungen.

Von Medium zu Medium gibt es im Untersuchungszeitraum leichte Unterschiede. Relativ häufig the-matisieren die Märkische Oder-Zei-tung, die Märkische Allgemeine

und die Postdamer Neuesten Nachrichten Gleichstellungsfragen.

Relativ selten nehmen diese Perspektive die Beiträge aus dem Ora-nienburger Generalanzeiger, der Lausitzer Rundschau, des Nordku-riers und Radio Fritz ein.

Die Ursachen dieser Differenzen lassen sich mit den vorliegenden Daten kaum beschreiben. Hier könnten Kommunikatorstudien wei-teren Aufschluss bringen. Zudem ist bei der geringen Zahl von Beiträgen mit geschlechtsbewusstem Blickwinkel nicht auszu-schließen, dass die gemessenen Unterschiede nicht typisch für die Medien sind.

Auffällig ist, dass über Ereignisse aus Brandenburg und Berlin eher aus einer geschlechtsbewussten Perspektive berichtet wird als über Bundesthemen oder Ereignisse von weltweiter Bedeutung. Viel-leicht bieten sich regional bedeutsame Themen eher dazu an, ge-schlechtsbewusst aufbereitet zu werden. Oder es gibt in den Lan-desredaktionen mehr Journalistinnen und Journalisten, die auf ge-schlechtsspezifische Auswirkungen von Ereignissen und Entschei-dungen achten.

Eine geschlechtsbewusste Per-spektive ist keine Frage des Ge-schlechts der Autorin oder des Au-toren. Journalistinnen nehmen diese Perspektive nicht öfter ein als Journalisten. Das ist in Branden-burg nicht anders als in Nordrhein-Westfalen. Absolut gesehen, stam-men sogar mehr Beiträge mit ge-schlechtsbewusstem Blickwinkel von Männern als von Frauen.

Und für den Hörfunk gilt: Aus der Gender-Perspektive werden The-men in journalistischen Meldun-gen und Berichten häufiger

aufbe-Gesamt

Beiträge mit geschlechtsbewusster Perspektive in Prozent Lesebeispiel: 46 Prozent aller Zeitungsartikel zu gleichstellungsrelevanten Themen und ein Prozent aller Beiträge zu sonstigen Themen werden aus einer geschlechtsbewussten Perspektive beleuchtet. Datenbasis: 59 Zeitungsartikel zu gleichstellungsrelevanten Themen, 2130 Artikel zu anderen Themen. © mct

Geschlechtsbewusste Perspektive Abb. 15

Ausland

Beiträge mit geschlechtsbewusster Perspektive in Prozent Lesebeispiel: Sechs Prozent aller Beiträge zu Brandenburger Themen werden aus geschlechtsbewusster Perspektive beleuchtet. 2605 Radio- und Fernsehbeiträge. © m

Geschlechtsbewusste Perspektive und Ortsbezug Abb. 16

reitet als in Moderationen und anderen, weniger informationsori-entierten Beitragsformen. Dieser Befund verdeutlicht, dass sich Gen-der Mainstreaming als medienpolitische Leitvorstellung besonGen-ders gut in den elektronischen Medien entfalten kann, die journalisti-schen Beiträgen viel Platz einräumen. Geschlechterdifferenzen übe-rall dort zu thematisieren, wo sie relevant sind – das ist guter Jour-nalismus. Unabhängig davon erstreckt sich Gender Mainstreaming als medienpolitisches Ziel auf das gesamte Programm – und damit auch auf die nicht-journalistischen Programmteile.

Letztlich bleibt jedoch ein Großteil der Beiträge von ihrer Gesamt-tendenz gleichgültig gegenüber gleichstellungspolitischen Fragen.

Nur bei drei Prozent der Beiträge in der Radio-Stichprobe vermerk-ten die Kodiererinnen und Kodierer, der Beitrag habe zur Gleich-stellung Position bezogen – in den allermeisten Fällen positiv. Das ist ein etwas größerer Anteil als beim Lokalfunk in Nordrhein-Westfa-len.

3.3.2 Thematische Berücksichtigung der Geschlechter auf brandenburg.de

Auch die thematische Berücksich-tigung der Geschlechter auf bran-denburg.de haben wir aus zwei Perspektiven beleuchtet. Wir ha-ben erstens überprüft, wie häufig explizit gleichstellungsrelevante Themen (z.B. Frauenförderung) in den Texten auftauchen, und zwei-tens untersucht, wie häufig andere Themen aus einem geschlechtsbe-wussten Blickwinkel dargestellt werden.

Zum ersten Indikator: Jeder zehnte Beitrag auf brandenburg.de, den wir untersuchten, greift ein gleich-stellungsrelevantes Thema auf.

Dieser Anteil ist höher als in der Berichterstattung in Zeitung, Ra-dio und Fernsehen.

Unter den gleichstellungsrelevan-ten Themen ist die Gleichstel-lungspolitik i.e.S. besonders wich-tig: zwei von drei gleichstellungs-relevanten Beiträgen greifen

die-ses Thema auf. Jeder fünfte Beitrag beschäftigt sich mit der Famili-enaufgabe Erziehung. Vereinzelt werden auch die Repräsentanz von

Gender Mainstreaming

Texte zum Thema auf brandenburg.de in Prozent

Lesebeispiel: 21 Prozent aller Pressemitteilungen auf brandenburg.de befassen sich mit dem Thema Kultur. Gleichstellungsrelevante Themen sind Themen, die einen direkten Bezug zur Gleichstellung haben, z.B. Frauenförderung. Über alle Themen kann aus einer geschlechtsbewussten Perspektive berichtet werden. Datenbasis: 490 Pressemitteilungen.

© mct

Themen auf brandenburg.de Abb. 17

Frauen in politischen Gremien sowie die Themen Abtreibung, häus-liche Gewalt und Partnerschaft angesprochen. Andere gleichstel-lungsrelevante Aspekte tauchen nicht auf.

Zum zweiten Indikator: Acht Pro-zent der Beiträge auf branden-burg.de beleuchten ein Thema aus einer geschlechtsbewussten Per-spektive. Das ist für sich betrach-tet schon ein kleiner Wert. Er schrumpft noch einmal, wenn man nur die Pressemitteilungen betrachtet und die Hintergrund-texte zu gleichstellungsrelevanten Themen außen vor lässt. Nur fünf Prozent der Pressemitteilungen thematisieren unterschiedliche Auswirkungen von Ereignissen und Strukturen auf Männer und Frauen.

Zudem wird nur auf wenigen The-menfeldern überhaupt diese Per-spektive eingenommen – dort aber um so häufiger: Sport, Frauen, Kunst und Kultur sowie Wirtschaft.

Auch von Ressort zu Ressort gibt es Unterschiede. Einen

ge-schlechtsspezifischen Blick auf Themen werfen vor allem Beiträge aus dem Innen-, dem Bildungs- und dem Frauenministerium, während diese Perspektive in der Pressearbeit der anderen Ressorts nur rudimentär oder überhaupt nicht auftaucht.

Der relativ hohe Anteil geschlechtsbewusster Berichterstattung im Innenministerium erklärt sich dadurch, dass man über branden-burg.de auf Texte einer Ausgabe der Polizei-Zeitung „110“ zugreifen kann, die sich schwerpunktmäßig mit den Frauen in der Polizei be-schäftigt. In der aktuellen Pressearbeit des Innenressorts ist die ge-schlechtsbewusste Perspektive ebenfalls die Ausnahme. Nur we-nige Beiträge setzen sich tiefergehend mit geschlechtsspezifischen Aspekten eines Themas auseinander.

Betrachtet man alle Ressorts, so enthalten auf brandenburg.de zwar im Vergleich zu Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen in unse-rer Stichprobe relativ viele Beiträge eine geschlechtsbewusste Per-spektive. Ihr Anteil ist aber gering gemessen an den gleichstel-lungspolitischen Zielen, die sich die Landesregierung in der Koaliti-onsvereinbarung selbst gesteckt hat.

Pressemitteilungen des

Beiträge mit geschlechtsbewusster Perspektive in Prozent 20

Lesebeispiel: 20 Prozent aller Pressemitteilungen aus dem Arbeitsministerium bereiten ihr Thema aus einer geschlechtsbewussten Perspektive auf. Datenbasis: 490 Pressemitteilungen auf brandenburg.de. © mct

Geschlechtsbewusste Perspektive nach Ressorts Abb. 18

Die Pressestellen scheinen für gleichstellungspolitische Fragen so weit sensibilisiert zu sein, dass in keinem Text in der Stichprobe Fak-ten und Meinungen veröffentlicht wurden, die dem politischen Ziel der Gleichstellung klar entgegen stehen. Dieses Ziel wird auf bran-denburg.de aber in der Regel nicht besonders hervorgehoben. Denn nur neun Prozent der Beiträge stellen Gleichstellungsfragen positiv in den Vordergrund.

Je nach Thema gibt es auch hier Differenzen: Texte zu gleichstel-lungsrelevanten Themen und zum Thema Sport, hinterlassen be-sonders häufig einen einen positiven Gesamteindruck. Viele Beiträ-gen zu anderen Themen fallen dageBeiträ-gen weder positiv noch negativ auf.

3.4 Sprachliche Berücksichtigung von